Guardiolas Dreistürmersysteme und die fluide Neun

Ein Artikel über die taktischen Anpassungen von Pep Guardiola, der seine Mannschaft durchgehend veränderte und unberechenbar machte. Jener Trainer, der in seiner Zeit beim FC Barcelona nicht nur die wohl bekannteste tiefe spielmachende Neun installierte, sich immer wieder neu erfand, aber dennoch konstant mit ähnlichen Schlüsselspielern und einer gleichbleibenden Spielphilosophie zu agieren.

Wie wir bereits im vorherigen Teil unserer Serie erläutert haben, benötigt man für die tiefe spielmachende Neun neben einer passenden Spielphilosophie und der dazugehörigen Umsetzung auch die passende Formation – idealerweise ein Dreistürmersystem, mit welcher Anordnung dahinter auch immer. Doch diese Formation muss keineswegs starr bleiben, sondern bietet selbst bei einer Fixierung auf drei Angreifer großen Spielraum für mikrotaktische Anpassungen.

Das Schlüsselspiel

Wirklich ins Rampenlicht trat die fluide Neun erst am 2. Mai 2009. Der FC Barcelona hatte sich am 15. Spieltag mit einem 2:0 im Clásico abgesetzt, doch Real Madrid konnte mit einer beeindruckenden Aufholjagd von 17 Siegen und einem Unentschieden in 18 Partien Druck auf die Katalanen ausüben. Die Meisterschaft schien wieder nahe, doch Pep Guardiola und sein Protegé aus Argentinien sollten diesen Traum zerstören.

13 Schüsse auf das Tor, 63% Ballbesitz und sechs Treffer mit vier Scorerpunkten von Xavi, drei von Messi sowie nur neun begangenen Fouls zeichneten das Bild eines an offensiver Perfektion grenzenden Spektakels. An jenem schicksalsträchtigen Tag in Madrid zerstörte Lionel Messi die mannorientierte Raumdeckung vor 100 Millionen Zusehern auf der ganzen Welt.

Ungarn 1953

Am 25. November 1953 hatte Nandor Hidegkuti in einer ähnlichen Position die Manndeckung ad absurdum geführt – vor etwas kleinerer Kulisse gelang der goldenen Mannschaft der Ungarn („aranycsapat“) im Wembley-Stadion gegen das Mutterland des Fußballs ebenfalls ein Auswärtssieg mit sechs erzielten Treffern. Wie einst Harry Johnston wussten weder Christoph Metzelder noch der ehemalige Weltfußballer Fabio Cannavaro, ob sie Messi verfolgen sollten oder nicht. Was tat er auch in ihrem Sichtfeld, während sich Eto’o und Henry wo anders bewegten? Da stimmte doch was nicht.

An jenem Samstag, in dem Edin Dzeko und Grafitè unter Felix Magath die Hoffenheimer mit 4:0 und 45% Ballbesitz abschossen und Bayern sich unter Interimstrainer Heynckes mit 69% Ballbesitz zu einem 2:1 gegen Gladbach quälte, schienen die Katalanen nicht nur ein ganz anderes Spiel zu spielen, sondern es bereits zu revolutionieren.

Was war geschehen?

Bis heute gilt Lionel Messis Aufstellung als falsche Neun in dieser Partie als überraschend und riskant. Doch Pep Guardiola wusste exakt, worauf er sich einließ. Bereits im Alter von 17 Jahren hatte Messi auf dieser Position Luft in der ersten Mannschaft Barcelonas sammeln sollen, auch unter Frank Rijkaard erhielt er einige Kurzeinsätze auf dieser Position – wie es der Niederländer auch mit Ronaldinho und Eidur Gudjohnsen versuchte. In diesen Kurzeinsätzen erzielte Messi einige Tore, wurde aber zugunsten von Stürmerstar Samuel Eto’o auf den rechten Flügel geschoben. Auch bei der U21-Weltmeisterschaft lief Messi nominell als Mittelstürmer auf.

