SV BuLi Kompakt: 11. Spieltag

Der elfte Spieltag in der Bundesliga wurde von Spielen dominiert, die gedreht wurden. Zwei wichtige Platzverweise und mehrere taktische Feinheiten kippten die Spielbalance in einigen Partien. Die taktische Spieltagszusammenfassung.

FSV Mainz 05 – 1. FC Nürnberg 2:1

Mainzer Raumöffnung und –nutzung in der ersten halben Stunde sowie Nicolai Müller entschieden ein enges und intensives Freitagsspiel. Die Nürnberger agierten zu nah am Mann und ihre beiden Achter ließen sich zu einfach von den abkippenden Baumgartlinger und Soto aus dem Zentrum ziehen, was ungewohnte Räume und insbesondere große vertikale Abstände bei den normalerweise sehr disziplinierten Nürnbergern zur Folge hatte. Ganz besonders der vom Flügel einrückende Müller fand somit Freiräume vor und war bei beiden Toren der entscheidende Mann.

Nürnberg spielte eine überraschend stark auf Konter ausgerichtete Strategie, die aber kaum wegen geringen Nachrückens kaum funktionierte. Auch bei den zweiten Bällen war der Club unterlegen. Erst nach der Pause mit der Umstellung auf den dominanteren und beweglicheren Spielansatz aus dem Sieg über Wolfsburg kam Heckings Team besser in die Partie. Gerade im linken Halbraum konnten sie einige Male hohen Druck aufbauen, doch wurde dieser gegen gut stehende Mainzer zu selten in konkrete Chancen umgewandelt, was Tuchels Einwechslung eines dritten Sechsers verschärfte. Hecking stellte daher auf das dritte System um – nach Kontern und Kombinaitonen war nun die Flügelgewalt an der Reihe. Doch ausgerechnet dieses radikale Mittel mit einem klassischen 4-4-2 scheiterte an inkonsequenter Ausführung.

SC Freiburg – Hamburger SV 0:0

Die Freiburger begannen das Spiel mit ihrem gewohnt aktivem Pressing. Vor allem die Außenstürmer setzten die Hamburger Außenverteidiger immer wieder unter Druck. Der HSV konnte sich jedoch mit langen Bällen gut aus dem Pressing befreien. Besonders wenn sie bei ihren Kontern van der Vaart einsetzen konnten, kamen sie dank seiner Schnittstellenpässe gefährlich vors Tor. Allerdings konnten sie die hoch stehende Viererkette der Freiburger nur selten entblößen, was auch an van der Vaarts hoher Rolle und seinem dadurch geringen Einfluss auf das HSV-Spiel lag.

Mit der roten Karte gegen Hamburgs Innenverteidiger Scharner (35.) veränderte sich das Spiel. Nach der Pause konzentrierten sich die Gäste nur noch auf das Verteidigen und parkten ihre zwei Viererketten im 4-4-1 dicht am eigenen Sechszehner. Die Freiburger hatten nun die Hoheit über den Ballbesitz (zwei Drittel in der zweiten Halbzeit). Den Freiburgern machte die Rolle der spielgestaltenden Mannschaft Schwierigkeiten, es fehlten vor allem schnelle Spielverlagerungen. Zu oft wurden Angriffe durch einen Rückpass auf die sehr tief agierenden Sechser Makiadi und Schuster abgebrochen.

Die Hamburger konnten in dieser Phase kaum Konter setzen. Nur in wenigen Situationen konnte van der Vaart von der Sechserposition Angriffe einleiten, allerdings muss seine kämpferische Leistung in der Defensive positiv erwähnt werden. Erst in der Schlussviertelstunde gab es wieder Torraumszenen; die Freiburger hatten dank der Einwechslung von Rosenthal mehr Bewegung ins letzte Drittel bekommen. Dank Pfosten und Adler blieb es jedoch beim 0:0.

