Hamburgs langer Weg in die Krise
Die Entlassung Michael Oennings wirft rund um den Hamburger Sportverein einige weitreichende Fragen auf. Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit des Kaders wurden formuliert, der neue Sportdirektor Frank Arnesen steht schon nach wenigen Monaten in der Kritik. Dabei muss er zwei Jahre unzureichende Arbeit im sportlichen Bereich beheben, dazu fand der Trainer Oenning kein klares Spielkonzept, sodass die Mannschaft nach nun sechs sieglosen Spielen im Tabellenkeller festhängt.
Der Ursprung allen Übels
Die fehlende bzw. nicht-adäquate Besetzung des wichtigsten Postens im sportlichen Bereich über zwei Saisons hat den Hamburger SV in eine tiefe sportliche Krise gestürzt. Mit dem neuen Sportdirektor Frank Arnesen kamen viele neue Spieler von dessen Ex-Verein Chelsea F.C., der Erfolg blieb aber zunächst aus. Nach nur einem Punkt in sechs Spielen zog Arnesen die Reißleine und entließ Cheftrainer Michael Oenning. Bis ein Nachfolger gefunden ist, übernimmt zunächst U23-Coach Rodolfo Cardoso die verunsicherte Mannschaft.
In diesem Beitrag soll der aktuelle Niedergang des HSV untersucht werden, angefangen mit der Auflösung des Vertrages mit Dietmar Beiersdorfer, endend mit dem aktuellen Tiefpunkt nach der Entlassung Oennings.
Wie alles begann
Der aktuelle Niedergang des Hamburger Sportvereins war in dieser Form nicht abzusehen. Noch im Frühjahr 2009 tanzte man auf drei Hochzeiten, war im Halbfinale des DFB-Pokals, des UEFA-Cups und hatte zudem noch gute Chancen auf den Meistertitel. Doch am Ende der Saison stand man mit leeren Händen da, weil man von den vier Partien gegen Werder Bremen innerhalb von 19 Tagen drei verlor und damit sämtliche Titelchancen verspielte.
Zusätzlich zu den möglichen Titeln verlor der HSV in dieser Saison auch seine sportliche Kompetenz, als Dietmar Beiersdorfer den Verein als Folge eines lange schwelenden Konflikts mit dem damaligen Vereinsboss Bernd Hoffmann verließ. Die Suche nach einem Nachfolger für den Ex-Profi Beiersdorfer sollte fast zwei Jahre dauern.
Fast zwei Jahre ohne sportliche Kompetenz – Ein einmaliger Irrweg
Der berühmt-berüchtigte Hamburger Aufsichtsrat wollte bei der Suche nach einem geeigneten Sportdirektor keinen Schnellschuss machen und ließ sich bewusst Zeit. Potenzielle Kandidaten waren Bernd Wehmeyer, Stefan Reuter, Christian Hochstätter, Oliver Kreuzer und Roman Grill. Diese mussten von einer externen Firma durchgeführte Stresstests bestehen und Rollenspiele spielen. Die sportliche Kompetenz konnte jedoch weder die externe Firma noch der Aufsichtsrat so richtig bewerten.
Dennoch setzten sich bei den Tests Kreuzer und Grill durch, sodass diese zu einem entscheidenden Gespräch in die Firmenzentrale bestellt wurden. Nach der kurzfristigen Absage Kreuzers (per SMS) wurde auch Grill abgesagt, sodass der HSV zunächst weiter ohne Sportdirektor dastand. Die Kaderplanungen für die schon laufende Saison waren bis dahin schon lange abgeschlossen, durchgeführt vom damaligen Cheftrainer Bruno Labbadia und Vorstandschef Hoffmann.
Die Suche nach einem neuen Sportdirektor sollte auch im weiteren Verlauf noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die gesamte Spielzeit 2009/10 blieb der Posten vakant, bis Hoffmann ihn praktisch übernahm und sich für die Transfers verantwortlich zeigte. Verschiedene Kandidaten wie Martin Bader und Horst Heldt kamen nicht in die Hansestadt, auch die geplante Verpflichtung von DFB-Chefscout Urs Siegenthaler platzte nach langem Hin und Her, genauso wie Nico-Jan Hoogma absagte und HSV-Ikone Sergej Barbarez fünf Minuten vor der geplanten Ernennungssitzung abgesagt wurde.
