Blackburn – Arsenal 4:3

Unfassbare Szenen in Blackburn: Ein weit überlegenes Arsenal führte zur Pause nach tollem Fußball nur mit 2:1, wurde dafür und für die hohe Abwehr in der zweiten Hälfte mit drei Gegentoren bestraft und hätte sich schließlich fast noch zurückgekämpft.

Blackburn stand als Tabellenletzter mit bisher nur einem Punkt aus vier Spielen gehörig unter Druck, doch gleiches galt für Arsenal, dass erst vier Punkte hatte und unter der Woche in der Königsklasse in Dortmund auch nicht wirklich überzeugen konnte.

Während Blackburn Lowe und Neuverpflichtung Yakubu ins Team brachte, ersetzte Wenger im Vergleich zu jenem Spiel Gibbs, Benayoun und Walcott durch André Santos, Ramsey und Arshavin.

Offensive Außenverteidiger und starker rechter Flügel

Nationalspieler Per Mertesacker stand erneut neben Koscielny in der Innenverteidigung, während die Außenverteidiger sehr offensiv agierten. Besonders Sagna stieß immer wieder bereits in der Phase des Aufbauspiels weit vor, um bei einem erfolgreichen beschleunigenden Vertikalpass bereits weit genug aufgerückt zu sein, um seine Seite überladen zu können, wobei er auch von der eher geringen Defensivarbeit Hoiletts profitierte.

Die rechte Angriffsseite sah sehr gefährlich aus bei Arsenal, denn auch Rechtsaußen Gervinho war sehr aktiv und konnte mit guten Laufwegen und schönen Dribblings für Gefahr sorgen. Rochaden wagte er nur gelegentlich mit van Persie, aber meistens waren es eher abgestimmte Laufwege, die Raum öffnen sollten, ebenso war dies bei Arshavin der Fall, der nicht rochierte, stattdessen weit nach innen ziehen durfte und gewisse Freiheiten bekam.

Generell war die Abkehr von der Dauerrochade aus Sicht der Gunners durchaus zu begrüßen, denn sie verringerte die Abhängigkeit der Mannschaft vom Offensivtrio und verdeckte nicht – wie noch zu Saisonbeginn – die Sicht auf das Wesentliche, den typisch kollektiven, dynamischen Kombinationsfußball und die Bedeutung des Mittelfeldes.

Fluidität im feinjustierten Mittelfeld

Die Fluidität ging diesmal von jenem aus und man hatte – anders als zuletzt – das Gefühl, die taktische Ausrichtung der Zentrale sei auf jene der Offensivspieler wirklich abgestimmt: Ramsey spielte horizontal, stopfte Löcher, indem er z.B. halblinks den Raum beackerte und so Arshavins Freiheiten ermöglichte, und öffnete Räume für Song und Arteta, welche rochierten. Letzterer kam tief und wechselte mit Song, der mit seinen späten Vorstößen ein ums andere Mal den Gegner aufbrach (wie beim 0:1), aber stieß aufgrund seiner vertikalen und zentrumsorientierten Spielanlage auch selbst mit nach vorne (wie beim 1:2). Ramsey bearbeitete die Schnittstellen und Löcher, Arteta brach durch das Zentrum, wo man ihm konstant überall Platz schaffen wollte.

Das Verständnis der Mittelfeldspieler war beeindruckend und äußerte sich in schönen Pass-Stafetten, wobei man vor allem das taktische Mittel des Klatschen-Lassens anwandte. Auf diese Weise ließ sich das Ausspielen des Gegners sehr gut durchführen, man lockte die beiden zentralen Sechser des Gegners an und spielte dann schnell den dritten Mann frei.

Sich wendende Dinge

Blackburn kam mit diesen Raumverlagerungen nicht mit, man war nicht handlungsschnell genug, reagierte nicht angemessen auf die gegnerischen Laufwege, ließ sich viel zu einfach aus der Position ziehen. Man wollte unbedingt kompakt bleiben, aber interessanterweise wurde man zu rigid, kam eben deshalb nicht schnell genug an den Gegner heran und dann hinterher, was in der Folge Räume für ihn bedeutete.

Irgendwo gab es sie für Arsenal immer, ob zwischen den zwei Viererreihen Blackburns und ihren beiden Stürmern, zwischen der Abwehr und dem zum Ball gelockten und weit verschiebenden Mittelfeld oder – als die Gastgeber zum Ende der ersten Halbzeit das Spiel selbst ein wenig zu machen versuchten – per Konter hinter der aufgerückten Abwehr.

Eigentlich war es eine Schande, dass man nach 45 Minuten nicht höher führte, denn man war klar überlegen, hatte große Chancen und schön gespielte Aktionen. Das zwischenzeitliche Ausgleichstor von Yakubu (25.) war eben genau das – etwas Zwischenzeitliches. Für eine kurze Phase ließ man sich etwas vom Gegner übermannen und verlor etwas die Ordnung und den Zugriff, doch ansonsten brachen die defensiv herausragend agierenden Ramsey in erster und Song in zweiter, da tieferer, Instanz viele Angriffe ab und man ließ man wenig Abschlüsse zu.

