Bayer Leverkusen rogerschmidtet den BVB
Im Samstagabendtopspiel konnten die Leverkusener auswärts in Dortmund mit 2:0 gewinnen. Dabei zeigte sich die Handschrift des neuen Trainers von Bayer, der Dortmunds Raute zerlegte. Eine formative Umstellung verhalf den Dortmundern in der zweiten Halbzeit zwar zu mehr Stabilität, aber konstante Torgefahr gab es nicht.
Fußball à la Rangnicks Red Bull
Nach dem Spiel sprach Jürgen Klopp von einer fast schon zu extremen Ballorientierung bei Leverkusen und einer so großen Aggressivität, wie sie selbst seine Dortmunder noch nie gehabt hätten. Grundsätzlich ist dies eigentlich schon Analyse genug – und wer Red Bull Salzburg aus der Vorsaison kennt, dem ist diese Spielweise Roger Schmidts bereits geläufig. Die horizontale Kompaktheit und die Extremität des ballorientierten Verschiebens des Kollektivs ist enorm, die Spieler gehen mit einer selten gesehenen Konstanz und Dynamik auf den Ball und sind hierbei äußert eng. Grundsätzlich spielte Leverkusen hierbei wie Red Bull im 4-2-2-2 und mit ähnlichen gruppentaktischen Mechanismen; auch offensiv.
Zur Spielweise Red Bull Salzburgs unter Roger Schmidt gibt es eine Mannschaftsanalyse.
Kießling übernahm eine ähnliche Rolle wie Soriano, versuchte Spieler an sich zu binden und mit ausweichenden Läufen als Ablagestation zu dienen oder Räume zentral zu öffnen. Der ballferne Flügelstürmer rückte bis in die Mitte ein, der ballnahe Flügelstürmer orientierte sich zum Ball, stellte enge Kombinationsräume her und spielte überaus diagonal vom Halbraum aus.
Die Breite gaben die Flügelstürmer, während Calhanoglu auf der Position des zweiten Stürmers sich etwas tiefer aufhielt als Kießling, zwischen den Halbräumen pendelte und nicht ganz so tororientiert und hoch wie Alan bei Red Bull war. Breite wurde von den Außenverteidigern (oder situativ auch gar nicht) gegeben, die Sechser schoben nur vereinzelt bis ins letzte Drittel und teilweise wurde mit einer klaren 2-2-Absicherung, zwei hohen Außenverteidigern und flexiblen Bewegungen im Zentrum gespielt.
So war es auch überaus passend, dass der Treffer von Bellarabi in der neunten Sekunde über einen schnellen Angriff auf der linken Seite erzielt wurde, wo Rechtsaußen Bellarabi plötzlich zentral (bzw. fast im linken Halbraum) auftauchte und den Ball erhielt. Diese Bewegungen und die Kombinationen sorgten einerseits für die gefährlichsten Aktionen der Leverkusener und andererseits für ein relativ schnelles, aggressives und intensives Gegenpressing nach Ballverlusten. Dennoch waren die interessantesten Punkte und Wechselwirkungen mit dem Gegner in der Arbeit gegen den Ball zu suchen.
Leverkusen ummantelt Dortmunds Raute
Der BVB begann nominell mit einem 4-3-1-2, welches vermutlich wie gegen die Münchner Bayern im Superpokal ausgelegt werden sollte. Ob es im Pressing konstant zu einem 4-1-2-3-0 durch den aufrückenden nominellen Zehner werden sollte, ist aber unklar; die Leverkusener verweigerten den Dortmundern das Pressing. Leno und auch die Innenverteidiger spielten sehr häufig einfach direkte lange Bälle in die Spitze oder sehr weiträumige, schnelle Pässe ins Mittelfeld, um möglichst viele Bälle in die kompakten Staffelungen weit vorne zu spielen. Ballverluste im eigenen Abwehrdrittel sollten vermieden werden, gleichzeitig wollten sie ihre eigene Stärke im Kampf um die zweiten Bälle ausspielen. Dortmund hatte dadurch deutlich weniger hohe Balleroberungen als üblich, ihr Pressing wurde schlicht überbrückt.
Leverkusen hingegen war herausragend in dieser Disziplin, insbesondere in den ersten 35 Minuten. Wie erwähnt spielten sie in einem 4-2-2-2; die Flügelstürmer positionierten sich also nicht in den Flügelräumen, sondern in den Halbräumen. Sie boten dadurch aber nicht nur Dortmund die Flügelräume an und sicherten den Sechserraum hinter den Mittelstürmern, sondern hatten eine enorme Variabilität in ihren Defensivaufgaben. Manchmal schoben sie sogar bogenartig nach vorne auf die Innenverteidiger und die beiden zentralen Stürmer sicherten Pässe in den Sechserraum, in anderen Situationen gingen sie aus der Mitte aggressiv in Richtung der Dortmunder Außenverteidiger und vielfach stellten sie einfach die Halbspieler der gegnerischen Raute zu, von wo sie sich dann flexibel in Richtung Ball orientierten und ihre Mitspieler im Pressing unterstützten.
Eine sehr schöne Szene hierzu gab es z.B. in der 16. Minute, wo Leverkusens Stürmer sich in einem Quadrat positionierten und in diesem verschoben. Balanciert wurde dies durch das aggressive Herausrücken der Außenverteidiger, welche einige Male sehr schnell nach vorne schoben und schon früh die gegnerischen Außenverteidiger unter Druck setzten. Die extreme Ballorientierung, Deckungsschattennutzung und die Flexibilität der Stürmer im Anlaufen durch die Enge der Stürmer waren die entscheidenden Faktoren für die Dominanz Leverkusens zu Beginn. Sie variierten zwischen einem 4-2-3-1, dem klassischen 4-4-2 und unterschiedlichsten Staffelungen im 4-2-2-2 (bis hin zum 4-2-4-0 und 4-2-2-2-0), je nach Situation. Um dies zu bekämpfen, stellte der BVB um.
Jürgen Klopps Abkehr von der Raute kommt spät
In der ersten Halbzeit waren alle drei zentralen Mittelfeldspieler durch die tiefere Positionierung und enorme horizontale Kompaktheit der vier Leverkusener Offensivspieler aus dem Spiel genommen worden; auf den Flügel und in den Halbräumen gab es kaum Anbindung und das ballorientierte Verschieben Bayers sowie der Mangel an Optionen für erfolgsstabile Seitenwechsel, ob mit langen Bällen oder über mehrere Kurzpässe, sorgten für die großen Probleme in eigenem Ballbesitz. Auch die zurückfallenden Bewegungen Reus‘ und Aubameyangs halfen hierbei kaum, ausweichende Läufe auf den Flügeln wurden nicht sauber und konstant praktiziert oder gingen in Leverkusens Kompaktheit unter.
In der zweiten Spielhälfte war Leverkusen nicht mehr so effektiv. Leverkusen war nach der laufintensiven ersten Halbzeit schlichtweg nicht mehr ganz so intensiv und präsent. Vermutlich wechselte Schmidt darum auch eher positionsgetreu, aber etwas defensiver und wollte lediglich frische Kräfte bringen. Reinartz kam für Rolfes (Minute 62), Brandt für Son (Minute 76) und letztlich Papadopoulos für Calhanoglu (Minute 80); einzig der letzte Wechsel änderte etwas, weil Papadopoulos als Sechser spielte und Castro auf den Flügel ging. Das 4-2-2-2 wurde stärker zu einem 4-4-2 in der zweiten Hälfte, aber nicht grundsätzlich anders als die Spielweise in der ersten Hälfte.
Desweiteren wich Aubameyang nun häufiger und stärker nach rechts aus, Reus bewegte sich stärker im Zwischenlinienraum und Mkhitaryan ging teilweise sehr weit auf links. Auch Immobile wich aus und Reus tauschte ein paar Mal mit Mkhitaryan die Position. Sogar im Pressing wirkte es vereinzelt wie ein asymmetrisches 4-4-1-1 oder ein 4-1-4-1, meist blieb es aber bei einer asymmetrischen Raute, die nach links geschoben war und Aubameyang sich in den offenen rechten Raum neben dieser Raute orientierte; die nächste formative Veränderung gab es aber in der Schlussphase.