Guardiola wusste also genau, worauf er sich einließ – riskant, aber nicht unmöglich. Nur wenige Wochen zuvor wurde auch Bojan Krkic auf dieser Position probiert, die Mannschaft sollte sich bereits an die Laufwege eines anderen Stürmers anpassen. Gegen Real dann der Schock für Juande Ramos, ähnlich, wie es Guardiola später mit Cristian Tello gegen José Mourinho versuchen sollte. Es funktionierte, aber etwas überraschend wurde die falsche Neun wieder ad acta gelegt.

Im Sommer 2009 kam Zlatan Ibrahimovic und ersetzte Samuel Eto’o. Der großgewachsene Schwede sollte mit Messi, Krkic und Co. harmonieren, doch im weiteren Saisonverlauf spielte er sich nach guter Anfangsphase selbst aus der Mannschaft. Zum Saisonende hin wurde Messi abermals als falsche Neun gegen Valencia und Real Madrid genutzt, es bahnte sich also der Formationswechsel der nächsten Saison an.

Lionel Messis Idealposition

Statt der zusätzlichen Option eines kopfballstarken und kräftigen Hünen im Zentrum verlangte Guardiola nach mehr Beweglichkeit. David Villa wurde verpflichtet, noch bevor Ibrahimovic gegangen war; zugegeben, es hätten im bevorstehenden Rauten-4-3-3 beide als Halbstürmer neben beziehungsweise vor Messi agieren können, doch Villa war wohl nie als Konkurrent oder Ersatz für Ibrahimovic eingeplant.

die Aktionsradien der jeweiligen Akteure zu Beginn des Rauten-4-3-3

In der Saison 2010/11 folgte letztlich ab dem dritten Spieltag die endgültige Umstellung des Systems.  Nach der Niederlage gegen Hercules im zweiten Saisonspiel lief Lionel Messi nun als falsche Neun auf. Im weiteren Saisonverlauf sollte Pedro Rodriguez sich in die Mannschaft spielen, die Experimente mit Bojan Krkic oder Andrés Iniesta auf dem Flügel scheiterten ebenso wie Villas Aufstellung als Mittelstürmer.

Stattdessen entwickelte sich ein 4-1-2-1-2 mit zwei relativ eng agierenden Flügelstürmern. Nach sechs Siegen in Folge bei einem Torverhältnis von 23:3 empfingen die Katalanen zuhause Real Madrid. Das 5:0 war ein weiteres Schlüsselspiel, Messi legte Villa innerhalb von drei Minuten zwei Tore auf unnachahmliche Weise auf – gleichzeitig schloss Barcelona seine Aufholjagd ab, überholte die Madrilenen und gab die Tabellenführung nicht mehr her.

Der detaillierte taktische Plan dieses anfänglichen Systems

Die Voraussetzungen für den theoretischen Part sind nun gegeben. Guardiola griff immer wieder gerne in seine Trickkiste mit Messi als falscher Neun, stellte in vielen Spielen im Spielverlauf um oder implementierte gar ein 4-2-4 in den Schlussphasen. Aber erst eineinhalb Jahre später wurde die falsche Neun zur Norm und ab da begannen die vielfältigen Anpassungen.

In der anfänglichen Spielweise banden die beiden Stürmer vor / neben Messi jeweils zwei Mann. Sie agierten sehr tornah und bewegten sich zwar in der Nähe des Außenverteidigers, okkupierten in ihren Bewegungen aber auch die Innenverteidiger und hinderten diese an der Verfolgung von Lionel Messi.

Die Breite gaben da noch die Außenverteidiger im letzten Spielfelddrittel. Auch ohne seinen kongenialen Partner Messi sorgte Alves für Wirbel auf der gesamten rechten Außenbahn, auf links übernahm Iniesta die Rolle, da Abidal zu Beginn noch etwas unpassend im System Barcelona erschien: zu groß, zu defensiv, zu langsam. Die Flügelposition auf links übernahm deswegen situativ Andrés Iniesta, welcher dort ebenfalls seine Idealposition fand.

