Australiens mühsamer, aber erfolgreicher Start ins Heimturnier
Beim Auftaktmatch des Asien-Cups hatte Gastgeber Australien Mühe mit dem interessanten 4-5-1 von Außenseiter Kuwait. Die Phase vor der Pause stellte für den Favoriten jedoch die Weichen auf den Sieg.
Nachdem sie in den ersten Partien unter Trainer Ange Postecoglou eher in einer 4-2-3-1-haften Anordnung aufgelaufen waren, wandelte sich die Ausrichtung Australiens schon seit der WM und dann im Anschluss an das Turnier zunehmend zu einem 4-3-3. Diese Formation wurde auch in dieser Begegnung genutzt, wenngleich es einige asymmetrische Anordnungen durch die phasenweise doch weiträumigen Bewegungen der Außenstürmer gab. Darauf reagierten wiederum die beiden offensiven und breiten Achter Luongo und Troisi, die vor dem als Ballverteiler agierenden Kapitän Jedinak die nominelle Mittelfeldzentrale formierten. Wie erwartet, übernahm das gastgebende Team die Initiative in diesem Eröffnungsmatch, während sich die Kuwaiter abwartend zurückzogen.
Wechselwirkung zwischen Australiens Spielweise und Kuwaits 4-5-1
Dabei formierten sie eine 4-5-1-Anordnung mit einer phasenweise recht fluiden Arbeitsweise der zentralen Mittelfeldakteure und machten Australien vor allem anfangs das Leben schwer. Als höchster Akteur war mit Aziz ein eigentlicher Zehner aufgeboten, der sich in tiefer Grundposition aufhielt, meistens hinter Jedinak absicherte und damit fast schon für eine 4-5-1-0-hafte Spielweise sorgte. In der Anfangsphase baute sich die vordere Kuwaiter Linie aber durchaus noch im Bereich der Mittellinie auf. Die Außenstürmer agierten ein wenig eingerückt und versuchten in erster Instanz sogar die leicht verbreiterten australischen Achter zuzusperren. Dies sorgte für gute Unterstützung in den zentralen Bereichen, wo die Mittelfeldmannen solide verschoben und dabei taktisch insgesamt recht gut agierten. Bei Pässen auf die Außenverteidiger rückten Maqseed und Zaid von hinten nach, wobei Letzterer in etwas erhöhter Grundposition immer mal wieder in den Halbraum zwischen Franjic und Sainsbury herausrückte, um kurze Vorstöße der Innenverteidiger oder Umschiebungen zu blockieren.
Insgesamt kam Australien in diesem Kontext zu einem ruhigen Aufbau und einer soliden Zirkulation in den tiefen Gebieten, hatte aber Probleme, aus dem Ballbesitz effektiv zu werden und sich klare Routen ins Offensivdrittel oder den Strafraum zu erspielen. Dabei war neben der soliden Defensivarbeit des Gegners auch die eigene, nicht ganz überzeugende Ausrichtung beteiligt, die Kuwait das Verteidigen vereinfachte. Trotz einer offensiven, von viel Bewegung und einzelnen Asymmetrien geprägten Spielweise war Australien in der Angriffsordnung insgesamt zu sehr auf die Flügel ausgerichtet. Dieser Fokus machte sich besonders an den Rollen der Achter fest, die gerade zur Mitte des ersten Durchgangs ständig in diese äußeren Bereiche drifteten. Kleinere Überladungsversuche der seitlichen Stürmer und der helfenden Achter sowie direkte Flügellinienpässe der Außenverteidiger auf ihre Vordermänner gehörten lange zu den primären Angriffsrouten des Teams. Die anschließende Unterstützung der restlichen Teamkollegen zeigte sich nicht konsequent und variabel genug, was das Team schon mal besser gemacht hat. Wenn sich Australien im Laufe der Zirkulation etwas weiter nach vorne schieben konnte, reagierten die Kuwaiter bei ihrem leichten Rückzug nach hinten mit einer Anpassung ihrer Defensivorientierungen.