Schon vor den Wechseln in der 75. Minute spielten die Dortmunder im 4-2-3-1/4-4-1-1, mit Großkreutz auf links anstatt Jojic und Hofmann auf rechts für Reus wurden dann auch frische Spieler für das immer klarer werdende 4-2-3-1 gebracht. Dort hatten sie mehr Anspielstationen auf dem Flügel, bewegten sich etwas besser abgesichert und unterstützender in den Halbräumen. Kehl öffnete Räume im Aufbauspiel im Sechserraum für Mkhitaryan, der als zweiter Sechser und als Aufbauspieler im Sechserraum fungierte. Hofmann, Großkreutz und Aubameyang bewegten sich flexibel hinter Mittelstürmer Immobile.
Fazit
Leverkusen gewinnt gegen den BVB und zeigt, wie eine Mannschaft von Roger Schmidt agiert. Allerdings ist die Frage, wie lange sie in der Bundesliga ihre Intensität aufrechterhalten können. In der zweiten Halbzeit waren sie beispielsweise nicht mehr ganz so intensiv und auch taktisch in den Wechselwirkungen mit dem Gegner nicht mehr dermaßen effektiv. Der BVB kam mit fortschreitender Spieldauer besser ins Spiel und konstanter in die gegnerische Hälfte, sie interpretierten ihre Raute zuerst weiträumiger und asymmetrischer, danach stellten sie gänzlich auf ein 4-2-3-1/4-4-1-1 um. Letztlich war es aber ein Leverkusener Konter zu Spielende, der das Spiel entschied.
63 Kommentare Alle anzeigen
Nanlei 24. September 2014 um 11:10
Der schmale Grad
http://www.sueddeutsche.de/sport/roger-schmidt-bei-bayer-leverkusen-konflikt-mit-der-realitaet-1.2141402
datschge 24. September 2014 um 14:52
Bitte eine Link anstatt ohne Erlaubnis komplette Artikel verbatim inklusive Werbung posten.
MR 24. September 2014 um 15:32
Hab das mal editiert.
Michael 2. September 2014 um 17:42
Aktueller Bericht zum Trainingskonzept von Rangnick bei spox
http://www.spox.com/de/sport/fussball/zweiteliga/1409/Artikel/rb-leipzig-training-jugendkonzept-die-alles-entscheidende-sekunde-ralf-ragnick-sadio-mane-alex-zorniger.html
vanGaalsNase 2. September 2014 um 19:08
Ich begrüße es zwar, wenn Menschen in ihrem Tun konsequent sind, aber bei Rangnick drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass er es übertreibt. „Man sieht viele Ballverluste, Stoppfehler und überhastete Torabschlüsse. Doch das ist in Ordnung so …“ – Ist nicht unbedingt meine Vorstellung von „gutem Fußball“. Zumal es kein Zufall ist, dass solch extrem ausgeprägte Umschaltstile selten lange erfolgreich sind. Gerade Rangnicks Teams waren selten gut, wenn sie viel Ballbesitz hatten.
„… in Leipzig beginnt bereits in der U8 die Ausbildung zu einem waschechten Rangnick-Spieler.“ – Studien (Côté/Baker/Abernethy, Practice and play in the development of sport expertise) haben gezeigt, dass eine Spezialisierung auf eine Sportart (gar nicht mal auf einen Spielstil) optimalerweise erst ab dem 11.-12. Lebensjahr stattfinden sollte. Ein Trainieren in freien Spielformen und unterschiedlichen Spielsportarten im Kindesalter erhöht die Spielintelligenz. Ist es aber intelligent, immer nur in eine Richtung zu spielen? Das ist auf Dauer Stress pur. Und Stress beeinträchtigt die Wahrnehmung.
Michael 2. September 2014 um 22:01
Diese Vorgehensweise finde ich auch stark übertrieben. Dass ab der U8 scheinbar schon eine solche Spezialisierung stattfindet. Ich dachte immer es gehe gerade in einem solchen Alter in erster Linie darum die Spielfähigkeit und die Spielintelligenz zu entwickeln und zu fördern. Und ob man das durch eine solche frühzeitige Spezialisierung auf einen Spielstil tatsächlich gewährleisten kann halte ich persönlich doch für fragwürdig.
PS: Noch eine Frage zu einem früheren Beitrag von mir. Hatte einige Fragen zu dem dem Buch zum Thema Training, die leider nicht beantwortet wurden. Deshalb stelle ich sie erneut ohne unverschämt sein zu wollen. Habe halt einfach großes Interesse daran.
Ist für dieses Buch schon ein Erscheinungstermin und ein Vertriebsweg bekannt?
Wird es größtenteils um Taktische Periodisierung und Differenzielles Lernen gehen?
Vielen Dank für die Info.
vanGaalsNase 2. September 2014 um 22:46
Es gibt noch keinen Veröffentlichungstermin.
Es wird um die taktische Periodisierung gehen. Und in diesem Konzept spielt auch die differenzielle Lehrmethode eine ganz wesentliche Rolle.
Michael 2. September 2014 um 23:18
Alles Klar. Nochmals Danke für die Info. Dann bin ich ja mal gespannt.
TD 31. August 2014 um 01:06
Da sich eine Kagawa-Rückkehr anbahnt, könntet Ihr euch vorstellen, dass man an dem 4-3-1-2/4-1-2-3-0 festhält, um sowohl Kagawa zu ermöglichen, seine Lieblingsposition auf der Zehn zu bekleiden, als auch Reus weiterhin möglichst zentrumnah zu positionieren?
Wenn Reus als hängende Spitze spielt und Kagawa als Verbindungsspieler auf der 10 agiert, könnten die beiden doch extrem gute Kombinationen aufziehen, gerade wenn ein horizontal ausweichender Aubameyang oder Ramos davor positioniert ist, der auf diese Weise Lücken reißt, in die Reus, Kagawa und ein aufrückender Mkhitaryan aus dem linken Halbraum hineinstoßen könnten. Auch im Angriffspressing wäre der Kagawa der ideale Spieler, wenn er zwischen die beiden nominellen Spitzen rückt und die gegnerischen Sechser in den Deckungsschatten nimmt, schließlich ist er sehr wendig und beweglich und kann dadurch äußerst schnell die Richtung wechseln.
TD 31. August 2014 um 01:12
Wäre auch sehr nett, wenn ihr ähnlich wie bei Sahin damals in einem Artikel die taktische Möglichkeiten mit Kagawa aufzeigen könntet.
Fehleinkauf 1. September 2014 um 22:21
Ich schließe mich an: Eine kurze Abhandlung über die Einbindung Kagawas würde ich enorm spannend finden.
Daniel 1. September 2014 um 23:50
Ich würde das ebenfalls begrüssen, zumal das Dortmunder Spiel ja nicht mehr soviel gemein hat mit dem Spiel von vor 2-3 Jahren. Ist es möglich Kagawa da wieder 100%ig einzubinden? Wenn vanGaal schon keine Idee hat wie er Kagawa in sein Ballbesitzspiel/Pressing einbauen könnte, wie wird Klopp das nun bei einem eher Ballbesitz orientiertem Spiel machen? Wo es doch früher immer hieß Kagawa sei der perfekte Pressing Spieler.
MR 2. September 2014 um 17:49
Dass man im Pressing perfekt ist, heißt doch nicht, dass man im Ballbesitz Schwächen hat. Siehe Busquets, Iniesta oder eben Kagawa. Ich seh da überhaupt keine Probleme mit seiner Einbindung. Hab einen Artikel in der heutigen Ausgabe der Ruhr Nachrichten (wenn er heute abgedruckt wurde, weiß ich grad nicht), der vermutlich die Tage auch noch online gestellt wird.
