Blick über den Tellerrand – Folge 10

Ein rundes Jubiläum mit der zehnten Ausgabe, die über folgende Themen berichtet: Ajax´ Entwicklung, zwei unterschiedliche taktische Ausrichtungen in der japanischen Liga und Stuttgarts Reise nach Bulgarien.

Spiel der Woche I: Botev Plovdiv – VfB Stuttgart 1:1

In der Partie, die erst kurzfristig doch noch ins deutsche TV-Programm hinein fand, gastierte der VfB Stuttgart in der 3. Qualifikationsrunde für die Europa League bei Botev Plovdiv und erreichte dort ein ordentliches 1:1-Remis. Dabei zeigten die Schwaben sowohl typische Aspekte aus der Vorsaison als auch – wie aufgrund der vielen Neuzugänge durchaus zu erwarten – ein paar neue Charakteristika, zum Beispiel im Mittelfeld.

blick über den tellerrand 10 vfbVor der neuformierten Viererkette mit den ablösefrei gekommenen Schwaab und Rausch auf den Seiten entschied sich Bruno Labbadia für eine nominelle Doppel-Sechs aus Moritz Leitner und Arthur Boka. Dabei wollten die Stuttgarter meistens bewusst einen recht tief zurückfallenden Sechser installieren, was häufig von Boka übernommen wurde. Allerdings war die Umsetzung dieser taktischen Idee beim VfB nur durchwachsen – während Boka etwas die strategische Ausrichtung abgeht und er teilweise zu viel ankurbelnd spielt, gab es bei Leitner einmal mehr Probleme mit seinen Aufrückbewegungen. Er agierte nur inkonstant ballfordernd, bewegte sich nicht immer balanciert zu seinen Mitspielern und schob insgesamt etwas zu weit nach vorne – Leitners Wankelmut färbte auch auf die Leistung des Stuttgarter Spiels ab.

Interessant war die Rolle, die der auf der Zehnerposition aufgebotene Tunay Torun in dieser Begegnung einnahm. Grundsätzlich agierte er recht hoch, unterstützte einige Male gut auf den Seiten, hielt alles in allem aber zu sehr die Nähe zum ordentlich spielenden Ibisevic, was besonders wegen Leitners Spielweise nicht ideal war. Wenn der Deutsch-Türke einmal zurückfiel, dann waren dies interessante und vom Prinzip intelligente Bewegungen, die seinen Mitspielern einige Male überraschende Optionen eröffneten. Allerdings ging er bei diesen Szenen dann direkt sehr weit nach hinten zurück und förderte mit diesen ambitionierten Aktionen die Balance im Zentrum nicht unbedingt.

So wechselhaft das grundsätzlich vielversprechende Mittelfeld agierte, so durchwachsen sah auch die Leistung einiger anderer Spieler aus. In der Offensive versprühten die Akteure viel Engagement, konnten das Spiel aber nicht konstant prägen oder die letzte Effektivität aufbringen. Der auf dem rechten Flügel aufgebotene Junioren-Nationalspieler Timo Werner war beispielsweise ebenfalls bemüht, in der ersten Halbzeit aber kaum in das mannschaftliche Spiel oder Konstrukt eingebunden.

Im Defensivspiel war die bereits angesprochene Wechselhaftigkeit, die man von den Cannstattern gewohnt ist, ebenfalls erkennbar. Das Bewegungsspiel der Viererkette und insbesondere der Außenverteidiger, die bei ihren Offensivbewegungen höher und solider agierten als ihre Pendants der Vorsaison, war schwankend und etwas seltsam – positiv wie negativ. Ein eindeutig kritischer Punkt war die Tatsache, dass sich Boka inkonsequent im Rückwärtslaufen zeigte und die Raumsicherung der etwas allein gelassenen Doppelsechs nicht weitläufig genug war. Dass der situativ tiefste Mittelfeldspieler im Pressing auch mal bis an den gegnerischen Strafraum herausrückt, kann man erneut in beide Richtungen bewerten. Auch wenn dies in diesem Spiel nicht der Regelfall war, gehört es definitiv zu Stuttgarts typischen Merkmalen, die sie als ihren eigenen Spielstil beibehalten haben.

