Interview mit Schalke-Coach Domenico Tedesco

Zum ersten Mal in der Geschichte von Spielverlagerung gibt es ein Interview mit einem amtierenden Bundesliga-Coach. Schalke-Trainer Domenico Tedesco spricht über die taktische Entwicklung seiner Schalker und wie er die Spieler in seine taktischen Planungen einbezieht.


Ortsbesuch in Gelsenkirchen. Michiel de Hoog von der niederländischen Online-Plattform De Correspondent möchte eine Geschichte über die junge Generation deutscher Trainer schreiben, die gerne „Laptoptrainer“ genannt wird. Er möchte wissen, wieso in Deutschland junge Außenseiter ohne Profi-Karriere eine Chance erhalten, in seinem Heimatland, der Niederlande, allerdings nicht. Wo könnte man diese Geschichte besser recherchieren als auf Schalke, wo Manager Christian Heidel die Geschicke einem 32jährigen Quereinsteiger anvertraut hat? Michiel hat Gesprächstermine mit Christian Heidel, mit einem Spieler von Schalke – und natürlich mit Chefcoach Domenico Tedesco. Wir stoßen zum Gespräch mit dem Schalker Cheftrainer hinzu. Gemeinsam wollen wir herausfinden, wie wichtig Taktik für Tedesco ist – und wie er dieses Thema seinen Spielern in der Praxis vermittelt.

Herr Tedesco, wir haben eine Szene aus dem Spiel gegen Freiburg mitgebracht. Es ist eine Szene aus der Defensive.

Tedesco [schaut sich die Szene an und lächelt]: Schön. Schöne Staffelung.

Die gezeigte Szene aus dem Spiel Schalke gegen Freiburg. Freiburg (rot) ist in Ballbesitz. Tedesco haben wir die Szene per Video gezeigt, aus lizenzrechtlichen Gründen nutzen wir hier die gute, alte Spielverlagerung-Grafik.

Wie kriegen Sie es hin, dass die Spieler so perfekt gestaffelt sind?

Tedesco: Zunächst mal ist es ziemlich viel Arbeit, vor allem von der Mannschaft. Training, Training, Training, Video, und dann noch einmal Training, Training, Training. Das Wichtigste ist die Arbeit auf dem Platz. Wenn die Spieler in der Formation bleiben sollen, brauchst du ein paar Eckpfeiler. Du brauchst hinten jemanden, der die Höhe hält. Stürmer, die bestimmen, ab wann man anläuft. Sechser, die sagen: „Wann schiebe ich heraus?“ Es gibt schon drei, vier Kommunikatoren, die das regeln müssen. Wir im Trainerteam besprechen das mit der Mannschaft. Und dann sieht es hoffentlich so aus wie in der Szene.

Wenn ich etwas vorspule, rückt Weston McKennie vor und geht ins Pressing über. Das gab es in dieser Partie mehrfach zu sehen. Bespricht man so etwas vorher, oder entscheiden das die Spieler spontan auf dem Platz?

Tedesco: Das besprechen wir vorher.

McKennie startet aus der Formation und geht damit zum Pressing über.

Wie kleinteilig sind die Vorgaben?

Tedesco: Es muss schon klar sein, welcher Spieler in welcher Situation ins Pressing geht. Was ist der Pressingauslöser? Welche Bälle vom Gegner sind als Pressingsignal wahrzunehmen? Es gibt Gegner zum Beispiel, die bauen mit zwei Innenverteidigern auf, die relativ breit stehen. Wenn die Beiden sich den Ball zuspielen, muss der Ball einen relativ langen Weg zurücklegen. Das heißt, der Ball ist relativ lang nicht am Fuß und ohne Bindung. [Tedesco klatscht in die Hände.] Das sind die besten Momente, um Druck zu machen.

Und diese Pressingauslöser sind für jeden Gegner anders?

Tedesco: Wir haben ein paar allgemeine Auslöser, aber das variiert schon stark von Gegner zu Gegner.

Zurück zur Szene: Was wir spannend fanden in diesem Zusammenhang war eine Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Stuttgart. Sie haben erklärt, dass die Spieler zu oft den Gegner gestellt haben und nicht im Pressing durchgelaufen sind.

Tedesco: Die Szene hier ist eigentlich ein ganz gutes Beispiel. [Tedesco spielt die Szene weiter ab, siehe unten.] Daniel Caligiuri ist durchgelaufen. Und gegen Stuttgart zum Beispiel – es gab auch andere Spiele, aber besonders gegen Stuttgart – haben wir in solchen Situationen nur gestellt. [Tedesco steht auf und stellt sich vor uns hin.] Stellen bedeutet immer: Sie haben den Ball und ich lasse Sie einfach nicht vorbei. Ich zeige Ihnen eine Seite, kann sie nach außen lenken oder nach innen lenken, je nach Philosophie. Aber das ist der gewaltige Unterschied: Wenn ich sie nur stelle, haben sie mehr Zeit zum Entscheiden. Wenn ich sie permanent stelle, dann passt der Gegner einfach zurück. Dann geht der nächste raus – und der Gegner spielt wieder zurück. Das wirkt passiv. Das kann man machen. Es gibt Philosophien des Tiefstehens. Es gibt aber auch einen Unterschied zwischen Tiefstehen und Passwege schließen auf der einen und Abwehrpressing auf der anderen Seite. Im Tiefstehen schließe ich nur Passwege. Aber beim Abwehrpressing steche ich immer wieder heraus, wie beim Eishockey beim Forechecking.

Das Ende der Szene: Caligiuri ist durchgelaufen, zwingt den Gegner zum Pass unter Druck. Der Ball landet in der Folge bei Schalke.

Und das haben die Spieler zu Saisonbeginn noch nicht so richtig hinbekommen. Sie sagten, das habe tiefer gehende Gründe.

Tedesco: Die Spieler kriegen es ja schon hin. Aber sie haben in machen Phasen noch dieses Gefühl, dass sie Passwege schließen müssen.

Ist das Kader-spezifisch, spezifisch deutsch oder haben das alle Spieler in sich?

Tedesco: Ich glaube, intensiv erlernte Muster sind in allen Spielern drin, auch in Italien oder Holland.

Aber wieso? Weil man dann leichter ausgespielt werden kann?

Tedesco: Durchlaufen ist anstrengender. Wenn du durchläufst, dann geht es zur Sache. Dann kann es schon einmal passieren, dass der Gegner den Ball zurückspielt und ich das Pressing abbrechen und zurücklaufen muss. Das tut weh.

Wir kennen das ja selber: Es ist weniger anstrengend, den Gegner nur zu stellen, und es müssen ja auch alle machen, damit es funktioniert.

Tedesco: So sieht es aus.

Aber wie trainiert man das dann?

Tedesco: Wir trainieren viel Vorwärtsverteidigen. Man kann das ja schon beim Handball-Kopfball machen. [Anm. d. Red.: Handball-Kopfball ist eine typische Aufwärmübung, bei der sich die Spieler den Ball aus der Hand so zuwerfen sollen, dass ein Mitspieler den Ball köpfen kann.] Wenn sie das normal spielen, dann bleiben die Verteidiger vor dem Ballführenden stehen und wedeln mit den Armen. Wie beim Basketball. Jetzt spielen sie es mit der Regel: Wenn ich den Ballführenden berühre, erhalte ich den Ball. Dann laufen die Spieler durch.

Das ist ja fast schon Arbeit auf der Gehirnebene, dass Sie die Spieler quasi umprogrammieren müssen.

Tedesco: Ja, da wollen wir einfach mutiger sein. Daniel Caligiuri gewinnt hier ja nicht den Ball, das muss er auch nicht. Aber er sorgt dafür, dass der Gegner den Ball schneller spielt, und schauen Sie, was passiert: Ballverlust. [Tedesco spielt das Video weiter ab. Caligiuri gewinnt zwar nicht den Ball, aber der Gegenspieler spielt einen unpräzisen Pass, den ein Schalker sichert.] Wenn der Gegenspieler in dieser Situation Zeit hat, dann sieht er den freien Mitspieler, der findet wieder den freien Mann und so weiter. In der Bundesliga sind alle Akteure Qualitätsspieler. Mit Zeit treffen sie gute Entscheidungen. Wir wollen ihnen die Zeit nehmen.

Kriegt Ihre Mannschaft das mittlerweile besser hin?