HW 2. September 2014 um 20:25
Vor allem, weil diese zwei Konzepte sich nicht ausschließen, im Idealfall eher ergänzen.
DC27 28. August 2014 um 20:28
Das Spiel wird vollkommen verkannt! Deshalb finde ich die eigentlich tolle Analyse leider auch etwas zu kurz, zu der Zweiten Halbzeit und zu Dortmund wurde nämliche lange nicht soviel gesagt wie zur ersten Halbzeit und Leverkusen, obwohl man das durchaus tun hätte können.
Das Spiel war ein klassisches 1:1 Spiel die 1. Halbzeit ging an Leverkusen und das in der ersten Halben Stunde enorm beeindruckend und in der 2. Halbzeit war Dortmund besser. Vor allem in den letzten 10 Minuten vor dem 2:0 war Dortmunds Druck nämlich extrem. Dieser Druck und auch die guten Dortmunder Aktionen davor führten für Dortmund allerdings nicht zum Tor, da die entscheidungsfindung vor dem Tor, die abstimmung bei den Offensivspielern und die Einbindung Immobiles suboptimal waren. Die Ausweichbewegungen von Immobile sorgten z. B. für die Verweisung des Sechszehners. Besonders offensichtlich wardas in einer Szene in der Immobile auf der linken Seite am Strafraum den Ball hat und in die Mitte passt und dort sind nur Leverkusener. Wenn in dieser Situation Mchitarjan oder Aubameyang aus dem Rückraum kommen stehts 1:1, deren Rolle war in diesem Spiel aber leider eine andere Auba war klar auf dem Flügel und Mikhi war als sechser zu defensiv. Wenn das Spiel nicht am ersten sondern am Zehnten Spieltag gewesen wäre wenn die Offensivkräfte hoffentlich besser Zusammenspielen und mit z.B. Ramos auch wieder Alternativen auf der Bank sitzen, würden wir über das Spiel ganz anders Sprechen, weil dann auch am Ergebniss abzulesen wäre, dass das Spiel nicht nach 30 Minuten zu Ende war.
Fazit: Leverkusen ist deutlicher schwächer als es gemacht wird (obwohl es richtig stark war) und Dortmund deutlich besser (weil es auch richtig stark war zumindest nach der ersten Halbzeit). Über Dortmunds Schwächen abgesehen von der Raute wurde leider fast nix gesagt. Das 2:0 war ein Tor zu Hoch, aber soist das im Fussball wenn du vorne den Ausgleich nicht machst, fällt hinten die Entscheidung.
Michael 28. August 2014 um 09:56
Ralf Rangnick zum Thema „Schnelles Umschalten“:
https://www.youtube.com/watch?v=VHGgzCNkz24
vanGaalsNase 28. August 2014 um 17:57
Das ist ein inhaltlich sehr fragwürdiger Vortrag. Einfach mal die Statistiken aus seiner Hoffenheim-Zeit genau beachten…
king_cesc 29. August 2014 um 11:05
Kannst du deine Kritik weiterführen?
vanGaalsNase 29. August 2014 um 12:53
Zunächst ist der ganze Vortrag ein undifferenzierter Lobgesang auf das schnelle Umschalten. Rangnick sieht nur im Vertikalspiel eine Möglichkeit, mittels „Tempo und Spielwitz“ Tore zu kreieren. Implizit spricht er das dem Positionsspiel mit längeren Ballbesitzphasen ab. Warum spricht er aber nicht auch über die Nachteile dieses Stils? Dass man nämlich kaum 90 Minuten und über eine ganze Saison permanent mit hoher Laufintensität den/die Gegner unter Druck setzen kann (im Positionsspiel kann man das Tempo auch mal rausnehmen und behält trotzdem Spielkontrolle), oder dass häufig unnötige Ballverluste die Folge sind, die eben nicht immer mit einem sofortigen Gegenpressing kompensiert werden können.
Bei Minute 19:20 zeigt Rangnick Statistiken auf, dass Hoffenheim im Jahre 2008 50% seiner 70 Tore nach Balleroberungen im vorderen Drittel erzielt hat. 58% aller Hoffenheim-Tore fielen in dieser Zeit nach Balleroberungen. Diese Werte verglich er u.a. Barca, das 22,5% seiner Tore nach Kontern schoss. Daraus leitete er ab, dass das aggressive Pressing mit anschließendem schnellem Umschalten besonders ertragreich ist.
Das stelle ich ja nicht in Abrede, aber seine Rückschlüsse unter Zuhilfenahme von Barca sind kaum zur Unterstützung seiner These geeignet. Denn Barca hat im selben Zeitraum 96 Tore geschossen. Wenn sie aber nur 22,5% ihrer Treffer nach Kontern machen, haben sie – ausgehend von der Standardschwäche der Katalanen – wohl sehr viele Tore nach ausgiebigen Ballzirkulationen aus ihrem Positionsspiel heraus erzielt. Mit diesen Werten sind doch seine Thesen hinfällig.
Dass Statistiken bei einem hohen Pressing mit intensivem Vertikalspiel derartige Zahlen aufweisen, ist doch logisch. Das lässt aber keinen Rückschluss auf die grundsätzliche Qualität dieses Spielstils zu. Eine solche (absichtliche?) Fehlinterpretation von Statistiken hat es schon mal gegeben. Und zwar von Charles Reep in England. Dessen Zahlen und Analysen haben den Siegeszug des Kick and Rush auf der Insel bedeutet…
Ab 27:20 bezieht er sich auf eine Aussage von Jürgen Klopp, der meinte, dass 80% der Trainingsspiele des BVB den gegnerischen Ballbesitz zum Inhalt haben. Das unterstützt Rangnick. Ist ja auch nicht verkehrt, wenn es zur Strategie passt. Aber dann tut Rangnick mal wieder so, als sei das Einstudieren von Pressingmechanismen bzw. -Bewegungen das einzig Wahre.
Zudem scheint er zu denken, dass man das Verhalten bei eigenem Ballbesitz nicht in Spielformen, sondern nur mit „11 gegen 0“ oder „Steckmännchen“ vermitteln kann. Das eigene Passspiel kann eigentlich nur in spielnahen Übungsformen (also unter Gegnerdruck) trainiert werden. Wie genau das aussehen wird, werden RM und Ich bald zeigen.
Man soll mich hier bitte nicht falsch verstehen! Das schnelle Umschalten ist ein enorm wichtiges Element im Fußball und wenn es eine Mannschaft beherrscht, dieses situativ-abwechselnd mit dem Positionsspiel zu verbinden, hat man ein großes Arsenal an Mitteln zur Torerzielung. Aber die Art und Weise, wie Rangnick seine Ideen vom Fußball „verkauft“, halte ich für gefährlich. In Dtl. gibt es einen großen Fokus auf den Umschaltmomenten. Leider wissen viele Trainer und Teams aber nicht, wie sie bei höheren Ballbesitzwerten agieren sollen. Das ist kein befriedigender Zustand und dieser wird anhalten, wenn man sich Rangnicks Zahlen und Ausführungen ohne genauere Betrachtung zum Vorbild nimmt.
Ich gebe zu, dass ich das Positionsspiel bevorzuge und meinen Fokus nicht so sehr auf das Kontern lege. Damit sage ich aber nicht, dass das der beste Stil ist. Jeder Stil hat Vor- und Nachteile. Dabei muss jeder für sich selbst entscheiden, welche Vorteile er nutzen will und welche Nachteile er (zunächst) in Kauf nimmt. Aber wenn jemand sich tatsächlich hinstellt und unter ignoranten Annahmen einen Spielstil als den Überlegenen huldigt, ist das einfach falsch und unter Beachtung der Geschichte um Charles Reep nicht ungefährlich für die strategische und taktische Entwicklung.
king_cesc 29. August 2014 um 13:26
Danke!
Ich teile deine Kritik zu 100%.
Hoffentlich entwickelt sich der Fussball nicht zum Kick&Rush.