So wurde schließlich Ex-Profi Bastian Reinhardt verpflichtet, der nach der überraschenden Absage Siegenthalers den Hamburger SV zunächst alleine steuern sollte. Nachdem Hoffmann Günther Netzer nicht von einem Engagement überzeugen konnte und Jan Schindelmeiser nicht den Zuschlag bekam, fiel die Wahl schließlich auf DFB-Sportdirektor Matthias Sammer. Doch als dieser am 21. Januar 2011 ebenfalls absagte, stand der HSV vollends im Regen.
Erst zu Beginn dieser Saison konnte die Lücke durch die Verpflichtung Frank Arnesens geschlossen werden, Reinhardt rückte zurück ins zweite Glied, um die nötigen Erfahrungen zu sammeln, damit er eines Tages gut vorbereitet einen Manager- oder Sportdirektorposten angehen kann.
Kaderzusammensetzung – Der HSV ist führungslos
Auch wenn lange Zeit anders dargestellt, tummeln sich im aktuellen Kader des Bundesliga-Dinos immer noch 18 aktuelle bzw. Ex-Nationalspieler. Doch dass dies alleine keine Erfolge verspricht, dürfte jedem klar sein. Vor der Saison wurde der Kader aufgrund der angespannten finanziellen Situation ausgedünnt, erfahrene (Führungs-)Spieler verließen den Verein und wurden durch vornehmlich junge Neuzugänge ersetzt.
Doch nicht nur sportlich hinterließen die namhaften Abgänge wie Torhüter Frank Rost, Zé Roberto, Ruud van Nistelrooy oder Joris Mathijsen eine Lücke. Auch das Mannschaftsgefüge verlor einen Großteil seiner Anführer, derer die vorangingen und, wenn notwendig, unbequeme Wahrheiten aussprachen. Bis sich ein neues Gefüge bildet, vergeht naturgemäß einige Zeit.
Die Hamburger Verantwortlichen forderten von Spieler wie Aogo oder Jansen einen Entwicklungsschritt hin zum Führungsspieler, den diese jedoch (noch) nicht machen konnten. So bleiben nur Kapitän Heiko Westermann und Ex-Kapitän David Jarolim als Führungsspieler zurück. Doch diese befinden sich im konstanten Leistungstief, haben den Zenit im Falle Jarolim bereits überschritten und laufen der Entwicklung hinterher.
Westermann fehlen des Weiteren die technischen Fähigkeiten, um den spielmachenden Innenverteidiger zu geben und Jarolim ist, auch wenn er sich noch so sehr bemüht, ganz einfach kein defensiver Mittelfeldspieler moderner Prägung.
Und so zeigt sich ein generelles Problem in der Kaderzusammensetzung des HSV: Die wenigen verbliebenen Spieler mit Führungsanspruch können diesen nicht mit Leistung untermauern, Jansen und Aogo sind noch nicht bereit für den Schritt zum Führungsspieler. So kommen die vielen Neuzugänge in eine völlig durcheinander gewirbelte Mannschaft ohne wirkliche Führungspersönlichkeit.
Eine flache Hierarchie, wie sie in vielen Mannschaften derzeit praktiziert bzw. gefordert wird, scheint beim HSV kein Thema zu sein. So bleibt letztlich nur der Trainer, der die Richtung vorgibt und vorangeht – warum dies beim HSV nicht passierte, dazu später mehr.
Frank Arnesens Einkaufspolitik
Neu-Sportdirektor Arnesen kam mit vielen Vorschusslorbeeren nach Hamburg. Bei PSV Eindhoven und beim Chelsea FC hatte er sehr gute Arbeit geleistet, viele Wegbegleiter schwärmten von seiner Gabe, Talente zu entdecken. Damit war er anscheinend genau der richtige Mann, um den überteuerten und überalterten HSV-Kader in die moderne Zeit zu führen.
Durch die erwähnten Verkäufe älterer Spieler sahen sich viele Anhänger darin bestärkt, dass ihr Verein nun endlich auch den Weg mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern gehen würde. Das Durchschnittalter der Hamburger Neuzugänge betrug 22,1 Jahre, womit die geforderte Verjüngung erfolgreich war. Viele Fans waren auch angetan von der Tatsache, dass Arnesen mehrere Spieler aus der englischen Hauptstadt mitbrachte.