Tedesco: Ich finde, dass wir es mittlerweile schon gut machen. Wir müssen das weiterhin trainieren. Das ist ein Prozess, der nie aufhört. Das musst du immer und immer wieder machen. Du brauchst eine gewisse Power, Kondition, du brauchst Mut, Aufopferungsbereitschaft.

Das Thema erinnert mich an ein Gespräch mit einem ehemaligen Bundesliga-Spieler. Er hat oft Achter in einer Raute gespielt. Wenn der Ball zum Außenverteidiger kam, musste er immer herausrücken und den Außenverteidiger pressen. Er hat fast nie den Ball gewonnen. Er hat es gehasst.

Tedesco: Wenn du Rautenspieler bist, musst du es aber machen.

Ja, aber wie bekommt man das als Trainer hin, dass er auch beim hundertsten Mal diesen Weg geht, dass er weiß, dass das Sinn macht?

Tedesco: Das ist genau der Punkt. Da braucht es auch ein wenig Fingerspitzengefühl. Was für ein Charakter ist der Spieler? Kann er das machen? Oder geht zu viel Power für seine Aktionen, für seine Offensivqualität verloren? Kann man es vielleicht anders kompensieren? [Tedesco setzt zu einer taktischen Erklärung an.]

Moment, zeichnen Sie das bitte mal kurz für uns auf.

Die von Tedesco erläuterte Szene. Oben die klassische Variante: Der Achter läuft den gegnerischen Außenverteidiger an. Unten Tedescos Vorschlag: Die Stürmer decken die Passwege auf die Außenverteidiger ab, erzwingen den Querpass zwischen den Innenverteidigern. Der zweite Stürmer läuft an, erhöht den Handlungsdruck. Der Zehner versucht, einen etwaigen Fehlpass abzufangen, der unter Druck entsteht. Der Achter läuft sofort den Sechser an, sollte er den Ball erhalten. [Als Zusatz erklärte Tedesco sogar noch, wie man den (in der Praxis extrem schwierigen) Pass des Sechsers auf den Außenverteidiger verteidigen kann. Der Achter könne hier durchlaufen bis zum Außenverteidiger. Er hat schon Tempo aufgenommen und müsste keine große Richtungsänderung vornehmen.]

Tedesco [zeichnet]: Sie haben zwei Stürmer und die Raute. Jetzt können Sie sagen: Immer, wenn der Ball zum Außenverteidiger kommt, muss der Spieler aus der Raute raus. Ergibt Sinn, denn im Zentrum haben Sie vier Spieler und der Gegner meistens nur zwei oder vielleicht drei. Dann können Sie es in der Mitte kompensieren. Aber Sie können dem Stürmer auch sagen: Steh hier. Und wenn der den Ball spielt, dann ist er im Deckungsschatten. Dann spielt er meistens wieder zurück, dann kommt der nächste Stürmer. Oder er spielt auf die Sechs und da haben wir einen Zehner und zwei Achter.

Christian Heidel hat gesagt, dass Sie sehr gut darin sind, die Spieler einzubinden in Ihre taktischen Planungen. Setzen Sie sich dann mit den Spielern hin und vermitteln Ihnen die Ideen wie gerade eben?

Tedesco: Ja, oft. Die Spieler sind diejenigen, die es begreifen und die es auch gerne machen müssen. Gehen wir zurück zu Ihrem Beispiel: Sie sind jetzt mein Achter. Immer, wenn der Ball zum Außenverteidiger geht, soll der Achter rauskommen. Ich kann jetzt sagen: Das ist mein Matchplan, fertig. Aber jetzt gehen wir ins Training und ich merke: Beim ersten Mal machen Sie es, beim zweiten Mal auch, beim dritten Mal schnaufen Sie und beim vierten Mal haben sie keinen Bock mehr.

Nicht aus Ermüdung.

Tedesco: Nein, einfach weil Sie keine Lust darauf haben. Aber wenn ich sage, wir gehen am Samstag so ins Spiel, dann weiß ich doch nach 20 Minuten: Nein, das wird so nicht funktionieren. Das sehe ich ja schon im Training.

Da gibt es Trainer, die es genau andersrum sehen würden. Die würden sagen, der Spieler muss sich überwinden.

Tedesco: Wenn ich das sehe, frage ich den Achter: „Was ist das Problem?“ „Trainer, die Wege sind zu weit!“ Und jetzt sind wir in Diskussionen! Jetzt kann ich sagen: „Okay, dann steh doch von Anfang an breiter.“ Dann versucht er es zweimal und sagt: „Trainer, das ergibt keinen Sinn.“ Dann frage ich wieder: „Wo ist das Problem? Vielleicht kann der Stürmer dir helfen, dann musst du nicht jedes dritte Mal raus, sondern jedes fünfte Mal.“ Und so versuchen wir, eine gemeinsame Idee zu entwickeln. Das ist entscheidend. Denn wenn der Spieler im Training „Ja!“ sagt, dann muss es auch im Spiel „Ja!“ sein.

Das bedeutet?

Tedesco: Taktik-Training, das heißt, wir schauen Videos und setzen es dann auf dem Platz um. Danach frage ich immer: „Habt ihr ein gutes Gefühl mit dem, was wir vorbereitet haben? Könnt ihr das umsetzen?“ Wenn sie dann „Ja!“ sagen… [Tedesco klopft auf den Tisch.] Dann verhafte ich sie darauf! Dann muss es im Spiel funktionieren. Wenn es im Spiel nicht funktioniert, weil der Gegner was anderes macht, ist es kein Problem. Dann müssen wir aus dem Trainerteam neue Ideen haben und reagieren. Aber wenn der Gegner so spielt, wie wir erwartet haben, und wir dann nicht liefern, dann frage ich am nächsten Tag: „Warum hat es nicht geklappt? Was war das Problem?“ Und so entwickeln wir uns. Aber die Spieler haben immer die Möglichkeit zu sagen: „Das funktioniert so nicht, wir brauchen eine andere Idee.“

Reden ihr Trainerteam untereinander mit einer anderen Fachsprache als mit den Spielern? Oder benutzen Sie auch den Spielern gegenüber Fachsprache wie beispielsweise Deckungsschatten?

Tedesco: Das sind eigentlich die gleichen Begrifflichkeiten.

Die Spieler verstehen das auch?

Tedesco: Ja, mittlerweile schon. Vieles ist ja auch nicht neu erfunden worden. Deckungsschatten gibt es ja gefühlt seit einer Million Jahren.

Naja, da kennen wir genug Leute, die den Begriff nicht kennen. Wir danken für das Gespräch, Herr Tedesco.

Tedesco: Ich danke.

Halbfeldflanke.de hat ebenfalls Domenico Tedesco interviewt. Hier geht er noch einmal stärker auf seine allgemeine Spielphilosophie ein.

Mr.X 25. November 2017 um 15:57

Eigentlich ein schönes, kurzes Interview, nicht spektakulär, aber so wird es kaum jemals in die Medien kommen, weil zu fachlich, also schon einzigartig und für SV eine Premiere – Schön!

Es ist einer dieser Irrtümer im Fußball zu glauben, das ein guter Fußballer automatisch ein guter Trainer wird – das wäre so, als würde man sagen, ein guter Patient wird auch ein guter Arzt!

Ein guter Fußballer braucht fußballerspezifische Eigenschaften – ein Trainer Trainereigenschaften – die sind nur zufällig in einer Person vereint.
Ein guter Fußballer ist halt schon in den Netzwerken drinn und hat ein Standing als Startvorteil, aber auch den Nachteil, daß er seine Trainerkarriere 10 Jahre,oder mehr,nach einem „Laptoptrainer“ beginnt.
Vor allem wird es auch viel wichtiger, das man heute als Chefcoach eigentlich Manager eines spezialisierten Trainerteams ist, wenn man auf allerhöchstem Niveau arbeiten will und gleichzeitig die Spieler eben für sich einnehmen muß, für all den Aufwand, die Anstrengung und den Schmerz, den persönlichen Diskomfort, den man als Preis für Erfolg auf höchstem Niveau investieren muß.

Es hilft eben nicht, als Fußballer ein Tiger zu sein, wenn man als Trainer ein Bettvorleger ist!

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koom 24. November 2017 um 13:24

Ganz böse gesagt: Eigentlich ein total unspektakuläres Interview.