Interessant zu beobachten: AFC Ajax

Bereits beim Gewinn des Supercups gegen AZ in der vorigen Woche deutete sich an, dass Ajax Amsterdam – unter Frank de Boer zuletzt dreimal in Folge niederländischer Meister – in dieser Spielzeit das breite und raumgreifende Ballbesitzspiel weiterentwickeln möchte und sich in der Offensive vermehrt auf die zentralen Bereiche sowie deren Überladungen konzentrieren wird. Beim Eröffnungsspiel der neuen Eredivisie-Saison gegen Vorjahres-Fast-Absteiger Roda setzte sich dieser Eindruck fort.

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Grundformationen in der ersten Halbzeit

Gegen die Gäste aus Kerkrade, die wie so viele niederländische Mannschaften im Mittelfeld recht mannorientiert agierten, zeigte Ajax ansehnliche und andauernde Bewegungen in der Feldzentrale, wodurch die gegnerischen Akteure komplett aus der Ordnung gezogen wurden. Dadurch konnten die beiden Innenverteidiger, der häufig abkippende Sechser Poulsen oder einer der situativ weit zurückfallenden Offensivspieler das Leder aus der Tiefe einfach in offene Bereiche des zweiten Drittels tragen.

Ab dort konnte Ajax dann mit dem Kombinationsspiel und den Überladungen beginnen, gegen die Rodas Mannorientierungen nur bedingt wirkten, da die Zuteilungen durch das fluide Aufbauspiel bereits von Ajax aufgebrochen und keine festen Orientierungspunkte vorhanden waren. Wenn die offensiv ausgerichteten Achter de Jong und Eriksen sowie die weit eingerückten oder tiefkommenden Flügel Bojan und Fischer sich in den zentralen Räumen ballten, hatte der Gast wenig entgegen zu setzen. In radikalen Phasen dieser Partie spielte Ajax komplett ohne Flügel, wo sich nur die offensiven Außenverteidiger aufhielten.

Ein erwähnenswerter Bestandteil dieses Angriffsspiels des Meisters durch die Mitte waren die Ablagen, die der zurückfallende Sigthorsson sowie Kapitän Siem de Jong einbrachten. Wenn die vorwärts gerichteten Bojan oder Fischer zurückfielen, spielten sie mehrfach direkte Vertikalpässe in die vorderste Reihe, die dann in den Bereich des Zwischenlinienraums zurückgelegt wurden, was gut funktionierte. Da die beiden Innenverteidiger sehr hoch stehen oder aufrücken konnten und für solche Zuspiele ebenfalls bekannt sind, gab es von diesen Angriffsaktionen eine ganze Menge zu sehen.

Doch trotz eines 3:0-Erfolges im ersten Meisterschaftsspiel und einigen gelungenen Kombinationen, bei denen alle Offensivkräfte eng im Zentrum unterwegs waren, muss angemerkt werden, dass noch deutlich Luft nach oben vorhanden ist. Eigentlich müsste Ajax mit diesen Strukturen noch besser, dominanter, konstanter und gefährlicher sein – wenn nicht ihre Probleme noch wären.

Das aktuell größte Defizit ist wohl die Tatsache, dass die vorhandenen Strukturen von den Spielern nicht druckvoll, konzentriert und sauber genug ausgespielt werden – was an diesem heißen Amsterdamer Abend besonders hervortrat und sich in vielen ungenauen Aktionen oder fahrigen Ballannahmen äußerte. Darüber hinaus gibt es einige kleinere Aspekte: die Außenverteidiger, vor allem van Rhijn, greifen im letzten Drittel noch zu unreflektiert zur Flanke, de Jong muss etwas zu häufig für Bojan diagonal vom Tor weg ausweichen, das Aufbauen der Strukturen geschieht nicht gänzlich konstant, Poulsens fällt quantitativ etwas zu häufig zurück und beeinträchtigt bisweilen die Verbindungen, Fischer ist bei den tornahen Aktionen sowie im Zusammenspiel mit den Außenverteidigern derzeit ein wenig zu berechenbar und die Staffelungen beim Übergang in den Strafraumbereich machen noch Probleme.

Im mittleren Teil des zweiten Durchgangs gegen Roda war darüber hinaus ein psychologischer Einbruch und ein inkonsequentes Weiterspielen bei sicher scheinender Führung zu kritisieren, woraus letzte Saison einige unnötige Punktverluste resultiert waren – doch diesmal vergab Pluim beim Stand von 2:0 einen Elfmeter. Insgesamt klingen die Kritikpunkte aber vielleicht schlimmer als sie sind – denn entscheidend ist Ajax´ deutlich verstärkter Zentrumsfokus, die starken Kombinationsansätze und die Tatsache, dass diese Saison ein deutlicher Schritt in der Entwicklung verzeichnet werden dürfte, der sich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt klar andeutet.