Michael 29. August 2014 um 15:53
Finde ich gut, dass dieses Video hier zu Diskussionen anregt.
Ich denke allerdings nicht, dass Herr Rangnick so ignorant ist und das Vertikalspiel als der Weisheit letzter Schluß sieht.
Die undifferenzierte Betrachtungsweise und das völlige Vernachlässigen der Nachteile dieses Systems wird wohl dem Umstand der begrenzten Redezeit und dem Thema der Konferenz geschuldet sein.
Es ist wohl spätestens seit der letzten WM klar, dass eine Mannschaft flexibel sein muss und situationsbedingt zwischen den verschiedenen Spielweisen wechseln muss. Dazu gehört auch immer noch das von Ihnen kritisch betrachtete Long-Ball-Game, dass z.B. auch die Dortmunder mit Lewandowski immer mal wieder eingestreut haben.
Natürlich war die unkritische Auseinandersetzung mit statistischen Daten eines Hobby-Statistikers in den 50er Jahren in England wohl mehr als fragwürdig.
Aber hier würde ich den von Rangnick in diesem Vortrag vorgestellten Statistiken keinen allzu hohen Stellenwert beimessen. Ich denke doch, dass die von Ihm und seinen Mitarbeitern erhobenen Statistiken wesentlich umfangreicher waren und wohl mehr Mannschaften als Hoffenheim und Barcelona umfassten.
Und wie Sie richtig erkannt haben sollte sich niemand einfach einen solchen Vortrag anhören ohne über das Gesagte nachzudenken und ggf. zu widersprechen.
Und wenn ein solches Video dann noch eine konstruktive Diskussion über unser aller Lieblingsthema anregt dann finde ich das umso besser.
vanGaalsNase 29. August 2014 um 16:34
Wenn ich Rangnick so zuhöre, drängt sich mir sehr wohl der Eindruck auf, dass er seine Ansichten als „der Weisheit letzter Schluss“ betrachtet. Vor allem wenn ich berücksichtige, wie er das Training des eigenen Ballbesitzes sieht…
Er sagt, dass die von ihm vorgestellten Zahlen verdeutlichen, wie groß der Zusammenhang zwischen aggressivem Pressing und der Chance, daraus ein Tor zu erzielen, ist. Sehe ich mir die Zahlen von Barca an und vergleiche sie mit Rangnicks Hoffenheimern, kann ich darin jedoch keine direkte Korrelation erkennen. Wenn Barca nur 22,5 % seiner 96 Tore nach Kontern macht, aber insgesamt dennoch mehr Tore schießt, würde ich ganz andere Gründe als ursächlich ansehen.
„Die schnelle Rückeroberung des Balles bedeutet eine hohe Wahrscheinlichkeit, sofort selbst ein Tor zu erzielen.“ – Das stimmt so einfach nicht. Das eine hat zunächst einmal nichts mit dem anderen zu tun. Um eine Korrelation zwischen schneller Eroberung und anschließender Torerzielung auszumachen, muss noch die Anzahl der Versuche berücksichtigt werden. Anschließend hat ein Vergleich mit Mannschaften zu erfolgen, die eben weniger das schnelle Umschalten nutzen. Darauf geht Rangnick gar nicht ein.
Er sagt weiter, dass sich 10 Sekunden nach Ballgewinn die Chance zunehmend verringert, ein Tor zu schießen. Auch hier wird nicht nachvollziehbar, wie er auf diese Zahlen kommt.
Bei all seinen Daten und angeblichen Korrelationen kann man immer wieder Barca als Gegenargument anführen.
Es hängt alles von so vielen Faktoren ab (Strategie, Qualität der Spieler etc.), dass ich mit den wenigen Zahlen, die Rangnick nutzt, schlichtweg nicht nachweisen kann, ob und in wie fern eine Korrelation zwischen einer schnellen Balleroberung und einer anschließenden Torerzielung besteht. Ich zweifle ja gar nicht an, dass eine Korrelation bestehen kann. Aber mangels ausreichender Daten, ist kein Beweis erbracht, dass aggressives Pressing und schnelles Umschalten für mehr Torgefahr sorgen als ein Positionsspiel mit längeren Ballbesitzphasen.
Wer so viel Wert darauf legt, vereinsintern Statistiken zu erheben und mit ihnen zu argumentieren, kann nicht damit verteidigt werden, dass man seinen Daten „keinen allzu hohen Stellenwert“ beimisst. Wenn ich auf einem Trainerkongress einen fast einstündigen Vortrag halte, muss ich auch die Zeit nutzen, meine Statistiken unangreifbar zu machen. Das ist Rangnick nicht gelungen.
king_cesc 29. August 2014 um 16:38
Für die These, dass Ralf Rangnick das Vertikalspiel als beste Spielweise ansieht gibt es aber RB Leipzig und Salzburg. Dort wird sich teilweise haarsträubend auf Vertikalpässe fokusiert.
Ob dies nun ignorant ist, oder vielleicht auch visionär, darüber lässt sich streiten. Da ihm wohl klar ist, dass es verschiedene Spielweisen gibt, kann es sich nur um ein visionäres Selbstverständnis handeln.
Wenn er mit seinen Mitarbeitern so ausführliche Statistiken angelegt hat, warum zeigt er dann keine guten Beispiele, die es sicher auch möglich machen für eine vertikale Anlage zu argumentieren.
PS: Danke für das Video, wie du bereits sagst regt es eine gute Diskussion an.
Michael 29. August 2014 um 17:22
Die 10-Sekunden-Regel war in der Saison 2011 in aller Munde dank Mirko Slomka und Hannover. Ich denke er beruft sich da auf Daten die der Kollege damals erhoben hat.
Aber seine statistischen Beispiele lassen wirklich viel Interpretationsraum zu. Da gebe ich Ihnen recht. Es liegt mir auch fern Herrn Rangnick und seine Vorstellung zu verteidigen. Aber einen kleinen wenn auch nicht ausführlichen Einblick kann man doch bekommen und ich denke, dass die Leser eines Artikels in dem eine Überschrift „Fußball à la Rangnicks Red Bull“ lautet durchaus Interesse daran haben könnten. Und wenn man dies dann noch kritisch hinterfragt und sich mit anderen austauscht muss ich zugeben, dass mir das sogar Spaß macht.
Aber ich hätte noch eine ganz andere Frage zu folgendem Satz:
„Das eigene Passspiel kann eigentlich nur in spielnahen Übungsformen (also unter Gegnerdruck) trainiert werden. Wie genau das aussehen wird, werden RM und Ich bald zeigen.“
Da ich Ihre Beiträge auf spox schon immer gerne gelesen habe würd ich gerne wissen um was genau es sich hierbei handelt.
vanGaalsNase 29. August 2014 um 22:19
Rangnick ist für den dt. Fußball sehr wichtig. In der BuLi besteht ein großer Umschaltfokus, der dem dt. Fußball eine Identität gibt und international zu einem positiven Ansehen verhilft. Das ist zu einem ganz wesentlichen Teil auch auf Rangnick zurück zu führen, der seit den 1980er Jahren in Baden-Württemberg eine regelrechte Gruppe um sich geschart hat. Diese hat das ballorientierte Verteidigen mit schnellem Umschalten verbunden und in die (deutschsprachige) Welt getragen. In Hoffenheim hat er eine Infrastruktur geschaffen, die erstmals einen größeren Coaching- und Scouting-Staff vorsah, als es Spieler im Kader gab. Auch das wurde zum Vorbild in der BuLi.
Rangnicks Leistungen sind also sehr hoch einzuschätzen. Darum bin ich so enttäuscht von diesem Vortrag.
RM und Ich werden in naher Zukunft ein Buch herausbringen. Dabei geht um Trainingsmethodik und auf welche Art und Weise man bestimmte Strategien und Taktiken vermitteln kann und sollte. Darin kommt auch die 10-Sekunden-Regel vor.
