Frankfurts defensive Raute gegen den HSV

In einem schwachen Bundesligaspiel zeigten sich beide Teams zwar recht stabil, im Aufbau dafür aber sehr langsam und inkonsequent im Aufrücken.

Grundformationen

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Mirko Slomka musste bei den stark ersatzgeschwächten Hamburgern  im Vergleich zu den vergangenen Spielen gegen den BVB und bei Werder ordentlich umbauen. So kamen beispielsweise die zuletzt kaum oder gar nicht eingesetzten Mancienne, Ilicevic und später auch Tesche zum Einsatz. Slomka ließ weiterhin im 4-4-2/4-4-1-1 mit tiefem Mittelfeldpressing agieren.

Aus dieser Ordnung heraus standen die Hamburger sehr stabil und zeigten sich eigentlich nur bei Standards anfällig. Passend dazu: Frankfurt hatte nur einen einzigen Torschuss aus dem Spiel heraus, sechs dagegen nach ruhendem Ball.

Armin Veh formierte sein Team abermals im 4-3-1-2, das in diesem Spiel besonders konservativ ausgeführt wurde. Angesichts der Personalwahl, der Interpretation der Spielerrollen und nicht zuletzt der tabellarischen Ausgangslage war es recht offensichtlich, dass die Frankfurter mit einem Punkt in Hamburg gut leben könnten.

Besonders in der Anfangsphase wurde der Stabilitätsfokus der Eintracht deutlich.

Frankfurts Raute in Ballbesitz

Frankfurt hatte zu Beginn des Spiels große Probleme damit, in die vorderen Räume zu gelangen. Hauptgrund dafür war die sehr konservative Staffelung der Mittelfeldraute.

Frankfurt stellte im ersten Drittel eine große Überzahl her, rückte danach aber nicht konsequent auf. Die Verbindung nach vorne war so nur selten gegeben.

Frankfurt stellte im ersten Drittel eine große Überzahl her, rückte danach aber nicht konsequent auf. Die Verbindung nach vorne war so nur selten gegeben.

Die Frankfurter Außenverteidiger schoben wie gewohnt sehr hoch, Schwegler kippte zwischen die breit auffächernden Innenverteidiger ab. Russ und Flum kamen auf den Halbpositionen sehr tief und boten sich neben Calhanoglu und Zoua an. Weil auch Barnetta, der als Zehner agierte, sich weit fallen ließ und sich direkt hinter den HSV-Stürmern anbot, hatte die Eintracht zwar Überzahl in Ballnähe, dafür aber kaum Anbindung nach vorne.

Die sechs zentralen Spielern passten um Calhanoglu und Zoua herum, taten dies aber sehr langsam und ohne nennenswerte Aufrückbewegungen. Frankfurt zog die vorderste HSV-Linie mit einem Pass aus der Innenverteidigung auf eine der Halbpositionen auf die eine Seite, um dann über einen Rückpass auf die andere Halbposition zu verlagern.

Russ bzw. Flum trieben den Ball ins Mittelfeld, wo sich die fehlende Anbindung bemerkbar machte. Der Raum zwischen dem zurückfallenden Barnetta und der Doppelspitze war zu groß, die aufgerückten Außenverteidiger verschwanden im Deckungsschatten von Rincon und Ilicevic.

Gefällig und ansatzweise gefährlich wurde die Eintracht nur, wenn Jung auf rechts – über diese Seite spielte die Eintracht 51% der Angriffe – etwas tiefer kam und Aigner aus dem Sturmzentrum heraus auf den Flügel auswich. Mehr als Halbchancen und Standards sprangen dabei jedoch nicht heraus – genug jedoch, um gegen den bei Standards so schwachen HSV in Führung zu gehen.

Nach einer Ecke verlor der HSV gleich zwei Kopfballduelle in Folge, sodass Adler gegen Russ retten musste. Im Anschluss an die folgende Ecke rückte der HSV nicht schnell genug – und nicht auf einer Höhe – heraus und fing sich durch Madlungs Seitfallzieher das 0:1.

HSV-Doppelsechs unterstützt Westermann

Im Spielaufbau des HSV fiel vor allem auf, wie stark Arslan und Badelj sich nach links orientierten. Für den verletzten Jansen agierte Heiko Westermann als Linksverteidiger – natürlich keine Idealbesetzung. Frankfurt versuchte passend dazu, den Spielaufbau der Hamburger stets auf diese Seite zu lenken, was auch gut gelang.

