Türchen 2: Marcel Schmelzer
Es gibt den Moment, da zweifelt der Taktikautor. Er zweifelt, ob er der Missverstandene ist, ob er zu schlau oder zu dumm für die Fußballwelt ist. Wirkt er zu tiefgründig oder einfach nur wie ein prätentiöser Gaukler? Hat er diese Aufmerksamkeit überhaupt verdient? Während diese Fragen im Kopf umherschwirren, schweift der Blick vorbei am Alfredo-Di-Stefano-Poster zum Fenster hinaus, in einen grauen Dezember. Ist die Zeit gekommen, um aufzuhören? Neben dem Fenster hängen einige Shirts, ein gelbes strahlt hindurch. Hervorgezogen kommt die Nummer zum Vorschein: 29. Name: Marcel Schmelzer. Der „Schmelle“ also, Hass vieler selbsternannter Stammtischexperten, für nutzlos erklärt, aber an sich doch stark missverstanden…
Verkannt
Rückblende: 4. Mai 2002. Ein kleiner Junge schmückt den Balkon der Wohnung seiner Eltern in Magdeburg schwarz und gelb. Es ist der Tag des Meisterschaftstriumphs von Borussia Dortmund und der junge Marcel feiert seinen Lieblingsverein. Dass er einmal selbst für den Ruhrpottklub spielen wird, wünscht er sich. Aber er weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, dass sein Traum irgendwann in Erfüllung geht.
Zehn Jahre später. Marcel Schmelzer feiert nun mit seinen Mannschaftskollegen den zweiten Meistertitel in Folge. In den letzten Jahren ist er zu einem starken Linksverteidiger herangereift und gehört außerdem zum Kreis der deutschen Nationalmannschaft.
Der Weg, den er beschreiten musste, war sicherlich kein einfacher und bis heute muss der 1,81 Meter große Linksfuß zuweilen mit Hohn leben, wenn ihm an der Außenlinie wieder einmal ein Ball bei der Annahme verspringt. Dabei kann dieser Spott auch eine Art Anerkennung sein, dass es ein junger Fußballer mit purem Willen und hoher Einsatzbereitschaft so weit gebracht hat und jeden Tag das erlebt, wovon Hunderttausende nur träumen können.
Seine Karriere begann beim SC Fortuna Magdeburg. Ein Verein aus der Hauptstadt Sachsen-Anhalts, der seit jeher in den Niederungen zwischen Verbands- und Bezirksliga pendelt. Was sein ehemaliger Trainer, Hans Sarper, in Erinnerung an ihn, zu sagen hat, könnte besser nicht passen. „Er war wie alle Jungs ein durchschnittlicher D-Jugend Spieler. Was ihn auszeichnete, war seine große Portion Ehrgeiz“, wurde er einst bei RevierSport zitiert. Und genau diese Eigenschaft bescherte ihm mit 14 Jahren einen Wechsel zum Regionalprimus, dem 1. FC Magdeburg, dessen beste Zeiten aber schon lange vorbei sind. Heute träumen Nostalgiker noch gerne vom Europapokaltriumph gegen Giovanni Trapattonis AC Milan 1974. Doch das ist ferner als die Sterne.
Der junge Marcel entwickelte sich als Spieler, während er auf dem Sportgymnasium an seinem Fachabitur tüftelte. Eigentlich müsste an dieser Stelle die Geschichte des Aufstiegs enden. Fünfzehn Jahre Halbamateurfußball in der Regionalliga mit kurzen Ausflügen auf die Ersatzbänke der zweiten Bundesliga wären ein normaler Karriereverlauf. Nur eingefleischte Magdeburger würden sich wenige Jahre nach dem Ende der Karriere noch an ihn erinnern. Doch wer mit dem Kopf durch die Wand will, schafft es mit einem dicken Schädel manchmal. Vier Jahre blieb Schmelzer beim 1. FCM. Dann folgte der weite Sprung Richtung Ruhrgebiet, Richtung Borussia Dortmund, Richtung Jugendtraum.