Immer wieder wich er zwischen seiner nominellen Position als halblinker Achter auf den Flügel und schob von dort wieder hinein. Er infiltrierte die Räume zwischen den Linien, ergänzte Messi und sorgte für die nötige Ballsicherheit, wo es am engsten war. Als Nadelspieler ließ er schon beinahe abgestorbene und in Sackgassen manövrierte Spielzüge mit seiner einmaligen Technik und Spielintelligenz wiederauferstehen, gleichzeitig öffnete er für die Stürmer Räume, bespielte die Schnittstellen und zog Gegenspieler von Xavi weg. Dieser hatte alle Zeit der Welt, um das Spiel zu kontrollieren – wie bei seinen vier Assists im Mai 2009.

Anpassung durch veränderte Asymmetrie

Im Laufe der Zeit suchte Guardiola aber nach Verbesserungen und insbesondere nach etwas anderem: mehr Raum und mehr Kontrolle. Nicht umsonst waren Maxwell und Adriano im Kader, langfristig sollten sie wohl die nötige Höhe und Breite auf links geben, um die Asymmetrie zu beseitigen.

Abidal spielte im weiteren Verlauf höher (alternativ auch Maxwell oder Adriano) und dies wirkte sich auf die Bewegungen der anderen Spieler positiv aus

Sie sollten Iniesta entlasten und die Flügel wie Alves auf rechts beackern, doch es sollte letztlich doch Abidal sein, der einen Sprung nach vorne machte und diese Position im Laufe der Zeit hervorragend interpretierte.

Zurückhaltend genug, dass die Synergien und Bewegungen von Iniesta nicht abstarben; ausreichend genug, dass der schmächtige Europameister aus Fuentealbilla bei Bedarf woanders hin orientieren könnte, ohne das Spiel einzuengen. Die Abhängigkeit von Iniesta wurde verringert, seine Verletzungen hatten noch gegen Inter in der Vorsaison ein mögliches CL-Finale gekostet. Allerdings sollte Guardiola sich damit nicht zufrieden geben, es wurden weitere Anpassungen vorgenommen.

Das Vorwegnehmen gegnerischer Anpassungen

Eine große Stärke des Trainers der Blaugrana war die unentwegte Veränderung seines Systems, weswegen sein Team schwierig zu berechnen war. Bevor sich der Gegner durch das Isolieren eines Defensivspielers nach vorne, die Umstellung auf eine Dreierkette oder eine extrem enge Viererkette anpassen konnte, schob Guardiola Stück für Stück seine Flügelstürmer in die Breite.

Damit erhielt Messi mehr Raum in der Zentrale, der Gegner musste sich neu anpassen und die Außenverteidiger wurden entlastet, da man nun durchgehend ausreichend Breite im letzten Spielfelddrittel hatte. Es war kein Wunder, dass Guardiola später die Position des Flügelstürmers als laufintensivste bezeichnete, denn die beiden mussten nicht nur die Breite geben, sondern immer wieder in die Mitte ziehen und Schnittstellenpässe verwerten. Dazu kam die enorme Arbeit im Pressing, welche letztlich mit Villa, Pedro und Messi enorm gut funktionierte.

die Außenstürmer agierten breiter, die Rollen veränderten sich abermals und Messi erhielt (noch) mehr Zugriff auf den effektiven Raum vor dem Tor

Um diese Arbeit zu verringern, wurden die Pressingphasen verkürzt und die Ballbesitzphasen erhöht, was dank der Anpassungen gut funktionierte. Hinzu kamen neue Akteure wie Sergio Busquets, welche dabei halfen. Jener spielt auch bei der Nutzung der falschen Neun eine enorme Rolle.

Wie Sergio Busquets auf die tiefe spielmachende Neun wirkte

Diese Spielweise von Guardiolas Mannen kam in eine Zeit, wo viele Mannschaften sich generell stärker an den Gegner anzupassen begannen und viele nur noch mit einem Stürmer agierten. Der Raum war dadurch enger, die Kompaktheit geringer und die falsche Neun von mehr Gegner eingeschlossen. Mit dem breiten Flügelstürmern öffneten sie zwar die Wege nach vorne, aber im Mittelfeld wurde es durch die vielen Spieler eng.

