VfB Stuttgart – SC Freiburg 2:1

Nach dem Pokal-Halbfinale vom Mittwoch trafen der VfB Stuttgart und der SC Freiburg in der Mercedes-Benz-Arena schon wieder aufeinander. Taktisch gesehen war es ein ganz anderes und doch ähnliches Spiel.

Während Bruno Labbadia bei den Stuttgartern kaum etwas veränderte und mit der gleichen Aufstellung und im Großen und Ganzen dem gleichen Spielansatz antrat, wartete Christian Streich mit einigen Veränderungen im gewohnten Freiburger 4-4-2 auf. Auf der Linksverteidiger-Position ersetzte der junge Christian Günter Oliver Sorg und in der Offensive wurde einiges umgestellt. So mussten Caligiuri und Rosenthal, die beide nicht im Kader standen, aus der Mannschaft weichen – dafür kamen Makiadi und Guédé ins Team. Diese beiden agierten dann auch als das Freiburger Sturmduo, wobei Makiadi etwas hängender spielte, während Kruse von der Spitze auf die rechte Seite geschoben wurde und Jonathan Schmid die Flanke wechselte.

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Grundformationen

Freiburgs offensive Spielanlage

Am Mittwoch im Pokal hatte sich Matthias Ginter als tiefster Freiburger Sechser noch häufig auf die rechte Verteidigerposition hinter Mujdza fallen gelassen – diesmal kippte der deutsche Junioren-Nationalspieler zentral nach hinten zwischen seine beiden auffächernden Innenverteidiger ab und bildete mit diesen beiden eine übergangsweise Dreierkette. Weil auch Julian Schuster entweder zusätzlich auf die linke Seite herauskippte oder aber sehr viel auf dem linken Flügel unterwegs war, fehlte dem Sportclub somit die Präsenz in den zentralen Sechser- und Achterräumen.

Somit musste das neue Sturmduo aus eigentlichen Mittelfeldspielern diese Bereiche besetzen und die entstehende Verbindungslosigkeit durch das Loch im Mittelfeld kompensieren. Gerade Makiadi fiel immer wieder zurück und agierte dauerhaft eher wie ein zentraler Mittelfeldspieler denn hängender Angreifer. Die Aufstellung von Makiadi und Guédé sollte also das vermehrte Abkippen von Schuster und Ginter erlauben, doch wirkten deren Rollen etwas übertrieben, so dass einige Male ineffektive flache Ketten von vielen Spielern ohne gute Staffelung entstanden.

Da das Zurückfallen der beiden Stürmer aber auch durch einrückende Bewegungen Max Kruses ergänzt wurde, funktionierte das Aufbau- und Angriffsspiel der Breisgauer gar nicht so schlecht. Dabei passte sich Kruse gerne an die Bewegungen der beiden Stürmer an und stimmte sein eigenes Offensivverhalten entsprechend darauf ab: Entweder rückte er ebenfalls ins Mittelfeld ein, suchte sich Lücken in den teilweise unkompakten Strukturen des VfB und fiel gelegentlich gar selbst bis in die Abwehrreihe zurück, um das Spiel zu gestalten. Bei besonders weitem Zurückfallen der Stürmer ging aber stattdessen er in die vorderste Linie und versuchte, die dort freigewordenen Bereiche zu bespielen.

Besonders bei Angriffen über die linke Seite und die direkten Günter und Schmid, die von Schuster unterstützt wurden, lief Kruse immer wieder die vorderen Räume an und attackierte mit intelligenten diagonalen Laufwegen die verschiedenen Schnittstellen des Stuttgarter Defensivverbunds – einmal scheiterte er an Ulreich, zweimal in halblinker Position im Strafraum an der eigenen Ballweiterverarbeitung.

Fehlende Reife im letzten Drittel

Eines der Probleme der Freiburger bestand also darin, dass sie sich selbst erarbeitete Chancen und Strukturen ein wenig selbst zerstörten. Ob mit den schnellen Flügeldurchbrüchen auf der linken Flanke, Kruses diagonalen Läufen in die Schnittstellen oder den Vorstößen Mujdzas auf der von diesem geöffneten rechten Seite – immer wieder hatten sie einige durchaus vielversprechende Positionen und Situationen, die sie dann allerdings schwach ausspielten und nicht gut nutzten.

Einige Male waren überhastete Hereingaben oder vorschnelle Entscheidungen dafür verantwortlich, aber auch die vielen vorwärtsgerichteten Läufe waren hier nicht förderlich. Generell fehlt es den Freiburgern noch etwas an Reife in den Positionierungen, wenn sie ins letzte Drittel hineinspielen. Zu oft gehen dann die meisten Akteure einfach Richtung Strafraum, was dann zu flachen Anordnungen führt und das weitere Zusammenspiel erschwert.

