Manchester United – Swansea City 1:2

Es erinnerte an 1972 und auch irgendwie an die letzte Saison. Manchester United verliert erstmals seit Anfang der siebziger Jahre ein Heimspiel zum Auftakt. Louis van Gaals misslingt der Premier-League-Start, da Swansea zunächst das Zentrum kaputt presst und später einen Abwehrfehler zur Entscheidung nutzt. 

Grundformation

Genau wie in allen Vorbereitungsspielen setzte van Gaal auf die niederländische Grundformation der Weltmeisterschaft, dem 3-4-1-2. Aufgrund einiger Ausfälle von Spielern, die sich zum Beispiel während der harten Vorbereitung verletzten, rutschten Tyler Blackett (linker Halbverteidiger) und der hochtalentierte Jesse Lingard (rechter Flügelverteidiger) in die Startelf. Trotz einer ansprechenden Vorstellung Blacketts schmerzte der Ausfall von Johnny Evans, der eigentlich im Aufbauspiel zusammen mit dem linken Sechser Ander Herrera eine große Rolle spielen sollte.

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Grundformation erste Halbzeit

Bei Swansea überraschte Garry Monk mit seiner Aufstellung nicht. Sung-Yong Ki kehrte nach der Ausleihe in der vergangenen Saison zurück und begann neben Jonjo Shelvey auf der Doppelsechs. Neuzugang Gylfi Sigurdsson startete auf der Zehnerposition, flankiert von Wayne Routledge und Nathan Dyer.

United möchte ins Zentrum…

Das Aufbauspiel in van Gaals neuem System ist recht leicht zu erklären und in der ersten Halbzeit der Auftaktpartie waren die Versuche bereits zu erkennen. Meist steht United in einer Art 1-3-4-2. Chris Smalling bewegt sich als Mittelsmann der Abwehrreihe immer etwas tiefer, während beide Halbverteidiger weit nach außen gehen. Ander Herrera kippt derweil weit zurück, zumeist auf die linke Seite, wobei er gegen Swansea verstärkter zwischen den Halbräumen pendelte. Dadurch ergeben sich zunächst einfache Dreiecke, wodurch man beispielsweise ein standardmäßiges 4-4-2-Pressing und deren vorderste Zweimannreihe leicht umspielen kann, während die beiden Flügelverteidiger die Außenstürmer nach hinten drücken.

…Swansea ist schon da

Allerdings ließen sich die Waliser nicht lumpen und hatten ihre Hausaufgaben erledigt. Routledge sowie Dyer rückten weit auf, wodurch sie direkt Jones und Blackett anliefen. Besonders deutlich wurde dies bei Abstößen von David de Gea, die ursprünglich kurz ausgeführt werden sollten. Doch United musste zu längeren Bällen aus dem eigenen Drittel greifen. Einige Diagonalbälle wurden direkt auf den durchstartenden Lingard gespielt, der sich in Richtung Neil Taylor bewegte. Lingards Pendant Ashley Young hielt sich derweil vornehmlich zurück und blieb häufiger auf halber Höhe im Mittelfeldband stehen.

Eigentlich sind Herrera sowie Juan Mata die entscheidenden Schlüsselspieler in der Aufbaustruktur unter van Gaal. Allerdings wurde durch Swanseas 4-2-4 im Pressing zum einen Herrera gut abgedeckt. Der Neuzugang aus Bilbao wartete häufiger direkt im Loch hinter Sigurdsson und Wilfried Bony, wurde dort aber aufgrund des Risikos eines abgefangenen Balles selten angespielt. Mata hatte derweil Probleme, weil sowohl Shelvey als auch Ki sehr aufmerksam den Sechserraum besetzten und sofort Uniteds Zehner attackierten. Darren Fletcher als Verbindungsstück im Mittelfeld war, wie mehr oder weniger erwartet, keine wirkliche Hilfe in der Ballzirkulation.