Busquets half dabei, die gegnerischen Pressingzonen peu à peu nach hinten zu schieben. Wie im Blog von AllasFCB zu lesen, gab es beispielsweise am 20. Februar 2011 eine Partie, wo Busquets sich defensiv als Linksverteidiger präsentierte, dann aber wiederum ins Mittelfeld aufrückte. In unserer Mannschaftsanalyse vor einem Jahr zeigten wir auch, dass sich Busquets im Aufbauspiel wie auch bei der Absicherung zwischen die Innenverteidiger fallen ließ. Die Außenverteidiger konnten nicht nur im Angriffsverlauf höher aufrücken, sondern sich längerfristig hoch positionieren.

Dadurch gab es mit den abgesicherten Innenverteidigern, den hohen Außenverteidigern und den Flügelstürmern, welche nun je nach Gegner eng, breit oder asymmetrisch agieren konnten (siehe den Verweis auf obiges Spiel), in allen drei Dritteln auf beiden Seiten breitegebenden Spielern. Die horizontale Kompaktheit des Gegners war somit trotz fünf Mittelfeldspielern ungemein schwer zu halten, dazu wurden Konter besser abgefangen und die Defensive konnte bei Bedarf zu einer Fünferkette umgestellt werden.

Dies war in gewisser Weise auch die Reaktion auf sehr tiefe Systeme, in welchen Busquets teilweise in Manndeckung von einem der Angreifer oder einem hängenden Stürmer genommen wurde. Um dies zu neutralisieren und in die Zonen bis zu Messi zu kommen, rückte einer der Innenverteidiger auf. Das war aber riskant und sorgte für Instabilität, Risiko sowie eine Asymmetrie. Der Innenverteidiger konnte auch nur die frontalen Räume, also nur eine Seite, ansteuern und bespielen, weswegen sich ein abermaliger Formationswechsel anbahnte.

Guardiola belebt die Dreierkette wieder und besetzt das Sturmzentrum flexibel

Die situative Spielweise mit tiefem Busquets wurde dann in der Folgesaison zur Norm. Barcelona implementierte ein 3-3-4/3-4-3-System, in welchem auch jemand anders als Busquets zentral agieren konnte. War es Busquets in der Mitte, dann konnte sogar mit einer Art Zweierkette oder asymmetrischer Dreierkette gespielt werden. Aber auch andere Aspekte wurden variiert, wie zum Beispiel mit welcher Intensität und Ausrichtung gespielt wurde.

Durch diese Dreierkette konnten sie starkpressende Zwei-Stürmer-Systeme besser auseinandernehmen, hatten überall Breite gegen ein System mit Raute und ermöglichten die flexible Besetzung des Sturmzentrums durch Neuzugang Cesc Fabregas, welcher verhindern konnte, dass Messi von einem direkten Gegenspieler aus der Abwehr einfach verfolgt wurde oder ein Fehlen von Iniesta in eventuellen 4-3-3-Aufstellungen so schwerwiegend wie in der Saison 2009/19 war.

in der Folgesaison wurde die Dreierkette installiert – um die Veränderungen des Systems (ohne veränderte Spielertypen) darzulegen, nutzen wir die gleiche nominelle Aufstellung

In diesem System gab es bei perfekter Spielweise fünf Spielgestalter, eine sattelfeste Abwehr mit zwei breiten Innenverteidigern, situativer Breite im Mittelfeld und breiten Flügelstürmern trotz möglicher Doppelbesetzung des Sturmzentrums; kurz gesagt, es war der ideale Verbindung zwischen den unterschiedlichen 4-3-3-Systemen, dem früheren 4-2-4-Alternativsystem und der situativen Dreierkette, welche überarbeitet wurde.