„Anfangs war es schwer.“ (Marcel Schmelzer)
Der BVB glaubte einen passabel talentierten, laufstarken und einsatzbereiten Flügelstürmer verpflichtet zu haben, der am liebsten im vorderen Bereich des Spielfeldes agierte und wenig Interesse an Defensivarbeit zeigte. 2005 stand der 17-Jährige auf einmal im schwarz-gelben Trikot auf dem Rasen, spielte gegen die anderen U19-Mannschaften aus Leverkusen, Mönchengladbach, Köln oder Paderborn, wohnte nebenbei im Jugendhaus im Dortmunder Kreuzviertel und träumte im Schatten des berühmten Westfalenstadions von einer großen Karriere, von Gänsehautauftritten vor der Südtribüne, von Zuschauern mit Trikots, die seinen Namen tragen.
Und es hätte insgesamt nicht besser beginnen können. Am 21. August 2005, Auswärtsspiel bei Arminia Bielefelds U19, schoss „Schmelle“ nach 19 Minuten das erste Saisontor für seine Mannschaft und sein erstes Tor in Schwarz und Gelb. Es sollten nicht mehr viele folgen. Denn der Linksaußen war schnell zum Linksverteidiger transformiert. Beim BVB herrschte Personalmangel und man schulte Schmelzer kurzerhand um. Es scheint wie ein Dauerwitz bei der Borussia, ebnete ihm aber den Weg.
„Ich hätte damals [2008] niemals gedacht, dass ich hier mal Deutscher Meister oder Stammspieler werden würde.“ (Marcel Schmelzer, 10. November 2014)
Nach drei Jahren bei der U19 und der Regionalligamannschaft Dortmunds bog seine Karriere zu Beginn der Amtszeit von Trainer Jürgen Klopp in Richtung Profikader ab und er sollte vom Leid eines Teamkameraden profitieren. Am ersten Bundesligaspieltag der Saison 2008/09, es war zugleich Klopps erste Bundesligapartie an der Seitenlinie für den BVB, musste Vereinslegende Dedê den Rasen nach 72 Minuten verlassen. Diagnose Kreuzbandriss. Es waren zugleich die ersten Bundesligaminuten für Marcel Schmelzer, der ein Jahr später die Nachfolge des Brasilianers endgültig antrat. Es waren keine kleinen Fußstapfen, war Dedê doch über viele Jahre hinweg der zuverlässige Antreiber auf der linken Abwehrseite, der auch in den dunkelsten Stunden zum Verein hielt.
Ab Sommer 2009 musste Schmelzer nur noch selten auf der Bank Platz nehmen und wurde zum festen Bestandteil der Stammelf des BVB und damit auch zum festen Bestandteil der Erfolgsstory, die sich in den Jahren darauf abspielen sollte. Bis zum Champions-League-Finale 2013 absolvierte der heute 26-Jährige nahezu jedes Spiel. Beispielsweise gab es in den Meisterjahren lediglich sechs Bundesligapartien, wo er verletzungsbedingt nicht eingesetzt wurde und Chris Löwe ihn ersetzte. In der Spielzeit 2012/13 waren Jakub Błaszczykowski und Kevin Großkreutz das improvisierte Ersatzpersonal, das in einigen wenigen Duellen links in der Kette auflief. Lediglich beim Ruhrderby im Oktober 2012 war Schmelzers Ausfall wirklich ungünstig. Klopp stellte auf Dreierkette um. Der Ausgang ist bekannt.
