England – Spanien 1:0
Kurzbericht zum Testspiel zweier großer Fußballnationen in Wembley.
Ohne Rooney spielte England ein 4-3-3/4-1-4-1 anstelle des zuletzt favorisierten 4-2-3-1 mit Darren Bent als einziger Spitze und einer interessanten Doppel-Acht bestehend aus Jones und Lampard vor Scott Parker. In der Viererkette bekam Glen Johnson eine Chance von Beginn an und in der Innenverteidigung durfte sich das Duo Jagielka-Lescott probieren, welche lange Jahre bei Everton gut harmonierten.
Spanien trat in einem 4-3-3 an, in dem neben Busquets Xabi Alonso und Xavi das Mittelfeld bildeten, die sich beim Bearbeiten der jeweiligen Seiten und bei der Spielgestaltung durchaus abwechselten und tauschten, wobei Xavi marginal höher stand und manchmal sogar sich zwischen den Linien anzubieten versuchte, doch diese hohe Position innerhalb des gegnerischem Teamblocks bekam ihm nicht so gut. Nominell spielten Iniesta und Silva in der Sturmreihe rechts respektive zentral, doch waren sehr frei in ihrer Rollenauslegung.
Zum Spiel
Die Engländer waren zunächst darauf bedacht, hinten sicher zu stehen, und formierten sich zwecks dieses Ziels in einem äußerst tiefen 4-1-4-1, welches sehr kompakt zwei sichere Schutzwände bot. Phasenweise beschränkte man sich nur auf das bloße Verteidigen des eigenen Sechzehnmeterraums. Die taktische, technische und spielerische Klasse der Weltmeister war nicht durchgängig auszuschalten und so konnten diese mit Vertikalpässen immer wieder zwischen die Linien kommen, wo insbesondere die sehr beweglichen Silva und Iniesta einige schöne Kombinationen zeigten, allerdings fehlte insgesamt die Durchschlagskraft – gelegentlich rückte Xavi mit auf, doch meist waren es nur diese beiden zusammen mit Villa, die auch auf sehr engem Raum spielten. Besonders Schnittstellenpässe zwischen Johnson und Jagielka erwiesen sich als durchaus nützliches Mittel, doch sowohl Silva als auch Villa, der nicht durchgehend den Raumfüller gab, boten sich hier an und standen sich gelegentlich auf den Füßen. Zwar rückte vor allem Arbeloa weit auf, doch Milner war sehr diszipliniert gegen ihn und bildete eine Fünferkette, so dass Arbeloas hohes und breites Stehen fast keinen Effekt hatte, denn die Engländer konnten sich auf die halblinke spanische Seite fokussieren und diese schnürten sich dort mitunter selbst ein. Als Reaktion darauf spielte Busquets immer häufiger im freien Loch auf halbrechts, um die Passfrequenz zu erhöhen und das Spiel zu öffnen, aber mehr als einige Chancen sprangen dabei nicht heraus – immer wieder konnten die robusten und physisch starken Engländer ihre etwas verspielten Gegner in letzter Sekunde stoppen, abdrängen oder den Pass oder Schuss abfangen. Auch weil die Spanier ungewohnte Fehler im Passspiel und bei der Ballannahme machten, konnten sie letztlich keinen Treffer erzielen – anders als die Engländer, die auch aufgrund der kleineren spanischen Probleme sowie einiger Unstimmigkeiten nach den vielen Wechseln, als die Spanier ihr Mittelfeld etwas offen ließen, immer wieder Phasen hatten, wo sie selbst Angriffe aufbauen konnten, doch abseits einiger Ansätze durch versuchtes Überladen auf rechts sprang so ziemlich nichts Zwingendes heraus, da Bent oft isoliert war, man nicht geschlossen genug attackierte und das große Problem des fehlenden Kreativmangels aus dem Mittelfeld weiterhin akut ist, abgesehen von einer Doppelchance nach einem Freistoß – dem 1:0 durch Lampard nach 49 Minuten, dass man auch dank etwas Glück über die Schlussminuten retten konnte.
Die Rolle von Phil Jones
Wie schon einige Male bei Manchester United wurde Phil Jones hier als rechter zentraler Mittelfeldspieler aufgeboten, was zwar etwas seltsam klingen mag und manchmal auf dem Feld auch so wirkt, aber doch einige nicht zu unterschätzende Vorteile mit sich bringt:
Jones ist defensivstark, im Spielaufbau geschult, bei Vorstößen in den freien Raum sehr gut und kann weiterhin von seiner Erfahrung als Rechtsverteidiger profitieren, indem er sich weit auf die außen fallen lässt, um dort entweder – bei gegnerischem Ballbesitz – sehr effektiv zu doppeln oder – bei eigenem Ballbesitz – mit den Kollegen zu kombinieren und den Gegner zu überladen.
Der Einfluss von Cesc Fabregas
Oftmals als Erbe und zukünftiger Nachfolger von Xavi gesehen, wird doch mehr und mehr klar, dass Cesc Fabregas diesem Anspruch weniger als einigen Teamkollegen gerecht werden kann und stattdessen eine andere Rolle spielen sollte und wird – auch bedingt durch seine Zeit bei Arsenal spielt er eine sehr vertikale Rolle und sehr direkt. Auf der einen Seite lässt er sich nach hinten fallen, ist aber im letzten Drittel für den tödlichen Pass zuständig und versteht es exzellent, aus der Tiefe in den Sechzehner zu stoßen und Spielzüge abzuschließen.