Überzahlviereck gegen die seitlichen Achter
Während die drei zentralen Mittelfeldakteure in der grundlegenden Ausgangsstellung und den ersten Phasen des Verschiebens noch klarer raumorientiert agierten, gingen sie in etwas tieferen Bereichen verstärkt in Mannorientierungen über. So verfolgten die beiden äußeren Spieler des Trios, Al Sheikh und Al Enezi, einen nach außen gehenden australischen Achter durchaus weiträumig mit auf den Flügel. Dies war eben auch durch die erhöhte Aktivität von Luongo und Troisi in diesen Zonen bedingt, die aber wegen des Flügelfokus nicht effektiv für Löcher im Zentrum sorgen konnte, was die – im Verhältnis zur eigenen Grundausrichtung – recht strikte Verfolgung aus der kuwaitischen Perspektive tragbar machte. Zudem wurden die Mannorientierungen einige Male sinnvoll abgebrochen, wenn der Gegenspieler gerade nicht mehr angespielt werden konnte oder Australien schon im Begriff eines Raumwechsels war. Situativ glichen ohnehin die jeweiligen Außenspieler – gerade Maqseed auf rechts – diese einzelnen Läufe aus, indem sie sich bei Möglichkeit anpassend etwas zur Mitte einschoben und ein entstehendes Loch ansatzweise stopften. Entsprechendes gab es auch in die andere Richtung, wenn beispielsweise Troisi zurückfiel und Al Sheikh mannorientiert herausrückte.
Australien hatte somit immer wieder die Schwierigkeit, dass sie am Flügel in ihrem Fokus auf diese Zone von Kuwaits Defensivarbeit blockiert wurden. Bei den Vorwärtspassen der Außenverteidiger auf Leckie, Kruse oder einen der Achter schob der Gegner diese Szenen über lange Phasen konsequent zu. Der ballnächste der zentralen Mittelfeldakteure ging eng dem ausweichenden Achter hinterher und der zentrale Mann schaltete sich zusätzlich weit auf der Seite ein. Insbesondere auf Australiens rechter Außenbahn hatte Kuwait – ob nach Pässen von Franjic, anderen versuchten Flügelaktionen oder auch mal langen Bällen der Innenverteidiger auf einen seitlich in scheinbare Freiräume driftenden Akteur – in den äußeren Halbräumen häufig enge Quadrate von vier Spielern um die Australier herum. Diesen gelang es nur selten, sich dagegen durchzusetzen, so dass Kuwait in der ersten halben Stunde fast jegliche Gefahr des Favoriten verhinderte.
Besondere Umschaltnutzung, 4-3-3-Pressing und besondere Überladungsnutzung
Da die Kuwaiter den Ball aufgrund dessen immer wieder auch in sauberer Überzahl gewinnen konnten, hatten sie gute Chancen, sich aus den tiefen Positionen zu lösen und das Leder nicht sofort wieder abgeben zu müssen. Auch individuell taten sich hier einige Spieler hervor – so beispielsweise der zurückfallende, etwas langsame Aziz mit seinen druckvollen und explosiven Ablagen oder der geschickt agierende Al Ansari. Die Mannschaft versuchte nach Ballgewinn kaum einmal, sofort auf einen schnellen Konter umzuschalten und diesen in einem Zug durchzudrücken. Damit haben Teams im 4-5-1 aufgrund der flachen Grundstaffelung und der geringen vertikalen Anspielpräsenz in der Spitze generell häufig Probleme – daher war es durchaus sinnvoll, in diesem Maße darauf zu verzichten. Mit ihrem veränderten Fokus gelang es Kuwait, jener Schwierigkeit besser auszuweichen – zumal auch noch die Qualität einiger Ballgewinne, die teilweise breiten Stellungen des Gegners und die tief unterstützende Rolle Aziz´ hinzukamen.
Statt Konterversuchen gingen sie also im Umschaltmoment auf die Ballsicherung in den zentralen Zonen und wichen bei verspäteten Gegenpressingwellen in Ausweichräume aus. Auf diesem Wege kamen sie durch die Transitionsmomente zu eigenen Ballbesitzphasen, die sie ansonsten aus dem Aufbau heraus gegen das australische Pressing kaum einmal aufzuziehen wussten. Die „Socceroos“ setzten auf ein frühes Anlaufen und Zustellen in einer 4-3-3-Formation. Dabei agierten die Außenstürmer eingerückt, um mehr Druck zu entfachen, während die breiten Achter bei Pässen nach außen schnell hinter ihren Kollegen zur Seite schoben und bei nachrückendem Kollektiv ins Pressing übergingen. Mit dieser Methodik waren sie auch bei der WM unter anderem aufgetreten und hatten dort einige renommierte Teams in Verlegenheit gebracht. Entsprechend konnten sich die Kuwaiter dagegen, auch wenn ihr Keeper vereinzelt einige interessante Beteiligungen am Aufbau zeigte, kaum mal befreien und verloren einige Bälle bei den Außenverteidigern ins Aus. Es gab nur drei oder vier Ausnahmeszenen, wo sie vor allem von kleineren Abstimmungs- und Koordinationsschwierigkeiten Australiens, was beispielsweise das Nachschieben der Verteidiger anbelangte, profitierten.
