FC Bayern München – VfB Stuttgart 2:0

Die Bayern gewinnen ohne Glanz mit Stabilität 2:0 gegen den VfB Stuttgart. Guardiolas in-game-Coaching griff abermals, war aber weniger spektakulär als in der Vorsaison.

Stuttgarts Defensivkonzept

Die Stuttgarter starteten in einem 4-4-1-1, welches als Variante eines 4-5-1 interpretiert wurde. Sie bildeten dadurch immer wieder 4-4-2-Staffelungen, in welchen Leitner sich nach vorne orientierte und mit Ibisevic gemeinsam die Innenverteidigung unter Druck setzte. Sehr häufig spielten sie allerdings deutlich tiefer – und dann stellte Ibisevic den Sechserraum zu, während Leitner sich eine Linie dahinter befand und sich an Alonso orientierte sowie die beiden eigenen Sechser Romeu und Gentner unterstützte.

Stuttgart offensiv

Stuttgart offensiv

Teilweise entstanden dann auch 4-5-1- und 4-3-2-1-Staffelungen, wenn zum Beispiel Leitner tiefer stand oder Gentner etwas nach vorne schob und die zentralen Mittelfeldspieler Bayerns unter Druck setzen wollte. Garniert wurde diese Spielweise mit zahlreichen Mannorientierungen und vereinzeltem aggressiven Herausrücken der Flügelstürmer in höheren Staffelungen. An sich war es aber meistens ein tiefes 4-4-1-1-Mittelfeldpressing ab der Mittellinie, in welchem die Mannorientierungen für Druck bei Pässen der Bayern nach vorne sorgen sollten.

Nach Balleroberungen ging es meist direkt nach vorne; Ibisevic als Zielspieler sowie der technisch überaus starke Leitner sorgten für Verzögerungsmomente im Konterspiel in der Mitte, wodurch die Außenspieler nachrücken und schnell über die Flügel als Anspielstationen fungieren konnten. Alles in allem funktionierten die Stuttgarter Konter selten; einerseits passten die Staffelungen und das Umschaltverhalten im Kollektiv nicht ideal, andererseits war das Gegenpressing der Münchner überaus effektiv und ließ nur vereinzelt Angriffsversuche zu.

Allerdings standen die Schwaben dafür lange Zeit relativ stabil, ließen kaum hochklassige Chancen zu und konnten mit ihrer guten vertikalen Kompaktheit sowie den Mannorientierungen die meisten Angriffsversuche der Bayern in enge Zonen oder auf die Seiten ableiten. Über den Flügel hatten die Münchner noch die besten Chancen, da sie durch ihre Spielanlage diese Räume am besten freispielen konnten. Guardiola stellte die Formation nämlich ein weiteres Mal um.

Bayrisch-katalanische Raute

3-4-2-1, 3-4-1-2, 4-1-4-1, 4-3-3, 4-2-3-1 und letztens sogar ein 4-4-1-1/4-4-2. Unter Guardiola haben die Münchner schon fast jede Telefonnummer Formation ausprobiert. Dieses Mal war es von Spielbeginn an ein leicht asymmetrisches 4-3-1-2/4-1-3-2. Dabei spielten Lahm und Alaba als rechter und linker Halbspieler im Mittelfeld neben Xabi Alonso auf der Sechs, während Götze den Zehner davor gab; Müller und Lewandowski sollten vorne die gegnerische Abwehr beschäftigen.

Auf dem Papier war die Ausrichtung der Münchner natürlich hervorragend. Alaba konnte seine Athletik ausspielen, stieß nach vorne in die Spitze, bewegte sich gegen den Ball vom linken Flügel (bei Angriffen über diesen) bis in die Mitte (bei Angriffen über den anderen), deckte weite Räume mit seinen Sprints auch bei Verlagerungen effektiv ab und wich als linker Achter auch häufig auf die linke Außenbahn aus, um Linksverteidiger Bernat dort zu unterstützen. Lahm spielte natürlich nicht ganz so weiträumig, dafür aber in puncto Freilaufen und Ballzirkulation präsenter, half Alonso im Sechserraum häufiger und verteilte intelligent die Bälle aus dem rechten Halbraum. Teilweise spielte er aber zu hoch, agierte dann nahe am Strafraum und spielte aus den strafraumnahen Räumen im Halbraum einige Flanken. Das passte auch zu Boatengs sehr hoher, dafür aber linearer Rolle als Rechtsverteidiger.

In der Ebene davor sollte Götze als Verbindungsspieler im Zwischenlinienraum fungieren; er pendelte horizontal, bot sich für Kurzpässe und Ablagen an, dazu ging er situativ dynamisch in die Sturmspitze. Lewandowski und Müller hatten als Ziel die Viererkette möglichst zu zweit zu binden – das taten sie über Ausweichen in die Schnittstellen zwischen Innen- und Außenverteidiger, dynamisches Zurückfallen in den Zehnerraum oder das Geben von Tiefe. Häufig ging einer der beiden etwas auf die Seite – insbesondere Müller wich natürlich häufiger bis auf den Flügel aus – und der zweite besetzte die Mitte.

Eigentlich dürfte wohl das Ziel gewesen sein, dass man dadurch Götze in der Mitte freispielt, über diesen auch die zwei Achter öffnet und mit dieser Überzahl konstant in den Strafraum kommt. Letztlich war es aber Alonsos Zurückfallen und seine Rolle als primärer Ballverteiler, die tiefere Ausrichtung Stuttgarts mit dem nach hinten unterstützenden Leitner und die Öffnung der Flügel durch die Bewegung der beiden Stürmer, welche Bayern etwas stärker auf die Seite zwang. Nach der verletzungsbedingten Auswechslung Badstubers stellten die Bayern allerdings etwas um.