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Abgefangene Bälle von Swansea – Quelle: Squawka

Gegen die mit der Spielzeit vermehrt geschlagenen langen Zuspiele hatte Swanseas tiefe Viererkette wiederum keine Probleme. Tiefe Halbfeldflanken oder geradlinig vertikale Bälle konnten nur schwerlich in den Rücken der gegnerischen Abwehr gelangen. Im Gegensatz dazu fand so manches Zuspiel auf Lingard, aber vor allem auf den verletzungsbedingt nach 25 Minuten eingewechselten Adnan Januzaj sein Ziel. Jedoch brachte die leicht nach rechts versetzte Formation, wodurch Javier Hernández stärker auf die Außenbahn driftete, keinen Ertrag. Taylor wurde vom sehr stabilen Ashley Williams abgesichert und ein freier Mann aus der Doppelsechs, wenn Mata mannorientiert bewacht wurde, konnte zudem noch nach draußen kippen.

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Führungstreffer von Swansea: Bei einem hohen Ball auf den rechten Flügelstürmer von Swansea rückte Blackett raus und bei der sofortigen Kopfballweiterleitung ins Zentrum konnte Sigurdsson in den freien Raum starten. Smalling musste mitgehen.

Während der hohe Ballbesitzanteil der Red Devils, in der ersten Halbzeit rund 60 Prozent, keine klaren Torchancen brachte, traf Swansea nach 28 Minuten zur Führung. Smalling attackierte an der Strafraumgrenze den horizontal von rechts ins Zentrum laufenden Sigurdsson. Zuvor war Blackett fälschlicherweise nach außen gerückt und hatte den Raum geöffnet. Sigurdsson spitzelte den Ball zu Ki, der aus dem linken Halbraum aufgerückt war. Jones wurde von Bony geblockt, sodass der Südkoreaner frei zum Schuss kam und einnetzt.

Im Anschluss an die Führung zog sich Swansea im 4-4-2 zum tiefen Mittelfeldpressing zurück. United konnte zwar weiter vor schieben, hatte aber weiterhin Probleme sauber und klar über den Sechserraum durch das Zentrum zu gelangen.

Das Pressing der Hausherren selbst kam aufgrund der recht einseitigen Spielanteile nur selten zum Tragen. Jedoch war es nicht uninteressant. Ähnlich wie in der Vorbereitung verschob eine Dreierreihe – Mata rückte zwischen die Neuner – jeweils engstehend auf die ballnahe Seite, während ballfern der Flügelläufer häufiger etwas aufrückte. Zudem stieß ein Sechser, abwechselnd Fletcher und Herrera, nach vorn, um absichernd hinter der ersten Pressingreihe zu wirken oder aber leicht versetzt den Passweg zu Ki abzuschneiden.

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Grundformation zweite Halbzeit

Gelang Swansea erst einmal nach vorn, verstärkt geschah dies nach Balleroberungen im Mittelfeld, gingen Lingard und Young auf eine Höhe mit der eigentlichen Dreierkette, wodurch eine Fünferreihe in tieferer Stellung entstand. Routledge und Dyer schoben zunächst nach vorn und Uniteds drei zentrale Verteidiger standen auch durch Sigurdsson ständiges Aufrücken eng im Zentrum, was wiederum zu breiteren Schnittstellen in der Fünferreihe führte, in die beide Flügelstürmer der Waliser diagonal hinein sprinten konnten.

Dreierkette überlebt nur eine Halbzeit

Ähnlich wie bei der WM stellte van Gaal im Zeichen des Rückstands von 3-4-1-2 auf eine 4-2-1-3-hafte Formation um. Zur Halbzeit nahm er Hernández vom Platz und brachte Nani als linken Außenstürmer. Auf die rechte Seite ging Januzaj. Young beorderte er in die Abwehrreihe.

Bereits kurz nach der Pause schien das Unternehmen Heimsieg stärkere Konturen anzunehmen. Nach einem verlängerten Eckball schoss Neu-Kapitän Wayne Rooney per Seitfallzieher zum Ausgleich ein. Swansea musste sich derweil erst an der neuen Formation der Hausherren orientieren. United war geballter im tieferen Spielaufbau. Smalling sowie Blackett fanden leichter Herrera und Fletcher, weil sich die beiden Sechser breiter positionierten und damit der Mittelblock umspielt werden konnte, während die Außenverteidiger Dyer sowie Routledge banden.

