PSV Eindhoven – Twente Enschede 2:6

So hatte man das absolute Topspiel in den Niederlanden sicherlich nicht erwartet – der sogar leicht favorisierte PSV kam ziemlich unter die Räder.

Grundformationen

Nach der diskussionswürdigen Entlassung Co Adriaanses im Januar bei Twente werden nun beide Mannschaften von zwei ehemaligen Bundesliga-Trainern betreut, die hierzulande ihre Qualitäten nicht wirklich unter Beweis stellen konnten, in den Niederlanden aber hoch angesehen sind – Fred Rutten und Steve McClaren.

Beide Trainer traten in ihren typischen 4-3-3-Formationen an, mit Mischformen im Dreier-Mittelfeld zwischen einer 1-2 und einer 2-1-Aufteilung, was insgesamt allerdings oftmals für klar verteilte Duelle auf dem Platz (Hutchinson vs. Janssen, Wijnaldum vs. Fer, Toivonen vs. Brama) und eine recht ausgeglichene Situation im Mittelfeld führte. Allerdings hatte Twente einige andere taktische Mittel sowie die Gunst des Führungstors auf seiner Seite, um die bessere Mannschaft zu sein und sich letztlich gar in einen Rausch spielen zu können, der die Taktik zumindest teilweise in den Hintergrund rückte. Bis dahin waren allerdings die folgenden Punkte erkennbar, die sich für Twentes Überlegenheit als wichtig erwiesen:

Aspekt I – Twentes Überlegenheit auf den offensiven Außenbahnen und das Raumschaffen

Ein sehr wichtiger Punkt, der auch bei mehreren Toren sehr gut zu sehen war (vor allem dem 0:1 und dem 0:4), lässt sich an den Duellen zwischen Twentes Flügelspielern und Eindhovens Außenverteidigern festmachen. Dieses Duell wurde fast immer von den Gästen für sich entschieden – Ola John und Nacer Chadli zeigten eine gute Leistung und waren Manolev und Willems klar überlegen.

Zwar blieben diese extra etwas vorsichtiger und defensiver, um für Konter gefeit zu sein, doch führte dies dazu, dass ihre jeweiligen Gegenspieler kaum nach hinten gebunden waren, so dass man sich hinten selbst in einer gefährlichen 1-gegen-1-Situaiton isolierte und diese meistens verlor.

Man nahm zwischenzeitlich auch eine offensivere Ausrichtung an, doch diese wurde gerade beim 0:2 mit einem blitzsauberen Konter bestraft, als die PSV auf den Außenbahnen große Lücken ließ, die für die horizontalen Rochaden Luuk de Jongs wie geschaffen waren – im Zentrum öffnete sich gleichzeitig Raum für den hervorragenden Janssen, der mit einem typischen Vertikalvorstoß netzte.

Nach abgestimmten Mustern wurden mit bestimmten Laufwegen Räume für die Mitspieler geschaffen. Einer der Profiteure war Doppeltorschütze, aber gerade den Flügelspielern half es ungemein, dass de Jong auf Außen rochierte und die Gegner wegzog und auch die Mittelfeldspieler im Zentrum Raum schufen – aufgrund der direkten Verteilung in der Zentrale war dies recht einfach mit off-the-ball-runs möglich, was sich insbesondere beim ersten Tor wiederspiegelte.

Aspekt II – Doppeln der Offensivspieler

Ankerpunkt des PSV-Systems sind ganz klar die beiden sehr wendigen und dribbelstarken Flügelspieler, insbesondere der nicht nur vom FC Bayern umworbene Topscorer Dries Mertens auf der linken Seite. Folglich musste Steve McClaren seine Defensivstrategie primär auf die Neutralisation der Außenstürmer aufbauen, was exzellent funktionierte.

Dazu ließ sich im Laufe der Angriffe Brama aus dem defensiven Mittelfeld zusätzlich in die Abwehr fallen und bildete somit eine Fünferkette, welche deutlich besser zum Ball verschieben konnte. Der Außenverteidiger sowie der ballnahe Innenverteidiger attackierten Mertens versetzt, welcher somit auf seinem Weg zur Mitte einen sehr großen Umweg gehen musste und dann genau in einen zentralen Mittelfeldspieler gelenkt wurde. Da Toivonen bei Ballbesitz der Außenstürmer sich bereits in den Sturm einschaltete und als Schattenspitze agierte, konnte er von der Innenverteidigung mit abgedeckt werden und war somit fast auch noch gedoppelt worden. Teilweise war es gar amüsant zu sehen, wie Brama mit dem Zuspiel auf den Außenspieler umgehend – scheinbar völlig aus dem Nichts – zurücksprintete, aber es war enorm effektiv.

Aspekt III – Vorstöße aus der Tiefe

Nicht nur die bereits angesprochenen Läufe von Janssen, sondern auch solche aus der Verteidigung sorgten für erhöhte Gefahr im Angriffsspiel der Gäste. Bestens deutlich wurde dies beim 0:3 durch Wisgerhof, der sich aus der zentralen Verteidigung mit einschaltete und auf seine Kollegen in der Viererkette als Absicherung vertrauen konnte.

Aufgrund der relativ klaren und mannorientierten Deckung im Mittelfeld, konnte Brama einen Querpass durch die Beine laufen lassen, niemand war bei Wisgerhof und griff ihn, so dass dieser den Ball aus 18 m unter Mithilfe von Keeper Isaksson verwandeln konnte – eine Überzahl hergestellt und konsequent genutzt.

Fazit

Der PSV vermisste seinen Mittelfeldstar Kevin Strootman an allen Ecken und Enden – ohne ihn fehlten Ruhe und Struktur im Spiel, auch seine Allround-Wirkung auf die Spielanlage ging den Hausherren ab. So konnte Twente dank guter Taktik und überragender erster Hälfte einen verdienten und furiosen Sieg feiern. In der zweiten Halbzeit lieferte man ein vorbildliches Beispiel ab, wie man trotz Unterzahl eine Führung festhält – der PSV setzte zu früh auf die Brechstange und Flankenbälle.

In der Liga bleibt die Lage damit äußerst eng – Tabellenführer AZ Alkmaar und den Tabellensechsten Feyenoord trennen nur ganze 5 Zähler, wobei Twente durch einen Sieg im Nachholspiel noch an AZ vorbei ziehen kann und sich damit vielleicht nun zum Topfavoriten gemausert hat.

Am Donnerstag geht es für beide Mannschaften in der Europa League weiter. Für Twente steht dabei das Aufeinandertreffen mit Schalke 04 und Huub Stevens an – die Gelsenkirchener sollten angesichts des taktisch gut eingestellten und sich in blendender Form präsentierenden Gegners gewarnt sein.

German_Informant 6. März 2012 um 17:44

PSV ist eine Abkürzung für Vereinigung (Eindhovense Voetbal Vereniging Philips‘ Sport Vereniging). Insofern müsste es eigentlich die PSV heißen. 😉

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TR 6. März 2012 um 17:52

Ja, du hast Recht, ich schreibe immer aus Reflex DER PSV, obwohl ich besonders daran denken wollte und einmal habe ich es sogar richtig gemacht 😀

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Ronald 8. März 2012 um 15:22

Deutsches Wort für das Holländische Wort Vereniging ist Verein, also der Verein also der PSV

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