Ingolstadt bleibt sich treu
Der zwölfte Saisonsieg des FC Ingolstadt wurde zu einer souveränen Angelegenheit, da man Greuther Fürth in der ersten Halbzeit beherrschte und die Franken nach der Pause kein offensives Druckmittel fanden.
Grundformationen
Die Gäste aus Ingolstadt sorgten bei der Startelf für keine Überraschungen. Trainer Ralph Hasenhüttl blieb bei der gewohnten 4-3-3-Grundformation, die eine klare Aufteilung im Mittelfeld mit Roger als tiefsten Spieler beinhaltet. In der Angriffsreihe verzichtete man zunächst auf Mathew Leckie, welcher noch wenige Tage zuvor siegreich mit Australien beim Asia Cup war. Deshalb agierte ganz vorn ein Trio bestehend aus Stefan Lex, Moritz Hartmann und Lukas Hinterseer. Dieses startete, wie man in der Grundformationsgrafik sehen kann. Allerdings gab es bereits nach der kurzen Anfangsphase einige Wechsel. Lex agierte bis zu seiner Auswechslung in der zweiten Halbzeit meist am linken Flügel, zog aber häufiger in die Mitte, was wiederum Hartmann oder Hinterseer ausglichen. Letztere wechselten vielfach die Positionen.
Bei den Fürthern musste Cheftrainer Frank Kramer hingegen einige Änderungen vornehmen. So ersetzte beispielsweise Zsolt Korcsmár den gesperrten Schröck. Im Vergleich zur letzten Partie vor der Winterpause, dem torlosen Remis im Frankenderby gegen den 1. FC Nürnberg, rückte Marco Caligiuri für den verletzten Stephan Fürstner aus der Innenverteidigung auf die zentrale Sechserposition. Dafür agierte Winterneuzugang Stefan Thesker im Zentrum der Abwehrreihe. In der offensiven Mittelfeldreihe wurden Kacper Przybyłko und Robert Žulj durch Zhi Gin Lam und Florian Trinks ersetzt. Neuzugang Sebastian Freis erhielt den Platz von Johannes Wurtz im Sturmzentrum. Kramer setzte einmal mehr auf eine Mischform von 4-2-3-1 und 4-1-4-1. Marco Stiepermann pendelte stets zwischen Doppelsechs in der Defensive, da Fürth oftmals im 4-2-3-1 verteidigte. In Ballbesitz schob Stiepermann derweil neben Trinks.
Pressingdominanz der Schanzer
Die Partie schien ausgeglichen zu beginnen. Die Hausherren versuchten beispielsweise bei Rückpässen der Ingolstädter zu Torhüter Ramazan Özcan nachzurücken und die Passoptionen mannorientiert zu bewachen. Lediglich der linke Innenverteidiger Benjamin Hübner wurde situativ freigelassen, was einen leitenden Ansatz darstellen sollte.
Die Gäste wiederum spielten erneut ihr 4-3-3-System mit einigen Asymmetrien innerhalb der Abläufe. Roger agierte als zentraler Sechser sehr tief, kippte jedoch nicht zwischen die Innenverteidiger ab. Dafür ließ sich aber Pascal Groß situativ nach hinten fallen und beteiligte sich am Aufbau. Vermehrt zeigte er kürzere Dribblings oder schlug längere Bälle gegen die passive Defensivformation von Fürth, die vor allem die langen Schläge versuchte zu verteidigen. In Verbindung mit Groß‘ Verhalten im Aufbau schob Tobias Levels etwas höher als Pendant auf der anderen Seite. Damit konnte sich Ingolstadts Rechtsverteidiger besser am Kampf um zweite Bälle beteiligen, da vor allem viele lange Zuspiele zunächst in Richtung des rechten Flügels gingen. Groß schob derweil nach, wenn die langen Bälle hinter die letzte Linie Fürths gelangten und die Abwehrreihe der Hausherren dem Spielgerät mit dem Gesicht zum eigenen Tor hinterherliefen.
Zudem suchten die Gäste aus dem offenen Spielaufbau heraus vereinzelt die direkten Verbindungen ins letzte Drittel. Moritz Hartmann rückte beispielsweise in der Anfangsphase aus dem Zentrum nach rechts, um für halblange Bälle anspielbar zu sein. Hartmann öffnete zugleich die Mitte, wodurch Alfredo Morales von der linken Seite einrücken konnte, wie es zum Beispiel in der 13. Minute zu beobachten war. Insgesamt war Morales sehr beweglich in der ersten Phase der Partie. Durch seine Verschiebungen in Richtung der rechten Seite, verengte der 24-Jährige das Spielfeld, wenn die Ingolstädter in die Fürther Hälfte gelangten. Zudem stellte er eine weitere kurze Anspielstation dar. Hinzu kam, dass Morales in der Endphase von Angriffen meist ins Sturmzentrum oder auf eine Art linke Halbstürmerposition schob und somit seine balancierende oder überladende Rolle verließ.