Am Ende der Transferperiode hatte der Däne fünf Spieler seines Ex-Vereins verpflichtet. Am Anfang schien es, als ob die Mehrheit der deutschen Medienwelt diese Transfers positiv auslegte, kamen die Spieler doch von einem Klub mit Weltformat. Mit der Zeit jedoch drehte sich der Wind, mit jeder Niederlage wurden die Stimmen lauter, die nicht nur Michael Oenning ins Visier nahmen, sondern auch den „inspirationslosen“ Arnesen.
Da die Neuzugänge aus der Premier (Reserve) League nur vereinzelt überzeugten, mehrten sich zuletzt die Stimmen derer, die behaupteten, dass Arnesen die Bundesliga schlicht und einfach unterschätzt habe. Jedoch ist es zu früh, ein Urteil über die Transfers dieser ersten Transferperiode des Dänen beim HSV zu urteilen. Und es ist ebenfalls zu früh die Neuzugänge als Fehleinkäufe abzustempeln.
Um die Einkäufe fair bewerten zu können, müssen sie die Chance bekommen, in einer funktionierenden Mannschaft mit klarem System zu spielen. Da dies in den bisherigen Saisonspielen unter Oenning nicht der Fall war, ist eine faire Bewertung der Neuzugänge noch nicht möglich, zumal eine solche nach sechs Spieltagen ohnehin verfrüht wäre.
Michael Oenning – ein schlechter Trainer?
Beinahe direkt nach der Entlassung in Hamburg erschienen mehrere kritische Berichte über die Trainingsarbeit Oennings, seinen Umgang mit Spielern, Fans und Medien und seine Spieltaktiken. So soll er zum Beispiel stets als einer der Letzten zum Training und mit leeren Händen zu einem Gespräch mit dem Vorstand über sein Konzept gekommen sein.
Außerdem werden bei Oenning die typischen Argumente nach jeder Entlassung vorgebracht: fehlende Autorität im Team, uninspirierte Trainingsarbeit, Taktikfehler. Jedoch sind diese Kritikpunkte in Oennings Fall wohl weitaus weniger pauschal formuliert als in vielen anderen Fällen. Da die Autorität im Team nur daran beteiligte Personen beurteilen können fällt dieser Punkt bei unserer Analyse weg, die uninspirierte Trainingsarbeit wurde von mehreren HSV-Insidern bestätigt. Verglichen mit seinen Vorgängern und Kollegen in der Bundesliga hinkte Oenning in Sachen Trainingsinnovation und –steuerung deutlich zurück. Die vielen Taktikfehler Oennings werden nachgehend noch ausführlich behandelt.
Wie Michael Oenning Cheftrainer in Hamburg wurde
Nachdem der Münsterländer Oenning bei seiner ersten Profistation als Cheftrainer, dem 1. FC Nürnberg, am 21. Dezember 2009 beurlaubt wurde, wurde es zunächst ruhig um ihn. Anstatt wie viele andere im ersten Anlauf Gescheiterte direkt wieder einen Cheftrainerposten zu übernehmen, entschied sich Oenning, zur Saison 2010/11 als Assistent des neuen HSV-Trainers Armin Veh zu agieren.
Nach einer enttäuschend verlaufenen Hinserie und misslungenem Start in die Rückrunde stieg der Co- zum vorläufigen Cheftrainer auf. Nur drei Tage nach der Ernennung Oennings wurde der bisherige Vorstandsvorsitzende Hoffmann durch das vorherige Aufsichtsratmitglied Carl-Edgar Jarchow ersetzt. Dieser rief in Abgrenzung zu Hoffmann Kontinuität in der sportlichen Führungsebene aus und hielt trotz durchwachsender Ergebnisse an ihm fest.
Der neue Sportdirektor Arnesen favorisierte zunächst eine externe Trainerlösung, ließ sich schließlich aber von Oenning überzeugen. So konnte man frühzeitig die Planungen für die neue Saison beginnen, zumal der Däne erst ab dem 1. Juli seinen Dienst antreten und somit erst relativ spät mit den Kaderplanungen beginnen konnte. Man muss jedoch auch erwähnen, dass mit dem aktuellen Köln-Trainer Solbakken Arnesens Wunschkandidat abgesagt hatte, sodass Oenning zumindest nicht vollends überzeugt haben konnte.