Spiel der Woche II: Vegalta Sendai – Kawasaki Frontale 2:1

Es war „nur“ ein Mittelfeldduell am 19. Spieltag der mittlerweile 20-jährigen J-League, bot aber zwei verschiedene Ausrichtungen und durchaus ansehnlichen Fußball. Die Hausherren, zuletzt mit einem Auswärtserfolg bei Ventforet Kofu, kamen im Spiel nach vorne besonders über ihre hohe Offensivpräsenz, worauf sie sich auch wegen des gelegentlich aggressiven Pressings von Kawasaki besonders konzentrierten. Diese reagierten darauf mit einer etwas abwartenderen Ausrichtung und gingen verstärkt Mannorientierungen ein, mussten aber dennoch einige Chancen Sendais zulassen.

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Grundformationen in der ersten Halbzeit

Während der linke Flügelspieler weit nach vorne einrückte, schoben außerdem die beiden Achter, insbesondere der halbrechte, sehr hoch. Weil Ota von der rechten Offensivseite häufig diagonal ein bisschen in den Halbraum zurückging, durfte Matsushita entweder mit extremer Aggressivität bis in eine zentrale Stürmerposition aufrücken oder auf den offenen Flügel hinaus rochieren. Mit einer von dort in die Offensivpräsenz seiner Mannschaft heinen geschlagenen Flanke bereitete er den Führungstreffer durch den brasilianischen Torjäger Wilson vor (14.).

Nach diesem Rückstand mussten die zuletzt etwas kriselnden Gäste die Initiative übernehmen, zogen dann auch ein technisch sauberes Ballbesitzspiel auf, konnten daraus aber nur sporadisch Torgefahr entwickeln. Besonders mit dem Aufrücken ins letzte Drittel hatten sie in der ersten Halbzeit Probleme – der ehemalige Starspieler Inamoto wagte sich nur zögerlich nach vorne, während sein Partner Yamamoto ohnehin nur die defensivere Rolle vor der Abwehr inne hatte und höchstens einmal die seitlich überlaufenden Aufgaben des Rechtsverteidigers übernahm.

Unter diesen Voraussetzungen konnte das in einer 4-1-4-1-Formation angeordnete Defensivspiel der Gastgeber die Offensive von Kawasaki entscheidend einbremsen. Bei Angriffen über die Seite schob der jeweils ballnahe Achter sehr vorausschauend etwas tiefer in den Halbraum, um diesen für Kombinationen zu blockieren, während Mittelstürmer Wilson sich situativ an einem freien gegnerischen Sechser orientierte. Darüber hinaus spielte der alleinige Sechser Tomita eine Mannorientierung auf Kawasakis Spielmacher Nakamura, was den mit viel Verantwortung beladenen Nationalspieler beschränkte.

Er und seine Offensivkollegen brachten es daher in den ersten 45-50 Minuten des Spiels nur zu Ansätzen. Alan Pinheiro rückte bei seinem Liga-Debüt von rechts immer wieder weit in die Spitze ein, hatte aber noch keine Bindung und verlor viele Bälle mit unglücklichen Aktionen, während der ehemalige Wolfsburger Okubo als Mittelstürmer zwar immer wieder auf die Seiten – wo er auch im Defensivspiel manchmal löblich unterstützte – auswich, es ihm allerdings trotz Polyvalenz an Komplettheit und Effektivität fehlt, um dann konstant torgefährlich zu bleiben.

Schließlich zeigte Nakamura einige Male beeindruckende Pressingresistenz und konnte sich damit Freiheiten erzeugen, doch wurde er wegen Pinheiros enger Position zu häufig auf der rechten Seite für die Kombinationen mit dem zur Grundlinie durchbrechenden Außenverteidiger benötigt, weshalb seine Kreativität nicht voll zum Tragen kam und an manchen Stellen fehlte. Einzig auf halblinks konnte der Kapitän einige gute Überladungen anleiten, wo Renato – der wohl begabteste Akteur des Teams – ein gutes Tandem mit Noborizato formte. Generell entstanden durch diesen Bereich die wenigen guten Chancen für Kawasaki Frontale, wenn auch Pinheiro oder Inamoto hier halfen – oder wenn Letzterer einmal generell zu seinen früher durchaus bekannten Vorstößen ansetzte.

