Klopp findet seinen Auswärtsgroove
Nach Chelsea kann Jürgen Klopps Team auch Manchester City auswärts bezwingen. Dabei zauberte Liverpool ein ungewohntes Offensivfeuerwerk auf den Rasen.
Grundformationen
Citys Cheftrainer Manuel Pellegrini gab Martin Demichelis, der zuvor nur beim 1:4 gegen Tottenham in der Startelf stand, den Vorzug gegenüber von Nicolás Otamendi in Manchester Citys Innenverteidigung. Im Mittelfeld wurde von mancher Seite erwartet, dass Yaya Touré auf der Zehnerposition starten könnte. Aber das Schlachtross der Citizens fand sich auf der Doppelsechs neben Fernando ein.
Jürgen Klopp wählte derweil eine ähnliche Ausrichtung wie beim Auswärtssieg gegen Chelsea vor wenigen Wochen. Somit blieb Christian Benteke nur auf der Bank, während Roberto Firmino in der Sturmspitze startete. Der weiterhin verletzte Mamadou Sakho wurde erneut von Dejan Lovren vertreten.
Beide Trainer setzten auf die in der Premier League weit verbreitete 4-2-3-1-Grundformation.
Frühe Führung für die Reds
Aufgrund der Flexibilität von James Milner konnte Klopp bei seiner Mannschaft zwischen 4-2-3-1 und 4-3-3 wechseln. Das nutzte er insbesondere im Pressing. Liverpool lief normalerweise mit einer vorderen Dreierreihe an. Adam Lallana sowie Philippe Coutinho kamen von außen oder gingen frontal auf die City-Innenverteidiger, während Firmino im Zentrum entweder direkt am tiefen Sechser klebte oder als Keil zwischen Demichelis und Mangala schob.
Hin und wieder orientierte sich einer der beiden Außenspieler aber gegen den Ball direkt am Außenverteidiger. So geschehen vor dem 1:0 für Liverpool in der achten Minute. Coutinho sah, dass das Spielgerät aus der Innenverteidigung halbhoch zu Bacary Sagna gespielt wird und attackierte direkt den Franzosen. Nach dem Ballgewinn in Strafraumnähe schickte der Brasilianer seinen Landsmann Firmino bis zur Grundlinie. Der Ex-Hoffenheimer spielte nach innen, wo Mangala den Ball ins eigene Tor stolperte.
Citys Nicht-Reaktion
Die Hausherren hatten auch nach dem Tor größere Probleme überhaupt effektiv die eigene Hälfte zu verlassen. Firmino und Coutinho belauerten den Passweg von Demichelis in Richtung Yaya Touré sehr aufmerksam, sodass City meist nach außen spielen musste. Anschließend waren es lange Vertikalbälle auf der Außenbahn, die Raumgewinn brachten. Kevin De Bruyne wich in der ersten Viertelstunde mehrfach nach rechts aus und bot sich Jesús Navas für eben die erwähnten Zuspiele an. Allerdings konnte der Belgier anschließend nur Hereingaben in den Strafraum bringen und nicht selbst durchbrechen.
Gut war indes auf Liverpools Seite das Befreiungsspiel, wenn sie in der eigenen Hälfte beziehungsweise im Defensivdrittel den Ball eroberten. Vor allem Milner diente durch sein kurzzeitiges Zurückfallen in den ballfernen Halbraum als zusätzliche Anspielstation, wodurch die Gäste eine lokale Überzahl im Zentrum herstellten.
Nächste Nackenschläge
Nach knapp 20 Minuten begann die erste Phase, in der City für längere Zeit am Ball blieb und den Gegner nach hinten drängen konnte. Yaya Touré schaltete sich in der Offensive ein. Fernando sicherte als tiefer Ballverteiler ab. Liverpool konnte jedoch durch stabiles Doppeln auf Außen Durchbrüche verhindern.