Die Herangehensweise von einer taktischen Ausrichtung, bei der man dann mit dem bzw. den Spielern erarbeitet, wie man etwaige Aufgaben so lösen kann, dass die abrufbar immer funktionieren, ist ja eigentlich nichts weltfremdes. Das hab ich vor 10 Jahren mit meinem 40-Mann-Raid in World of Warcraft schon so gehalten, wo ich auch eher nur schwaches Spielermaterial hatte und keine Neymars, Kroos und Boatengs. Bei entscheidenden Szenen musst du Kompromisse finden, wie das Problem und die Aufgabe gelöst werden können. Geht es nicht alleine, weil „aus Gründen“, dann muss das Team helfen. Oder man muss eben doch eine ganze andere Taktik stricken, weil es nicht machbar ist mit dem Personal.

Nichtsdestotrotz: Ist nicht als Kritik gedacht. Finde die Ehrlichkeit des Interviews und die nachvollziehbare Herangehensweise gut. Und ich verstehe auch, warum Heidel den wollte. Genau diesen Ansatz mit gezielten Erklärungen klingt auch sehr nach Klopp und Tuchel.

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HW 24. November 2017 um 18:15

So unspektakulär finde ich das nicht. Tedesco gibt einen Einblick, denn man sonst nicht bekommt. Oder der von vielen Berichterstatterin, Experten und Kritikern ignoriert, bzw. als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Es geht um die Frage wie setze ich etwas mit der Mannschaft um. Nicht: was ist der Trainingsinhalt, sondern: wie erarbeite ich den Inhalt, dass er auch im Spiel funktioniert und wie entwickelt man dabei notwendige Veränderungen. Das ist das selbstverantwortlichen Handeln der Spieler.

Oft heißt es ja einfach: Die sind nicht motiviert oder die Spielen gegen den Trainer. Oder andersrum: Jetzt läuft es wieder.
Nie weiß man wieso das so ist und wie der Prozess hinter den Kulissen aussieht.
Jetzt hat man das Mal von einem Bundesligatrainer direkt gehört. Tedesco hat erklärt wie er mit dem Team arbeitet. Das finde ich interessant.

Leider wird kein bisschen auf die Frage eingegangen, warum den nun in Deutschland sogenannte Seiteneinsteiger bei den Clubs eine Chance erhalten.
(Wobei ich einen ausgebildeten Fußballlehrer nicht als Quereinsteiger bezeichnen würde. Aber es gibt ja aufgrund der Trainerscheinpflicht in der Hinsicht keine echten Externen in diesem Geschäft. Ist sicher richtig, alleine um die Gesundheit der Spieler zu schützen.)

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HW 24. November 2017 um 18:18

Manchmal könnte ich meine Rechtschreibkorrektur an die Wand werfen. So viele Grammatikfehler wegen dieser sch#!* Autokorrektur.

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Koom 24. November 2017 um 20:48

@HW: Aber das ist der Punkt, den ich meine. Das Interview ist ein hochinteressanter Einblick, weil der Inhalt beinahe „banal“ ist. Das ist die Arbeit eines guten Lehrers, die Tedesco da beschreibt und ich finde das total klasse. Von irgendwo runterdogmazieren und „sein System“ für überlegen halten kann ja jeder. Aber du musst mit den Menschen arbeiten, die das umsetzen müssen (und idealerweise: wollen).

Der Vergleich zu Bosz drängt sich da hart auf.

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HW 26. November 2017 um 14:43

Ich glaube nicht, dass andere Trainer da total anders agieren. Auch die werden in ihrer täglichen Arbeit versuchen kontinuierlich zu entwickeln. Natürlich setzen Trainer unterschiedliche Prioritäten und haben unterschiedliche Ziele. Das liegt an ihrem Charakter, ihrer Erfahrung aber auch am unterschiedlichen Spielermaterial, an unterschiedlichen Erwartungshaltungen an einem anderen Umfeld usw. Aber das kann auch funktionieren. Kritik hängt dann vom Ergebnis ab.

Es gibt eben nicht immer nur einen Faktor.

Und wenn Tedesco mit seiner Methode jetzt keine guten Ergebnisse einfahren würde, wäre sein Prozess nicht automatisch falsch. Vielleicht sind ein paar Analysen falsch oder irgend etwas anders. Aber nicht automatisch die grundlegende Arbeit oder die grundlegende Taktik/Strategie.

Gerade das Derby zeigt doch wie extrem die Wahrnehmung sein kann. Beide Vereine können mit einer Halbzeit extrem zufrieden sein und müssen mit der anderen Halbzeit extrem unzufrieden sein. Eine Seite bekommt einen auf den Deckel, die andere wird gelobt. Dabei haben beide Seiten extrem versagt. Vier Tore erzielen, okay. Aber vier kassieren, egal in welcher Halbzeit, ist immer ein Zeichen von Schwäche und darf nicht passieren.
Tedesco hat selber gesagt, dass er in der Pause nicht an ein Unentschieden geglaubt hat. Es ging also nur darum die eine Halbzeit positiv zu gestalten. Seine Ansprache ging also über dieses Spiel hinaus und nicht darum dieses Spiel zu drehen.

Ich finde es immer interessant wenn Trainern angedichtet wird, sie würden ihr System für überlegen halten.
Was erwartet man denn? Sollen die etwas machen von sie nicht überzeugt sind?
Wenn die Ergebnisse stimmen heißt es: Man erkennt die Handschrift. Verliert man: Dogmatisch an seinem System festgehalten.
Sollen die Spieler von heute auf morgen etwas anderes perfekt beherrschen?
Tedesco beschreibt doch selber wie 80-90% einer gewissen Idee/Philosophie/System folgen und 10-20% am Gegner ausgerichtet werden. Glauben die Leute, das machen andere Trainer nicht auch so? Nur klappt das leider nicht immer, weil der Gegner eben ähnlich anpassungsfähig und damit auch unberechenbar ist. Und Spieler sind eben nicht immer in der Lage alles zu 100% umzusetzen.

Bei Bosz hat doch am Anfang der Saison alles sehr gut geklappt. So schlecht kann seine Idee nicht sein. Jetzt geht es um die Entwicklung. Aber eben auch um Kontinuität im Kader.

Verstehe mich nicht falsch, ich will Bosz nicht bedingungslos verteidigen. Aber er sollte Zeit bekommen und man sollte nicht alle Probleme an ihm festmachen. Manche Probleme lassen sich nicht schnell und einfach lösen. Das Verhalten von Aubameyang, Verletzungen, Kaderqualität. Da zu behaupten es liege am holländischen Dickschädel ist eine Kritik die mittlerweile fast jeden holländischen Trainer in der Bundesliga irgendwann trifft. Das ist mir zu einfach.

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HW 26. November 2017 um 15:09

Ich will die Wahrnehmung und Kritik nochmal beleuchten.

Bosz hat im Derby von 4-3-3 auf 3-4-3 gewechselt. Endlich passt der Dogmatik er sich an, sagen einige.
Aber was wäre gewesen, wenn der BVB weiterhin 4-3-3 gespielt hätte? Er hätte sich auch auf Schalke einstellen können. Es wäre nur nicht so offensichtlich gewesen. Vielleicht hätte der BVB die erste Halbzeit nicht so stark dominiert und hoch geführt. Aber wenn sie trotzdem (wohl nur knapp) gewonnen hätten, wäre das Festhalten am 4-3-3 dann positiv bewertet worden? Sicher nicht.
Selbst Anpassungen innerhalb dieser Grundordnung wären vielen Leuten verborgen geblieben, weil mittlerweile die nur noch von dem Dogma 4-3-3 gesprochen wurde. Jetzt ist mit dem 3-4-3 alles super (in Halbzeit 1), obwohl die Schalker wahrscheinlich mehr für die vier Gegentore getan haben als es irgendeine Änderung der Formation bewirken kann.

Was also in der Öffentlichkeit über einen Trainer gesprochen wird, positiv wie negativ, ist meist ohne Substanz. Der Erfolg schreibt die Geschichte. Nur wirklich interessierte Experten sehen was hinter der Fassade passiert.

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nalina 27. November 2017 um 00:57

Aber die Kritik an Bosz ist ja schon differenzierter. Zum einem die extreme Anfälligkeit, die sich durch die Saison durchzieht. Sie war auch schon am Anfang da, und sobald sein System erkennbar und damit auch analysierbar wurde, gab es da kaum große Fortschritte. Das war seit dem Real Spiel im September der Fall. Zum anderen scheint die Mannschaft in zweiten Hälften einzubrechen, was viele auf die körperliche Leistungsfähigkeit zurückführen. Das kann ich ausm Fernsehen nur indirekt beurteilen, aber es deutet ja einiges drauf hin, dass im letzten Drittel, also ab Minute 60, die Luft nachlässt. Das wäre für den BVB ja etwas neues. Beide Schwächen gehen zu Lasten des Trainers, und beide zeigten sich beim 4:4. Zudem: mentale Stärke, etc.. scheint ebenfalls nicht die Stärke zu sein. Ich denke die Frage ist mittlerweile nur noch: Wer beerbt ihn? Und konkreter: Ist der BVB ne Nummer zu groß für Favre, oder genau richtig? Favres Stil würde passen, er könnte das. Wenn er irgendwie nicht immer zum Saisonbeginn einbrechen würde (was auch an den Abkäufen liegen mag).