Genau dies wurde nach dem Seitenwechsel immer besser, weshalb die Mannschaft mehr und mehr ins Kombinieren kam und in einer sehr guten zweiten Halbzeit mehrere ansehnliche Spielzüge zeigte. Zunächst vergaben sie zwei erstklassige Chancen und trafen dreimal das Aluminium, ehe ihr ständiges Anrennen mit einem späten, schön herausgespielten Tor von Renato nach Vorarbeit Nakamuras belohnt werden sollte.

Allerdings erzielten die Hausherren nur wenige Minuten danach mit ihrer allersten Tormöglichkeit des zweiten Durchgangs völlig überraschend die erneute Führung, als nach einem langen Ball auf den mal aufrückenden Rechtsverteidiger der Abpraller im Strafraum zum einschießenden Matsushita kam. Anschließend stellten sie auf ein 4-4-2 um, in dem die beiden Stürmer sich auf Kawasakis offensiver gewordene Sechser orientierten oder diese mit ihrem Deckungsschatten abdeckten. So konnten die Angriffsbemühungen der verzweifelten Gäste eingedämmt werden, die zusehends hektischer wurden und nur noch eine große Chance hatten, die sie in der Nachspielzeit aber knapp vergaben.

Alles in allem war dieses Spiel mit unterschiedlichen Angriffsausrichtungen – Offensivpräsenz gegen kombinatives Ballbesitzspiel, hohe Achter und tiefe Außenverteidiger auf der einen, dagegen zunächst vorsichtige Sechser und offensivere Außenverteidiger auf der anderen Seite – von flottem, technisch ansprechendem Fußball sowie der einen oder anderen interessanten Variante im Offensiv- wie Defensivpiel geprägt.

Blaufalke 4. August 2013 um 22:40

Vielen Dank für diesen Blick über den berühmtesten Rand der Welt!

Apropos … widmet sich die SV auch eimal dem Frauenfussball? Ich finde, so eine Europameisterschaft ist doch mindestens so viel Aufmerksamkeit wert wie die Trainingsreise eines Bundesligisten nach Bulgarien, oder?

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TR 5. August 2013 um 14:50

Ja, dazu folgt noch ein Artikel, aber Kollege MR ist manchmal etwas gemächlich und lässt sich etwas (zu viel) Zeit. Wir bitten daher um Geduld 😉

Einige generelle Texte zum Thema und viele Berichte zur WM 2011 gibt es, falls Leseinteresse besteht, hier: https://spielverlagerung.de/category/frauen/

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BG 4. August 2013 um 13:35

Ich bin aus Bulgarien Schreiben. Können Sie etwas über Botev Plovdiv Taktik. Wie haben sie gespielt?

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Max Olić 4. August 2013 um 12:38

Gerne öfter Japan! 🙂

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SCP-Poker 4. August 2013 um 10:51

Diese Serie gefällt mir echt super, danke dafür.

Gerade dass solche „Exoten“ wie Teams aus Japan analysiert werden macht diese Serie so interessant.

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blub 3. August 2013 um 23:43

Nice. Schöner Überblick.
Bei der derzeitigen Stuttgarter Doppelsechs bin ich noch skeptisch, nicht nur was die Kollektivbewegungen angeht. Die zwei sind doch auffallend schmächtig, da sehe ich ohne Gentner potentielle Probleme entstehen.

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cg20fan 3. August 2013 um 22:54

Zum VfB würde ich noch hinzufügen, dass ein paar Spieler auch in mE ziemlich unpassende Rollen gedrängt wurden – die Außenspieler wegen der genannten Veränderungen in der AV und Schwaab, der mir in der Vorbereitung hinten rechts auch schon nicht gefallen hat.

Ich würde mich nebenbei freuen, wenn du kurz ausführen könntest, was du konkret mit wechselhaftem/seltsamem Bewegungsspiel der Viererkette meinst. Nur falls du Zeit und Lust hast.

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TR 3. August 2013 um 23:20

Wechselhaft im Sinne von instabil oder inkonstant. Seltsam finde ich bei Stuttgarts Abwehr, dass sie etwas unkoordiniert und in ihren Aktionen bzw. Reaktionen bisweilen unberechenbar sind. Es fehlt die letzte Zuverlässigkeit und zwischendurch sind einige unlogische Entscheidungen dabei, was sich situationsabhängig auch positiv auswirken kann.