Im Nachhinein war dies aber wohl eher ein Trugschluss, denn was sich anbahnte, hatte sich bereits leicht angedeutet…

Zweite Halbzeit

Gleich nach Wiederbeginn zeigte sich dies, als zum Leidwesen der Gunners Sagna verletzungsbedingt durch Djourou ersetzt werden musste. Dieser hatte gegen die Dribblings des quirligen Hoilett so seine Probleme, was durch die Einwechslung des offensivstarken Linksverteidigers Olsson verstärkt wurde.

Interessant hierbei, dass dieser eher als Wing-Back agierte und man somit mehr und mehr zu einem asymmetrischen 4-5-1/5-4-1 wechselte, was gegen Arsenals rechte  Seite verstärkte Absicherung und gleichzeitig mehr Offensivunterstützung bot, ohne die Kompaktheit des Ganzen entscheidend zu schwächen.

Diese vermehrte Offensivunterstützung in Kombination mit einer – simpel gesagt – einfach verbesserten Heim-Mannschaft mit mehr Zugriff in den Zweikämpfen und auf das Spiel führte dazu, dass dieses deutlich offener wurde.

Arsenal entblößt

Blackburn fand so besser hinein und entblößte Arsenal durch Dribblings von Hoilett, physische Power und Pässe hinter die in vielen Situationen nicht abgestimmt wirkende hohe Abwehr. Dem Ausgleich (Eigentor, 50.) ging Ersteres voraus, dem Führungstor Letzteres (Yakubu, 59.), zwischendurch hatte man noch eine Großchance, als Formica hinter die Abwehr kam, aber im Duell mit Szczesny scheiterte. Die beiden Angreifer der Rovers brachten Arsenal nun immer öfters in Verlegenheit, die beiden Tore wurden durch die Standardschwäche Arsenals begünstigt.

Auch wenn das Momentum nach dem 3:2 endgültig auf Seiten der Gastgeber lag und das frenetische Element im Spiel am Leben hielt, versuchte Arsenal doch umgehend und ohne Schock-Pause, den Ausgleich zu erzielen. Allerdings verließ man sich zu sehr auf das Verlagern des Spiels auf die dribbelstarken Außenstürmer – Walcott war mittlerweile im Spiel – doch so verbuchte man auch viele Hereingaben (28 Flanken!) und Standards (13 Ecken!) für sich und genau das verteidigte Blackburn in typischer Manier gut bzw. konterte sogar Arsenal aus.

So geschehen nach 69 Minuten, als Blackburn genau jenes schnelle Umschalten und dynamische Spiel zeigte, was Arsenal in der ersten Halbzeit ausgezeichnet hatte, und nach einer Ecke für die Gäste das vierte Tor erzielten – ein weiteres Eigentor, doch die Energieleistungen von Yakubu und Olsson waren eigentlich viel bemerkenswerter.

Arsenal griff nun mehr und mehr auf Flanken von Außen oder aus dem Halbfeld zurück, brachte dafür Chamakh als zusätzlichen Zielstürmer und Mertesacker mit in den Angriff. Blackburn hat diese Saison bereits zweimal eine Führung verspielt, so dass Arsenal auch zu Chancen kam, aber keine dieser zahlreichen Gelegenheiten verwandeln konnte. Blackburn war so auf das heroische Verteidigen der Box im Gladiatoren-Stil fokussiert, so dass Arsenal sich im vollgepackten Sechzehner sogar einmal durch kombinierte – aber auch diese Chance warfen sie weg.

Wie Blackburn den Strafraum mit allen Mann verteidigte:

 by Guardian Chalkboards

Fazit

Es war praktisch ein Spiel der zwei Hälften: Zunächst dominierte Arsenal fast durchgehend Ball (66 % Ballbesitz) und Gegner und kam – teils wegen der schwachen Defensive Blackburns, besonders aber wegen ihrer starken Ausrichtung, offensiven Flügel und ihres flexiblen Zentrums – zu vielen Chancen nach tollen Spielzügen und auch einigen Kontern.

Im zweiten Durchgang war der Gegner viel präsenter und konnte dank der Überlegenheit bei Standards und das Ausnutzen der hohen Abwehr das Spiel drehen – ärgerlich für Arsenal, da man selbst sich äußerst ungeschickt anstellte. Doch man setzte alles auf Offensive, der Ballbesitz stieg auf 69 % und es kam Angriffswelle auf Angriffswelle, aber kein Tor.

Nicht nur aus taktischer Sicht ein interessantes Spiel, es war die Atmosphäre und der irre Spielverlauf, der es so einzigartig machten – typisch englisch, mit viel Leidenschaft und Tempo. Nach solchen Spielen weiß man, warum man den Fußball so liebt.

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