Rayo und Atlético in der Findungsphase

Torlos endete in Vallecas das Stadtderby zwischen Rayo und Atlético. Das Team von Paco Jémez konnte vor allem die letzten 60 Minuten des Spiels dominieren und den amtierenden Meister in Schwierigkeiten bringen. Bei den Rojiblancos vermisste man die markanten Rhythmuswechsel. Eine kurze Analyse:

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Diego Simeone, der diese Partie aufgrund von fünf Verwarnungen in der letzten Saison von der Tribüne aus verfolgen musste – vier weitere Ligaspiele wird er wegen  der Vorkommnisse während des Supercopa nicht in der Coaching Zone verbringen können -, schickte seine Mannschaft im gewohnten 4-4-2 aufs Feld. Raúl García war ebenfalls noch gesperrt, sodass dessen Namensvetter Jiménez neben Mario Mandžukić in der Spitze spielte. Antoine Griezmann rückte nach rechts. Folglich hatte Atlético zwei richtige zentrale Angreifer in vorderster Linie, deren Abstimmung insgesamt eher als mangelhaft zu bezeichnen ist. Im zentralen Mittelfeld spielte Mario Suárez statt Tiago, was aber das grundsätzliche Vorgehen nicht änderte.

Bei Rayo fand im Sommer wieder ein personeller Umbruch statt, viele Leihspieler und Akteure mit auslaufenden Verträgen verließen den Klub. So muss Jémez erneut das Team neu aufbauen. Zum Ligastart standen sechs Neuzugänge in der Startaufstellung. Rayo agierte von Beginn an in einem gut strukturierten 4-1-4-1, wobei der routinierte Spielmacher Roberto Trashorras sowie Alberto Bueno immer horizontal voneinander versetzt nach vorn schoben, häufiger auch ein 4-2-3-1 mit Bueno hinter Angreifer Jonathan Pereira entstand.

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4. Minute: Klassische Stellung von Atlético

In der Anfangsphase hatten die Gäste die Begegnung weitestgehend im Griff. Atléticos Verschiebebewegungen waren konsequent. Zuerst leiteten sie Rayos Spielaufbau auf die Außenbahnen und verengten dann mit vertikaler wie horizontaler Kompaktheit. In dieser Szene ist zudem die Positionierung des Rechtsverteidigers Juanfran signifikant, der mannorientiert weit herausrückte. Miranda war dadurch eigentlich alleine. Aber beide Rayo-Spieler im Rücken der Doppelsechs waren quasi nicht anspielbar.

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6. Minute: Rayo baute meist in einem 2-4-1-3 auf

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8. Minute: Ähnliche Aufbauszene

Die Aufbaustellung der Hausherren war über weite Teile der Partie recht identisch. Beide Innenverteidiger nahmen eine orthodoxe tiefe Position ein. Davor bildete sich oftmals ein Viererband, weil die Außenverteidiger auf die Höhe der situativen Doppelsechs, Trashorras hielt sich in der Regel tief auf, rückten. Problematisch war auch die Flügelstaffelung auf der ballnahen Seite, da bei Rayo die Außenspieler dazu neigten, mit dem Fuß bereits am Kreidestrich zu kleben, was Atlético die Isolationen noch erleichterte.

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8. Minute: Rayos Gaël Kakuta fängt ein Zuspiel im Strafraum von Atlético ab

Doch auch in der Anfangsphase gab es von den Gastgebern intensivere Angriffe. Der agile Kakuta eroberte sogar im Strafraum der Rojiblancos noch einen missglückten Befreiungspass von Juanfran. Allerdings versuchte er im Anschluss eine Flanke auf den freien Mann am entfernten Sechzehnereck, welche misslang.

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9. Minute: Gegen den Spielaufbau war bei Atlético häufiger eine exakte Diagonalstellung zu erkennen

Das leitende Element wurde besonders in der ersten Halbzeit durch eine gewisse Diagonalstaffelung der ersten Reihe bewerkstelligt. Beide Neuner standen etwas versetzt, um größeren Raum abzuschirmen, während sie auf die Ballseite schoben. Der ballnahe Außenspieler befand sich dabei eine Ebene weiter hinten und konnte dann auf den angespielten Außenverteidiger Rayos Druck ausüben.

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18. Minute: Umschaltspiel – Koke lupft direkt in die Spitze

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25. Minute: direkt gespielter Schnellangriff

Im Gegenzug versuchte sich Atlético nach Ballgewinnen im Mittelfeld sehr schnell in Richtung Spitze zu bewegen. Die Pässe wurden häufig direkt steil, teilweise aus der Mittelfeldkompaktheit Rayos heraus, gespielt. Über die linke Außenbahn marschierte derweil Cristian Ansaldi mehrmals nach vorn und nutze entsprechende Instabilitäten bei Rayo. Insgesamt fielen die zahlreichen einrückenden Bewegungen der nominellen Flügelspieler auf, wodurch Ansaldi sowie Juanfran breitegebend immer wieder früh aufrückend und in Anschlusshandlungen auch sofort Druck im Gegenpressing ausüben konnten.