Michael 29. August 2014 um 23:08
Ich bin ebenfalls begeistert von Leuten, die in der Vergangenheit im taktischen Bereich ihrer Zeit teilweise Jahrzehnte voraus waren. So hat die von Ihnen genannte Gruppe um Rangnick und seinen Mentor Helmut Groß (http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/im-gespraech-trainer-helmut-gross-ich-mag-das-kontrollierte-chaos-12342163.html) schon Anfang der 1980’er die unbestreitbaren Vorteile der ballorientierten Raumdeckung erkannt während man in Großteilen Deutschlands teilweise bis in die 2000’er Jahre hinein stur an Libero und Manndeckung festhielt.
Ist für dieses Buch schon ein Erscheinungstermin und ein Vertriebsweg bekannt?
Wird es größtenteils um Taktische Periodisierung und Differenzielles Lernen gehen?
Bin für eine Antwort sehr dankbar und denke, dass bestimmt schon mehr Leser dieser Seite sich diese oder ähnliche Fragen gestellt haben.
HW 30. August 2014 um 09:02
Wenn man im Training den Fokus auf ein bestimmtes Spielelement legt, dann ist es nur logisch, dass die Mannschaft andere Mechanismen nicht so gut umsetzen kann. Dass „der Ballbesitzfußball“ nicht nur bei Barca funktioniert haben schon andere Teams gezeigt. Was bei Barca immer vergessen wird ist, dass sie bei bedarf sehr effektiv kontern konnten (die Zeit unter Guardiola betrachtet).
Wie schon angemerkt. In England hat man vor etwa 50 Jahren auch den Fehler gemacht und geglaubt, nur weil relativ viele Tore nach Spielzügen mit wenigen Pässen fallen, sollte man diese Spielweise forcieren. Dabei werden in der Statistik gerne zwei Fehler gemacht. Einerseits konzentriert man sich auf eine Seite der Statistik. Wenn also 58% aller Hoffenheimer Tore kurz nach Balleroberungen fielen, dan gibt es immer noch 42% die in anderen Situationen erzielt wurden. Kein so kleiner Anteil, vor allem wenn es nicht die bevorzugte Spielform ist. Und ganz allgemein wird im Fußball bei Statistiken gerne auf die Quantität geschaut und die Qualität vergessen. Torschuß ist nicht gleich Torschuß und Ballbesitz nicht gleich Ballbesitz usw.
Dazu kommt die Qualität der Datenbasis. Was in England vor Jahrzehnten analysiert wurde war hauptsächlich der englische Fußball. Die Statistik war also von vorneherein mit der englischen Spielweise belastet (sie hatte ein Vorurteil) und nicht auf einen internationalen Maßstab übertragbar.
Wenn Rangnick Statistiken von Hoffenheim und Barca vergleicht, dann muss er zunächst zugeben, dass, trotz aller Erfolge seines Teams, Barca weit aus erfolgreicher ist. Und, dass Barca und Hoffenheim in ganz unterschiedlichen Wettbewerben aktiv sind und andere Anforderungen erfüllen müssen. Das ist, als wenn ein Angler den größten Hecht mit einem beliebigen Karpfen aus einem anderen Teich vergleicht.
HW 30. August 2014 um 09:04
PS
Wenn ich Inverting the Pyramid richtig lese, dann haben die Engländer um Reep sogar ihre Statistiken falsch ausgewertet.
HW 30. August 2014 um 09:16
PPS
Vielleicht sagt Rangnick auch nur (ohne es sagen zu wollen): Die meisten Teams sind nicht gut genug um sich gute Chancen gegen eine organisierte Defensive zu erspielen. Also müssen sie die kurze Zeit des Umschaltmoments nutzen um zum Abschluss zu kommen.
Ob das Richtig ist, sei mal dahin gestellt. Aber es würde sich mit Klopps Aussage decken, dass Gegenpressing der beste Spielmacher ist.
Das gute am Fußball ist, dass es nicht die eine absolute Wahrheit gibt. Es gibt keine überlegene Taktik, die alle Teams nutzen. Dann würde es auch nur noch auf die „Kraft“ der Spieler ankommen.
Um beim falschen Michels Zitat zu bleiben. Fußball ist wie Krieg*. Es gibt keine 08/15 Lösungen.
* Was natürlich falsch ist. Fußball ist mehr als das. Fußball ist Ausdruck des Lebens.
Michael 30. August 2014 um 18:37
Das ist ja eines der Dinge das diesen Sport ausmacht.
Olaf Marschall: „Über Fußball kannst du immer reden, weil jeder eine andere Sicht auf die Dinge hat. Deshalb ist Fußball so interessant“
mk 29. August 2014 um 21:21
Oha, falsche Schlussfolgerungen aus einem absolut gebiasten (gebiasden? Ist jedenfalls jeweils ein dicker Bias drin…) Datensatz zu ziehen und mit so einem fragwürdigen Gebrauch von Statistik komische Thesen über angebliche Systemüberlegenheiten ziehen. Da hat der Herr Rangnick, den ich eigentlich sehr schätze, einiges an Kredit bei mir verspielt. Ich hasse ja ehrlich gesagt nur wenige Dinge wirklich, aber nachlässiger Umgang mit Statistik gehört dazu. Wie überraschend ist es denn, dass der relative (!) Anteil an Toren bei einer Mannschaft, die genau darauf Wert legt, nach Umschaltsituationen höher liegt, als bei genau gegenteilig eingestellten Teams? Wenn überhaupt müsste er schon ein viel größeres N an Mannschaften und Toren betrachten, aber selbst dann bleibt finde ich zweifelhaft, ob der Wert über den rein deskriptiven Nutzen hinaus geht. Kontext, Ralf!
Javier Müller 31. August 2014 um 09:27
Frage an HW: inwiefern ist Fußball „Ausdruck des Lebens“.
HW 1. September 2014 um 09:27
Dass ich mal erklären soll, warum Fußball Ausdruck des Lebens ist.
Zunächst ist Fußball teil des Lebens und, wie jeder andere Sport auch, von den Menschen geprägt, die ihn spielen, lehren und sich in ihm ausdrücken.
Fußball im speziellen ist ein Sport mir relativ wenigen Regeln und wenigen Voraussetzungen. Dies ermöglicht den kreativen Ausdruck. Der Fußball kann auch sehr langweilig sein. Man kann stark physisch, technisch, kollektiv, individuell spielen (oder irgendeine Mischung). All das ist wie im Leben außerhalb des Fußballs. Niemand verbietet dir ein langweiliges Leben zu führen, du kannst Künstler, Handwerker, Stratege sein – unabhängig von deiner Position. Du musst eigentlich nichts besonderes können um mitzuspielen (nicht schwimmen oder Fahrrad fahren), im Leben musst du auch „nur“ atmen und essen um am Leben zu sein (erfolgsunabhängig betrachtet).
Im Fußball bleibt, wie im Leben, die Zeit nicht stehen. Auch wenn du den Ball ins Aus spielt, die Uhr läuft weiter. Man kann sich immer eine Auszeit nehmen, aber das Leben geht weiter. Eine Kleinigkeit kann (muss aber nicht) über dein Schicksal entscheiden. Die Erfolgreichen verbringen viel Zeit sich auf jede mögliche Kleinigkeit vorzubereiten und diese Vorbereitung startet mit der Grundausbildung.
Viele Sportarten kann man philosophisch betrachten. Nehmen wir aber nur die Mannschaftssportarten, dann bietet Fußball wohl mit die größten Freiheiten sich auszudrücken, individuell und kollektiv. Andere Sportarten sind eine Abfolge von Standardsituationen, schreiben vor wie lange du angreifen darfst oder bedingen eine bestimmte Ausrüstung. Fußball wird auf der ganzen Welt gespielt. Und die Welt drückt ihren Charakter im Fußball aus. Es genügt ein Kind und ein kleiner Stein und es entsteht fast unausweichlich der Drang des Kindes gegen diesen Stein zu treten.