Dass die Gäste mit zunehmender Spielzeit dominanter wurden, lag am großen Zugriffsradius des Mittelfeldtrios in Verbindung mit dem Anlaufen der drei Stürmer. Die kürzeren Befreiungsschläge der Fürther Verteidigung landeten mehrfach in den Fängen von Morales oder Groß.
Bei einem Abstoß von Wolfgang Hesl positionierten sich die beiden Innenverteidiger Thesker und Röcker an den kurzen Strafraumenden. Erfolgte ein kurzer Pass zu einem der beiden, lief daraufhin der ballnahe Flügelstürmer von Ingolstadt direkt an, während zumeist der Außenverteidiger der Schanzer in Richtung des gegnerischen Außenverteidigers aufrückte. In der Zwischenzeit bewegte sich der ballferne Flügelstürmer auf diese Seite und deckte mit seinem Deckungsschatten die Passwege in Richtung des anderen Flügels zu, während Ingolstadts Mittelstürmer im Zentrum den gegnerischen Sechser bewachte. Folglich hatten die Hausherren größere Probleme, einen geordneten Spielaufbau zu initiieren, ohne zu stark auf lange Schläge zu setzen. Meist wartete Lex als höchster Spieler von Ingolstadt, wodurch er in Umschaltsituationen seine Schnelligkeit einbringen konnte.
Im Allgemeinen sah das Ingolstädter Pressing wie folgt aus: Roger hielt sehr auffällig in der Nähe der eigenen Viererkette auf, wodurch er lange Wege ins Mittelfeld gehen musste, sofern ein Anspiel in den Fürther Achter- oder Zehnerraum erfolgte. Grundsätzlich war das Pressing in Richtung der Ingolstädter linken Seite ausgerichtet und wurde mit einem Rückwärtspressing-Ansatz des vordersten Stürmers auf dem rechten Flügel kombiniert. Groß schob zudem halbrechts teils weit heraus, wodurch der Gegner besser an der Außenbahn festgemacht wurde. Levels unterstützte diese Bewegungen durch vorschiebende Bewegungen, während sich auch Matip in dieser Partie aggressiv im Aufrücken verhielt. Roger war in diesem Konstrukt wiederum der absichernde Part und fiel teilweise für Matip in die Viererkette zurück, womit die Schnittstellen verteidigt wurden. Konter der Fürther gab es eher über die linke Seite der Gäste, wobei Linksverteidiger Soares vereinzelt herausrückte, ohne dabei Zugriff zu generieren.
Alles in allem war die Vorstellung der Ingolstädter von großer gruppentaktischer Sauberkeit geprägt. Beispielsweise wurde Morales‘ Vorrücken im linken Halbraum oder auf der linken Außenbahn durch eine situative Doppelsechs ausgeglichen. In dieser kurzzeitigen 4-2-4-Formation waren die Positionierung von Roger sowie das Einrücken von Pascal Groß sehr gut ausgeführt. Selbiges galt für die Wechsel in der vorderen Offensivreihe. Mitte der ersten Halbzeit rückte Hartmann auf die rechte Seite, Lex ging nach links und Hinterseer positionierte sich im Zentrum. Im weiteren Spielverlauf fanden jedoch immer wieder kurzzeitige Wechsel statt, wobei alle drei Akteure sehr handlungsschnell die jeweilige Situation erfassten und eine der drei Positionen einnahmen.
Fürths Pressing war insgesamt passiv ausgerichtet und zeigte zudem keine guten Bewegungen im Herausrücken. Eine Problematik bestand darin, dass man beispielsweise Groß, wenn sich dieser tief in der Ingolstädter Aufbauformation aufhielt, nicht druckvoll genug anlaufen konnte, da dazu die komplette Fürther Mannschaft hätte höher nach vorn schieben müssen. Man wollte aber zugleich die langen Schläge der Gäste sicher genug verteidigen.
Fürth bleibt ratlos
Nach 30 Minuten gingen die Gäste in Führung. Eine Flanke von Hartmann von der rechten Seite, gelangte abgefälscht in den Strafraum. Die Hereingabe wurde nicht sauber geklärt. Korcsmár konnte noch Hinterseers Schuss abblocken. Doch Groß schnappte sich den Abpraller und verwandelte per Flachschuss.