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cg20fan 4. August 2013 um 11:29

Kann nachvollziehen, was du meinst – danke dir!

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GH 3. August 2013 um 22:24

Treten bei Ajax auch ähnliche Probleme wie bei Bayern auf?
Da sie ja von der Grundstruktur ziemlich ähnlich sind, müssten sich doch auch öfters Lücken neben Poulsen ergeben?
Oder war das Pressing zu stark?

Antworten

TR 3. August 2013 um 23:30

Grundsätzlich und theoretisch sind ähnliche Probleme durchaus vorhanden, aber praktisch sieht man die nicht so häufig, wie es bei Bayern vielleicht (noch) der Fall ist. Dafür gibt es unter anderem, neben immer wieder gutem aggressiven Pressing in den entsprechenden Phasen, mehrere Gründe:
1. Profitiert Ajax davon, dass ihre Flügelspieler sich situativ sehr tief zurückfallen lassen; insbesondere hat in der Defensivarbeit zusätzlich zu seinem gerenell guten Verhalten hier zuletzt noch einmal einen Leistungssprung gemacht. Gerade weil in der Eredivisie die gegnerischen AVs gerne auch mal früh nach vorne schieben, werden die Ajax-Flügel ohnehin ein bisschen tiefer gedrückt, sollen auch gar nicht ständig das Viererband des 4-1-4-1 halten und sind dann in guter Ausgangsposition, um eventuelle Lücken zu stopfen oder anders irgendwie einzugreifen.
2. Eine wichtige Rolle spielt natürlich die Gewöhnung – grundsätzlich spielt Ajax in diesem System und besonders im Defensivsystem seit 3 Jahren zusammen und die Kernspieler sind dabei gleich geblieben. Ohnehin ist das 4-4-3-3 mit zwei Achtern ja sehr wichtig in der niederländischen Ausbildung, weshalb die Jugendspieler mit den grundsätzlichen Defensivanforderungen und Besonderheiten ausreichend vertraut sind. Schließlich führt die Gewöhnung auch dazu, dass man mit eventuell entstandenen Lücken im Mittelfeld gut umgeht und das Ganze dann geschickt verzögert/entschleunigt. Sowohl Poulsen als auch die AVs sind hierbei sehr gut, provozieren dann ungefährliche Pässe oder bieten sie an, ebenso wie sie andere schlechtere Räume für den Gegner anbieten – Resultat: Lücken werden nicht so konsequent bestraft von vielen Teams.
3. Ajax spielt gegen den Ball gar nicht durchgehend „4-1-4-1“ oder bei aggresiveren Phasen 4-3-3, sondern wechselt zwischendurch immer wieder auch mal in eine 4-4-2-Defensivformation (in der beide Achter als zweiter Stürmer auftreten können).

Darüber hinaus sollte man noch erwähnen, dass trotz dieser Aspekte Ajax immer noch einige Anfälligkeiten hat. Sie sind keinesfalls das absolute Bollwerk der Eredivisie, hatten letztes Jahr immer wieder schwächere Phasen und auch gegen Roda in der zweiten Halbzeit hinten Probleme sowie etwas Glück (gegen AZ im Johan-Cruijff-Schaal gab es zwei Gegentreffer). Gegen stärkere Gegner in der CL, vor allem gegen Mourinhos Real, sahen sie unter de Boer bisher auch noch viel zu selten stabil aus, einmal verloren sie sogar genau wegen Lücken hinter den Achtern, wenn ich mich recht erinnere. Selbst Ajax kann das nicht vollständig kaschieren, wobei für ihre gelegentlichen Defensivprobleme wiederum freie Halbräume neben Poulsen keineswegs der einzige Grund wären 😉

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woody10 3. August 2013 um 21:13

ja, immer wieder schön wenn du über den Tellerand blickst. Danke für die Fortführung dieser Serie.