Wenn dies gelang, konnten sie die linksdominanten Strukturen bedienen, die ihre Offensivanlage prägten. Grundsätzlich bewegten sich viele Akteure überladend in diesen Bereich – insbesondere der teils auch weit bis zur Seitenlinie gehende Aziz und die zentralen Mittelfeldleute – und besetzten vor allem die letzte Linie, wo sie wohl bindend oder ablegend auftreten sollten. Beim Ausspielen gab es jedoch aus den wenigen Aufbauszenen Probleme, zumal Australiens hintere Reihen noch organisiert standen und die besseren Ansätze oft geschickt zuschoben. So wurden die über links aufgezogenen Angriffe aus den Szenen effektiver, die nach Ballgewinnen im eigentlichen Umschalten resultierten – auch hier lag dann jene Offensivanlage zugrunde. Dabei agierten die Kuwaiter nach den Ballgewinnen, wie erwähnt, sehr ruhig sowie sauber und nutzten die Vorteile der eigenen Positionierungen aus. Anschließend gab es einige ansehnliche dynamische Verlagerungen, mit denen dann diese präsent besetzte Seite angesteuert wurde.
Insgesamt war dabei auffällig, dass ein großer Teil der nahen Akteure sich in der Einbindung eher passiv verhielt und gar nicht so direkt beteiligt war. Die Überladungsstellungen wurden eher für nahe Absicherung im daher meist erfolgreichen Gegenpressing und weniger für die Angriffe selbst genutzt. Hierbei dominierten letztlich stattdessen einfache Mechanismen. So waren es vor allem simple Pärchenbildungen der spielstarken Flügelspieler, mit denen der Durchbruch gesucht wurde – das funktionierte sogar recht gut, da man somit den eher halbraumorientierten Zugriffsstellungen Australiens vereinzelt ausweichen konnte. Über Doppel- oder Flügellinienpässe kamen die beiden Akteure auf links – durchaus ansehnlich, einmal per Hackentrick – in den ersten acht Minuten zu zwei Durchbrüchen zur Grundlinie, von denen der letzte eine Ecke herausholte, die Innenverteidiger Hussain zur überraschenden Führung einköpfte.
Australiens Problempunkte und Steigerungen
Anschließend hatten die Kuwaiter kaum mehr eine Torchance vor der Halbzeit, doch befand sich Australien nun in Zugzwang und litt unter den beschriebenen Problemen. Auch die Verhältnisse in den Positionierungen der Innenverteidiger, die anfangs nur zögerlich aufrückten und trotz ihrer spielerischen Fähigkeiten eher wenige provozierende oder lockende Aktionen zeigten, und des tiefstehenden Jedinak war nicht optimal. Zwar generierten sie oftmals sichere Staffelungen, zumal sich der Kapitän situativ zurückfallen ließ, aber kaum besondere Strukturen, die offensiv entscheidend unterstützt hätten. Vereinzelt bot sich mal Robbie Kruse im zentralen Zwischenlinienraum an, doch waren dies meist kompakte Szenen gegen das bestehende Dreiermittelfeld, so dass die Passwege schwer zu finden waren. Überhaupt bestanden von den Innenverteidigern dorthin lange Abstände, so dass die Zuspiele in den selten vorhanden Fällen abgefangen werden konnten.
Erst nach etwa einer halben Stunde steigerten sich die Hausherren und konnten den Gegner wirksamer nach hinten drücken. Die beiden Achter bewegten sich nun einige Male besser zueinander und auch die Innenverteidiger rückten etwas mehr auf. Nach Halbraumverlagerungen auf rechts konnten Luongo oder Sainsbury, für den Ersterer dann einrückend Raum schuf, in einem Kanal weiter auf die Mittelfeldreihe vorstoßen. Die Pässe auf die zunehmend enger spielenden, dabei zuvor aber wenig eingebundenen Außenstürmer waren nun etwas leichter. Bei anbietenden Bewegungen mussten diese aber wieder etwas nach außen in die Schnittstellen ziehen und daher vom Tor weg aus den Strukturen heraus driften. Bei guten unterstützenden Folgebewegungen der äußeren Akteure sorgte diese aber zumindest für einige Halbchancen.