Gerade in dieser Phase schlug dann Klopps Team zum zweiten Mal zu. Die Verteidigung von City war nach einem längeren Ball indisponiert und legte Firmino die Kugel quasi in Richtung der rechten Seite vor. Der 24-Jährige spielte daraufhin eine ultrapräzise Hereingabe auf Coutinho, der den Ball zum 2:0 einschieben konnte.
Auch nach diesem Gegentor konnte City erneut kurzzeitig Druck aufbauen, wurde allerdings in feinster Manier ein weiteres Mal zerstört. In der 32. Minute hatte Liverpool den Ball auf dem linken Flügel festgemacht. Von Moreno gelangte das Spielgerät auf Emre Can, der mit dem Rücken zur Abwehrkette den Ball mit der Hacke auf Coutinho spielte. Anschließend legte Coutinho an Hart vorbei und zu Firmino, welcher das 3:0 unter Dach und Fach brachte.
Doch die Reds ließen im Anschluss keine Gnade walten und fielen weiterhin mit präzisem Kombinationsspiel über die komplett kopflose Verteidigung der Citizens her. Firmino hätte direkt nach dem 3:0 in zwei Szenen nochmals die Führung erweitern könnten, vergab aber beide Chancen knapp.
Im Verlaufe der ersten Halbzeit verstanden es die Reds nicht nur sehr gut, die individuellen Schwächen der gegnerischen Abwehr mit ihren quirligen Akteuren auszunutzen. Klopps Mannschaft variierte außerdem das Pressing recht effektiv. Neben dem bereits erwähnten 4-3-3-Pressing gab es ebenso Phasen, in denen die Gäste im 4-5-1 standen, da Lallana und Coutinho zurückfielen und die Mittelfeldreihe verstärkten.
Es brauchte schon einen unnötigen Ballverlust von Liverpool, damit City ins Spiel zurückkehren konnte. In der 43. Minute wurde ein Befreiungsschlag von Martin Škrtel an der rechten Außenbahn direkt abgefangen. Der Ball prallte zu Sergio Agüero, welcher vorm Strafraum nicht attackiert wurde und per Fernschuss auf 1:3 verkürzte.
Zweite Halbzeit
66 Prozent Ballbesitz nach 45 Minuten, aber lediglich drei Schüsse generiert. Pellegrini war sich im Klaren darüber, dass seine Mannschaft in der ersten Halbzeit nicht in einer Verfassung spielte, die ein potenzieller Tabellenführer eigentlich braucht. Zur Pause brachte der chilenische Trainer Fabian Delph für Yaya Touré, welcher weder für defensive Stabilität noch für offensive Penetration sorgte – also schlichtweg wirkungslos blieb.
Zudem wechselte Pellegrini seinen Rechtsaußen Navas aus und schickte dafür Fernandinho aufs Feld, der fortan an der Seite von Fernando den Sechserraum besser bespielen sollte. Delph begann die zweiten 45 Minuten auf dem linken Flügel.
Liverpool verhielt sich nach der Pause recht unbeeindruckt. Statt zu passiv zu verteidigen und mit ihrer körperlichen Unterlegenheit zu viele Defensivzweikämpfe zu bestreiten, versuchten die Reds weiterhin mit Kombinationsspiel die Citizens zu beschäftigen. Firmino, Coutinho und Co. zerspielten die rudimentäre Abwehr der Hausherren mehrfach und hatten auch Gelegenheiten, den entscheidenden Treffer zu erzielen.
Dieser fiel erst in der 81. Minute. Als Škrtel nach einer Ecke aus der zweiten Reihe direkt abfeuerte. In der Zwischenzeit hatte City weiterhin größte Mühe, gefährliche Torchancen zu erspielen. Die Hereinnahme von Delph hatte zur Folge, dass es häufiger 4-3-3-Staffelungen gab. Der Neuzugang von Aston Villa war ein guter Verbindungsspieler halblinks, sodass Kevin De Bruyne den Ball nicht zu tief aufnehmen musste. Allerdings gab es ansonsten nahezu keine Aspekte, die erwähnenswert wären.