Auch in der zweiten Halbzeit waren bei Ingolstadt weiterhin interessante Mechanismen zu beobachten. Beispielsweise schob bei einem Abstoß von Özcan der Außenverteidiger auf der ballnahen Seite schon vorher in Richtung der Mittellinie, während der ballferne Außenverteidiger in einer situativen Dreierkette zurückblieb. Somit hatte Ingolstadt direkt einen Spieler mehr, um zweite Bälle zu erobern. Zudem rückten alle drei Angreifer auf die nähere Seite, wodurch Ablagen und kleinräumige Kombinationen ermöglicht wurden.
Zusätzlich schob Groß bereits im Aufbau weiter nach vorn und fiel nur noch sehr selten in den rechten Halbraum zurück. Die typischen langen Bälle von rechts schlug nun Levels und Groß beteiligte sich am Kampf um zweite Bälle. Dabei waren auf den Flügeln vereinzelt Pressingfallen zu erkennen, wo Ingolstadt zunächst den Außenverteidiger freiließ und erst nach dem langen Ball mit dem eigenen Außenverteidiger nachrückte und den Druck erhöhte, während der Gegner dem Spielgerät mit dem Rücken zum Feld hinterherjagte.
So erzwangen die Schanzer insgesamt weiterhin Ballgewinne. In der 58. Minute lief zum Beispiel Groß in die vorderste Pressinglinie, um den ballführenden Innenverteidiger Thesker unter Druck zu setzen. Dieser stand etwas nach halbrechts – aus Sicht der Ingolstädter – versetzt. Morales wartete dafür etwas tiefer im linken Halbraum. Thesker sah für einen Befreiungsschlag das Loch dort. Doch sein Pass landete genau bei Morales.
Trotz dessen war Fürth ein Stück weit druckvoller im zweiten Durchgang. Johannes Wurtz ersetzte zunächst Tom Weilandt. In der 70. Minute brachte Kramer mit Przybyłko und Žulj für Trinks und Stiepermann zwei neue Offensivkräfte und stellte auf ein aggressiveres 4-1-3-2 um, wodurch Caligiuri als einzelner Sechser verblieb und Freis noch Przybyłko an die Seite gestellt bekam. Doch Ingolstadt verteidigte die Flügelangriffe der Franken sehr stabil und die Führung war nur selten gefährdet.
Nach der Einwechslung von Robert Bauer für Stefan Lex in der 64. Minute beorderte Hasenhüttl seinen Spielmacher Groß eine Reihe weiter nach vorn. Zunächst wirkte es so, als würde Groß auf die Flügelposition rücken. Doch es war vielmehr eine Mischung aus 4-3-1-2 mit Groß auf Zehn oder ein 4-3-2-1 mit Groß sowie Hinterseer hinter Hartmann zu erkennen. Die zweitgenannte Kombination wurde auch teilweise mit Hinterseer im Zentrum ausgespielt. Später kam Leckie für Hinterseer und bot mit seiner Geschwindigkeit und Frische noch einmal neue Gefahr bei Ingolstädter Kontern an.
Groß verhielt sich derweil im Pressing sehr weiträumig. Selbst als ballferner Halbstürmer sprintete er mehrfach in Richtung des ballführenden Außenverteidigers. Durch diese Läufe konnte er die Passwege ins Zentrum für den Außenverteidiger versperren und zusätzlichen Druck erzeugen.
Fazit
Ingolstadt macht dort weiter, wo sie im Dezember aufhörten. Nach der Wintervorbereitung wirkten die Schanzer sogar noch stabiler in der Defensive. Ihre Pressingmechanismen und Staffelungen funktionierten und wurden mit 24 abgefangenen Zuspielen im mittleren und offensiven Drittel belohnt. Hinzu kamen 44 klärende Aktionen im defensiven Drittel. Beide Außenverteidiger schienen im Vergleich zur Hinrunde stärker im Positionsspiel, wo es 2014 noch leichte Probleme gab. Somit ließ Ingolstadt auch keine signifikanten Flügeldurchbrüche der Fürther in der zweiten Halbzeit zu, was letztlich den sicheren Auftritt noch fundamentierte.
1 Kommentar Alle anzeigen
sharpe 11. Februar 2015 um 08:51
Hasenhüttl hat es einfach geschafft, so viele Automatismen ins Spiel einzubauen, den Spielern so viele Aufgaben mitzugeben, dass eine enorme Stabilität erzeugt wurde. Dazu die vorhandene individuelle Klasse, die Stärke bei Standards, das Selbstvertrauen durch die bisherigen Erfolge und den Hunger auf mehr. Denn in Ingolstadt spielen keine teuren, älteren Ex-Buli-Spieler, sondern allesamt Spieler, für die der Aufstieg der bisherige Karrierehöhepunkt wäre. Und wenn man die Verpflichtungen in der Winterpause sieht, ist klar zu erkennen, welchen Weg die Schanzer auch in Zukunft gehen wollen.