Bayern offensiv

Bayern offensiv

Boateng ging von der Position des Rechtsverteidigers in die Innenverteidigung, Lahm rückte auf den rechten Flügel und der eingewechselte Gaudino – von der Bewegungsmechanik und Entscheidungsfindung womöglich Lahm als Sechser/Achter im Kader am ähnlichsten – übernahm die Position als rechter Achter. Gaudino zeigte eine sehr starke Leistung, während Alonso u.a. etwas zu präsent war und das Spiel zu weiträumig gestaltete; ebenso wie Dante aus der Innenverteidigung heraus, wodurch die auf dem Papier durchaus guten und situativ auch sehr stark umgesetzten Mechanismen nur phasenweise gut eingebunden waren. Dies sollte sich im Spielverlauf aber zumindest etwas bessern.

Umstellungen auf beiden Seiten

Nachdem Bayern in Führung ging und kurz vor der Halbzeitpause wegen Badstubers Verletzung umstellen musste, reagierten die Stuttgarter. Zur zweiten Halbzeit kam Kostic für Ibisevic, Werner rückte nach vorne und Kostic spielte als Linksaußen; mit Kostic, Werner und Harnik versuchten sie sich nun stärker auf direkte Pässe in offene Räume auszurichten und hinter die Abwehr zu kommen – aber auch das brachte nur einen einzigen Abschluss.

Im Gegensatz dazu waren die Umstellungen Guardiolas deutlich effektiver; 11 ihrer 14 Abschlüsse hatten die Münchner in der zweiten Halbzeit, obwohl die Stuttgarter hier häufiger 4-1-4-1-Stellungen herstellten und ein paar Mal auch für kurze Phasen höher pressten. Ursache dafür waren die besseren Synergien zwischen Götze und Müller sowie den Flügelspielern, welche durch die Asymmetrie zwischen Müller und Lewandowski entstanden. Müller wich häufiger auf den rechten Flügel aus und blieb breit, ebenso wie Götze dies auf links tat. Dadurch hatten sie auf den Seiten konstantere Anspielstationen und besonders Lahm konnte mit fortschreitender Spieldauer als Rechtsverteidiger häufiger in die Mitte rücken, „falsch“ spielen und präsent agieren.

Mit Lahm, Gaudino, Alaba und Götze hatten sie dadurch jeweils drei von vier zentralen Spielern, welche flexibel und situativ den Raum vor Alonso besetzten und damit die Ballzirkulation im Mittelfeld verbesserten. Dadurch kamen die Bayern deutlich effektiver und konstruktiver nach vorne, desweiteren konnten aus Flügelaktionen die ballfernen Räume deutlich besser bespielt werden.

Stuttgart stellte dann etwas um, wechselte aber relativ positionsgetreu und brachte lediglich zwei gute Spieler, wo man sich gerne fragen darf, wieso diese nicht von Beginn an spielten: Maxim wurde für Leitner (81.) und Gruezo für Gentner (69.) eingewechselt. Die größere Umstellung hatte dennoch trotzdem Guardiola – mit der Einwechslung Ribérys für Götze stellten die Münchner relativ klar auf ein klassisches 4-3-3 um, wo Müller als Rechtsaußen das Zusammenspiel mit Lahm suchte und Ribéry auf links in seine Paraderolle schlüpfte; und das 2:0 erzielte.

Fazit

Stuttgart spielte ohne größere Überraschungen und Innovationen mit einem Standardmatchplan gegen die Münchner, welche nach wie vor nicht in Topform sind. Allerdings haben die Bayern dieses Spiel souverän gemeistert und konnten mit ein paar guten Anpassungen in der zweiten Halbzeit auch eine spielerisch wie taktisch sehenswerte Leistung zeigen. Guardiola bewies abermals, dass ihm die Formation egal ist – und er sich sogar strategisch anpassen kann, indem sie heute wie auch gegen Schalke keineswegs das gleiche Positions- und Ballbesitzspiel der Vorsaison zeigten.

LZ 19. September 2014 um 12:59

Nicht nur zu diesem Spiel sondern allgemein zu den bisherigen Auftritten (insb. auch in der CL): Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Guardiola dieses Jahr bisher oftmal 7 nominell defensive Feldspieler einsetzt und (das insb. gegen ManCity) sogar 4 nominelle Außenverteidiger. Würde mich freuen, mal die Meinung von Experten zu hören, welche Auswirkungen das auf das Bayernspiel hat

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*Er 15. September 2014 um 11:42

Eigentlich ist Alonso der perfekte Spieler für die BuLi. Er hat eine ungemeine Präsenz in der Defensive und gibt (genügend) Stabilität nach vorne. Das er einige Mängel aufweißt, ist in der BuLi eigentlich zu vernachlässigen, schließlich ist die individuelle Klasse gegen Mannschaften wie Stuttgart etc. einfach zu groß. Da tut es auch ein nur zu 95% richtig spielender Alonso. Interessant wird es in der Champions League wenn man gegen Mannschaften mit hoher individueller Klasse spielt. Ob Alonso dort noch reichen wird halte ich für fraglich…

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Bernhard 14. September 2014 um 20:41

Was genau war deiner Meinung nach bei Gaudinos Einsatz gestern stark – kannst du deine Einschätzung präziser formulieren?

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Izi 13. September 2014 um 21:19

Wahnsinn, so kurz nach dem Spiel eine treffliche Analyse!!! 🙂 Leider hatte der VfB nichts gegen die Bayern zu melden…

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HW 13. September 2014 um 19:53

Bei den Bayern-Aufstellungen kann man den Zahlensalat auch bleiben lassen. Die Bilder sprechen für sich.

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