Fortuna Düsseldorf – 1899 Hoffenheim 1:1

Die Gäste aus Hoffenheim versuchten zu Beginn, die Kontrolle des Spiels zu übernehmen und zeigten ein sehr breites, raumgreifendes Aufbauspiel, bei dem sich Rudy anfangs sehr oft zwischen die Innenverteidiger fallen ließ. Später kippte auch zunehmend Williams nach rechts ab und sie wurden noch etwas flexibler im Aufbau. Die Düsseldorfer versuchten in ihrer 4-4-2-Stellung sehr extrem auf Pässe zum Flügel nachzuschieben, was die Hoffenheimer aber immer wieder durch eine schnelle Rückverlagerung auf den fernen Innenverteidiger umspielen konnten. So wurde das Düsseldorfer Pressing in erster Linie oft geschickt umspielt und die Gäste fanden besonders im defensiven Mittelfeld recht viel Präsenz.

Um das Spiel von dort weiterzutragen ließ sich vornehmlich Firmino vom rechten Flügel in die halbrechten Zehner- und Achterräume fallen, wo er auch einige Male angespielt werden konnte. Er verhielt sich dabei aber oft ungeschickt, schaffte es nicht sich ausreichend viel Raum freizulaufen, um sich dann in die Offensive drehen zu können. Außerdem fand er auch zu wenig Anbindung. Dadurch, dass der linke Sechserraum von Rudy oft verwaist war und Volland recht stark linksseitig spielte, waren seine seitlichen Optionen arg beschränkt und Fink konnte von rechts stärker nachschieben, um Bodzek gegen Firmino zu unterstützen. So blieben die wendigen Hoffenheimer Offensivspiel sehr unauffällig und konnten oft vom dichten Düsseldorfer Verbund gestoppt werden. Dass das Tor aus einer von nur drei Flanken fiel, untermauert noch stärker, wie schlecht das Hoffenheimer Flachpass-Spiel trotz guter Ansätze letztlich funktionierte. Insgesamt versuchte Babbels Elf nur vier Schüsse.

Düsseldorf hingegen war eine Art Gegenentwurf zur TSG und kam viel über die Flügel, um dann mit Flanken und herausgedribbelten Standards gegen die kleingewachsenen Hoffenheimer erfolgreich zu werden. Das klappte auch gleich mit dem ersten Versuch, als Kruse in der vierten Minute nach einem Freistoß die Führung einköpfte. Anschließend bekam Hoffenheim in ihrem ebenfalls sehr disziplinierten 4-4-2-Mittelfeldpressing die Defensive gegen die immer risikoloser angreifende Fortuna in den Griff und ließ bis zur Pause keinen Schuss auf’s Tor mehr zu.

Nach der Pause änderte sich dies aber und ein personeller Kniff von Norbert Meier zahlte sich aus. Um den dribbelintensiven Ansatz zu fokussieren, waren mit Ilsö und Robbie Kruse, der normalerweise außen spielt, auch zwei dribbelstarke Stürmer aufgestellt, was dann in der 47. und 51. Minute zu einem doppelten Albtraum für Marvin Compper wurde. Dieser musste Kruse bei zwei Dribblings per Foul stoppen und holte sich dadurch eine schnelle gelb-rote Karte ab, die das Spiel drehte. Fortan dominierte die Fortuna die Partie, während Hoffenheim im 4-4-1 auf Konter spielte, welche Düsseldorf aber nicht zuließ.

Allerdings verteidigte Joselu als alleiniger Stürmer sehr diszipliniert auf Höhe der Mittellinie und die Fortuna bekam trotz der Überzahl zu wenig Präsenz in ihre unkreativ besetzte Mitte. Sie bauten zu viel über ihre Außenverteidiger auf, erlaubten Hoffenheim nach außen zu schieben und brachten ihre Flügelangriffe deshalb zu selten gefährlich ins letzte Drittel. Dass mit Reisinger, Lambertz und Voronin nur Flügelspieler und Stürmer eingewechselt werden konnten und keine kreativen Zentralspieler mehr, untermauert das Düsseldorfer Problem. So konnte Hoffenheim in Unterzahl stabil verteidigen und brachte den Punkt ohne größere Schwierigkeiten über die Zeit.