Damit bringt er eine weitere wichtige Facette in die Mannschaft, bereichert die potentiellen Spielertypen für die zentrale Offensivposition und ist bei Rückständen zum Erzwingen des Sieges eine bedeutsame Waffe.
Scott Parker
Zum Schluss noch einmal zurück zu den Engländern und einem vielfach unterschätzten Spieler. Mittlerweile bei Tottenham agierend ist Parker so etwas wie ein Spätstarter, doch offensiv wie defensiv agiert er sehr zuverlässig. Im Ballbesitz bringt er sich als solider Ballschlepper ein, doch vor allem defensiv glänzt er – mit typisch britischer Härte, aber auch intelligentem Zweikampftiming, gutem Pressing und dem Abbrechen von gegnerischen Spielzügen, Laufstärke und der Abdeckung von Raum.
Bereits mehrmals zeigte er hervorragende Leistungen in der Premier League, womit er sich in der Auswahl der Three Lions festgespielt hat, wie beispielsweise beim Sieg über Arsenal.
Genauere Betrachtungen der Teams (geschrieben vor einem Monat nach dem Ende der Qualifikationsphasen) finden sich hier:
England (welche nach diesem Sieg nicht den Fehler machen sollten, diesen zu übertreiben oder sich als EM-Favorit zu wähnen)
4 Kommentare Alle anzeigen
RonnieBarca 14. November 2011 um 18:39
In Schönheit werden sie kaum sterben, wenns um was geht…
ICh glaub, man ihnen angesehen, dass sies easy nahmen u einfach Freude hatten, ein bisschen zu spielen…Vor allem Iniesta u Silva haben gezeigt, zu was diese Mannschaft imstande sein kann, wenn sie wollen. Ihre extrem freie Rollenauslegung war wohl auch ein bisschen als Test für die andern Spanier gedacht. DelBosques Absicht war mE sehr experimentell auch in der Rollenintrepretation von Xavi u Fabregas. Denn JEDE Mannschaft wird hinten rein stehen, wenns gegen Spanien (im Ernstfall) geht. Sollte jemand mitspielen versuchen, endet es wie ManU – Barca im CL Final…ICh weiss, auf wen ich tippe an der EM…und sei es nur wegen der Schönheit :):)
Doerk 14. November 2011 um 22:30
Die Spanier sind vermutlich nach wie vor die beste Mannschaft der Welt und sie werden schwer zu schlagen sein auch bei der Euro.
Sie haben aus meiner Sicht allerdings zwei Schwächen: Einerseits haben sie wenig Auswahl an Topstürmern: Torres rennt seit 2 Jahren seiner Top-Form hinterher, Villa ist da es gibt aber wenige Alternativen. Ansonsten ist noch Pedro, der jetzt allerdings verletzt war, ein schneller Top-Stürmer, der auch das Spiel breit macht und anders als Fabregas, Iniesta, Silva etc nicht immer ins Zentrum strebt. Man sollte nicht vergessen, dass sie in den letzten vier Spielen bei der WM nur jeweils ein Tor geschossen haben (4x 1:0). Spanien hat nunmal keinen Leo Messi
Zum anderen leidet die Verteidigung an Verletzungsproblemen (Pique, Puyol) sowie weniger erprobtem Aussenspielern (zudem mit Sergi Ramos nicht mehr auf dem Niveau der vergangenen WM). Spanien hat auch keinen Dani Alves
Der Schlüssel wird für jeden Gegner sein, die wahnwitzige offensive und defensive Dominanz des Mittelfelds um Xavi, Xabi Alonso, Busquets, Iniesta, Fabregas, Silva zu brechen.
HW 15. November 2011 um 09:13
Na ja, Llorente und Torres sind kein Fallobst. Es war eher ein Problem überhaupt einen klassischen Mittelstürmer zu installieren. Als Option sind aber beide gut zu gebrauchen.
Ansonsten braucht Spanien keinen MS und kann daher mit Villa, Silva und Fabregas einige Spieler bringen, die in die Spitze stoßen und torgefährlich sind, aber (zumindest die beiden zuletzt genannten) auch als Kreativspieler im Mittelfeld agieren können.
Und 1:0 bei ner WM zu gewinnen… Wenn man das Ziel hat den Titel zu gewinnen und mit seinem Stil den Gegner komplett unter Kontrolle hat, dann ist das keine Schwäche gewesen. Eher eine Demonstration von Stärke.
Trotzdem haben die Spanier keine Freifahrschein für den EM Titel.
Johnny 12. November 2011 um 21:32
Na das ging ja schnell. Die Feststellungen kann ich soweit teilen.
Allerdings ist meine Meinung, dass die spanische Aufstellung an der Niederlage Schuld hat. Mit nur einem „Verwerter“ (Villa) in der Halbposition ist das einfach nicht zwingend genug. Und Torres wurde zu spät eingewechselt.
Die Spanier wären ganz gut beraten auch mal wieder Tore zu machen als nur den Ball laufen zu lassen. Denn heute sind sie in Schönheit gestorben, wie ich finde.
Man kann hervorragend ohne glasklaren Mittelstürmer spielen aber nicht nur hübsch den Ball laufen lassen.