Oenning scheitert am Umbruch
Von allen Verantwortlichen wurde in für HSV-Verhältnisse ungewöhnlicher Einigkeit die Schwierigkeit des geplanten Umbruchs kommuniziert. Man sprach den handelnden Personen das Vertrauen aus, rechnete Rückschläge mit ein und sprach von einer gewissen Anlaufzeit, die eine neu zusammengewürfelte Truppe nun einmal benötige, um sich zu finden.
Doch genau in diesen Worten zeigt sich das Kernproblem des HSV. Sportdirektor, Trainer und Mannschaft bildeten eine Zweckgemeinschaft, nicht mehr und nicht weniger. Der Trainer war nicht der Wunschkandidat Arnesens gewesen, man hatte sich jedoch arrangiert. Ebenso war es zwischen der Mannschaft und dem Trainer. Zwar hatte Oenning als Co-Trainer eine gute Beziehung zu den Spielern aufgebaut, er konnte diese aber in den letzten Saisonspielen der vorherigen Saison kaum von seinen Qualitäten als Cheftrainer überzeugen.
Die verjüngte Mannschaft benötigte in der zur „Findungsphase“ deklarierten ersten Saisonphase Sicherheit und Führungsstärke, beides war Oenning nicht imstande zu geben. Seine Kommunikation über die Medien änderte sich immer wieder, innerhalb einer Woche veränderte er seine Aussagen von „Wir benötigen noch Zeit“ zu „Geduld und Zeit brauchen wir nicht mehr“.
Damit folgte er wohl internen Vorgaben, wonach der HSV vorm Nordderby gegen Bremen selbst den Druck erhöhen wollte. Doch wirkte der Trainer an der Seitenlinie und bei den Mediengesprächen eher ratlos, wie man der leidenschaftslosen Mannschaft neues Leben einhauchen könne.
Zudem verlor Oenning selbst, in seinem Bestreben das Image des „klavierspielenden Germanisten“ loszuwerden, an Kontur. Für die Medien wirkte er farblos, sogar emotionslos, auch äußerlich verabschiedete er sich von seinem Kinnbart und den langen Haaren. Bloß nicht zu sehr aus der Reihe tanzen, schien hier die Devise zu sein. Dabei hätte den Hamburgern in der Umbruchsphase ein mutigerer, draufgängerischerer Trainer wahrscheinlich besser zu Gesicht gestanden.
Durch seine Farblosigkeit verloren die Medien das Interesse an der Person Oenning, schrieben stattdessen lieber kritisch über ihn als Trainer und nahmen verstärkt seine Spieler aufs Korn. Statt wie die Großen seiner Zunft den Druck auf sich zu bündeln, so wie es beispielsweise auch Stale Solbakken in der äußerst kritischen Phase in Köln tat, stand der Trainer eher abseits des öffentlichen Interesses. Die einzig große Frage war eigentlich nur, wann der Verein die Reißleine ziehen würde.
Einige wenige sahen bei einer Beurlaubung Oennings den Umbruch als solchen in Gefahr oder forderten sogar dessen Abbruch. Die Mehrheit der deutschen Experten war jedoch der Ansicht, dass nicht der Umbruch gescheitert war, sondern lediglich Michael Oenning an eben jenem.
Und so erscheint dieser Trainerwechsel in einem anderen Licht als viele der vorhergegangenen beim HSV. Hinterfragt werden kann die Entscheidung, mit Oenning als Cheftrainer in die Saison zu gehen, der Trainerwechsel so früh in der Saison war allerdings richtig. Denn nicht jeder Trainerwechsel ist per se ein voreiliger. Beim HSV läuteten nicht nur sämtliche Alarmglocken, man sah in den vergangenen Wochen auch keinerlei Fortschritte, sodass am Ende eine Beendigung der Zusammenarbeit für alle Beteiligten das sinnvollste gewesen sein dürfte.