Man kann endlos über die Bedeutung des Fußballs philosophieren. Sie ist für jeden anders und ich glaube nicht, dass ich meine Sichtweise umfassend und strukturiert beschrieben habe. Aber für einen ersten Versuch genügt es mir.
Kamelie 1. September 2014 um 13:47
„No, soccer is dull as dishwater and just because it stops camel traffic in Saudi Arabia doesn’t mean we have to fall in line.“
– Robert Tychkowski
HW 1. September 2014 um 15:30
But it stops camel traffic in Saudi Arabia!
You don’t have to agree. But it’s just what I said. Even if I was not referring from the outside view of a supporter or any other, but from the role of a player. Football can be dull, like living in this world. If a game is boring for the viewer, it doesn’t have to be for the player. And if it is boring for the player, it is up to him to change that. Like in life, if you are bored, change it.
I was talking about the game that is played by people, not the product that is produced and sold to the public.
HW 28. August 2014 um 07:39
OT
Hinweis zum neuen Design. Wenn ich unter der Artikelüberschrift auf „25 Kommentaren“ klicke/Rippe, dann komme ich nicht zu den Kommentaren, sondern zurück zur Startseite. Hat sonst noch jemand dieses Verhalten beobachtet?
HW 30. August 2014 um 19:12
Ich muss mein Feedback erweitern.
Gibt es noch irgendwo eine Suchmaske? Ich suche die Analysen zur Club-WM 2011/12 (Barca – Santos). Finde ich leider nicht in der neuen Menu-Struktur.
Dazu komme ich, wenn ich auf der Hauptseite unten auf einen der Kommentare klicke, nicht in den Kommentarbereich dieses Artikels, sondern nur auf die Artikelseite. Den Kommentar muss ich dann noch suchen.
AP 26. August 2014 um 18:19
Hab mich in den ersten 30 min gefragt, warum Dortmund als gegen die Wand läuft und nicht zum langen Ball greift.
Mit Auba und den anderen doch keine so verkehrte Sache. Das Trainerteam hat es wohl in dieser Wucht nicht erwartet oder wie seht ihr das?
Flowbama 26. August 2014 um 17:34
Die Parallelen zu Rangnicks Red Bull wurden ja bereits angesprochen. Ist auch bei RB Leipzig ein so radikales Gegenpressing zu finden? Oder ist das eher Roger Schmidts eigenem Stil geschuldet?
Tobias Z. 26. August 2014 um 08:35
„Schon vor den Wechseln in der 75. Minute spielten die Dortmunder im 4-2-3-1/4-4-1-1, mit Großkreutz auf links anstatt Jojic und Hofmann auf rechts für Reus wurden dann auch frische Spieler für das immer klarer werdende 4-2-3-1 gebracht.“
Zeichensetzung würde den Satz klarer machen.
Tobias Z. 26. August 2014 um 08:38
So zum Beispiel:
“Schon vor den Wechseln in der 75. Minute spielten die Dortmunder im 4-2-3-1/4-4-1-1. Mit Großkreutz auf links statt Jojic und Hofmann auf rechts statt Reus wurden dann auch frische Spieler für das immer klarer werdende 4-2-3-1 gebracht.”
JS 25. August 2014 um 22:07
So schlecht waren BVBs Chancen nach ExpG auch nicht. Das ging danach so 1,1 zu 0,9 aus. Nicht berauschend für ein Heimspiel, aber immerhin.
https://twitter.com/11tegen11/status/503962682622763008
juventino 25. August 2014 um 20:11
Wie seht ihr die Möglichkeiten von Drmic sich in die erste Elf zu spielen? Ich dachte eigentlich, dass er mit seiner Schnelligkeit und Abschlussstärke eigentlich gut zu Schmidts Fussball passen würde. Hat er Chancen Kiessling oder Calhanoglu zu verdrängen? Oder wäre er eher ein Kandidat für die Flügelposition?
Wie immer ein toller Artikel, vielen Dank.
MM_17 25. August 2014 um 20:43
Tolle Analyse! Habe allerdings zwei Verständnis-bzw. fachliche Fragen:
1. „der ballnahe Flügelspieler stellte…enge Kombinationsräume her und spielte überaus diagonal vom Halbraum aus.“ Bedeutet dies in einfachen Worten ausgedrückt, dass der ballnahe Spieler den Ball in den „Rücken der Abwehr“ spielt?
2. Was ist die erwähnte „Deckungsschattennutzung“?
DC27 28. August 2014 um 19:42
1. Nein. Der Satz bedeutet das der ballnahe Flügelspieler sich zum Ball orientierte um dort als anspielstation zu fungieren (Kombinationsräume herstellen), dabei ist sein Spiel nicht linear nach vorne oder zur Seite sondern eben diagonal ausgelegt. Die s kann im Idealfall bedeuten das er einen diagonal Pass in den Rücken der Abwehr spielt (diese tödlichen Pässe sind häufiger diagonal gespielt) aber es kann auch ein Pass vor die Abwehr oder einfach das Laufen mit dem ball und ein eventuelles Dribbling sein. Diagonal ist nicht automatisch „in den Rücken der Abwehr“ gespielt.
2. Der Deckungsschatten kommt zu tage wenn sich ein Spieler so zwischen dem gegnerischen Ballführendem Spieler und einem weiteren Gegenspieler stellt, das letzterer nicht angespielt werden kann ohne das der ballführende Spieler annehmen muss das der Pass nicht ankommt. So kann ein Spieler idealerweise mehrere Spieler decken, in dem er einen Spieler deckt und ein weiterer Spieler nicht direkt anspielbar ist, durch seinen Deckungsschatten. Das ist die erwähnte Deckungsschattennutzung. Swansea hat damit in der Vergangenheit regelmäßig die großen Englischen Klubs geärgert.
preusse 25. August 2014 um 18:49
Interessante Analyse, gut mal so was zu lesen.
Ob Leverkusen diesen RB Stil durchhält ist auch eine Frage, wie schnell sie darüber zu Toren kommen. Das ist zum Beispiel ein Manko der Salzburger, die Tage hatten, da war Chancentod noch schmeichelhaft. National kein Problem, da sind die Bullen als Galoppper Europas ohne Konkurenz, international machte sich das aber klar bemerkbar.
Leverkusen ist da besser aufgestellt. Deshalb denke ich schon, das sie bei entsprechendem Torerfolg über Tempowechsel auch ökonomischer Spielen werden.
sharpe 26. August 2014 um 08:21
also ich hab das in der Gruppenphase nicht gesehen und auch gg Ajax nicht. Nur weil es gg Basel mit der Chancenverwertung nicht geklappt hat, würde ich das nicht als generelles Problem sehen. Spiele mit schlechter Chancenverwertung hat jedes Team. Leverkusen steht ja auch erst am Anfang der Saison und wird sich weiter an das neue System gewöhnen und es noch besser verinnerlichen, was sich besonders im schnellen Spiel nach vorne nach Ballgewinn bemerkbar machen wird. Denn wenn die 4 vorne richtig eingespielt sind, ihre Laufwege besser abgestimmt sind, wird das um einiges besser ausschauen. Ich hab letzte Saison Salzburg schon mit großem Interesse verfolgt und diese Saison ist Leverkusen für mich das interessanteste Team der Liga. Das HC nicht passt, glaube ich nicht, aber das wird man sehen. Brands ist sicher talentiert, hat mir aber gerade bei der U20 EM nicht gefallen. Evtl waren meine Erwartungen auch zu hoch. Ich traue Leverkusen zu, sich eindeutig vom als dritte starke Kraft in der Liga zu etablieren. Und mit ihrer Spielweise können sie auch in der CL um einiges besser abschneiden als in der Vergangenheit, da könnte es einigen Mannschaften so gehen, wie letztes Jahr Ajax gg RB.
