Adventskalender, Türchen 5: Laurent Koscielny

Nachdem Nationalspieler Per Mertesacker im Sommer von Bremen zu Arsenal gewechselt ist, stehen die Gunners deutlich mehr im deutschen Fokus – und damit auch Laurent Koscielny, einer der Partner wie Konkurrenten Mertesackers in der Innenverteidigung.

Laurent Koscielnys Profilbild auf arsenal.com

Für den jungen Franzosen, der nach seinem Wechsel vom FC Lorient erst in seine zweite Spielzeit in der Premier League gegangen ist, stellte die Debütsaison 2010/11 eine Achterbahnfahrt dar. Oftmals bekam er große Kritik ab, da er zu viele entscheidende Fehler machte, aber andererseits erhielt er einiges an Lob für seine herausragenden Leistungen im Champions-League-Achtelfinale, als er sich gegen Lionel Messi sehr gut schlug – konstant wurde allerdings sein Talent hervorgehoben.

Koscielny ist ein sehr elegant wirkender Innenverteidiger, der mit seiner Athletik, Beweglichkeit und Schnelligkeit zu überzeugen weiß. Weiterhin verfügt er über ein sauberes, weiträumiges und sicheres Passspiel – also technisches Können und Sicherheit am Ball (85,2 % Passgenauigkeit) – sowie eine ausgeprägte Spielintelligenz, die es ihm ermöglicht, Pässe und Laufwege des Gegners zu antizipieren und damit Pässe abzufangen. So gehört er zu den Innenverteidigern mit den durchschnittlich meisten Interceptions pro Spiel in der Premier League (3,2).

Im Spiel gegen Chelsea kam Koscielny auf hervorragende 8 Interceptions, gegen einen defensiven Gegner wie West Bromwich stellt er sein Passspiel unter Beweis:

 by Guardian Chalkboards

Diese relativ risikoreiche Spielweise überträgt sich auch auf sein direktes Agieren gegen den Mann. Zwar gelingt es ihm bei vorhandener Notwendigkeit, die Position in der Viererkette diszipliniert zu halten, doch sein Naturell sagt etwas anderes – er agiert sehr eng an seinem Gegenspieler, folgt ihm und rückt weit heraus, was ein frühes und aggressives Attackieren ermöglicht, aber andererseits auch sehr riskant ist, da Lücken in der eigenen Defensive gelassen werden können. Oft macht sich diese Ausrichtung bezahlt. So sagte sein ehemaliger Trainer bei Lorient über ihn, dass er nie auch nur einen Zweikampf verliere, gegen wen es auch gehe.

Dass das Risiko auch in der Praxis dennoch nach hinten losgehen kann, zeigte sich besonders in der vergangenen Saison, als guten Leistungen wie gegen Barcelona solche Performances folgten, in denen er seine Position und die nötigen Abstände überhaupt nicht halten konnte und Lücken öffnete. Manchmal lief er er wie aufgescheucht und hilflos über den Platz und produzierte so einige große individuelle Fehler. Dies alles war sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass Koscielny aus diversen Gründen fast immer mit wechselnden Partnern agieren musste, so dass er selten die gerade für ihn so wichtige Feinabstimmung entwickeln konnte und häufig noch nicht einmal einen Kollegen hatte, an dem er sich wirklich orientieren konnte, so dass seine Probleme beim Timen der Abseitsfalle und im Stellungsspiel deutlich offen gelegt wurden.

Seine Positionsflexibilität und Polyvalenz wurde hier zum Fluch, wie es schon einigen Spielern zum Leidwesen geschehen ist. Je nach Partner kann der junge Franzose den linken oder auch den rechten Part in der Innenverteidigung problemlos übernehmen und half zuletzt mangels Alternativen auch immer wieder – wie z.B. gegen Dortmund – mit soliden Leistungen als Rechtsverteidiger aus.