Die fluide Neun hatte somit noch mehr Freiheiten, weil sie theoretisch gar nicht mehr die Sturmspitze okkupieren musste und dennoch nicht im Ansatz verfolgt werden konnte. Außerdem hatte sie mehr Mitspieler und Kombinationspartner bei gleichbleibender Breite. Die Anzahl der Kombinationspartner wurde dann noch erhöht, indem weitere Stürmer ins Mittelfeld gezogen wurden.

Alexis Sanchez, die fluide Neun und das Zweistürmersystem

Wichtig dafür war die Verpflichtung von Alexis Sanchez. In jenen Spielen, wo sich immer mehr Akteure im Mittelfeld versammelten, schien er mit seinen Horizontalläufen die gegnerische Viererkette nahezu alleine in die Tiefe zu drücken. Immer wieder brach er seine Horizontalläufe ab, startete in die Tiefe und setzte sie wieder fort. Die Abwehr des Gegners hatte beim Aufrücken eine Barriere, weil sie immer wieder Acht geben mussten, ob nicht einer Sanchez hinterherlief, ein gefährlicher Pass in die Tiefe kam oder jemand schlecht aufrückte. Auch das kommunikative Übergeben an den Nebenmann verlangsamte das Aufrücken, die Kompaktheit war somit weniger schnell hergestellt und Barcelona hatte mehr Raum.

Dies sorgte für einen Mann mehr in der Mitte sowie Experimente mit Iniesta oder gar Thiago und Fabregas auf dem Flügel. Messi hatte immer mehr Kombinationspartner bei weniger Gegenspielern, was nötig war, weil viele Gegner vom 4-2-3-1 auf ein 4-3-3 umstellten, in welchem sie mit fluider Dreifachsechs agierten. Diese flexible Spielweise sollte von Barcelona einfach noch komplexer gemacht und mit zahlreichen Überladungen ineffektiv gemacht werden.

Später reagierten sie auch noch mit aufrückenden Halbspielern der Dreierkette und einem tieferen (statt höheren) zentralen Abwehrspieler, was dann für die viel diskutierte umgekehrte Pyramide sorgte. Auch hier sollte die falsche Neun, welche ein zunehmend großer Faktor für das eigene Team und das gegnerische Defensivspiel wurde, aus dem Klammergriff der immer kollektiv defensiver werdenden Teams befreit werden.

Guardiola verband dies auch mit einem aufrückenden zentralen Spieler aus dem Mittelfeld heraus, wodurch er bereits vor del Bosque bei der spanischen Nationalmannschaft die Position des Mittelstürmers flexibel besetzen ließ. Es waren auch die stärksten Partien von Fabregas im blau-roten Trikot, eines der hervorragendsten Spiele sollte mit diesem System auch dargelegt werden – jenem fulminanten 8:0 gegen Osasuna, welches in meinen Augen bis heute die Krönung von Guardiolas Trainerleistung darstellt.

Es sollten schließlich die letzten Anpassungen Guardiolas sein, welcher im Sommer 2012 sein Amt niederlegte. Seine Veränderungen waren taktisch immer interessant und schlüssig, er erhöhte nicht nur konstant die Torquoten seines Mittelstürmers, sondern auch den kollektiven Ballbesitz und beweist die Verbindung zueinander.

Und womöglich können wir in einigen Monaten oder Jahren auf die Veränderungen seines Nachfolgers, Tito Villanova, und das Weiterführen dieser Anpassungen zurückblicken und diesen Artikel ergänzen. Mit der schablonierten flexiblen Stürmerbesetzung im 4-3-3 hatte er schon eine Idee, welche bei uns Analysten Hoffnungen aufleben lässt.

Im nächsten Teil unserer Serie beschäftigen wir uns passenderweise damit, was für einen Spieler man benötigt, um die falsche Neun maximal bespielen zu können – in Form einer Spieleranalyse von Lionel Messi.