AlexF 25. August 2014 um 16:56
Also für mich ist das größte Fragezeichen, wie will Leverkusen dass bis zur Winterpause durchziehen ? In drei Wettbewerben. Da bin ich am meisten gespannt drauf und was Schmidts Plan B ist oder wie er das abwandelt, um die Intensität zu regeln. Und wie Leverkusen das angeht, wenn sie gegen Mannschaften spielen, die ihnen den Ball überlassen.
Aber Alles in Allem eine sehr spannend zu beobachtende Angelegenheit. Ich freue mich schon auf die nächsten Leverkusenspiele.
HW 25. August 2014 um 18:14
Ich habe mich auch gefragt ob Leverkusen das durchhalten kann.
Andererseits hat man vor ein paar Jahren das gleich über den BVB gesagt. Niemand erwartet ein Champions League Halbfinale. Wenn es in der Liga und im Pokal gut läuft, dann steht am Ende die Quali zur Champions League und damit wohl das wichtigste Saisonziel. Natürlich kann es auch schief gehen. Mal sehen wie Leverkusen mit diesen Fällen umgehen wird.
hegel 25. August 2014 um 19:04
athletico hats ja letzte saison vorgemacht. wenn man das ganze mit tieferen phasen ergänzt, halt ich es für umsetzbar.
HW 25. August 2014 um 19:34
Athletico hat für mich noch eine andere Klasse. Die Spanier haben eine besondere Wettkampfhärte (a.k.a. Rücksichtslosigkeit), die sich auch der BVB erst lange in europäischen Wettbewerben erarbeiten musste. Athletico hat taktische Flexibilität, Erfahrung (Titel) in der Europa League und einen Touch argentinische Fußballtradition. Gerade der letzte Punkt geht den deutschen Teams ab (siehe Mainz oder Gladbach wenn es in Europa drauf ankommt).
Wie gesagt, mal sehen wie es weitergeht.
def 25. August 2014 um 21:25
1.: Nicht jedes Team ist so anspruchsvoll zu spielen wie der BVB.
2.: Will der Gegner mithalten, muss auch er laufen, wird also auch selber müde.
3.: Wie „preusse“ sagte, kommts auch auf die Tore an. Je höher der Vorsprung, desto eher kann sich die Mannschaft mal 10 Minuten ausruhen …
4. … und im Zweifelsfall durch passives Pressing trotzdem die Kontrolle behalten (siehe Text zu RBS unter RS) …
5. … oder aber sich ganz zurücklehnen und auf Konter warten, weil der Gegner gänzlich verunsichert ist.
6. Ist die Mannschaft in diesem Jahr breiter aufgestellt als letztes Jahr. Da hat RS schon noch einige Optionen, auch wenn Kieß oder HC natürlich nicht 1:1 zu ersetzen sind.
Alles in allem gibts schon Möglichkeiten, Kräfte zu sparen und dementsprechend lange durchzuhalten. Hängt auch von Verletzungen usw. ab und wie sich die Saison allgemein und die einzelnen Spiele speziell entwickeln.
Studinho 25. August 2014 um 22:58
HC nicht 1:1 zu ersetzen? Bei Kießling stimme ich da vollkommen zu. Bei Calhanoglu hätte Leverkusen aber alleine bei der Kaderzusammenstellung für das Geld deutlich stärkere Spieler haben können, die ein solches System auch spielen könnten. Dafür ist die personelle Besetzung in der Formation ja schon ziemlich flexibel. Für mich sind sowohl Calhanoglu, als auch Drmic die One-Hit-Wonder der letzten Saison. Sehe HC genauso wie JD nicht klar in der Startformation, eine personelle Bereicherung sind aber beide nicht. Dennoch ist HC im Kader von B04 zu ersetzen.
AlexF 27. August 2014 um 10:16
Also deine Kritik an HC kann ich nicht voll nachvollziehen.
Klar kann man für den Preis Spieler holen, die einen in dem Moment besser helfen. Aber es geht ja bei einem so jungen Spieler um Talent und was aus ihm noch werden kann. Außerdem muss man bei Transfers auch immer die Attraktivität des eigenen Vereins betrachten und gegen wen man bietet. Wenn man das Alles betrachtet, vor allem die Entwicklungsmöglichkeiten von HC, dann hat Leverkusen da schon eine Top Verpflichtung getätigt.
AlexF 27. August 2014 um 10:09
Die Punkte, die du aufzählst sind vollkommen richtig. Nur werden auch Spiele kommen, bei denen Leverkusen kein schnelles Tor macht.
Sehr gespannt bin ich auch auf Leverkusens Vorgehen, wenn sie die Spielkontrolle überlassen bekommen. Das war auch ein großes Problem für den BVB, eine Idee zu haben, wie man Spiele gewinnt, in denen der Gegner sich tief verteidigend formiert. In den Situationen hilft ein wildes Pressing wenig, da man eh die meiste Zeit den Ball hat.
Alles in Allem war der BVB schon der richtige Gegner zur richtigen Zeit für Leverkusen.
Et in Arcadia ego 25. August 2014 um 16:50
Danke für den Artikel! Die im Fazit angesprochene Frage danach, ob diese Spielweise auch über möglicherweise 50 Spiele hinweg durchzuhalten ist, kam mir auch sofort in den Sinn. Viele Spieler sind auch gleichwertig nicht zu ersetzen (allen voran Kießling, Calhanoglu, Toprak)
In der zweiten Halbzeit hat Leverkusen eigentlich fast nur lange Bälle gespielt, um das Dortmunder Pressing zu umschiffen. Auch mit den vorhandenen Räumen fehlte dem BVB dann ein zielgerichtetes offensives Kombinationsspiel. Gerade nach 60 Minuten lag dies mmN weniger an der Leverkusener Staffelung als vielmehr an derzeitigen Schwächen des BVB, die u.a. an der Personallage festzumachen sind. Ich möchte das an zwei Beispielen festmachen:
1) Oliver Kirch: Durch sein Stellungsspiel, seine Technik, die Fähigkeit zum öffnenden Pass auf die Flügel sowie das Erobern zweiter Bälle hat er mir persönlich besonders gefehlt. Er spielt risikoreicher als Kehl, der eher strukturiert und oft Geschwindigkeitsnachteile hat.
2) Adrian Ramos: Das ein oder andere gewonnene Kopfballduell oder eine gelungene Ablage hätten auch für Gefahr gesagt. Das Spiel war für Immobile, der defensiv ganz ordentlich mitgearbeitet hat, einfach nicht gemacht.
So begeistert ich von der ersten Halbzeit war, so gespannt bin ich darauf, wie erfolgsstabil das auf Dauer ist. Mit zunehmender Dauer dürften a) die Teams wissen, was sie erwartet b) die Eingespieltheit bzw. die Abläufe der gegnerischen Teams klarer sein, sodass die feilgebotenen Räume besser ausgenutzt werden können.
ode. 25. August 2014 um 16:14
Danke für die Analyse. Wird aus Leverkusener Sicht eine spannende Saison.
Mich würde interessieren, warum Klopp eine Raute gewählt hat? Eigentlich müsste man doch meinen, dass gegen das neue Bayer lange Konterbälle oder Spielverlagerungen auf die Flügel erfolgversprechend sind. So hat Kopenhagen es ja versucht und zumindest in Halbzeit 1 letzte Woche sehr, sehr gut gemacht.
Eine Ahnung, warum Kloppo die eher zentrumsgerichtete Raute probierte?
a_me 26. August 2014 um 17:15
Naja, die Raute scheint ja in Anbetracht der Kadersituation die neue BVB-Standardformation zu werden; gegen Bayern sah das ja ähnlich aus.
Koom 25. August 2014 um 16:13
Klopp wurde ja eigentlich mit seiner eigenen Vergangenheit (05, Dortmund in den ersten 3-4 Jahren) konfrontiert. Die Spielweise (lang nach vorne, Gewinn des zweiten Balls) spielte er im wesentlichen ja fast genauso, hat den Dortmunder Stil aber anders weiterentwickeln müssen, weil die Gegner am Ende sehr tief stehen und mauern und dadurch diese Taktik ineffektiv machen. Generell funktioniert die Spielweise gut, wenn der Gegner mitspielen will, war also für Leverkusen an diesem 1. Spieltag in Dortmund natürlich das heiße Messer für Dortmunds Butter.