Apropos Großkreutz. Die erfolgreichste und zugleich konstanteste Phase auf der linken Seite hing unweigerlich mit Schmelzers Vordermann zusammen, der in der Regel das Dortmunder „Urgestein“ war. Die Stabilität des damaligen BVB, der in vielen Begegnungen in der Liga nur sehr wenige Torschüsse zuließ, wurde vor allem aus dem damals noch sensationellen aggressiven Mittelfeldpressing generiert. Schmelzer und Großkreutz ergänzten sich hierbei auf der Außenbahn fast perfekt. Schmelzer selbst hat bis heute nicht die physische Präsenz, um tief zu verweilen und reihenweise Defensivzweikämpfe in allerletzter Not zu gewinnen. Das wurde schon beim Ausscheiden der Borussia aus der Champions League 2011 deutlich, als besonders die Außenverteidiger, nachdem der Gegner durch die vorderen Linien kam, die Wege bis zur Grundlinie nicht immer verteidigen konnten.
Ein Gegenbeispiel ergab sich jedoch in den viel beachteten Partien gegen Bayern München. Nicht nur einmal schaltete Schmelzer in diesen Duellen einen Außenstürmer von Weltklasseformat namens Arjen Robben aus. Gegen den niederländischen Dribbler bewies er sogar, dass er vereinzelt im richtigen Moment die nicht strafbare Dosis an Körpereinsatz und zum Teil auch notwendige Fouls einsetzen konnte. Doch selbst in diesen Spielen gegen Bayern rückte Schmelzer teilweise auf, presste situativ Philipp Lahm und zwang diesen zu Rückpässen. Sein herausragendes Spielverständnis kommt in all seinen Bewegungen gegen den Ball eindeutig zum Tragen. Im Rücken von Großkreutz beziehungsweise an der Seite von jenem wusste Dortmunds Linksverteidiger in der Regel, wann und wie er direkt herausrücken und aggressiv pressen, wann eine leicht versetzte Absicherung für den Vordermann geben und wann er sich auf die Verteidigung des Restfeldes beschränken sollte.
In puncto Offensivausrichtung wirkte Schmelzer nie derart präsent wie Pendant Łukasz Piszczek, was vor allem daran lag, dass der Pole seine Läufe häufiger mit eindeutigen Aktionen am Ball abschloss, während Schmelzer bis heute meist den einfachen, kurzen Pass oder eine simple Ablage bevorzugt. In den titelreichen Jahren zeigten beide Außenverteidiger grundsätzlich gleichstarke Aufrückbewegungen, was in dominanteren Partien, auch diese gab es bereits in den Jahren 2010, 2011 oder 2012, zur Folge hatte, dass die gegnerischen Außenstürmer defensiv stärker gebunden waren.
In diesem Zusammenhang wurde außerdem das seitliche Abkippen eines tiefen Spielmachers aus dem Sechserraum in die Zone hinter dem Außenverteidiger ein beliebtes Mittel im Aufbau der Schwarzgelben. Besonders hinter Schmelzer tauchte nicht selten ein Sechser auf und forderte das Spielgerät. Diese Verschiebungen zeigte Nuri Şahin noch in der letzten Saison in vielfacher Ausführung. In der leicht vorschiebenden Rolle fühlte sich derweil Schmelzer sehr wohl. Er konnte ins kurze Kombinationsspiel gehen, schnelle Weiterleitungen ins Zentrum spielen oder einfach als potenzielle Ablagestation fungieren. Der Linksverteidiger musste nicht selbst eine gestalterische Kraft sein, sondern konnte ganz einfach dem Kollektiv dienen. In dieser Rolle ist er am besten aufgehoben. Schmelzer ist ein Spieler, der selbst nicht unbedingt immer glänzt. Dazu fehlen ihm manche technische Feinheiten. Er ist auch kein dominanter Außenverteidiger, der ständig eigene Durchbrüche kreiert. Aber das Gesamtpaket Schmelzer macht das Team stärker und funktioniert bei vielen Nuancen als wichtiges Rädchen.