Joseph Brant 15. Dezember 2013 um 23:16

Warum wird eigentlich um Guardiola so ein Hype gemacht?
Die fluide Neun ist spätestens seit Hidegkuti belegt, und der klassische Mittelstürmer der stur in der Mitte lauert ist doch schon lange ein alter Hut. Gomez, Lewa und Klose um mal einige zeitgenössische zu nennen, nutzen von jeher die gesamte Breite des Spielfelds und rochieren viel. Das Messi als klassischer Neuner im Vergleich zu einer weiter zurückgezogenen Position etwas weniger effektiv und leichter auszurechnen ist darauf wäre vermutlich auch so mancher Kreisliga Trainer gekommen. Ich behaupte mal frech dass Guardiola bei Barca und jetzt bei Bayern einfach überdurchschnittliche Spieler zur Verfügung stehen, wobei Bayern in der Breite noch etwas stärker aufgestellt ist als Barca jemals war. Ich seh da nur bedingt ein höheres Konzept. Bei dem Niveau der Bayern Spieler kann halt wirklich fast jeder alle Positionen bespielen. Und was das in-game coaching betrifft, hat er lediglich gegen den BVB sich wirklich was einfallen lassen müssen. In allen anderen Spiele sind doch eh fast ungefährdete Siege eingefahren worden…
Ich finde es eine weit aus größere Leistung was Klopp in der derzeitigen Situation da so aus dem Hut zaubert, oder was ein Verbeek in Nürnberg an substanzieller Arbeit abliefert.

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BigK 4. November 2012 um 15:49

Hat Bayern mit Arjen Robben nicht gute Voraussetzungen Barcelonas System auch umzusetzen? Robben könnte sich dann ähnlich wie Messi fallen lassen und wenn möglich mit Dribblings die Angriffsaktion starten. Martinez oder Gustavo können die Abwehr zu Dreierkette ergänzen. Badstuber und Boateng sind beides ja auch ganz gut Aussenverteidiger und sollten kein Problem damit haben breiter zu stehen. Alaba und Müller können das Spiel breit und immer wieder vertikal losstarten. mit Robben, Ribery, Kroos, Schweinsteiger und halbrechts auch Lahm hätten sie auch ein ähnllich spielstarkes Mittelfeld.
Was haltet ihr davon?
In diesem Zusammenhang wäre es vielleicht auch sehr interessant Guardiola als Bayerntrainer zu sehen…

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RM 4. November 2012 um 23:41

Ja, Robben sehe ich da als Möglichkeit, Ribéry sogar auch. Bei Kroos fehlt die Dynamik, bei Müller wohl die spielerische Eloquenz, wobei er da ein interessantes Gedankenspiel darstellt – allein mir fehlt der Glaube. Wer weiß, vielleicht überrascht uns Josef (oder Josep?) noch.

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basedow 15. Oktober 2012 um 22:57

Was denkt ihr wieso die dreierkette wieder verworfen wurde, fabregas nicht mehr wie beim angesprochenen 8:0 enger mit messi agiert, und generell weniger fluide agiert wird? Hält ihr titos ansätze für konservativ oder für weitere innovationen bzw. weder noch?

Ist bereits ein artikel über das ’neue‘ barcelona geplant, oder ist sie saison noch zu jung um eine prognose zu stellen?

Ich weiß, fragen über fragen…

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HW 15. Oktober 2012 um 21:06

„…den Ball annehmen, gucken, einen halben Meter auf den Gegner zugehen,gucken,…“

Das wiederspricht dem Cruijff’schen Ansatz auch völlig.

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Tank 14. Oktober 2012 um 23:50

Wirklich ein richtig guter Artikel, voll gepackt mit Informationen. Könnte man vermutlich ne Dissertation draus machen.