Demzufolge also Vorsicht mit den Lobhudeleien: Neu ist das nicht, was man da sieht. Es ist gut gemacht, aber Mannschaften von ähnlichem Zuschnitt gab es in den letzten 5 Jahren schon einige und der Überraschungseffekt wird nicht lange halten (auch wenn die hohe individuelle Klasse Leverkusens natürlich dafür sorgen wird, dass man auch die Spiele gegen die „Kleinen“ öfter gewinnen wird).
Studinho 25. August 2014 um 16:08
Die Handschrift von Roger Schmidt ist auf jeden Fall stark zu erkennen. Gegen den Ball stürzen im Prinzip alle Spieler in Richtung des Ballführenden. Dortmund hätte in der Anfangsphase den Ball einfach in der hinteren Reihe, die Leverkusen nicht gleich attackiert hat, laufen lassen müssen. Der BVB versuchte aber zu sehr sich dem Spielstil von B04 anzupassen. Des Weiteren darf man nicht vergessen, dass bei den Dortmundern auch einige Akteure gefehlt haben, Jojic für mich Totalausfall. In allen Belangen hat Dortmund keine Mittel auf das Leverkusener Pressing gefunden.
Dennoch bin ich kritisch: Das System, das Schmidt praktiziert zerstört den Spielfluss. Reif bemerkte zwar immer wieder wie toll das Spiel ist, der Ball ist aber überhaupt nicht ins Laufen gekommen, zu Torchancen kam es ebenfalls nicht. Leverkusen besitzt für das Umschaltspiel nicht die Spieler, die es bräuchte, um nach Ballgewinn noch cleverer die Konter auszuspielen, die teilweise wirklich blamabel ausgefallen sind. Gerade aber mit den hochstehenden Außenverteidigern die gegen den Ball nun fast immer aus der Kette rausgeschoben sind, ist es für eine kombinationsstarke Mannschaft nicht schwer, das Lev Pressing zu umgehen. Für Dortmund vermutlich auch ein ungünstiger Zeitpunkt für diese Begegnung.
Ein weiterer negativer Aspekt ist für Calhanoglu gewesen. Für mich ist es eine absolute Frechheit zu sagen (Reif) er habe ein gutes Spiel gemacht. Guckt man sich den Spieler genauer an gewinnt der quasi gar keinen Zweikampf bzw. nimmt diesen gar nicht an, seine Pässe sind genau das, was ich eben bemängelte – mit dem aktuellen Kader das Umschaltspiel kaum umsetzbar, wodurch Fußball einfach nur zerstört wird, Calhanoglu ist eine Personalie mit dem genau das nicht möglich ist. Ebenso sollte Schmidt sich überlegen Brandt aufzustellen, für mich der Spieler mit dem größten Potential in diesem Kader, der aber glaube ich so oder so seinen endgültigen Durchbruch in diesem Jahr haben wird.
Ich bin gespannt, wie sich das Schmidt-System, wenn es denn erstmal in der Bundesliga bekannt ist weiter funktionieren wird. Bin mir aber ziemlich sicher, dass wir durch das Fußballzerstören kein schönes Fußballspiel von B04 sehen werden.
ode. 25. August 2014 um 16:22
@Studinho:
Ich habe das ganze Spiel leider nicht gesehen. Daher will ich deine Wertung für diese Partie nicht anzweifeln.
In Kopenhagen hat man aber gesehen, wie gut gerade Calhanoglu zu diesem System passt. Kombinationsstark, tolle Pässe. Balleroberung und ab geht es. Passt für Son, Bellarabi und Calhanoglu sehr gut. Bei Kieß bin ich gespannt, wie er sich da einfindet. Weil ja immer alle sagen, dass er nur Konter und Ballbehauptung kann. Zumindest war seine Bude wieder ein Konter. Aber in Kopfenhagen hat er gut mit kombiniert.
Zu den schlecht ausgespielten Situationen: Ich vermute, dass die Mannschaft einfach auch noch ein wenig braucht. Klappt ja nicht alles sofort vom Fleck weg. Hat man in Kopenhagen ja auch gesehen, die Bayer einige Male derbe ausgekontert haben und für ihre langen Bälle einen super Spieler hatten, der diese dann auch stark behauptet hat (den Dortmund jetzt nicht mehr hat). Aber auch das hat Bayer in Halbzeit 2 beim FCK unter Kontrolle gehabt. Aber Kopenhagen ist auch nicht der BVB…
Studinho 25. August 2014 um 17:57
Habe Calhanoglu schon lange genug beim HSV beobachtet. In erster Linie lebt er von seiner Schusstechnik. Er hat halt ein paar Szenen, die man auf jeden Fall anerkennen muss. Dennoch fehlen mir für meinen Geschmack bei ihm einige Grundvoraussetzungen, um ein Top-Spieler zu werden: 1. Ist er nicht der schnellste und hat gar nicht die Schnelligkeit + Durchsetzung 1 vs 1 zu gehen 2. Nimmt die Zweikämpfe nicht richtig an. In der letzten Saison auch schon häufig zu sehen, dass er da große Defizite hat. Ballverluste waren gegen Dortmund einfach zu viel und dazu muss man sagen das Kopenhagen nun auch nicht die große Klasse hat. Ich zweifle sein Talent gar nicht an, behaupte aber, dass er B04 nicht großartig weiterhelfen wird.
Wie gesagt, um das Spiel selber aufzubauen fehlen den Leverkusenern einfach die Ballverteiler. Drmic, Calhanoglu, Wendell – das Geld hätte man dann wesentlich besser investieren können.
rodeoclown 25. August 2014 um 18:12
Kießling war gerade in diesem Spiel ganz stark. Ich dachte mir schon in der Vorbereitung, dass es spanend wird ob Schmidt ihn auf seine alten Tage noch einmal beibringen kann effizient zu pressen. Die Arbeitsfreudigkeit dafür hatte er immer, aber auch unter Heynckes und Lewandowski war das oft noch zu wenig strategisch/schlecht eingebunden. In diesem Spiel aber wirklich sehr dosiert, auch wenn das bei dem Jagdkommando seltsam klingen mag. Zudem auch am Ball erstaunlich gut, fast schon konter-spielmachend agiert. Laut whoscored die meisten! Ballberührungen, (71) gerade im Verlgeich zu den offensiven hier herausragend (Chalhanoglu mit 54) , zudem zwei Keypässe und fünf Dribblings. Im Spiegel stand zudem was von 59!!! Zweikämpfen bei ihn, immerhin die Hälfte davon gewonnen.
Chalhanoglu und Rolfes wirkten für mich noch am schwächsten eingebunden. Letzterer sicherte das Zentrum für meinen Geschmack zu positionsgetreu ab, ersterer scheint mir von seinen Veranlagerungen nicht so für das radikale Vertikalspiel gemacht. Aber gegen schächerer Gegner sicherlich gut für den Kader.
Ganz spannend wird die Saison von Brandt werden. Entscheidungsfindung und Positionsspiel passen bei ihm sehr gut zum neuen Coach, dazu seine Schnelligkeit und individuelle Klasse – würde mich nicht wundern wenn wir Ende der Saison eine Debatte über einen Stammplatz in der N11 für ihn führen.
Aber zum Schluss auch noch etwas relativierendes: Dortmund war tatsächlich ein dankbarer Gegner. Der Spielaufbau wurde den Leverkusender abgenommen, die Raute war sehr anfällig und zudem strauchelt der BVB ja imer wenn seine dribblingstarken Sechser nicht spielen. Ohne Kirch, Gündogan und auch Kuba wird das in den nächsten Wochen ohnehin schwer. Jojic/Micki könnten das auffangen aber sind sicher beide etwas weiter vorne wertvoller. Mal schauen was da von Klopp kommt