Kein klares taktisches Konzept, ständige Systemwechsel
Doch alle problematischen Aspekte im und um den HSV kamen letzten Endes nur dadurch besonders zur Geltung, dass die Mannschaft sportlich bisher komplett versagte. Trotz der schwierigen Kaderzusammensetzung dürfte mit einem immer noch derart hochkarätig besetzten HSV der Abstiegskampf kein Thema sein. Doch Trainer Oenning verunsicherte die eigene Mannschaft durch die ständigen Personal- und vor allem Systemwechsel zusätzlich.
Dazu passt die Tatsache, dass man in der bisherigen Spielzeit nie (!) an zwei aufeinander folgenden Spieltagen mit demselben System antrat. Oenning wechselte Systeme wie andere die Startspieler wechseln. Die mangelnde Kompaktheit konnte auf diese Weise nicht behoben werden. Auch scheint es, als ob der Ex-HSV-Trainer nicht allzu große Unterschiede zwischen den einzelnen Spielsysteme sieht. Dazu passt folgendes Zitat von ihm: „Ob das im Detail nun Vier-Eins-Vier-Eins oder Vier-Vier-Zwo ist, darüber sollen sich klügere Köpfe Gedanken machen.“
Diese für einen Trainer sehr ungewöhnliche Aussage bestärkt das Gefühl, dass Oenning taktische Finessen lieber anderen Personen überlässt, so im Nürnberger Aufstiegsjahr beispielsweise dem heutigen Bayern-Co-Trainer Peter Hermann, der im Übrigen auch die Videoanalyse bei den Franken einführte, die Oenning nach dem Weggang Hermanns wieder abschaffte.
So bleibt am Ende die Frage, ob ein Trainer, der taktische Formationen als zweitrangig einschätzt und diese nach Belieben verändert, ein Trainer, der im 21. Jahrhundert Videoanalysen abschafft und eine Mannschaft wie die des HSV in sechs Monaten kaum weiterentwickeln konnte, überhaupt einen Platz im deutschen Profifußball verdient hat.
14 Kommentare Alle anzeigen
Kurt C. Hose 4. Oktober 2014 um 13:03
hmm, Teil 2 dieser Analyse wäre derzeit sicher äußerst spannend zu lesen … 😀
Vielleicht sogar im Vergleich mit Köln, wo ja zumindest ein Teil der in diesem Artikel angesprochenen Problematiken – v.a. sportliche Konzeptarmut und vereinspolitische Intrigen – ebenfalls lange Jahre bestanden, diesen jedoch mit dem Wechsel der Vereinsführung anscheinend erfolgreich begegnet wurde. So von wegen Köpfen und Fischen und so … 😉
359grad 24. September 2011 um 01:16
Ich empfinde diese Analyse des Geschehens rund um den Hamburger SV als sehr gelungen und zutreffend – alle wichtigen Aspekte werden angesprochen und entsprechend bewertet.
Speziell die Eindrücke zur Person M. Oenning decken sich mit den meinigen.
Und um abschließend die Frage, die im letzten Abschnitt gestellt wird, aus meiner Sicht zu beantworten – die Antwort lautet NEIN.
ThePaintedCow 23. September 2011 um 20:01
Der Author hat sicher mehr Ahnung vom HSV und Trainerjobb als ich, dennoch muss ich 2 Punkte in der Argumentation ankreiden:
1) Dass Oenning versucht den Medien zu gefallen und damit die Mannschaft zur Zielscheibe macht, halte ich für eine vermessene Behauptung, vor allem da eben ein Artikel zu Ragnick erschienen ist wo genau diese Verhalten der Medien, sich auf den Trainer zu stürzen, kritisiert wird. Nicht jeder hat so dicke Haut wie Mourinho. Deshalb würde ich Oenning diesen Zug nicht zu Lasten legen, eher schon den Medien.
2) Dass Oenning so etwas stümperhaftes zum Spielsystem gesagt haben soll, will ich nicht glauben. Die Aussage kommt mir aus dem Zusammenhang gerissen vor. Vllt wollte er eben das demonstrieren dass er versucht ein flexibles Team mit dynamischer Verschiebung zusammenzustellen.