Bayern München – Eintracht Frankfurt 2:0

Gegen die mutigen Frankfurter hatte der deutsche Rekordmeister lange Zeit Probleme. Ihre Offensivspieler rückten in der Defensive zu selten zurück, was den Frankfurtern den Aufbau erleichterte und insbesondere Freiheiten für ihre Außenverteidiger bescherte: Jung und Oczipka brachten daraus eine ganze Reihe von gefährlichen Flanken, wobei vor allem der nachrückende Rode von der zweigeteilten Bayern-Mannschaft nicht gut verfolgt wurde. Die durch das Zocken entstehenden Konterchancen nutzte der Tabellenführer kaum gut genug aus.

Auch bei eigenem Ballbesitz hatten die wenig flexiblen Bayern mit dem forschen Pressingansatz der Frankfurter, der die bayerischen Sechser eng verfolgte und ihr Spiel geschickt von Dante weghielt und damit Boateng aufhalste, Schwierigkeiten. Zur Defensivarbeit des Gegners kam noch hinzu, dass die Bayern gegen die hoch aufrückende Eintracht zu vorschnell und zu wenig auf die Situationen bezogen den Raum hinter der Abwehr attackieren wollten. Dadurch stand ihre Offensive aber zu hoch und zu formationstreu.

Dennoch gewannen letztlich die Münchener, die schon einige Male zwischen die Frankfurter Reihen kamen (Ribéry). Diese wiederum zeigten sich enorm schwach bei der Chancenauswertung und ließen vor allem im zweiten Durchgang rapide. Daher konnten die Bayern ihren etwas glücklichen Halbzeit-Vorsprung halten und ausbauen

FC Augsburg – Borussia Dortmund 1:3

Der FC Augsburg machte gegen den amtierenden Meister sein wohl bisher bestes Saisonspiel. Mit der Rückkehr von Koo und dem Wechsel von Baier ins offensive Mittelfeld ergaben sich deutlich bessere Verbindungen in den Offensivräumen und die Augsburger waren deutlich kreativer und präziser im letzten Drittel als in den letzten Wochen und Monaten.

Zudem fanden sie mit einigen gut gesetzten Manndeckungen und einer flexiblen Mittelfeldordnung gute Rezepte gegen Dortmunds Aufbauspiel durch das Zentrum und verhinderten so eine spielerische Dominanz der Borussia. Am Ende hatten sie mehr Ballbesitz als die hochdekorierten Gäste und auch das Chancenverhältnis war ausgeglichen.

Der BVB kam in Hälfte zwei jedoch besser in die Partie, da sie sich kompakter auf die zweiten Bälle formierten und konsequenteres Umschaltspiel in die Offensive betrieben. Über die überlegene individuelle Klasse konnten sie den über lange Phasen gleichwertig agierenden Gegner dann knacken und siegten deshalb am Ende doch souverän.

FC Schalke 04 – Werder Bremen 2:1

Trotz eines Rückstandes gewannen die Schalker knapp gegen Bremen. Diese kontrollierten mit einer tiefen Ausrichtung und gefährlichen Angriffen das Spiel, während Schalke mit viel Ballbesitz vergeblich gegen die kompakten Werderaner spielte. Sie konnten sich aber kaum Chancen ausspielen, weswegen sie lange Zeit die klar schwächere Mannschaft waren, obwohl sie annähernd auf 70% Ballbesitz kamen.

Ein wichtiger Punkt war dabei Arnautovics defensive Unterstützung gegen die starke linke Seite der Schalker, doch nach der Halbzeit reagierte Stevens mit der Einwechslung von Draxler, gleichzeitig konnte Neustädter per Kopf mit dem zweiten Torschuss den Ausgleich besorgen.

Nun kippte das Spiel, Schalke hatte offene Räume vor sich und konterte Bremen aus, welche sich taktisch nicht an die veränderten Umstände anpassen konnten.