„Wäre Schmelzer jetzt noch eloquent, wäre er der Thomas Müller unter den Außenverteidigern.“ (Aus den Tiefen der Kommentarspalten)
Verhöhnt
Der Aufschwung der Borussia sowie die konstanten Leistungen brachten Schmelzer unvermeidlich in den Dunstkreis der DFB-Auswahlmannschaften. Im März 2009 startete er zunächst bei der U21 und nahm mit ihr auch an der Europameisterschaft im selben Jahr teil. Allerdings musste er nach der Gruppenphase für Sebastian Boenisch Platz machen und betrat im Finale lediglich für die Nachspielzeit den Rasen. Nichtsdestotrotz führte Schmelzers Weg weiter nach oben. In der Phase nach der Weltmeisterschaft 2010 debütierte er noch im November des Jahres. Auf den Außenseiten hatte Joachim Löw nur Lahm als erfolgsstabile Option. Die Experimente hätten mit der festen Nominierung Schmelzers ein Ende nehmen können, taten sie aber nicht. Bis zur Europameisterschaft 2012 lief er in einem Qualifikationsspiel sowie mehreren Testpartien auf. Die 3:5-Niederlage gegen die Schweiz kurz vor Beginn des Turniers in der Ukraine und Polen kostete wohl auch Schmelzer die letzte Chance auf einen Stammplatz. Löw änderte kurz vor Start der Gruppenphase seine Rollenverteilung. Lahm musste wieder nach links.
Damit war Schmelzers Zukunft bei der DFB-Auswahl jedoch noch lange nicht verbaut. Aber in der Post-EM-Saison ging Löw mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit. Er bescheinigte dem Dortmunder Linksverteidiger nur eine bedingte Tauglichkeit für die Ansprüche der Nationalmannschaft.
„Man muss sehen. Wir haben links nicht allzu viele Alternativen. […] Deswegen wird man weiter mit Marcel Schmelzer arbeiten und hoffen, dass er sich weiterentwickelt auf diesem internationalen Niveau.“ (Joachim Löw, 12. September 2012)
Löw, angeschlagen nach der Italien-Niederlage, hatte das Image des zurückhaltenden, feingeistigen Trainers in dieser Zeit mehr oder weniger abgelegt. Dafür führte er ein potenziell wichtiges Mitglied seines Teams vor, sprach aber paradoxerweise damals sogar eine kurzfristige Einsatzgarantie aus. Andere deutsche Linksverteidiger wurden im gleichen Atemzug quasi komplett von der Eignung für die DFB-Elf freigesprochen.
Schmelzer reagierte nüchtern und analytisch: „Die Unterschiede zu Dortmund sind gering, aber auch an Kleinigkeiten muss man sich gewöhnen.“ Die „Unterschiede“ sind jedoch größer, als diese Aussage vermuten lässt. Besonders bezüglich der Außenverteidiger verfolgte Löw stets und nicht zuletzt auch beim WM-Triumph einen stabilisierenden Ansatz. Natürlich soll über die Seiten aufgeschoben und sogleich dürfen die Flügelstürmer situativ hinterlaufen werden. Doch gegen den Ball war es in der Regel die oberste Aufgabe des Außenverteidigers, den Rückzug anzutreten, den Raum gegen die gegnerischen Flügelspieler abzusichern.
„Wir werden alles dafür tun, dass man sich als Außenverteidiger nicht allein gelassen fühlen muss. […] Wenn die Bälle zwei, drei, vier, fünf zuvor nicht thematisiert werden, ist der, der den letzten Fehler macht, der Depp. So haben wir hier in Dortmund Fußball nie verstanden. Deshalb ist Marcel bei uns gut aufgehoben.“ (Jürgen Klopps Erwiderung auf Löw)
Antizipatives Herausrücken aus der Kette, wodurch selbstverständlich Löcher im Rücken entstehen können, aber man frühzeitig den Ball zurückerobert, war bei den Spielen der DFB-Auswahl eher nicht erwünscht. Vielmehr gab es gerade in Phasen zwischen Europa- und Weltmeisterschaft immer wieder Auftritte, wo die letzte Linie zu tief war, davor ein Loch klaffte und zudem auf den Flügeln die vorderen Spieler nur sehr schwach zurückarbeiteten. Das Ergebnis waren viele direkte Eins-gegen-Eins-Zweikämpfe, bei dem unbedingt der Durchbruch verhindert werden musste. Dieses Spiel passte überhaupt nicht zu Schmelzer, wenngleich er sicherlich auch insgesamt schwächere Leistungen bei manchen Nominierungen zeigte.