EvS 27. November 2017 um 09:51

Der letzte (Ab)satz ist aber auch etwas lindneresk. Davon ab hast du natürlich recht das viel zu sehr auf Ergebnisse geschaut wird.
Was mich allgemein ein wenig bei Bosz verwundert ist allerdings wirklich die Fitness der Spieler. Hatte MR nicht noch vor der Entscheidung pro Bosz irgendwo erwähnt dass Bosz v.a. was Belastungssteuerung und Fitness der Spieler betrifft ziemlich überragend sein soll? Da scheint es ja anscheinend(!) eine gewisse Diskrepanz zu geben. Ansonsten würde ich da von seiten BVB auch nicht alles ganz so schwarz sehen. Denke am Ende der Saison wird man auf Platz 4-6 landen was dem Kader in Kombination mit den spielerschen ansprüchen die man beim BVB hat auch durchaus entspricht.

Aber davon ab ist es schon interessant den BVB von außen zu betrachten. Das für mich positive ist eigentlich dass man mit Dortmund (zukünftig) für die internationalen Spiele (#5-Jahreswertung) eigentlich so nen quasi FC Sevilla hat zumindest wenn Zorc und Watzke bleiben.

tobit 27. November 2017 um 07:47

Dortmund sollte mit der ersten Hälfte eigentlich nicht zufrieden sein. Die ersten 20-25 Minuten waren eine Steigerung gegenüber den letzten Wochen (Intensität, Absicherung, Raumbesetzung endlich wieder auf Erstliganiveau). Danach war es aber wieder Verwaltungsmodus ohne Intensität. Nach dem 2:4 und der gelbroten Karte ist man völlig auseinandergebrochen.

Zu Dogmatiker vs. Handschrift:
Man kann sicher Mal zwei, drei oder auch vier Spiele verlieren und/oder schlecht spielen. Dann muss aber irgendwann eine Reaktion kommen. Wenn man die Spiele in Serie gegen ein und den selben, simplen Plan verliert, sollte man grundlegendes an der eigenen Ausrichtung hinterfragen, nicht nur die zugegeben mangelnde Umsetzung durch die Spieler.

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koom 27. November 2017 um 08:57

Neben der fraglichen Ausrichtung scheint das aber wirklich auch und gerade ein konditionelles Problem zu sein. In der 2. HZ erzielt Dortmund seit Beginn der englischen Wochen praktisch gar kein Tor mehr (aber zumindest deutlich weniger als der Gegner). Und dazu kommt sicherlich auch, dass in der Bundesliga in der HZ gerne taktische Anpassungen an den Gegner vorgenommen werden – und darauf nicht reagiert wird.

tobit 27. November 2017 um 11:20

Warum brechen die denn erst jetzt ein? Der Saisonbeginn mit etlichen (auf einige Positionen konzentrierten) Verletzungen wäre dafür doch prädestiniert gewesen. Jetzt hat man ja eigentlich überall Rotationsmöglichkeiten.

koom 27. November 2017 um 11:24

Naja, wenn im ganzen Kader die Kondition durch zu lasches Training sinkt, dann kriegst du das auch nicht einfach wieder rein. Und Bosz hat ja durchaus sehr viel rotiert, die Probleme aber auch nicht in den Griff bekommen. Das liegt auch schon durchaus daran, dass er nicht mal EINE gute Aufstellung für sein System hat, weil da Schlüsselpositionen „falsch“ besetzt sind. Und Rotation macht das dann nicht besser.

Schorsch 27. November 2017 um 11:34

Nach meiner Beobachtung kann man dieses Spiel in folgende Phasen einteilen:

1. Die ersten ca. 25 Minuten: S04 war von den Umstellungen beim BVB völlig überrascht und überfordert; dies und die hohe Intensität des BVB-Spiels in dieser Phase (und ein wenig Glück bei den ersten beiden Toren) waren für die hohe Führung verantwortlich.

2. Ca. von Minute 25 bis zum Ende der 2. HZ: Eine Mischung aus nachlassender Intensität beim BVB, besserer Einstellung auf das BVB-Spiel bei den Schalkern. In dieser Phase wechselte Tedesco bereits zweimal aus (davon einmal wohl wegen ‚Gelb-Rot-Gefährdung‘).

3. Phase: Vom Beginn der 2. HZ bis ca. zur Minute 60: Die Umstellungen der Schalker beginnen etwas zu greifen, aber ohne allzuviel Wirkung. Gleichzeitig erhöht sich die Intensität bei BVB wieder etwas (woraus 3,4 gute Möglichkeiten des BVB resultieren).

3. Von ca. Minute 60 bis Spielende: Der völlige Einbruch des BVB-Spiels mit dem ersten Schalker Treffer. Bei allem Respekt vor der Leistung der Schalker, der von ihrem Trainer vorgenommenen Umstellungen, dem Willen der Schalker Mannschaft, den Torschützen – dieses Spiel innerhalb einer halben Stunde noch aus der Hand zu geben war nicht in erster Linie das Verdienst des S04, sondern das Totalversagen des BVB-Teams.

Dabei sehe ich nicht das ‚System‘ von Bosz oder seine Spielweise in der Hauptverantwortung. Zum einen hat Bosz für alle sichtbar deutliche Systemänderungen vorgenommen (Detailanpassungen gab es in den spilen vorher auch schon). Die Spielweise hat zudem trotz wechselnder Intensitäten auf seiten des BVB und Umstellungen als Reaktion auf den Spielverlauf bei S04 gut eine Stunde funktioniert. Mit dem Treffer zum 4:1 bekam das Spiel einen animalischen Charakter. Das hört sich vielleicht sehr dramatisierend an, aber plötzlich war der Angstschweiß der BVB-Spieler bis auf die Tribünen zu riechen. Das war wie im Dschungel. Die Versagensangst der Dortmunder war direkt greifbar und den Schalkern ist der Jagdinstinkt so richtig ins Blut geschossen.

Wenn man nur die Tore der Schalker für sich betrachtet, dann ist keines dieser Tore auf das Zurückzuführen, was man Bosz seit einiger Zeit vorwirft (System/Spielweise). Auch nicht der erste Schalker Treffer. Bei keinem Tor gab es eine Überzahlsituation für S04. Bei mindestens 3 Treffern war der BVB in Überzahl und hatte mehr Spieler hinter dem Ball. Da standen auch keine heurigen Hasen in der Defensive des BVB (vom eingewechselten Zagadou vielleicht einmal abgesehen). Dieses klägliche Abwehrverhalten ist auch nicht mit mangelnder Eingespieltheit o.ä. zu erklären/entschuldigen.

Bosz kann (und muss man vielleicht auch) in dieser Phase des Spiels vorwerfen, nicht richtig reagiert zu haben. Seine Wechsel waren (wieder einmal) eher positionstreu, Umstellungen gab es nicht. Weder wurde eine Stabilisierung der Defensive erreicht, noch gab es Entlastungen nach vorne. Das lag nicht nur an den Schalkern. Da reicht auch die Dezimierung nach der zweiten Gelben Karte Aubameyangs als Erklärung nicht aus.

Da stimmt so einiges nicht beim BVB, und das nicht erst seit heute.