VfL Wolfsburg – Bayer Leverkusen 3:1

Ein weiterer Sieg für Lorenz-Günther Köstner als Interimstrainer der Wölfe. Gegen schwache Leverkusener nutzten sie Diego als hängenden Stürmer, der prompt zweimal seine Klasse aufblitzen ließ und traf. Er instruierte das Offensivspiel mit Bällen in die offenen Räume, gleichzeitig schaltete das Wolfsburger Kollektiv enorm schnell um. Immer wieder setzten Olic, Hasebe und die offensiven Außenverteidiger Leverkusen per Konter unter Druck, welche letztlich in einer klaren 3:0-Führung resultierten.

Bayers 4-3-2-1 wurde erst nach der Halbzeit nach ein paar personellen Anpassungen ordentlich bespielt, wobei dies auch an dem geschenkten Raumes der Wölfe lag, welche sich auf ihrem Sieg ausruhten und tief spielten. Wirkliche Großchancen en masse gab es für Leverkusen dennoch, das Spiel verflachte nach der berauschenden ersten Halbzeit etwas.

Das Spiel stand dennoch exemplarisch für die Unterschiede im Pressing, die Vorteile einer simplen Spielweise gegen eine komplexe Formation und natürlich den sogenannten „Trainereffekt“. Diego und Co. lebten sichtlich auf, zeigten sich spielstark und konnten im Verbund mit der Defensivstärke auf einem soliden Fundament ihre offensiven Spielzüge ausleben.

Greuther Fürth – Borussia Mönchengladbach 2:4

Sechs Tore in einem Spiel zweier verschriener Defensivmannschaften kamen durch zahlreiche kleinere taktische Faktoren zustande. Gladbach experimentierte erstmals mit zwei offensiver ausgerichteten Außenverteidigern und wurde dabei gleichmal bestraft, als Wendt einen Elfmeter verschuldete – und postwendend den Ausgleich machte.

Fürth spielte letztlich lange dezimiert und kam vorrangig über gut gespielte Unterzahlkonter zu einigen Chancen. Gladbach wirkte nicht sattelfest und bespielte die enorme vertikale und horizontale der Fürther nur unzureichend, konnte aber nach der Halbzeit das Spiel drehen.

Dabei zeigten sie auch ihre Schwächen beim hohen Ballbesitz, welchen sie aufgrund des Spielkontexts und der gegnerischen Unterzahl auferzwungen hatten. Sie hatten wenig Räume, konnten aber letztlich die gegnerische Kompaktheit durch Angriffe über die Seiten und drei Kopfballtore nutzen.

VfB Stuttgart 2:4 Hannover 96

Hannover nahm gegen das Stuttgarter 4-3-3 eine Unterzahl im Zentrum in Kauf, die Sobiech im Pressing gegen Kuzmanovic kompensieren sollte. Die Stuttgarter umspielten die Hannoveraner Stürmer über die linke Seite jedoch sehr geschickt und demonstrierten, wie man eine Überzahl ausspielt. Durch flexibles Spiel in die linken und halblinken Räume und nachrückenden Vorstößen der rechtsseitigen Spieler trugen sie das Spiel dann in den Strafraum. Der 2:0-Halbzeitstand entsprach dem Spiel bis dahin.

Slomka erkannte das Problem und stellte in der Halbzeitpause auf ein 4-1-3-2-System um, bei dem Schlaudraff für Hustzi kam, um die Zehnerposition zu besetzen und die Stuttgarter Unterzahl somit zu kompensieren. Die improvisierte Asymmetrie des Systems funktionierte dabei hervorragend und Hannover drehte das Kräfteverhältnis somit komplett.

Über etwas Glück und wegen fehlender Stuttgarter Konsequenz  im Umschalten entfaltete der Systemwechsel durchschlagende Wirkung und Hannover machte schnelle vier Tore. Nachdem sie zurückgekommen waren, drehten sie das Spiel dadurch sofort auf Sieg und würgten damit Stuttgarter Comeback-Ambitionen sofort ab. Eins der taktisch interessantesten Saisonspiele endet somit spektakulär zu Gunsten der besseren Anpassung und nicht des besseren Startansatzes.

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