Jedoch wird und wurde im Rahmen der Nationalspiele, wo das populistische Potenzial gefühlt noch um ein Zehnfaches höher als im normalen Bundesligabetrieb ist, meist der letzte Part in der Fehlerkette als Verursacher des Tores hingestellt. Mats Hummels oder Jérôme Boateng können ein Lied davon singen. Und zugleich fällt auf, dass die in den Vereinen der deutschen „Pressingliga“ funktionierenden (Außen-)Verteidiger allesamt Probleme haben, wenn sie einmal für Löw das weiße Trikot überstreifen dürfen. Schmelzer bildete da keine Ausnahme, aber er war einer der gern benutzten Sündenböcke. Als ihn dann noch während der Spielzeit 2013/14 zusätzlich mehrere Muskelfaserrisse in einem flüssigen Saisonverlauf behinderten – besonders vor der Verletzung im CL-Achtelfinale gegen FK Zenit war die Form ansteigend – versickerten seine Chancen auf eine WM-Nominierung. Er wurde aus dem Kader gestrichen. Das Trainingslager in Südtirol war der vorläufige Endpunkt in der Nationalmannschaftskarriere.
Geliebt
Im gleichen Moment trat mit Erik Durm ein neues, frisches Gesicht auf die Bühne. Der ehemalige Angreifer war Klopps Option zur tieferen Kaderbesetzung der Außenverteidigerpositionen. Wie auch Piszczek, als er einst von der Hertha zum BVB kam, wurde Durm ebenfalls umgeschult, während andere talentierte Außenverteidiger wie Jannik Bandowski noch nicht bereit waren für den großen Sprung. Durm absolvierte schlussendlich 29 Einsätze für die erste Mannschaft in seiner Debütsaison. Der Ex-Mainzer überzeugte viele mit seiner Dynamik, wodurch er etwaige Schwächen im Stellungsspiel noch gut kaschieren konnte. Im Endeffekt setzte auch Joachim Löw auf den 22-Jährigen und nahm ihn mit nach Brasilien. Zugleich wurde unter BVB-Fans der Ruf immer wieder laut, dass Durm die Zukunft gehöre und der einstige Stammplatz von Schmelzer obsolet sein sollte.
Aber dies gilt nicht für den Häuptling der Schwarzgelben. Cheftrainer Jürgen Klopp gibt Schmelzer quasi eine Stammplatzgarantie, sofern er fit ist. Doch gerade diese Voraussetzung war zuletzt nicht immer gegeben. Einerseits waren es häufiger Probleme im Adduktorenbereich und andererseits hatte der 26-Jährige aufgrund eines Beckenschiefstands – das linke Bein ist etwas kürzer – im Sommer 2013 Probleme, weil er bei warmen Temperaturen auf das Tragen der Schuheinlage verzichtete, was die Oberschenkelmuskulatur belastete. Somit konnte seit dem Champions-League-Finale 2013 keine neue Routine aufgebaut werden. Doch abseits dessen stellt sich die Frage, was Klopp dazu bewegt, voll und ganz auf Schmelzer zu setzen, ist er doch eigentlich nichts weiter als purer Durchschnitt, mag man einigen „Experten“ Glauben schenken.