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21. Minute: Schwierigkeiten in der Spielgestaltung für die Hausherren

In der Arbeit gegen den Ball war Atlético zumindest im ersten Durchgang wieder einmal herausragend. In dieser Szene schiebt sogar Jiménez weit heraus, der ballführende Rayo-Spieler kann keine potente Anspielstation finden. Ihm wird zudem ein Stück weit die Sicht genommen. Auf den Lockversuch zu einem Pass auf Außenstürmer Javier Aquino verzichtet er wohlweislich. „Einen schöneren ballorientierten Trichter habe ich noch nie gesehen“, meint im Übrigen Kollege TW zu dieser Szene. Man kann an dieser Stelle auch nochmal an seine Tiefenanalyse von Real Madrids Arbeit mit Deckungsschatten verweisen…

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23. Minute: Pressing auf den Torwart

Obgleich die Partie arm an wirklich gefährlichen Torversuchen war – nach 90 Minuten standen für beide Teams jeweils zwei Torschüsse zu Buche – gab es immer wieder bemerkenswerte Situationen, wobei auch schon einmal der Torwart im Zuge eines gleichmäßigen Verschiebens direkt angelaufen wurde.

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28. Minute: Kurzer Schulterblick in Richtung potenzieller Anspielstation

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36. Minute: Flügelkompaktheit pur

Auch sonst hatte es Rayo zunächst schwer, sich aus der Umklammerung zu befreien. Atlético zeigte alle Facetten der Defensivarbeit, konnte aber kein großes Kapital in Form von Offensivaktionen daraus schlagen.

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37. Minute: Außenbahnen waren dicht

Rayo hatte zunächst nicht nur Probleme mit der Verdichtung auf den äußeren Bahnen. Die Staffelung in die Spitze führte zu geringer Präsenz. Die Formation wirkte mehrmals zu gestreckt. Jonathan Pereira war als alleiniger Neuner zu hoch, ähnliches galt mehrfach für den ballfernen Flügelstürmer, der zudem noch zu breit stand und folglich wurden die Kombinationsmöglichkeiten begrenzt.

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60. Minute: Rayo wurde immer wieder nach außen getrieben

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70. Minute: Attacke inklusive Balleroberung

Wenngleich die Rojiblancos immer wieder gute Aktionen in puncto Balleroberung oder Pressinverschiebung zeigten, wurde schlussendlich Rayo zum wirklich unangenehmen Gegner. Jémez‘ Spieler dominierten immer stärker die Partie, der Ballbesitz lag meist bei über 60 Prozent. Wirklich profitieren konnten die Hausherren erst, als sich Atlético weiter zurückzog und nicht mehr konsequent die Pressingphasen abarbeitete. Zudem könnte sich die Abstinenz von Simeone, obwohl er die Halbzeitansprache halten durfte, ausgewirkt haben. Denn Rhythmuswechsel gab es auch nicht, vielmehr gingen die Gäste zunehmend in eine absolute tiefe Verteidigungsposition gegen Rayos Zirkulation über.

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85. Minute: Rayo wurde immer dominanter, Atlético immer tiefer

Performance Score von Squawka

Performance Score von Squawka

Das ermöglichte natürlich auch ein konstanteres Passspiel auf Seiten Rayos, weil der Druck sowohl auf den Ballführenden als auch auf die Offensivreihen nachließ. In der 55. Minute wechselte Jémez zudem den Stürmer und brachte Manucho als Angriffstank. Der Angolaner positionierte sich zwischen beiden Innenverteidigern und versuchte bei vertikalen Zuspielen mit seiner Physis das Spielgerät zu behaupten. Durch diese erhöhte Präsenz konnte Rayo auch selbstbewusster Nachrücken. Auf Seiten der Rojiblancos wurde die Angriffsbesetzung nach und nach ausgewechselt, sodass zwischenzeitlich Griezmann in einem 4-4-1-1 hinter Mandžukić agierte, später dann sogar Cristian Rodríguez und Youngster Héctor Hernández ganz vorn spielten. Damit unternahmen die Gäste den Gegenversuch und passten die vorderste Linie mit beweglicheren Spielern an, um im Umschaltspiel aus der Tiefe heraus agile Zielspieler im geöffneten Zwischenlinienraum zu haben. Schlussendlich blieben beide Teams ohne Torerfolg.

Rayo kann sicherlich mit dem Punktgewinn zufrieden sein. Jedoch beeindruckte die Mannschaft von Jémez nicht und der 44-jährige Cheftrainer hat noch ein größeres Stück Arbeit vor sich, damit auch das Pressingspiel noch besser wird und man zudem auf gegnerische Fallen reagieren kann. Beim amtierenden Meister hingegen hofften sicherlich alle Beteiligten auf drei Punkte zum Saisonstart. Aber die Abläufe in der Offensive funktionieren noch nicht vollends, darüber darf auch der Erfolg gegen Real Madrid im Supercopa nicht hinweg täuschen. Die Strafe für Diego Simeone ist für das In-Game Coaching zugleich nicht förderlich, ohne dabei Kritik an Co-Trainer Germán Burgos äußern zu wollen. Eigentlich waren die Grundvoraussetzungen gegen das Ballbesitzspiel von Rayo gut, aber Atlético konnte nur wenige eindeutige Torgelegenheiten erspielen.

Danke an Laola1.tv für das Bildmaterial!

rodeoclown 27. August 2014 um 14:06

Wenn die Rayo-Stürmer noch etwas technisch beschlagener beim first-touch wären… so waren meine 5€ auf den Heimsieg leider weg (8:1 Quote imerhin)

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SCP-Poker 27. August 2014 um 16:52

Naja wenn man Pozuelo nicht einsätzt…
Gerade dieser erste Kontakt ist ja seine stärke.

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