ES 27. November 2017 um 12:10

Naja, selbst die ersten 25 Minuten kann man so einfach auch nicht beschreiben. Überraschung, Überforderung: In den ersten 5 Minuten kam der BVB nicht ein einziges mal in die gegnerische Hälfte, sie konnten mit dem aggressiven Pressing der Schalker gar nichts anfangen (erst recht nicht mit dem limitierten Weidenfeller). Konoplyanka hat gleich aus einer gelungenen Balleroberung eine fast 100&-ige Chance, aus der der BVB in der ersten HZ alleine zwei Tore gemacht hätten. Mit der völlig überzogenen frühen gelben Karte gegen McKennie war den Schalkern dann ein bisschen der Pressingdruck genommen, erst dann kam der BVB zu ersten Angriffen. Daraus resultiert ein Handtor, ein Eigentor und ein Konter nach einer Schalker Ecke, bei der der Schiri entscheidend im Weg stand. Strukturell hat der BVB zu diesem 3:0 recht wenig selbst beigetragen, außer eben dieser Boszsche Überfallkonterstil. Danach waren die Schalker verständlicherweise konsterniert und es lief beim BVB. Das 4:0 war dann das erste schön rausgespielte reguläre Tor. Abgesehen von vielleicht einer Viertelstunde Panik bei den Schalkern gab es den reiferen Spielansatz von Anfang an auf der blauen Seite. Klar, dass mit Goretzka und Harit dann noch mehr spielerische Qualität reinkam, die sich ab dann im Spiel durchsetzen konnte. Durch die generelle (angstgetriebene?) Luschigkeit des BVB konnte diese spielerische und taktische Klasse (Mittelfeld Meyer, Harit, Goretzka ist schon eine echte Bank) auch in Zählbares umgesetzt werden.

Bevor an einem Punkt ein Missverständnis aufkommt: Selbstverständlich gehörte Kehrer vom Platz. Jedes einzelne seiner beiden Fouls hätte schon eine rote Karte nach sich ziehen können (bei konsequent harter Auslegung), zusammen keine Frage. Und selbstverständlich wäre danach das Spiel zu Ende gewesen.

Schorsch 27. November 2017 um 12:55

@ES:
Kann man so sehen, kann man nicht so sehen. Dass bei den ersten beiden Toren Glück dabei war, schrieb ich ja. Ist für mich auch nicht der entscheidende Punkt. Primär geht es mir um das Abwehrverhalten der BVB-Spieler bei den Toren in der letzten halben Stunde. Dies hat mMn eben nichts bis wenig mit den Veränderungen im Spiel der Schalker und auch nicht mit dem Platzverweis Aubameyangs und auch nichts mit der kritisierten Spielweise von Bosz oder seinem ‚System‘ zu tun. Gut möglich, dass die Tore letztlich Ausdruck der besser angelegten Spielweise der Schalker in der 2. HZ und der Chancenentwicklung insgesamt waren. Rein wie sie fallen waren sie aber völlig unabhängig davon absolut vermeidbar, da der BVB in fast jeder dieser Situationen in Überzahl und mit mehr Spielern hinter dem Ball war (über den ersten Schalker Treffer kann man diesbezüglich diskutieren).

Die Schiedsrichterentscheidungen kann und muss man vielleicht auch diskutieren. Letztlich waren sie aber nicht ausschlaggebend für den Einbruch des BVB-Teams und auch nicht für die einzelnen Tore, die man kassierte. Für diese Tore zeichnen, bei wie gesagt allem Respekt vor den Schalker Torschützen, ganz allein die auf dem Platz befindlichen Abwehrspieler des BVB verantwortlich. So etwas von Konfusion, fehlender Abstimmung und Zuordnung in Kombination mit individuellen Fehlern habe ich selten gesehen. Da mag es Formschwächen geben, aber es handelt sich um erfahrene Nationalspieler.

koom 27. November 2017 um 13:09

> Dabei sehe ich nicht das ‚System‘ von Bosz oder seine Spielweise in der Hauptverantwortung.

Gut, du hast es präzisiert auf die 2 Dinge, das ist ok. Letztlich ist schon der Trainer verantwortlich für solche Geschehnisse, gerade vor allem dann, wenn sie sich derart häufen. Das in der 2. HZ beim BVB nix geht, ist mittlerweile fast planbar. Die konkreten Ursachen dahinter sind eine Frage für den Trainer.

Die Kondition drängt sich nachvollziehbar auf. Natürlich ist es nicht mehr zeitgemäss, nur in der Vorbereitung Kondition zu bolzen (Grundlagen kann man setzen, aber Ausdauer ist etwas, das man kontinuierlich trainieren kann und muss), aber nach den Indizien (Einbruch mit englischen Wochen und jeweils in der 2.HZ) lässt darauf schließen, dass hier schon einiges im Argen liegt.

Zusätzlich natürlich: Zur 2.HZ korrigieren viele Trainer, Bosz scheinbar nicht. Offensive des BVB wird schlechter, Defensive anfälliger, weil die Detailanpassungen des Gegners greifen. Und wenn beim BVB dann die Intensität auch nur etwas nachlässt, wird es gefährlich. Das sind Trainerthemen, ganz allgemein.

Das auch der Kader verändert gehört, scheint mir auch klar. Nach Klopp gab es da schon eine Ansage, spätestens nach dem Attentat hätte man mehr durchmischen müssen, um die Situation zu verändern. Die Verquickung von Spielerberater und Trainerberater (Sahin) ist auch ungünstig. Vor allem bei dem Hintergrund, dass bestimmte Spieler scheinbar Politik betreiben – und darin bestärkt wurden, gleich mehrfach.

Nichtsdestotrotz: Das aktuelle Tagesgeschäftsproblem liegt in des Trainers Hand. Im Guten wie im Schlechten.

FAB 27. November 2017 um 13:30

@Schorsch,
welche Umstellugnen waren das denn in den ersten 25 Minuten?
Ich habe das Bosz übliche Alles-oder-Nichts Spiel gesehen.
In den ersten 5 Minuten kam sogar Schalke näher vor das BVB Tor.
Aus irgendwelchen Gründen hat der BVB, anders als in den vergangenen Spielen, einige 1gegen1 Duelle zwischen der 5. und 25 Minuten für sich entscheiden können. Schalke ist diese 1gegen1 Duelle auch extrem übermotiviert und naiv angegangen.
Dennoch war ein 4:0 natürlich deutlich zu hoch, in dieser Phase ist dem BVB einfach alles gelungen …
Danach hat der BVB einfach das Fussball spielen eingestellt. Harit und Goretzka für di Santo und McKennie, waren ja positionstreue Wechsel, großartige taktische Veränderungen habe ich nicht gesehen, außer das es sich um die 2 besten Kicker handelte, die Schalke derzeit hat, die Tedesco einwechseln konnte Der Unterschied war aber eher die abnehmende Intensität beim BVB bereits ab der 25. Minute!!! Da kann mir keiner erklären das hätte etwas mit Fitness zu tun.
Es ist halt das Problem des Bosz Systems Alles-Oder-Nichts-Prinzips bzw. das der BVB unter Bosz nur diese Plan A hat (intensives Anrennen und hoffen auf das Gewinnen von 1 gegen 1 Duellen).
Das aktuelle BVB Spiel ist einfach nicht darauf ausgelegt, ein 4:0 einfach zu verwalten, das Spieltempo zu verschleppen, usw.
Offenbar hat man unter Bosz tatsächlich nur diesen hochintensiven Hau-Drauf-Fussball einstudiert, alles andere haben die Spieler verlernt. Die Versuche jetzt gegen Tottenham und Schalke in defensviere Phasen eintauchen zu wollen/müssen, zeigen in welchen erbärmlichen Zustand die Mannschaft wirklich steckt.
Offenbar soll es eine Fortsetzung des Trauerspiels in Leverkusen geben, nun denn …
… bis zur Winterpause kann man auch mal ganz schnell bis auf Platz 12 durchrutschen. Der BVB sollte eigentlich noch in Erinnerung haben, dass so etwas tatsächlich passieren kann.

Daniel 27. November 2017 um 17:31

@ES
Der Führungstreffer des BVB ist nach den momentanen Regeln regulär. Die Regeln muss man nicht gut finden (grad was Handspiel betrifft), aber so ist es nunmal.

@Schorsch
“ Zum einen hat Bosz für alle sichtbar deutliche Systemänderungen vorgenommen (Detailanpassungen gab es in den spilen vorher auch schon)…“
Welche Detailanpassungen gab es in den Spielen davor? Das Revierderby war das einzige BVB-Spiel der letzten Wochen, das ich über die volle Länge gesehen habe. Von Anpassungen im BVB-System hab ich in den letzten Wochen aber nichts lesen können, nicht mal hier auf sv, deswegen frag ich…

Deinen Eindruck, dass man Bosz nicht die Verantwortung geben kann, teile ich aber ehrlich gesagt immer weniger. Wenn das vorgestern ein Einzelfall gewesen wäre ok, aber hier ist doch ein Muster zu erkennen: Schon gegen Tottenham, Stuttgart, Nikosia zerbröselte der BVB mit zunehmender Spieldauer. Der Verdacht, dass hier konditionelle Probleme Schuld sind, liegt extrem nahe-und für ausreichende Ausdauer zu sorgen ist die ureigene Aufgabe des Trainers. Die einzige plausible Erklärung zu Konditionsproblemen ist, dass die gegnerischen Trainer mit zunehmender Spieldauer ihre Mannschaften immer besser auf den BVB einstellen und deshalb die Oberhand gewinnen. Und auch da müsste man mal irgendwann den Coach hinterfragen, warum hier Anpassungen im Spiel immer nur dem Gegner glücken und nie der eigenen Mannschaft. Deinen Eindruck, dass Schalke in den ersten 25 Minuten „völlig überrascht und überfordert“ war teile ich auch nur sehr teilweise.