„Ich wurde nie zum Sündenbock, auch wenn ich mal ein schlechtes Spiel gemacht hatte.“ (Marcel Schmelzer über Vertrauen zu Jürgen Klopp)
Einige Gründe wurden bereits angeführt. Seine Spielintelligenz ist herausragend, wodurch er Schwächen am Ball oder auch physische Schwächen beispielsweise bei Kopfballduellen verschleiern kann. Zudem ist Schmelzer ein Musterbeispiel dessen, wie der BVB-Fußball auch nicht derart versierte Spieler zu sehr guten Leistungen treiben konnte.
Die Spielintelligenz drückt sich in starken herausrückenden Bewegungen aus, wodurch Schmelzer beispielsweise Verlagerungen auf seine Seite frühzeitig abfangen und das Umschalten einleiten kann, anstatt erst nach der Ballannahme des Gegenspielers die verteidigende Haltung einzunehmen. Die Spielintelligenz drückt sich in cleveren tiefen Läufen hinter die gegnerische Abwehr aus, wodurch er zu einer entsprechend vertikalen Passoption für Marco Reus und Co. wird. Jedoch leiden seine Hereingaben von der Grundlinie teilweise an der mangelnden Übersicht, wenngleich dieser Aspekt schwankend ist. Die Spielintelligenz drückt sich in der wichtigen Funktion im Dortmunder Aufbauspiel aus.
Vor allem seine Rückkehr im Januar 2014 machte deutlich, dass er in diesem Punkt Durm noch um einiges überlegen ist, wobei der Konkurrent auf der linken Seite als Rechtsfuß sowieso nur begrenzt im Aufbauspiel brauchbar erscheint. Schmelzer hingegen konnte als kurze Passoption für die Innenverteidiger über seine Seite in der letzten Saison immer wieder konstruktiv die Ballzirkulation weiterführen. Mit Großkreutz oder Reus als ballnahe Verbindungsspieler sowie dem nach links abdriftenden Lewandowski und dem Ausweichen des damaligen Zehners Henrikh Mkhitaryan ergaben sich beim verbesserten BVB in der Rückrunde passende Synergien, sodass man auf längere Schläge aus der Abwehr und dem Erzwingen von Gegenpressingaktionen vermehrt verzichten konnte. Schmelzer hatte hier einen größeren Anteil daran.
Doch zu dieser Geschichte gehört zugleich, dass Schmelzer nicht immer der konstruktive Faktor im Aufbau war und vielleicht in gewissen Konstellationen auch bis heute noch nicht ist. Viele tief stehende Gegner machen ihn als möglichen spielerischen Schwachpunkt aus, versuchen die Dortmunder Spieleröffnung in seine Richtung zu leiten und gleichzeitig passiv den Flügel zu verteidigen. Hierbei hängt der Linksverteidiger der Borussia vermehrt in der Luft. Seine Entscheidungsfindung mit Ball am Fuß und einem Loch vor sich ist mehr als ausbaufähig. Seine Pässe ins Zentrum können ins Fadenkreuz der Gegner geraten, die diese Zuspiele abfangen wollen.
Da Klopp um diese Schwäche weiß und sich Schmelzer wahrscheinlich auch dessen bewusst ist, wurden immer wieder Gegenmaßnahmen ergriffen, indem der 26-Jährige einfach sofort weit nach vorn rückt und, wie bereits erwähnt, den Raum für einen herauskippenden Sechser öffnet. Dringt Schmelzer freiwillig in die verdichtete Formation des Gegners ein, kann er wiederum seine Stärken bei kurzen Ablagen und ähnlich gearteten Aktionen am Ball ausspielen.