Manchester Uniteds Aufbau in der zweiten Halbzeit: Die Innenverteidiger standen enger, während sich Jones und Young breit positionierten und somit jeweils dem ballnahen Sechser die Möglichkeit zum seitlichen Herauskippen ermöglichten, während sich in diesem Fall Fletcher dementsprechend als nächste Passoption anbot.

Manchester Uniteds Aufbau in der zweiten Halbzeit: Die Innenverteidiger standen enger, während sich Jones und Young breit positionierten und somit jeweils dem ballnahen Sechser die Möglichkeit zum seitlichen Herauskippen schufen, während sich in diesem Fall Fletcher dementsprechend als nächste Passoption anbot.

Bei den Offensivaktionen erinnerten die Red Devils aber ungemein an die vergangene Saison. Viele Szenen gingen direkt über die Außenbahnen. Besonders Januzaj wurde mit seinen Diagonaldribblings zur Gefahr für die walisische Defensive. Deshalb nahm Monk auch Taylor vom Platz und brachte für die linke Defensivseite Dwight Tiendalli.

Doch erneut traf Swansea in einer einseitigen Spielphase. In der 73. Minute führte Bony einen Freistoß im Mittelfeld schnell aus, der eingewechselte Jefferson Montero konnte links in den Strafraum flanken. Den Ball unterlief Young und in seinem Rücken versuchte Routledge direkt abzuschließen, doch sein Schuss landete eigentlich verunglückt bei Sigurdsson, der einschob.

Im Anschluss verteidigten die Waliser im tiefen 4-5-1. Monk brachte Bafetimbi Gomis für Bony. Der Neuzugang von Olympique Lyon sollte hauptsächlich im Zwischenlinienraum Bälle halten und Zeit zum Nachrücken verschaffen. United hatte bereits dreimal gewechselt. Schon vor Swanseas Führungstreffer war Marouane Fellaini für Herrera auf den Platz gekommen. Der physisch starke Belgier ging in der Schlussphase auch ganz old school mit in die Spitze. Doch wirklich vernünftige Angriffe kamen gegen die konzentrierte Strafraumverteidigung der Swans nicht zustande.

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Manchester Uniteds kreierte Chancen – Quelle: Squawka

Fazit

Van Gaal gilt als Heilsbringer bei den Red Devils. Wahrscheinlich blendeten die zahlreichen Siege bei der US-Tour zudem den Blick auf die weiter bestehenden Probleme der Mannschaft. Bisher ist lediglich Herrera als Neuzugang integriert. Bei Shaw kann dies noch eine Weile dauern.

Die Auftaktbegegnung mit Swansea verdeutlichte zudem, wie weit das Team noch von den Vorstellungen des niederländischen Trainers entfernt ist. Die ständige Ballzirkulation und viele schnelle Kombinationen durch Zentrum und Halbräume scheiterten an Swanseas intelligentem Pressing. Vor allem die wichtige Passzentrale Mata wurde weitestgehend aus dem Spiel genommen. Infolgedessen waren die Kontaktzeiten viel höher, als dies noch in der Vorbereitung zu beobachten war. Direkte Pässe wurden nur ganz selten gespielt. Der Respekt vor Swanseas Raumkontrolle im Zentrum war anscheinend zu hoch.

Die zahlreichen langen Bälle fanden derweil nicht immer die angepeilten Ziele. Swansea stellte sich auch darauf sehr passabel ein. Monks Team zeigte erneute eine intelligente Vorstellung gegen den Ball und nutzte zugleich eiskalt zwei Tormöglichkeiten. Ergibt aktuell im Old Trafford: Drei Punkte.

ber_wall 18. August 2014 um 10:16

Sehr schöne Analyse. Bei allen Problemen, die es im Spiel von Manchester noch gibt, möchte ich aber nochmal betonen, dass der Sieg für Swansea schmeichelhaft war. Die ExpG sprechen da auch eine recht deutliche Sprache: https://twitter.com/11tegen11/status/500657403986448384

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Foxtrott 19. August 2014 um 01:42

Naja, aber 1,33 ExpG für United aus 14 Abschlüssen ist auch nicht so der Hammer…

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ber_wall 19. August 2014 um 09:18