Aber mal ganz davon abgesehen meine ich auf Spielverlagerung.de eben dies gelesen zu haben: Das nominelle System spielt weniger eine Rolle da die Spieler such eben dynamisch verschieben (gut, das war in einem Artikel zu Barcelona, aber trotzdem).
Abgesehen davon nehme ich trotzdem an dass der Author Ahnung von seinem Metier und vom Sachverhalt Oenning hat.
44² 23. September 2011 um 23:19
Zu 1: Auch wenn die Medien der Auslöser dieses Problems sind, so ist es eben doch eine hilfreiche Qualität, wenn der Trainer Druck vom Team nehmen kann. Wenn Oenning diese Qualität fehlt, dann macht ihm das zu einem weniger brauchbaren Trainer unter den gegebenen Umständen. Von daher angemessen es als negativen Punkt anzusprechen, wenn man seine Eignung beurteilen will. Unabhängig davon, ob man ihm das als Versäumnis vorwerfen kann. Aber für bestimmte Aufgaben, brauch man halt spezielle charakterliche Voraussetzungen.
Stepi 23. September 2011 um 16:14
Eine treffende Analyse, endlich wird eine Fehlentwicklung mal in einem größeren Rahmen skizziert. Besonderen Respekt für die Einschätzung von Oennings Arbeit. Mit seinem Charme und seinem Charisma hat er es geschafft sich in den Medien außerordentlich gut zu präsentieren und ich bin mir sicher das er auch deshalb die HSV Offiziellen solange von sich überzeugen konnte. Allerdings hat ein Trainer, der keine Lehrnbereitschaft zeigt, vermutlich tatsächlich keine Große Zukunft im Deutschen Profifussball.
44² 23. September 2011 um 16:01
„Ob das im Detail nun Vier-Eins-Vier-Eins oder Vier-Vier-Zwo ist, darüber sollen sich klügere Köpfe Gedanken machen.“
Ach du heilige…in welchem Kontext sagte er denn das?
Was kurios an der Personalie ist, ist, dass Oenning ja weder Erfahrung noch Leistungsnachweise mitgebracht hat. Seine einzige Trainerstation, wenn Wiki das richtig hergibt, war ein Jahr als Bochumer Nachwuchstrainer. Ansonsten immer nur Co-Trainer gewesen und davor paar Jahre „Verbandssportlehrer“ Württemberg. Dann bekommt er als Interimstrainer von seinem Chef einen Erstligakader in der zweiten Liga überlassen, kommt damit auf Platz 3. So weit so unbeeindruckend. In der Bundesliga scheitert er, wird nach der Vorrunde auf Platz 17 stehend entlassen. (Als Hecking übernimmt, schraubt dieser die Punkteausbeute von 12 auf 19 und das Torverhältnis von 12:32 auf 20:26.)
Dass so jemand dann vom Bundesligisten mit dem (in etwa, ich weiß es nicht genau) vierthöchsten Budget zum Cheftrainer gemacht wird, ist ja allein schon ein wenig seltsam. (Co-Trainer befördern halte ich eh für eine sehr sehr fragwürdige Methode.)
Dass er 13 Spiele lang sieglos bleiben kann (mit teils debakulösen Niederlagen) ohne ausgetauscht zu werden…nunja.
Hat er denn überhaupt irgendwann mal seine Idee von Fußball skizziert? Wochenlang redeten die Hamburger davon, Oenning bräuchte Zeit. Aber wofür denn eigentlich?
HerrHAnnibal 23. September 2011 um 13:19
Man darf beim HSV auch nicht vergessen, dass durch den wachsenden Einfluss der Supporters Bewegung noch mehr Konflike entstanden sind und da im Umfeld mehr gegeneinander als miteinander gearbeitet wurde/wird.
HSVKollaps 23. September 2011 um 12:27
Harter,aber wahrer Artikel.Vorallem gefällt mir,das hier endlich mal wahrheisgemäß über die Situation um Hoffmann und die SpoDi suche,berichtet wird.Es war nämlich nicht allein seine Schuld.Und den Posten des Spodi mußte ja einer machen.Und was Oenning betrifft 100% zustimmung.Wenn man sich mit dem Nürnberger Umfeld unterhält,bekommt man eben genau diese Bild von ihm.Von daher unverständlich,das er,angeblich,einen so guten ruf genießt.
firedo 23. September 2011 um 12:05
Die Frage ist doch: Wie es dazukommen konnte, dass es zwei volle Jahre lang so ein Chaos um die Sportdirektorposition gab?