Schorsch 27. November 2017 um 21:37

@Koom, @Daniel:

Wenn es denn stimmte, dann könnte ich jetzt erwidern: ‚Ich bin schon katholisch…‘ 😉

Flachs beiseite, dass ich Bosz sehr wohl in der ersten Reihe der Verantwortlichen sehe, was die Krise des BVB anbelangt, habe ich durchaus in diversen posts deutlich gemacht. Aber auch, dass ich ihn dort nicht alleine sehe und bei bestimmten Aspekten auch nicht in vorderster Front oder sogar gar nicht. Zu schnelle (was natürlich ein dehnbarer Begriff ist) Be-(und damit auch Ver-)urteilung ist meine Sache überdies ohnehin nicht.
@Daniel: Meine Aussagen in dem post, auf den Du Dich beziehst, sind ganz konkret auf das Abwehrverhalten der BVB-Abwehrspieler bei den Schalker Toren gerichtet. Und nur darauf. Das habe ich auch klar zum Ausdruck gebracht. Ich glaube, dass @Koom dies auch mit seiner ersten Anmerkung in seinem Antwortpost konstatiert.

Zur Frage der möglicherweise mangelnden Fitness dürfte ich hier als erster etwas geschrieben haben. Ich zitiere mich der Einfachheit halber selbst:
„In Dortmund mehrt sich die Kritik daran, dass die Mannschaft so nach ca. 6o min ausgelaugt wirkt. In der Vorbereitung hat Bosz weitaus weniger reine Konditionsarbeit anberaumt, als es Klopp und auch Tuchel taten. Die Arbeit mit dem Ball und taktische Einheiten hatten Priorität. Er begründete dies damit, so die Verletzungsanfälligkeit minimieren zu wollen. Es entspricht ja auch der ‚holländischen Philosophie‘, alles über Spielformen zu lösen. Wobei seine spezifische Spielweise ja enorm viel Kondition und Laufstärke voraussetzt. Der Beginn der Krise fällt ziemlich genau mit dem Beginn der ‚englischen Wochen‘ zusammen.“ (vom 22.11. / 20.13 h / Kommentarbereich „TEs Bundesliga-Check: Gladiolen oder Ochsenstall, Herr Bosz!“)
oder
„War die 1. HZ mit einem anderen System noch einigermaßen ansprechend, so brach die Mannschaft in der 2. HZ nach dem frühen Ausgleich durch Kane (wieder einmal nach einem dummen individuellen Fehler) quasi auseinander. Nur noch Krampf. Da liegt mehr im Argen als ’nur‘ die mangelnde Umsetzung der boszschen Spielweise.“ (22.11. / 18.32 h / ebenda).
Dito zu den fast ausschließlich positionsbezogenen Wechseln:
„Bemerkenswert fand ich, dass Bosz mit Kagawa ausgerechnet den Spieler ausgewechselt hat, der sich (nach sehr mäßigem Beginn) im Laufe des Spiels besser zurechtgefunden hat. Und warum eigentlich immer positionsgetreue Aus-/Einwechselungen? Was soll ein Castro in seiner momentanen Verfassung bewirken können? Eine Reaktion auf Umstellungen bei den Spurs war es jedenfalls nicht nach meiner Beobachtung.“ (22.11. / 20.46 / ebenda).

Wobei: Wenn man sich (wettbewerbsübergreifend) die letzten 10 Spiele anschaut, so ist es dem BVB in den sieben Spielen, in denen er in Führung ging, nur im Pokal gegen den Drittligisten Magdeburg gelungen, diese Führung auch zu halten. MMn ist die Ursache hierfür nicht nur im Fitnesszustand der Mannschaft zu suchen.

@Daniel:

Zu Deiner Frage:

Bosz hat durchaus in einigen Spielen im Verlauf des Matches die Formation geändert in ein 3-Raute-3. Gegen Totenham war es eher ein 4-1-4-1 und gegen den VfB hat er den 6er-Raum eher enger besetzt gehalten. Auch hat er zuletzt Weigl tiefer positioniert. Habe ich in o.g. Kommentarbereich auch geschrieben: „Dass Weigl gestern im Vergleich zu den vorherigen Spielen stärker war lag mMn am geänderten System. Er spielte etwas tiefer, dadurch war auch der Abstand zur IV nicht so groß wie zuvor. In der 2. HZ wurde er aber auch immer schwächer. 22.11. / 20.46 h).
Im Artikel “ Was reicht, um Dortmund zu besiegen… …und wie der BVB dagegen eigentlich trotzdem Lösungen findet.“ geht ES auf einige Detailänderungen etwas näher ein; insbesondere im Abschnitt „Absicherungsfragen“.

Klar war, dass nach dem Spiel gegen die Spurs und dem Derby die weitere Zukunft Boszs bei BVB feststehen würde. Die Äußerungen Watzkes auf der Mitgliederversammlung hörten sich in meinen Ohren eher dem Vesuch an, Zeit zu gewinnen. Zeit, bis eine Nachfolgeregelung auf der Trainerposition fixiert worden ist und (nach einer Demission Boszs) verkündet werden kann. Ich persönlich sehe es so, dass man beim beim BVB nun nicht sofort einen ‚verfügbaren‘ Trainer verpflichten möchte, sondern aus den verschiedensten Gründen zum 01.07. 18. Die Rückrunde, vielleicht auch schon die letzten Spiele der Hinrunde, wird man mMn mit einer Art Interimstrainer bestreiten. Wobei das Verhältnis zu Favre möglicherweise mittlerweile abgekühlter ist, als ich es gedacht hatte. Ihn scheint man eher weniger im Auge zu haben.

koom 28. November 2017 um 09:36

@Schorsch: Vermutlich ist es eine Mischung an Problemen. Langsam schwächer werdende Kondition wird ein Punkt sein. (Böse) These: Bosz kennt die Bundesliga zu wenig und unterschätzt den physischen Anspruch von dieser. Er trainiert auch Ausdauer, aber zu wenig. Generell wird ja kolportiert, dass er relativ wenig trainieren lässt.

Dazu eben: Wenn du anfängst, sehr regelmässig sehr leichte Gegentore zu fangen und das nicht in den Griff bekommst, dann verringert das Selbstbewusstsein und Vertrauen. Ich denke schon, dass die Ursache in Bosz‘ System liegt, aber eher daran, dass man es immer weniger befolgt – und seien es nur einzelne Spieler. Ein System, dass so hochstehend und mutig agiert, muss von allen befolgt werden, oder es zerbricht. „Begünstigt“ wird das ganze durch die nicht passenden Spielertypen. Es fehlen kämpferisch-spielerisch gute 8er, ein ebensolcher 6er und idealerweise auch ein Mittelstürmer, der eher als Wandspieler agiert.

Ich glaube nicht, dass das Attentat noch wirklich damit was zu tun hat. Ich kann mir eher vorstellen, dass der Tuchel-Abgang in der Mannschaft ein paar Gräben gebildet hat. Auch die werden nicht essentiell dafür verantwortlich sein.

Letztlich liegt die Hauptschuld schon bei Bosz. Er kann seine Mannschaft nicht dazu bringen, sein System durchgängig zu spielen. Die Aufgabe ist aber auch schwer durch den eher unpassenden Kader. Ergo kann man auch Zorc/Mislintat da einen Anteil geben: Der Trainer passte nicht zum Kader und umgekehrt. Man hätte Bosz 1-2 Spieler gewähren müssen, die er für eine bessere Umsetzung braucht. Das man sich durch Platz 3 und Pokalsieg und einem sündteuren Kader blenden ließ, kann natürlich passieren.