Zudem gewannen sie in dieser Phase etwas mehr Offensivpräsenz und kamen – entweder nach Gegenpressingerfolgen oder weil das kuwaitische Mittelfeld gegen den Aufbau im Nachschieben zur Seite an Konsequenz einbüßte – zum einen oder anderen ansehnlichen kombinativen Halbraumansatz über die äußeren Pärchen und Dreiecke. Wirklich viele Chancen sprangen dabei allerdings nicht heraus und so war es ein schnell ausgeführter Einwurf, der – passend zu dieser Phase – über den Weg der Offensivpräsenz den Ausgleich brachte. Überhaupt waren die Turniergastgeber in der Luft eigentlich die überlegene Partei, was kurz vor der Halbzeit zum zweiten Treffer führte. Geschickt versuchten sie nun die rechte Seite für lange Diagonalbälle des in dieser Hinsicht deutlich bestimmender werdenden Jedinak zu öffnen. So kam der hochstehende Franjic zu einigen direkten Duellen gegen den zurück geschobenen Außenspieler und bereite per Hereingabe den Treffer vor, bei dem Luongo den Luftraum dominierte und der nur 1,81 große Keeper nicht mehr ganz an den Ball herankam. Eigentlich hatte die erste Halbzeit nur drei Torchancen und vielleicht zwei ordentliche Halbszenen Australiens zu bieten gehabt – und drei Treffer gesehen.
Zweite Halbzeit
Mit dem 3:1 durch Jedinaks Elfmetertreffer nach einer guten Stunde war die Partie dann vorentschieden. Es kam nun zu einem etwas offeneren Charakter des Duells und für Kuwait gegen das nachlässiger werdende Pressing der Australier zu zusätzlichen Aufbauszenen. Dabei suchten sie weiterhin meistens die Linksüberladungen mit einem oder zwei helfenden Mittelfeldakteuren. Zwar war die Struktur häufig zu sehr auf antreibende Aktionen von Zaid fokussiert, doch erzeugten sie dennoch die eine oder andere gute Szene über individuell überraschende Einfälle sowie einige passende Positionierungen nahe der letzten Linie. Zudem stellte sich Australien ohne die Systematik eines funktionierenden Pressings im eigenen Defensivdrittel unsouverän im Rhythmus, wenn sie aktiv unter Druck bespielt wurden. Somit verbuchte der zweite Durchgang deutlich mehr Torszenen, da auch Australien sich zunehmend Gelegenheiten erspielte und eine höhere Trefferanzahl aufgrund schwacher Chancenverwertung verpasste.
Dabei banden sie die Interaktionen von Achtern und Flügelstürmern sowie deren Bewegungsspiel besser ein und profitierten insbesondere vom schwächer werdenden Defensivvorgehen des Gegners. Die Kuwaiter versuchten etwas höher zu stehen und einige leitende Elemente in die vorderen Linien einzubauen, doch war insbesondere der alleinige Stürmer in unkompakter Position zu isoliert und damit leicht zu überspielen. Dahinter zeigten sich die Bewegungen des Mittelfelds weniger geschärft – meistens wirkte es wie ein enorm tiefer Zehner vor zwei breiten Sechsern, was jedoch nicht uninteressant war – und es taten sich auch sonst einige Lücken auf. Vor allem über den eingewechselten und in Sachen Mitspielen, Positionierungen und Dynamikgespür überzeugenden Nathan Burns initiierten die Gastgeber zudem einige ansehnliche kombinative Ansätze. Nach mehreren Alu-Treffern auf beiden Seiten wurschtelte Troisi im Anschluss an ein Leckie-Dribbling in der Nachspielzeit noch das 4:1 in die Maschen.
Fazit
Letztlich war es ein verdienter Sieg für Australien, nachdem es ihnen die Kuwaiter gerade in der ersten halben Stunde allerdings sehr schwer gemacht hatten. Trotz der hohen Niederlage verdient der Außenseiter von Nabil Maaloul ein Lob für die Ausgangsinterpretation der 4-5-1-haften Formation, die Grundgedanken der Offensivversuche und einige seiner Einzelspieler. Gerade aufgrund des Flügelfokus und der daraus resultierenden Probleme war es ganz überzeugend noch nicht, was die mitfavorisierten Gastgeber boten, doch die Ruhe in ihrer Anlage – auch nach dem frühen Rückstand – und das durchschlagskräftige, funktionale Zuschlagen im richtigen Moment machen Hoffnung, da solche Eigenschaften für ein Turnier sehr brauchbar sind.
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