Fazit
Nach der 1:2-Heimniederlage gegen Crystal Palace vor der Länderspielpause war dieser Sieg für Liverpool umso wichtiger. Die Mannschaft von Jürgen Klopp überzeugte im Etihad aber nicht nur mit gut strukturiertem Pressingfußball, sondern war ebenso in offensiven Kombinationen äußerst ansprechend. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass Manchester City indiskutabel verteidigte. Die Lücken im Sechserraum sowie die mangelnde horizontale Kompaktheit in der letzten Linie ermöglichten den Reds viele hochkarätige Torabschlüsse.
12 Kommentare Alle anzeigen
Imub 3. Dezember 2015 um 19:00
Habe das Spiel zwar nicht gesehen, aber die Beschreibung erinnert mich an frühere Dortmund – ManCity spiele. Ist es vielleicht einfach so, dass Klopp ManCity gut liegt, weil er meines Wissens immer gegen ManCity in den letzten Jahren gewonnen hat.
CE 3. Dezember 2015 um 20:49
Es war in den letzten Tagen und Wochen nicht nur der Sieg bei City. Man gewann auch bei Chelsea und nahm erst gestern Soton komplett auseinander.
BJP 23. November 2015 um 17:40
Die Rolle von Can wird in dem Artikel kaum beschrieben. Ich bin der Meinung, Can passt nicht in das Spielsystem von Jürgen Klopp. Wie ist hier eure Meinung?
CE 24. November 2015 um 17:50
Meine Meinung: Er passt sehr gut rein und war in diesem Spiel auch einmal mehr wichtiger Bestandteil im Mittelfeld – kein Vergleich zu manchen Auftritten unter Rodgers.
MK 23. November 2015 um 08:14
*Off-Topic*
Hallo liebes SV-Team, mich wundert ein bißchen dass ihr keinen Artikel über Leicester schreibt…also keine Spielanalyse sondern eher ein Resúmee aus der Hinrunde, warum es vielleicht doch keine Überraschung ist, dass Leicester die Tabellenführung übernommen hat…
Goalimpact 23. November 2015 um 18:22
*Teil* der Erklärung ist ein vergleichsweise einfacher Spielplan bisher und etwas Glück.
August Bebel 24. November 2015 um 11:11
Leicesters nächste und in der Hinrunde ausstehende Gegner sind ManUnited (H), Swansea (A), Chelsea (H), Everton (A), Liverpool (A) und ManCity (H). Gegen die Spurs und Soton haben sie unentschieden gespielt, gegen Arsenal verloren. Insofern stimme ich definitiv zu, was den Spielplan angeht; ob Glück auch eine Rolle spielt, wird sich dann wahrscheinlich in den kommenden Wochen zeigen. So ein Start kann eine Mannschaft natürlich auch bestärken, so dass sie auch gegen die stärkeren Gegner besser als erwartet abschneidet.
Phil 24. November 2015 um 06:36
Ich schätze: Ein Teil der Antwort würde uns sehr beunruhigen.
Dr. Acula 22. November 2015 um 10:38
es scheint, als hätte kloppo euren kritischen artikel zur premier league mit glaub 200 kommentaren gelesen und verstanden
C(H)R4 22. November 2015 um 00:17
zeigt deutlich einen Grund, warum City noch kein absolutes Top-Team ist: der zweite Anzug hinten sitzt nicht …
JB 22. November 2015 um 00:55
Demichelis hat seine beste Zeit ja auch schon länger hinter sich und ist einfach langsam, Kolarov und Sagna sind einfach keine echten Topspieler
Rumpelfußballer 21. November 2015 um 22:19
Schöner Artikel, könnt ihr mal was über Leicester City schreiben?