Da hast du Recht. Aber immer noch besser als Swansea. Dass die aus 5 Torschüssen, von denen nur einer im 16er war, 2 Tore machen, ist wirklich extremes Abschlussglück. Das eine Tor für United ist bei 1,33 ExpG so zu erwarten gewesen…

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Foxtrott 19. August 2014 um 11:40

Ist klar. Es haben sich halt mMn beide Mannschaften nicht mir Ruhm bekleckert wenn der durchschnittliche ExpG bei unter 0,1 liegt 😉

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Todti 17. August 2014 um 15:42

Schöne Analyse, 4-4-2 ist auch ein nettes Spielzeug^^

Ich hab letzte Saison nicht viel von Swansea gesehen, deshalb konnte ich die Leihe von Ki nicht nachvollziehen. Kann mir jemand die Gründe dafür erklären?

Als vermeintliche Schwachpunkte im Spiel von Swansea fallen mir häufig Dyer und Routledge auf. Könnt ihr vielleicht einen Ausblick auf die Rolle von Montero geben, wie unterscheidet er sich von den beiden und wie passt er in das Spiel von Swansea?
Dankeschön

PS: Chapeau an Garry Monk. Die Rückrunde 13/14 lief ja nicht so gut, schön, dass es jetzt scheinbar besser läuft.

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CE 19. August 2014 um 08:53

Es gab zwischen Laudrup und Ki damals Unstimmigkeiten. Es ging um eine medizinische Behandlung in Seoul und eine Klausel im Vertrag, die Ki im WM-Jahr anscheinend 20 Einsätze garantierte, was wiederum Laudrup missfiel. An den Leistungen in der ersten Saison bei Swansea (2012-13) lag es nicht.

Montero ist ein wilderer Winger, der viel häufiger das Dribbling und direkte 1-1 sucht. Dyer und Routledge sind keineswegs schwach, aber sie wirken orthodoxer. Montero bringt mehr „Verrücktheit“ ein.

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CF 19. August 2014 um 13:06

Ich finde ihn gerade im Dribbling viel linearer. Würde eher sagen, dass Dyer der verrückteste ist von den drei. Dyer zeigt teilweise extrem unorthodoxe Bewegungen und Aktionen. Inwieweit ist Montero den verrückt? Findest du Montero besser als Dyer, Routledge?

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CE 19. August 2014 um 14:21

Montero sucht in merkwürdigeren Situationen das Dribbling und probiert aus teils unmöglichen Situationen den Abschluss. Sehr interessante Bewegungen (etwas eigener Stil) gepaart mit krassem Tempo. Zeichnet/zeichnete Dyer auch aus, schon klar. Besser finde ich Montero nicht gleich, denn die anderen beiden sind für mich im taktischen Swansea-Gefüge zunächst einmal stärker.

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CF 20. August 2014 um 00:10

Montero sucht aus meiner Sicht immer das Dribbling, finde ich persönlich scheisse. Im Dribbling ist er aber schon ziemlich gut, gerade seine Körpertäuschungen und seine Dynamik sehe ich bei Dyer/Routledge nicht so. Dafür hatte Dyer (leider eher früher) Spiele, in denen er extrem kreativ war. Routledge ist dafür im Movement ohne Ball besser als Montero/Dyer. Unterschieldiche Spieler wobei ich Montero noch deutlich schwächer finde nicht nur im Swansea-Gefüge sondern auch individuelle. Passt zu West Ham aber nicht zu Swansea.

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Todti 20. August 2014 um 16:40

Danke dir. Es sollte auch keine direkte Kritik an Dyer und Routledge sein, schlecht sind sie definitiv nicht, da sie ja sonst auch nicht Stamm bei Swansea spielen würden^^
Ich hatte nur das Gefühl, dass vor allem Dyer einige unglückliche Entscheidungen gegen United getroffen hat, wodurch einige vielversprechende Angriffe irgendwie im Sande verlaufen sind.

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Niki 19. August 2014 um 22:21

Jop, auch von mir ein Chapeau.
Sehr passend, dass er auch noch Monk heißt.

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