Spielatmosphäre und Pressing

Dass die Freiburger in erster Instanz zu viele Räume vorfanden, um die Angriffe erst einmal bis ins letzte Drittel zu tragen, hing teilweise auch mit dem Defensivansatz der Stuttgarter zusammen, der sich recht variabel darstellte. Gegen den Ball setzten Labbadias Mannen auf einen Wechsel aus sehr ruhigen und sehr jagenden Phasen – ohne wirkliche Zwischenstufen.

Natürlich lag es auch an den abkippenden Bewegungen von Ginter und Schuster, doch der VfB zog sich in manchen Spielphasen beim Freiburger Aufbauspiel passiv zurück und ließ die Gäste machen. Von Zeit zu Zeit wechselten sie dann aber plötzlich auf eine andere Vorgehensweise, die sich an ihrem engagierten Gegenpressing orientierte: Mit situativen Mannorientierungen auf dem Flügel und viel Aufrücken aus dem Mittelfeld pressten sie recht wild und teilweise hektisch mit spontanen und situativen 4-2-4- oder gar 4-1-5-Formationen.

Dafür mussten sie natürlich einige Löcher im Mittelfeld zurücklassen und Distanzen zwischen der vordersten und hintersten Reihe in Kauf nehmen – doch dies konnte sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Entweder fanden die Freiburger die Löcher und Freiräume und nutzten sie für ihre Angriffe oder sie machten gegen die aggressive erste Stuttgarter Welle Fehler und erlaubten diesen gute Balleroberungen – wie beim 2:0. Insgesamt war dieses riskante Vorgehen aus VfB aber eher von Erfolg gekrönt – was auch daran lag, dass die Freiburger eben einige Situationen nicht gut ausspielten.

Generell schwankte nicht nur das Pressing der Stuttgarter, sondern die gesamte Spielatmosphäre – es gab also keinen wirklich konstanten und gleichbleibenden Spielrhythmus – zwischen einigen chaotischen, zerfahrenen Phasen, die sich dann mit sehr ruhigen und teilweise gemächlichen Abschnitten mit wenig Action abwechselten. Letztere Phasen bezogen sich beispielsweise auch auf den Spielaufbau des VfB.

Wie schon im Pokal pressten die Freiburger nicht ganz so aggressiv, nutzten aber dennoch gewisse Mannorientierungen auf die Stuttgarter Außenverteidiger und Achter und stellten mit ihrer Doppelspitze die Innenverteidiger des VfB zumindest zu. Dies führte dazu, dass sich Rüdiger und Niedermeier aus nahen Optionen die Bälle zusammen mit Ulreich am eigenen Strafraum zuspielten – bis meistens der Keeper das Leder aus diesem Mangel an Optionen (und nicht aus Druck) lang nach vorne schlug.

Stuttgarter Angriffe, Stuttgarter Tore und Freiburger Comeback-Versuche

Auffällig war dabei, dass Ulreich stets auf den rechten Flügel zielte, wo Harnik, Gentner und der hochstehende Sakai viel Präsenz auf die zweiten Bälle generieren sollten. Auch wenn dies nicht der entscheidende Punkt des Spiels war, so erkannte man hieran doch den Flügelfokus des Stuttgarter Angriffspiels.

In den vergangenen Wochen und Monaten hat Labbadia die Ausrichtung seiner Mannschaft etwas umgestellt. Zum einen konzentriert man sich angesichts der Problematiken im Spielaufbau etwas besser darauf, Abpraller nach zweiten Bällen zu erhalten und damit lange Pässe aus den hinteren Reihen besser sichern zu können. Zum anderen wurde eben die Konzentration auf das Flügelspiel mit den beiden schnellen Harnik und Traoré als Fixpunkten erhöht.

Durch die situativ nach außen weichenden Gentner (rechts und auch links) sowie Boka (vor allem links) erhalten die beiden Außenspieler damit ebenso Unterstützung wie von ihren offensiven Hintermännern Sakai und Molinaro. Zudem schlüpft Maxim immer häufiger in die Rolle des nach außen rochierenden Zehners wie ihn beispielsweise Valbuena bei Marseille verkörpert. Dass der VfB in dieser Partie 83 % seiner Angriffe über die Außenbahnen spielte, ist ein deutlicher Beleg für die Konsequenz dieser Strategie.

Diese war gegen die Freiburger auch durchaus gut geeignet, wie sich beispielsweise beim Führungstor der Schwaben erkennen ließ.

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Das 1:0: Freiburg ohne Präsenz im Rückraum. Ginter geht zunächst mit Harnik in die letzte Reihe zurück, kommt dann aber nicht mehr konsequent hin, als dieser leicht zurückfällt. Makiadi verfolgt Gentners Lauf nicht konsequent, so dass dieser hinter Ginter durchlaufen und einnetzen kann.