Bei aller Bewunderung für das Dreistürmersystem Barcelonas, beschleicht mich manchmal doch der Gedanke, dass man es noch verbessern könnte, in dem man Mechanismen entwickelt, um die Außenstürmer gegen tiefstehende Gegner noch effektiver zu machen. Ist die Situation erst einmal erreicht, dass der Gegner sich in seinem Strafraum verbarrikadiert hat, sind Pedro und Sanchez (Villa,Tello, Cuenca,…) zu oft nur ausrechenbare Durchlaufstation, im Versuch die Abwehr zu durchbrechen. Zum einen müssen sie da stehen, sonst würde sich die Abwehr noch enger zusammenziehen. Aber andererseits wirken sie doch ein bisschen verschenkt, weil sie dann eben wenig anderes machen, als den Gegner auseinanderzuziehen. Und zwei situativ verschenkte Spieler kann sich eigentlich niemand leisten.

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HW 15. Oktober 2012 um 16:16

Hi,
also für eine Dissertation ist das ein wenig zu kurz.

Mal im ernst, gerade gegen tiefe Gegner ist ein Team wie Barca gezwungen die Breite zu nutzen. Hinter der Abwehr ist kaum Platz, also muss man ‚über Eck‘ denken und über außen hinter die Abwehr kommen. (Oder eben direkt durchstoßen, aber dafür benötigt man ja minimal Platz.)

Was ich mit Sanchez besonders interessant fand, war, dass er manchmal einen klassischen Mittelstürmer (Konterstürmer) gab mit Messi als 10er hinter ihm. Das war dann sowas wie ein 3-1-4-1-1.

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Tank 15. Oktober 2012 um 18:54

Ich meinte auch, dass man es zu einer Dissertation ausbauen könne, weil da so viel komprimierter Inhalt drin ist. Habs missverständlich geschrieben.

Dass die Breite benötigt wird, sehe ich auch so. Aber zwei Spieler NUR für die Herstellung von Breite zu benutzen, ist Verschwendung. Nun fällt eine der klassischen Aufgaben von Flügelstürmern schonmal weg: Flanken. Die bringen gegen einen gut sortierten Gegner gar nichts. Zumal Barca ja meist nicht so viele Leute in den Strafraum schickt, um noch genügend Spieler fürs Drumherumspielen zur Verfügung zu haben. Was also tun? Entweder maximal dribbelstarke Außen aufstellen und sie anweisen konstant 1:1 zu gehen, um dadurch die Ordnung eines tief stehenden Gegners zu durchbrechen. Zumal ein Ballverlust hier noch am wenigsten schlimm ist. Selbst sehr schnell umschaltende Gegner werden aus der Nähe der Eckfahne nur wenige gute Konter starten können.

Was man aber auch machen könnte, ist (Pass-)Kombinationen einzustudieren, um über Außen die Abwehr zu knacken. Dies halte ich für die noch bessere Alternative. Grade auch, weil die Anordnung eines sich im Sechzehner verschanzenden Gegners vermutlich recht einfach vorherzusagen ist und man so realitätsnahe Trainingsarbeit machen kann, wenn man versucht solche Situationen nachzustellen.

So oder so, alles besser als die Außenstürmer nur dazu zu benutzen, um Breite zu geben und den Ball, wenn sie ihn dann mal haben, gleich wieder zurück zu passen, ohne den Gegner damit irgendwie zu bedrohen.

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HW 15. Oktober 2012 um 19:53

‚Nur für die Herstellung von Breite‘ ist ja nicht ganz richtg, denn die spieler werden schon eingesetzt und oft können die außen den ball in die mitte geben und tore vorlegen. selbst wenn die außen wenige vorlagen oder torabschlüsse liefern können, muss man sie doch für spielverlagerungen nutzen.
was wäre die alternative? wenn man die breite nicht nutzt, dann muss man die tiefe nutzen und das bedeutet man zieht sich zurück und lockt den gegner. aber für barca funktionierte das oft nicht, weil die gegner nur hinten standen und kaum raus rückten.

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HW 15. Oktober 2012 um 20:07

Zum 1 gegen 1 gehen von Außenstürmern:

Das ist natürlich immer eine Option.
Aber wozu das führen kann, konnte man bei den Bayern beobachten. Ribery und Robben gingen mehr oder weniger konsequent 1 vs 1 und der Rest des Teams machte kreativ recht wenig. Das machte Bayern ausrechenbar.