Die ganzen Absagen mögen ja einzeln jeweils zu begründen sein, aber wenn das immer und immer wieder vorkommt, muss doch ein Fehler im system dafür verantwortlich sein.
Und wieso musste Beiersdorfer überhaupt gehen? Ich denke, da haben Hoffmann und/oder der Aufsichtsrat ganzschönen Mist gebaut insgesamt.
HummelsFan 23. September 2011 um 11:34
Hatte eigentlich ein sehr gutes Bild von Oenning. Aber die ersten Spieltage haben mein Bild von Oenning geändert. Die Findung eines Spielsystems gehört eigentlich in die Saisonvorbereitung. Die ständigen Wechsel der Systeme zeigt meiner Meinung nach nur die Konzeptlosigkeit Oennings. Ein Trainer wie Gladbachs Favre würde dem HSV sehr gut stehen, mal sehen wer da kommt….
C…. 23. September 2011 um 11:17
Danke für den Artikel. Ist zwar hart gegenüber Oenning, aber schon am ersten Spieltag konnte man ja den Offenbarungseid sehen, als sich die Hamburger Spieler immer wieder gegenseitig die Räume zugelaufen haben und keiner wusste, was die anderen tun.
Das traurige ist, dass es in HH immer weiter so zugehen muss. Im Prinzip wäre das auch mal ne schöne BWL-Arbeit über Führungsstrukturen und deren implizites, strukturelles Scheitern. Leider scheinen sportliche Gründe in der Entscheidungsfindung beim HSV keine Rolle zu spielen und dann wird man immer wieder so was erleben. Das ist vielleicht dann auch der Unterschied zu Bayern oder Bremen (wo man auch an Schaaf festhalten kann, wenns nicht läuft, weil der einfach gut ist), da dort Leute mit Kompetenz an den Hebeln sitzen.
Die Hoffnung ist natürlich, das Arnesen diese auch besitzt.
PS: Mal abseits vom Thema würd ich mir z.B. für den HSV wünschen, dass sie es mal mit ner 3er-Kette probieren, Aogo und Diekmeier haben ihre Stärken ja klar in der Offensive. Allerdings kann ich die restlichen Randbedingungen für ein solches System überhaupt nicht einschätzen (also welche Spielertypen brauch man dann in der Abwehr und im zentralen Mittelfeld). Was sagt denn der Fachmann dazu?
kudu 23. September 2011 um 14:57
Eine moderne Dreierkette ist eine taktisch sehr komplizierte Geschichte, die man nicht mal so eben einstreuen kann. Nicht umsonst hat sogar Barcelona zzt noch Probleme mit der Defensiv Abstimmung. Die Spieler müssen dann möglichst vielseitig sein. Im Fall Barca spielt in der 3er Kette ein AV (Abidal) und zwei zentrale Verteidiger (Mascerano & Puyol oder Mascerano & Busquets). Die Spieler müssen spielstark, taktisch gut geschult und einigemaßen schnell sein. Kurzum: Mit Westermann ist das nicht zu machen.
EKmuc 23. September 2011 um 11:01
Danke für die sachliche Analyse. Eine, v.A. Oenning gegenüber, harte aber meinem Eindruck nach richtige Einschätzung. Mal sehen was jetzt kommt…
Axtschwinger 23. September 2011 um 10:26
Ich will hier nicht unbedingt eine Lanze brechen für Oenning, aber ich bin mir nicht unbedingt sicher, ob die Schwachstelle der Hamburger im Spielsystem zu suchen ist. Habe zwar nur drei Spiele diese Saison in voller Länge gesehen, aber ich hatte schon das Gefühl, das die letzten Spiele vor allem durch individuelle Fehler oder fehlende Absprache bei Standards verloren wurden.
Gerade im Nordderby fand ich den HSV doch schon recht kompakt, aber dennoch bleibt natürlich der Kritikpunkt, dass das Spiel nach vorne kein System erkennen ließ.
Trotzdem netter Artikel, ist schon der Wahnsinn, wie viele Namen in Hamburg als Sportdirektor gehandelt wurden.