Dabei wurden die Innenverteidiger weitgehend in Ruhe gelassen, das sichern der Passwege ins Zentrum hatte höchste Priorität. Durch die Kompaktheit des Offensiv-Dreicks Meier-Aigner-Barnetta leiteten die Frankfurter den HSV-Spielaufbau ganz nach ihren wünschen. So hatte Djourou zwar eine starke Passquote von 98%, konnte aber nur selten in die Tiefe spielen. 32 seiner 92 gingen zu Nebenmann Mancienne, der wiederum die meisten seiner Pässe (24/92) zu Westermann spielte.

frankfurt pressing 1

Beispielhafte Pressingszene: Meier läuft Djourou bogenförmig an und verhindert das Anspiel auf Diekmeier. Anstatt den bedrängten Badelj anzuspielen (warum eigentlich nicht?), wählt Djourou den sicheren Querpass auf Mancienne…

… und wie der HSV darauf reagierte

Um Westermann zu unterstützen, kippten Arslan und Badelj wechselweise – teilweise auch gleichzeitig – nach halblinks ab. Dies eröffnete Westermann einfache Passmöglichkeiten und nahm ihn so etwas aus der Verantwortung. Badelj und vor allem Arslan konnten sich in den durch das Verschieben der Raute entstehenden Engen gut behaupten und sich per Dribbling befreien. Dies brachte wiederum Ilicevic ins Spiel, der über weite Strecken des Spiels gefährlichster Hamburger war.

... Arslan antizipiert den Westermann-Fokus des Frankfurter Pressings und kippt ab.  Ilicevic zieht Jung weg, Russ hat aufgrund der tiefen Stellung keinen Zugriff.

… Arslan antizipiert den Westermann-Fokus des Frankfurter Pressings und kippt ab. Ilicevic zieht Jung weg, Russ hat aufgrund der tiefen Stellung keinen Zugriff.

Im weiteren Angriffsverlauf wirkte sich die tiefe Grundstellung der Sechser und der Außenverteidiger jedoch klar negativ aus. In der Regel waren es nur Ilicevic, Calhanoglu und Zoua, die gegen Frankfurts Viererkette und die drei defensiv orientierten Mittelfeldspieler attackierten.

Erst erst als sich die Eintracht in der zweiten Hälfte weiter zurückzog – und nach Rosenthals Einwechslung auf 4-2-3-1 umstellte – griff der HSV geordneter an. Die Sechser konnten besser einbezogen werden, mit Tesches Einwechslung bekam man das Zentrum vollends in den Griff.

Frankfurt zeigte sich in der Strafraumverteidigung jedoch sehr konsequent, drückte den HSV mit einer eng zusammengezogenen Viererreihe im Mittelfeld in den Endphasen der Angriffe auf die Flügel und ließ sie flanken. Hier konnte der HSV kaum Gefahr erzeugen, das Tor fiel durch einen Elfmeter im Anschluss an den gefühlt einzigen Konter, den die Eintracht zuließ.

Wolfgang Würz 15. März 2014 um 14:54

Danke für die klare Analyse jenseits aller Effekthaschereien. Die taktischen Ausrichtungen aufgrund der jeweiligen trainerseitigen Einschätzungen führte allerdings zu einem wenig überzeugenden Spiel für die Zuschauer. SGE war auf- und eingestellt auf einen erstarkten HSV unter Slomka und ein offensivere Spielweise nach der unglücklichen Niederlage gegen Werder. Doch dem war nicht so; somit gab die Eintracht die Chance aus der Hand, gegen einen verunsicherten HSV drei Punkte mitzunehmen. Erneut zeigte sich mE eine Schwäche von Veh, nämlich prägend im Spielverlauf Taktik und Einstellung zu verändern, ausser wenn es ganz offenkundig wäre. Folgerichtig fasste der HSV etwas mehr Mut und SGE versuchte das 1:0 über die Zeit zu retten. Dass wiederum ausgerechnet Rosenthal den entscheidenden Ball vertändelte, kann man Veh nicht anlasten. Er hat sicher nach bestem Wissen und Trainingseindrücken eingewechselt. Doch könnte ihm langsam auch klar werden, dass Rosenthal mental überfordert ist in solchen Situationen und vielleicht Joselu der stabilere Spielertyp sein könnte. In den ausstehenden Spielen wird die Nervenstärke ein wichtiger Aspekt im Abstiegskampf sein.

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