ES 28. November 2017 um 12:12

@Daniel Gerade nach den aktuellen Auslegungen sprechen alle Indikatoren für strafbares Handspiel: Vergrößerung der Körperfläche, aktive Bewegung zum Ball (sowohl in einer minimalen Bewegung der Hand als auch verstärkt durch den ganzen Körper, der in den Ball rutscht), unnatürliche Handbewegung ( ich persönlich finde, dass erhobene Hände beim Rutschen zwecks Ausbalancierung durchaus eine natürliche Handbewegung darstellen, aber die Auslegung in allen anderen Fällen (z.B. Naldo beim Elfer der Bayern gegen Schalke) spricht immer von unnatürlicher Handbewegung). Ich habe auch die Regel weder erfunden noch kann ich immer die Auslegungen nachvollziehen, aber nach Vergleich mit allen anderen Fällen und Entscheidungen ein klares Handspiel.

Im Übrigen ist es ja Schade, dass Aubameyang die Hand brauchte. Denn der ganze Spielzug war sehr schön vorgetragen (kombinatorischer Durchbruch links, Verlagerung nach rechts, schnelles Spiel in den Strafraum etc.) und hat durchaus ein reguläres Tor verdient. Daher sei das Tor von Herzen gegönnt.

Drittens kam mir das Handspiel rhetorisch zu pass („ein Handspiel, ein Eigentor, ein im Weg stehender Schiri“), um zu unterstreichen, dass der BVB in dieser Phase auch viel Glück hatte, und es nicht allein die Überforderung der Schalker war. Gönn mir bitte daher das kleine Handspiel, wenn es denn meine Argumente rettet. 

Daniel 28. November 2017 um 15:06

„Drittens kam mir das Handspiel rhetorisch zu pass („ein Handspiel, ein Eigentor, ein im Weg stehender Schiri“), um zu unterstreichen, dass der BVB in dieser Phase auch viel Glück hatte, und es nicht allein die Überforderung der Schalker war. Gönn mir bitte daher das kleine Handspiel, wenn es denn meine Argumente rettet. “
Zu deinem Trost: ich seh das bis auf die Sache mit dem Handspiel genauso. Find auch nicht, dass Schalke deutlich unterlegen war 😉

Zum Thema: Die Regeln sagen zum Thema Handspiel „Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm berührt.“ Das entscheidende Wort ist hier absichtlich, alles andere sind Hilfskriterien. Es steht sogar explizit in den Regeln „das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen“. Der Ball kommt aus kürzester Distanz, Aubameyangs Hand geht nicht zum Ball und die Armhaltung ist im Rutschen denk ich nicht unnatürlich. Insofern seh ich hier keinerlei Grundlage, Aubameyang ein absichtliches Handspiel zu unterstellen. Allerdings wird beim Thema Hand derart viel Unsinn gemacht, dass es bestimmt auch Schiedsrichter gibt die das abgepfiffen hätten, was aber für mich eine klare Fehlentscheidung gewesen wäre. Der Naldo-Elfmeter gegen Bayern ist leider nur ein Beispiel für die oftmals seltsame Auslegung dieser Regel.

CHR4 25. November 2017 um 03:16

ich werfe dazu mal folgende These in den Raum:
in Deutschland bekommen Trainer, die keine große Profi-Karriere absolviert haben aus folgenden Gründen eine Chance:
– die Fußballlehrer-Ausbildung ist mittlerweile auf einem anständigen Niveau und besser als in anderen Ländern
– die Landessprache zu sprechen ist oft ein großer Vorteil
ergibt zusammen: Vorteil für gut ausgebildete deutsche Trainer besonders in Deutschland
– eine Profikarriere ist zwangsläufig gleichbedeutend mit großem Spielverständnis, mitunter reicht es seine Aufgabe auf dem Platz solide zu erfüllen, das kann aber teilweise auch automatisiert (ohne groß drüber nachzudenken) funktionieren – bekommen Spieler ihre Aufgabe ausführlicher erklärt, haben sie dann auch zumindest auf ihrer Position und drumherum etwas mehr bewußtes taktisches Verständnis – einen Überblick über das große ganze und taktisches Gespür dafür haben aber nur wenige Profi (auf einige würde ich mich als Trainer sehr freuen … 😉 )
– Erfahrung was Teamführung und Psychologie kann man auch in Nachwuchsteams sammeln

Vielen Dank für dieses Interview! – in diese Richtung würde ich mir Interviews vor und nach nem Spiel wünschen …

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HW 26. November 2017 um 14:50

Was die Erfahrung oder das Gespür auf dem Feld betrifft, denke ich, dass einige Spieler durch ihr Training intelligenter wirken als sie sind.

Antrainiertes Verhalten gibt den Eindruck, diese Spieler seien besonders schlau. Wenn sie aber intuitiv handeln (was auf dem Feld ein Vorteil sein kann), dann können sie diese Fähigkeiten vielleicht nicht so einfach anderen Spielern vermitteln.

Soll heißen: Auch Trainer sein will gelernt werden.
Es gibt Spieler die schon zu ihrer aktiven Zeit in Jugendmannschaften den Co-Trainer geben. Und auch die Erfahrung in der Kabine und mit dem Leistungsdruck kann ein Vorteil sein. Aber besonderes Talent auf dem Platz ist nicht zwingend ein Vorteil um Trainer zu werden. Natürlich gibt es Ausnahmen wie Zidane oder Guardiola. Aber es gibt eben auch genug Gegenbeispiele.
Genauso machen nicht alle „Quereinsteiger“ eine super Trainerkarriere. Aber das wird wahrscheinlich auch nicht erwartet.

Antworten

FAB 27. November 2017 um 13:52

@CHR4,
ich würde noch einen weiteren Punkt hinzunehmen.
Die Trainer die in der Hennes-Weisweiler-Akademie ausgebildet werden, haben eine ähnliche Philosophie verinnerlicht, wie die Spieler die in einem deutschen Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet wurden.
Das ist, glaube ich der entscheidende Grund, warum Trainer wie Nagelsmann, Tedesco und Kohfeldt so gut in der Bundesliga funktionieren können.
Es wird spannend zu sehen wie sich das weiterentwickelt. Vielleicht müsste der DFB noch eine vergleichbare Ausbildung für Sportmanager anbieten!
Auch hier scheint es akuten Nachholbedarf in der Bundesliga zu geben …

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Izi 4. Dezember 2017 um 08:54

Dass ein Trainer solch detaillierte Antworten gibt, ist in der Form schon neu. Offensichtlich hat Tedesco gemerkt, dass ihm Fachleute gegenüber sitzen und nicht die üblichen Sportreporter…😉
Dass Spieler in Entscheidungsprozesse eingebunden werden und mit dem Trainer zusammen den Matchplan entwerfen, ist nicht neu: Das hat Victor Maslov schon vor 70 Jahren mit seinen Teams gemacht (mit großem Erfolg übrigens)…

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Hank 24. November 2017 um 12:44

Sehr gutes Interview! Gerne mehr so Einblicke.

(Was auf die Schnelle gerade auffiel: „Reden ihr Trainerteam untereinander mit einer anderen Fachsprache als mit den Spielern?“ – „Redet“ wäre richtig, oder?)

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Zerstreuung-Fußball 24. November 2017 um 11:40

Sehr spannendes Interview. Gerade das Thema Pressingsignal finde ich interessant, wenn es um die Charakterisierung einer Mannschaft geht. In welcher Situation gehen die Spieler ins Pressing. Wie schaffe ich es das Spiel des Gegners so zu leiten, dass diese Situation häufig entsteht.
Im Gegenzug stellt sich beim Gegner die Frage: Wie kann ich verhindern, dass es zu dieser Situation kommt und wie reagiere ich, wenn es dazu kommt. Kann es vielleicht sogar ein Ansatz sein das Pressingsignal des Gegners bewusst auszulösen, um ein aggressives Herausrücken zu provozieren und dann mit eingeübten Spielzügen das gegnerische Pressing auszuhebeln und große Freiräume zu erspielen?
Wisst ihr inwiefern gerade die letzte Frage ein Thema bei Trainern ist, oder wäre das schon ein bisschen zu abstrakt?