Trotz dieser Aushilfsfunktion muss er nun nicht mehr unter seiner Vielseitigkeit leiden, welche letztes Jahr noch dazu führte, dass es immer wieder neue Umfelder für ihn gab. Mit Mertesacker und dem wieder genesenen Kapitän Vermaelen besitzt Trainer Arséné Wenger noch zwei weitere Innenverteidiger, die sich nun die Spiele je nach Gegner und Form aufteilen, zu dritt aber eine gute Verständigung aufbauen können. Da es zwei feste Partner gibt, bekommt Koscielny mehr Sicherheit und eine wichtige Stütze, an der er sich hochziehen kann. Insgesamt agiert er deutlich sicherer und souveräner, macht weniger Fehler und hat auch sein bisweilen gescholtenes Kopfballspiel verbessert, bei welchem er laut Statistik zum einem der besten Zentral-Verteidiger der englischen Top-Liga avanciert ist (78 % gewonnene Duelle, zwischenzeitlich sogar 86 %).

In Sachen Stellungsspiel und dem Timing bei der Abseitsfalle hat Mertesacker viel Erfahrung aus Bremer Zeiten gesammelt, während Vermaelen gegenüber Koscielny eine enorme Kampfkraft und Robustheit sowie Aggressivität mitbringt. Wie auch Koscielny bewegt sich der Belgier sehr vertikal – wenn es beim jungen Franzosen sich auch gemildert hat und jener mittlerweile mehr horizontale Sicherungsaufgaben für andere (z.B. die Außenverteidiger) übernehmen kann – und damit kann man stärker aufrücken und nach Ballverlust noch früher und besser attackieren, als es mit dem deutschen Nationalspieler möglich wäre. Es lässt sich dennoch sagen, dass Koscielny sich mit beiden hervorragend ergänzt und im Verbund mit dem sehr modernen und spielstarken Szczesny im Tor eine solide Achse bildet, die neben dem besseren Pressing maßgeblich daran beteiligt ist, dass Arsenal seine Gegentorrate stark gedrückt hat und selten über 10 gegnerische Schussversuche pro Spiel zulässt.

Koscielny und Vermaelen können wie angesprochen sehr weit aufrücken, wobei Ersterer etwas tiefer agiert und absichert:

Anhand des Spiels gegen Sunderland lassen sich zwei weitere Punkte veranschaulichen: Koscielny sicherte gut für seinen Linksverteidiger Gibbs (eher ein Ersatzmann) ab (unten) und war im Lufduell kaum zu schlagen (oben) – 7 von 8 Duellen gewann er

 by Guardian Chalkboards

 by Guardian Chalkboards

Koscielny mag nicht zu den absoluten europäischen Toptalenten in der Innenverteidigung gehören, doch zur internationalen Klasse ist er allemal zu zählen. Viel wichtiger als solche Meriten ist allerdings, dass er in dieser Saison unbemerkt einen herausragende Arbeit für seine Mannschaft leistet und ein enorm wichtiger Bestandteil des Teamkonstruktes geworden ist.

juwie 7. Dezember 2011 um 00:33

Schöne Analyse! Koscielny war mir letztes Jahr in der CL gegen Barca schon aufgefallen.

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Vermaelen 5. Dezember 2011 um 18:26

Finde auch, dass er hier gut zur Geltung kommt. Vielleicht wäre ein Spielzusammenfassung über seine Leistung als Youtube-Video angemessen gewesen um seinen Einsatz und Kompromislosigkeit an den Mann zu bringen. Er wird auch in der Equipe Tricolor einen wichtigen Part spielen für die nächsten Jahren, davon kann man jetzt schon ausgehen.

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Lukas 5. Dezember 2011 um 17:12

Sehr schöne und starke Analyse. Kos ist wie hier auch schön dargestellt wird ein Spieler, der mMn zu sehr im Schatten steht. Ihm sollte man deutlich mehr Lob zuteilen, da er allein diese Saison schon wieder absolut klasse Leistungen gezeigt hat. Mertesacker halte ich für solide – gut, aber Kos wird ihm den Rang wieder ablaufen, da bin ich mri sicher.

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