zu Ajax: findest du, dass Sigthorsson der ideale Spieler für die Stürmerposition bei Ajax ist? Ich habe ihn zwar noch nicht so oft gesehen, aber in den bisherigen Spielen, die ich von ihm gesehen habe, hat er bei mir noch keinen wirklich positiven Eindruck hinterlassen. Würde es mit Bojan oder de Jong oder gar Eriksen in der Stürmerposition nicht noch mehr v.a. spielerisches Potential geben. De Jong und Bojan vereinen ja grundsätzlich auch die nötige Durchschlagskraft mit spielerischer Klasse doch auf höherem Niveau als Sigthorsson. De Jong als Stürmer würde insofern gut passen als dass Schöne die frei gewordene Mittelfeldposition übernehmen könnte. Schöne würde dann den tieferen 8er geben und Eriksen könnte seine (zumindest meiner Meinung nach) Idealposition als klar höchster zentraler Mittelfeldspieler ausüben. Schöne wäre auch als 6er Ersatz für Poulsen eine interessante Idee, da er doch klar spielstärker als Poulsen ist.
Ajax´ größtes Problem könnte aber die zu starke Fokussierung auf das Zentrum und die damit einhergehende Ausrechenbarkeit werden, da sie im Gegensatz zu zB Barca, das ja auch sehr zentrumsfixiert ist, keinen wirklich guten breitegebenden und zudem dribbelstarken, klassischen Außenspieler haben, der eingewechselt werden könnte und für Balance und Durchschlagskraft sorgen könnte.

zum Spiel der Woche II kann ich leider gar nichts sagen, da ich die J-League so gar nicht am Schirm habe. Ich nehme mir vor, im August das ein oder andere J-League Spiel anzuschauen. Schade, dass ich es bis dato noch nicht getan habe, denn grundsätzlich sind die japanischen Fußballer immer sehr gut ausgebildet, wendig und taktisch intelligent. Da kann ich mir durchaus vorstellen, dass dort interessanter Fußball gespielt wird.

Grüße, woody

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TR 3. August 2013 um 23:56

Hmm, also Sigthorsson ist recht inkonstant und verletzungsanfällig, aber in guter Form kann er schon ziemlich gut mitspielend sein für einen Stürmer. Darüber hinaus eben guter Abnehmer für die Flanken der AV, macht recht effektive Ablagen und hat ein ganz gutes Glück für zweite Bälle bzw. Abpraller.

Die von dir genannten Kandidaten sind sicherlich auch absolut möglich als zentrale Angreifer, am wahrscheinlichsten dürfte de Jong sein. Die Variante mit ihm anstelle von Sigthorsson und Schöne auf der Acht wurde am Ende gegen Roda auch praktiziert, wie schon einige Male, und Schöne hatte sich gut eingefunden mit einigen verbindenden Aktionen und Hilfe auf rechts.

Generell wechselt Ajax auch viel, denn de Jong spielte im Verlauf der letzten Jahre immer wieder auch mal als zentraler Stürmer für einige Phasen, während selbst Eriksen als sogenannte Falsche Neun gebracht wurde. Genau sieht es mit der Variante Schöne statt Poulsen aus – letztes Jahr ebenfalls oft genutzt, genauso wie gegen AZ, weshalb vor dem Spiel auch Schöne die leicht besseren Einsatzchancen eingeräumt wurden. Ajax ist diese Möglichkeiten allesamt im Blickfeld und setzt sie von Zeit zu Zeit oder von Gegner zu Gegner um – das gefällt mir grundsätzlich. Übrigens finde ich Schöne statt Poulsen auch besser, doch zwischendurch kommt der Simon immer mit einzelnen beeindruckenden Aktionen, wenn mein Eindruck pro offensiv ausgerichtetem Mittelfeld sich verfestigt – und dann komme ich wieder bisschen ins Grübeln. 😀

Meistens empfinde ich die „Wechsel“ als passend und bin deshalb dann zufrieden damit. Insgesamt kann man aus Ajax-Sicht also optimistisch nach vorne blicken. Sana kann auf den Außen recht klassisch agieren, ansonsten könnte Lukoki bei Not noch aus Jong Ajax „begnadigt“ werden oder ein anderer Jugendspieler kommt rein (in dem Bereich hätte man viele: de Sa, de Bondt, Bitter, Meleg), falls man merkt, dass es ohne echten Flügel nicht geht. Auch wenn ich Boerrigter als Option gerne weiter bei Ajax gesehen hätte, ist mir aktuell noch nicht bange, da eben Sana da ist, Fischer auch druckvoll und flügellastig spielen kann und die AVs derzeit ohnehin viel in der Hinsicht übernehmen.

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Demetrios 3. August 2013 um 19:39

Super, mache mich gleich ans Lesen.

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datschge 3. August 2013 um 15:23

Sehr schön, wieder eine Folge in dieser Serie lesen zu dürfen. Freut mich, dass auch mal ein Blick nach Japan dabei ist. Danke!

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