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LM1895 24. November 2017 um 12:44

Zu letzterem: So wie ich das hier lese und auch in Spielen sehe wird das bei vielen Trainern bewusst gemacht, ja. Das gehört eigentlich zur normalen Vorbereitung auf die gegnerische Defensivtaktik (oder sollte es zumindest). Als Trainer guckt man ja schon „wie verteidigt der Gegner?“ und dazu gehört auch wie er presst. Besonders auffällig finde ich das zum Beispiel am Bespielen der aktuell so beliebten Fünferketten-Typen: gezieltes Bespielen des Herausrückens des Wingbacks. Gilt aber auch für alle anderen Pressingmechanismen…

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rb 24. November 2017 um 13:34

Ja, Zerstreuung-Fußball, das wird teilweise sogar angewendet. Ich erinnere mich an ein Video/eine Fotosequenz auf Twitter von Ramalho bei RB Salzburg: Ramalho spielt bewusst scheinbar unfeine Pässe, die aber genau so gespielt sind, dass sie bei aggressiven Herausrücken gerade nicht erreicht werden. Der Gegner wird also gelockt, öffnet Lücken und genau da kommen dann die Folgepässe nach Rückklatschen des Balles hin. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, Roger Schmidt hat das mit Ramalho auch bei Leverkusen ein bisschen angewendet. Mal schauen, vielleicht finde ich die Bilder noch einmal.

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Zerstreuung-Fußball 24. November 2017 um 16:23

Das klingt ziemlich interessant. An absichtlich ungenau gespielte Pässe hatte ich gar nicht gedacht.
Ein sehr typischer Pressingauslöser ist ja häufig der Pass vom Innenverteidiger auf den Außenverteidiger. Zumindest bin ich als Freiburg-Fan gewöhnt, dass nach diesem Pass der Ballgewinn forciert wird und das ganze Team ziemlich weit in Richtung Ball schiebt. Ist aber meiner Wahrnehmung nach ziemlich weit verbreitet. (an LM1895: Meintest du das mit dem Bespielen des herausrückenden Wingbacks?)
Bsp.: Am Wochenende war es genau so eine Situation, in der Wolfsburg das 1:0 geschossen hat. Stenzel rückt raus und will bis zu Tisserand durchlaufen. Tisserand spielt dann einen langen Ball auf Gomez, der zu Malli prallen lässt. Durch das Aufrücken von Stenzel hat Malli auf seiner linken Seite ziemlich viel Platz und kann praktisch bis zum Strafraum durchlaufen.

Ich war mir etwas unsicher ob solche Situationen geplant oder nur auf die Gedankenschnelligkeit von Spielern zurückzuführen sind. (Sicherlich eine Mischung aus beidem.)
Das Interview und eure Antworten überzeugen mich aber, dass das einfach zu einer guten Gegnervorbereitung dazugehört.

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LM1895 25. November 2017 um 09:10

Ja, im Prinzip meinte ich genau solche Situationen und wie du schon sagst, wird der Ballgewinn ja wegen des verengten Raums häufig auf dem Flügel gesucht. Deshalb das Beispiel mit den Wingbacks, zumal die ja häufig weite Wege haben und die Situation so meist recht auffällig ist 😉

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kalleleo 24. November 2017 um 11:31

Gleich einer der ersten Sätze: Das Wichtigste ist […] auf dem Platz. 😀

Sehr interessantes Interview!

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Flo Kno 24. November 2017 um 11:30

Super Sache, danke! 🙂

Antworten

Spinoza 24. November 2017 um 11:00

Es bleibt dabei: Spielverlagerung .de is das wichtigste fussball-Portal. Danke an Tobi und domenico!

Antworten

ES 24. November 2017 um 10:52

Absolut tolles Interview. Und eine Super-Ergänzung zum Interview auf halbfeldflanke. Diese Frage, wie setzt er denn konkret seine Spielideen um, hat mir bei halbfeldflanke etwas gefehlt (wobei es dort dann den Rahmen gesprengt hätte).

Wird das eine Interviewserie? Seid Ihr auch dabei, wenn Michiel de Hoog (wie anzunehmen) auch in Hoffenheim und Stuttgart einen Termin hat?

Antworten

TE 24. November 2017 um 13:56

Eine Interviewserie ist nicht geplant, nein. Ich bin jetzt mal vollkommen transparent: Dieses Interview kam hauptsächlich deshalb zustande, weil Michiel de Hoog mich netterweise dazu geholt hat. Wir beide versuchen schon seit einer halben Ewigkeit, ein ähnliches Gespräch mit Tuchel zu führen. Kurz bevor es geklappt hat, hat Dortmund ihn leider entlassen, seitdem klappt es nicht. Nagelsmann haben wir von Spielverlagerung.de angefragt, aber natürlich eine Absage erhalten. Ich habe auch immer mal wieder Leute angefragt, die eigentlich außerhalb unserer Reichweite sind. Der Einzige, der zugesagt hat, war Lothar Matthäus, und das ist auch schon wieder fünf Jahre her. Also wird es so schnell erstmal keine Weiterführung dieses Formats geben, ehrlich gesagt.

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dingens 24. November 2017 um 16:49

Einfach abwarten bis RM seinen Weg bei Red Bull gegangen ist, und zack hat man schon seinen nächsten hochkarätigen Interviewpartner. 😉

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koom 24. November 2017 um 17:36

Staubsaugervertretermentalität: Immer wieder probieren. Es ist auf jeden Fall sehr schön, wenn es mal klappt, wie man an diesem Interview sieht. Persönlich finde ich es vor allem gut, weil es alles etwas „nahbarer“ macht.

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Cheffe 24. November 2017 um 23:55

Jetzt muss ich ganz naiv fragen: von Nagelsmann habt ihr „natürlich“ eine Absage erhalten…
in dem Sinne, dass er „außerhalb eurer Reichweite“ steht oder weil er sich nicht so in die Karten schauen lassen wollte? Wobei das beides doch eigentlich auch für Tedesco zuträfe, auch wenn er noch mehr dem Newcomer-Typus entspricht.

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idioteque3 25. November 2017 um 02:07

Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass Nagelsmann ja alle Bemühungen unternimmt, um nicht in die Schublade „Laptoptrainer“ gesteckt zu werden. Da ist es ja schon ganz schön, dass solche Schubladen Tedesco anscheinend relativ egal sind. Er hat ja auch einem im Vergleich zu spielverlagerung.de recht obskuren, aber schalkebezogenen Taktikportal (halbfeldflanke.de) ein Interview gegeben, das ebenfalls sehr lesenswert ist.

Antworten

ES 24. November 2017 um 17:19

Spricht ja dann auch wieder für Tedesco, dass er für solch „unwichtige“ Vertreter der Öffentlichkeit Zeit hat, jedenfalls offenbar keine Selbstverständlichkeit

Antworten

Mr. Toast 27. November 2017 um 13:05

Es war ja sogar andersrum. Tedesco ist auf den Halbfeldflanke-Autoren zugegangen, um sich mal mit ihm zu unterhalten. Macht ihn meiner Meinung nach noch besonderer/symphatischer.

Antworten

blub 24. November 2017 um 10:50

<3 <3 <3

Antworten

Dr. Acula 24. November 2017 um 10:20

Hoch interessant, danke dafür. Hättet ihr dieses Interview auch online gestellt, wenn Schalke grad im Abstiegskampf stecken würde statt im Höhenflug?

Antworten

Tobias 24. November 2017 um 10:55

Naja, Interviews über das taktische Verständnis eines Abstiegstrainers sind mMn wesentlich uninteressanter als die eines Trainers der weiter oben mitspielt. Aus einem ganz einfachen Grund: Erfolg gibt Recht. Tedesco ist nicht nur überzeugt von seiner Herangehensweise, sondern zeigt auch Woche für Woche dass er richtig liegt.

Antworten

TE 24. November 2017 um 13:51

Du, wir bekommen jetzt nicht so viele Interviews mit Bundesliga-Trainern, dass wir angewidert sagen: „Abstiegskandidat? Nö, den interviewen wir nicht!“ Wir sind froh über solche Gelegenheiten. Es wäre in dem Fall wohl eher umgekehrt: Keine Presseabteilung würde uns solch ein Interview vermitteln, wenn das Team gerade in akuter Abstiegsgefahr ist.

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HW 24. November 2017 um 18:21

Nein, dann hätten sie die Zeit das Interview vorzubereiten, zu führen und dann zum Artikel zu machen natürlich als vergebene Liebesmühle verschenkt und das vorhandene Interview nicht veröffentlicht. Wir wissen ja, dass alle guten Reporter ihre schon geschriebenen Artikel nur dann veröffentlichen wenn das Team Erfolg hat.

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ES 24. November 2017 um 20:27

In dem Fall wäre die Reaktion auf das Interview voraussehbar: Ist ja klar, warum die Mannschaft so weit unten steht: Der lässt seinen Achter machen, was der will und unterstützt auch noch dessen Faulheit! Rauf auf den Hügel der Leiden mit Beiden!

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