Durch den extrem offensiven Vorstoß von Sakai wurde zunächst einmal Schmid aufgrund der Freiburger Mannorientierungen in eine Fünferkette gezogen. Durch Maxims geschickten Lauf auf den Flügel verließ auch Schuster das Zentrum, während Ginter durch Harnik nach hinten gezogen wurde, weil dieser sich dank Sakai in seiner typischen Rolle als „Quasi-Zweite-Spitze“ zentral zu Ibisevic nach vorne gesellen durfte. Somit standen die Gäste in einer Art flacher 7er-Kette ohne jegliche Präsenz im Rückraum dar – Harnik nutzte das aus, indem er sich nur leicht in den Freiraum zurückfallen ließ und den startenden Gentner per Chip bediente.

Nach der Pause musste Freiburg dann einem Rückstand von zwei Toren hinterher laufen, bekam von den Stuttgartern aber nicht mehr so viele Räume und hatte immer noch mit jenen Problemen zu kämpfen, die auch schon im ersten Durchgang vorhanden gewesen waren. Nach der Einwechslung von Santini gab es einige lange Bälle auf den Stoßstürmer – entweder sollte er diese verarbeiten oder die Reihe dahinter (Kruse, Schmid, Makiadi) auf die zweiten Bälle gehen. Einen kurzzeitigen Fünfersturm mit drei beweglichen zentralen Akteuren zwischen zwei Breite haltenden Außen wie in der Endphase des Pokalspiels gab es daher nicht zu sehen, doch belohnten sich die Freiburger noch mit einem mehr als verdienten Anschlusstreffer für ihr Engagement.

Fazit

Beide Mannschaften mit einigen guten Ideen und vielen positiven Ansätzen, aber andererseits auch mit Problemen und Fehlern. Weil die Stuttgarter diese Fehler wie bei den beiden Toren gnadenloser ausnutzen konnten und nicht wie die Freiburger vielversprechende Szenen schlecht ausspielten, gewann der VfB ein enges und recht ausgeglichenes Spiel letztlich knapp, aber nicht unverdient. Freiburgs Spielansatz mit den vielen abkippenden Bewegungen wirkte etwas überkompliziert – Stuttgarts klarer und funktionaler Flügelfokus war erfolgreicher. Drei Heimsiege in Folge bestätigen die von Labbadia initiierten Veränderungen nach der Krise der letzten Wochen und Monate, während die Freiburger immer noch beste Chancen auf das internationale Geschäft haben.

StuttgarterBub 22. April 2013 um 16:53

die langen bälle auf harnik werden schon seit letzter saison regelmäßig genau so gespielt. zeitweise hatte man den eindruck dass das ein bewusst eingesetztes stilmittel war, egal ob man die chance hatte anders aufzubauen oder nicht. von hinten lang raus auf harnik, der verlängert entweder auf den nach außen ausweichenden 10er, oder auf ibisevic.

also nichts neues im vfb spiel und auch nix was jetzt nur speziell gegen freiburg gemacht wurde 🙂

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pomatski 22. April 2013 um 18:09

Hast schon recht, aber als „neu“ würde ich zumindest folgenden Aspekt ansehen: „…wo Harnik, Gentner und der hochstehende Sakai viel Präsenz auf die zweiten Bälle generieren sollten“
Häufig wurden die langen Bälle davor einfach nur auf einen einsamen Harnik gespielt und es wurde gehofft, dass dieser sie gut verlängern kann. Allerdings hat man davon abgesehen mit der Positionierung der Mitspieler Druck auf die gegnerischen Spieler auszuüben und so entstanden selten aussichtsreiche Situationen.

(Ich beziehe mich vor allem auf diese Saison)

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cg20fan 22. April 2013 um 22:29

Macht man das nicht immer noch? Ich hab nach wie vor den Eindruck, dass man beim VfB sehr stark auf die Kopfballverlängerung spekuliert (oft mit allen 3 Offensiven) und dann vor dem Ball etwas unkompakt wird und durch die 6 Defensiven eher bloß verzögern kann, anstatt auf den zweiten Ball zu gehen.

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StuttgarterBub 23. April 2013 um 23:35

eigentlich könnten wir das ja auch auf ner anderen plattform diskutieren auf der wir uns ab und an begegnen, aber naja, dass der gentner sich die beiden sich in die richtung von harnik positionieren ist nix neues, das war schon immer mehr oder weniger zwangsläufig so (stichwort auffächernde iv´s und sehr hochstehende av´s, also sakai), aber seit neustem wird energischer auf die 2. bälle gegangen 😉

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