Außerdem ist ein Ballverlust außen in der gegnerischen Hälfte nicht unbedingt gefährlich, aber es bleibt eine Gefahr für Konter und es ist immer besser einen Gegner per Kombinationen auszuspielen als sich auf Individualisten zu verlassen.
Wenn das normale Vorgehen die Kombination ist, dann können Einzelaktionen auch effektiver ein- und umgesetzt werden.

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Tank 15. Oktober 2012 um 20:11

Ich hab ja auch gar nichts dagegen, dass man die Flügelstürmer da postiert. Nur sollten sie ihre Position weniger vorhersehbar gestalten. Zwei Möglichkeiten wie das gelingen kann, hab ich schon aufgezählt. Es würden aber auch schon so Kleinigkeiten helfen, wie dass Pedro und Co. den Ball, den sie auf Außen erhalten sofort wieder zurückgeben. Sie sind dann zwar nach wie vor nur Durchgangsstation, aber halten immerhin die Ballzirkulation hoch. Aber den Ball annehmen, gucken, einen halben Meter auf den Gegner zugehen,gucken, Ball zurückpassen bringt so gar nichts.

Nur nochmal gegen Missverständnisse: Ich beziehe mich hier nur auf die Situationen, wenn Barca gegen einen schon vollständig eingemauerten Gegner versucht, Chancen zu kreieren.

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Tank 15. Oktober 2012 um 20:13

Stimme dem zweiten Post voll zu. Berechenbare 1 vs. 1 verschieben das Problem natürlich nur.

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Felix 15. Oktober 2012 um 23:51

Mit dribbelstarken Außen könnte man auch versuchen die Außen in ein Dribbling entlang der Grundlinie zu schicken, sodass sie von dort in den Strafraum eindringen. Einige Male praktiziert Barca das auch und wenn ein Spieler auf den kurzen Pfosten zu dribbelt, wird es fast immer gefährlich. Eine solche Hereingabe wird schwer zu klären, theoretisch können auch Abpraller gefährlich werden, die Verteidiger stehen sich gegenseitig im Weg und könnten angeschossen werden.
Man könnte also versuchen die Lochpässe auch weiter außen anzusetzen, um in eben diese Situation zu kommen.
Generell ist es meistens sinnvoll zu versuchen, einen gegnerischen Vorteil umzudrehen und für sich zu nutzen.

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blub 14. Oktober 2012 um 21:58

erstens: Megastarker artikel. das ist abolut awesome!

zweitens: james: Ich denke das vor allem Messi die Tore gemacht hat lag daran, dass es einfach am einfachsten ist wenn Messi durch die breitgezogene Abwehrkette läuft.
Man hätte das sicher auch anders amchen können, aber mit Messies diagonalen Sprints wars doch einfach am einfachsten.

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James 14. Oktober 2012 um 21:30

Klasse Artikel dafür, doch man könnte es eventuell ein bißchen kritisch anmerken, dass man mit der Breite der Flügelstürmer auch immer abhängiger von Messi wurde. Messi war zwar letztes Jahr phänomenal, doch es reichte nicht für die CL und die Liga. Klar gab es da auch noch andere Faktoren, doch man war oft auf Messi angewiesen. Als Zuschauer hatte man manchmal das Gefühl, dass nur Messi die Tore schießen dürfte (z.B. Villa wäre evtl. der bessere Elferschütze).

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RM 14. Oktober 2012 um 22:09

Natürlich, das ist ein wichtiger und interessanter Aspekt, wobei ich mir dachte, dass sich das aus dem Kontext und den Torquoten Messis selbst erschließt.

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Padh1j0 14. Oktober 2012 um 19:38

einfach großartig!

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juventino 14. Oktober 2012 um 18:07

Hammerartikel!

Möchte gar nichts bestimmtes ergänzen oder kritisieren, ich möchte nur wirklich ein ganz grosses Lob aussprechen. Top!

Generell ist diese Idee der „Woche der falschen 9“ super. Vielen dank!

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