Probleme bekommt er eher, wenn der Gegner selbst dies nicht erlaubt oder die Dortmunder Sechser vertikaler eingestellt sind. Besonders bei Rückständen gibt es manchmal Schmelzer’sche Flankenorgien, zuletzt gesehen bei der Heimniederlage gegen den Hamburger SV, als er zwölf Hereingaben versuchte, wovon lediglich eine ankam. Diese Flanken wirken wie Verzweiflungstaten gegen Mannschaften, die das Tor verbarrikadieren wollen, und sind gepaart mit der eher schwächeren Genauigkeit Schmelzers ein fragwürdiges Mittel. Der Linksverteidiger tut sich genauso wie die gesamte, oftmals etwas überhastete Borussia in solchen Phasen schwer und ist damit auch in diesem Punkt ein Musterbeispiel für den BVB-Fußball Klopp’scher Art.
Nichtsdestotrotz ist der oftmals gescholtene und teilweise belächelte Schmelzer besser als sein Ruf, besser als die landläufige Meinung. Nicht zuletzt einige Beobachter oder Anhänger der Borussia haben über die Jahre hinweg gemerkt, welchen Wert die teilweise einfachen, aber effektiven Aktionen haben. Und mittlerweile ist auch deutlich geworden, dass neue Besen (Durm) nicht immer konstant gut kehren, wenn der frühe Hype erst einmal verflogen ist.
So bleibt der Blonde vom BVB weiterhin und gegen alle Unkenrufe am Ball. Die Taktikanalysten natürlich auch. Dieses Türchen im Adventskalender ist dem technisch schwächsten Weltklasseaußenverteidiger überhaupt gewidmet.
42 Kommentare Alle anzeigen
Majo 4. Dezember 2014 um 14:10
Zunächst mal: sehr schönes Portrait. Zum Thema Zweikampf möchte ich allerdings etwas hinzufügen: Schmelzer sieht in direkten Duellen zwar oft nicht gut aus, aber es dauert doch kaum nen Wimpernschlag nachdem er zB weggcheckt wurde, da steht der Kerl schon wieder da und nervt den Gegner. Ich habs echt schon beobachtet, dass der den Gegner zweimal hintereinander in den gleichen Zweikampf zwingt. Selbst wenn er die beide verliert, haben seine Kollegen Zeit gewonnen. Und als Gegner ist das einfach nur eklig. Nachzufragen zB beim Herrn Hulk.
Leser 3. Dezember 2014 um 20:24
Großes Lob!
Wirklich schön geschrieben. Angenehm und mit Schmunzeln zu lesen.
Inhaltlich natürlich sowieso angenehm, weil eigene Wahrnehmung. Ich freue mich jetzt zwar immer, wenn Durm Bälle gekonnt animmt, weil ich das von einem schwarz-gelben LV nicht gewohnt bin. Dafür bin ich häufig super überrascht, wie unrhythmisch dieser „neue LV“ sich in Passstaffeten im letzten Spieldrittel einschaltet. Da sorgt Schmelle zuverlässiger für Breite und Anspieloptionen. Naja, vielleicht kommt das bei Durm noch.
CE 3. Dezember 2014 um 20:33
Besten Dank.
Martin01 2. Dezember 2014 um 16:24
Wow, hätte nicht damit gerechnet, dass ihr Schmelzer mit reinnehmt! Finde ich aber sehr sehr gut!
Ich finde er war eine der besten Entdeckungen in Dortmund und konnte den Ausfall von Dede wunderbar kompensieren und ihn dann langfristig verdrängen.
Seine Laufbereitschaft und der Einsatz waren immer vorhanden und er passte wunderbar ins Dortmunder-Mannschaftsgefüge.
Sicherlich kann man deutlich erkennen was seine Stärken und was seine Schwächen sind, aber wie oft er medial zerissen wurde ist eine Frechheit. Man kann eingestehen, dass seine Leistungen in der NM phasenweise schlecht waren, aber ihm wurden auch Dinge angekreidet die mMn nicht seine waren (Spiel damals in Österreich).
Was mir aber auch auffiel in NM war bei ihm dann trotzdem ein gewisses Fehlen der Abstimmung mit der IV, was aber glaube ich daran lag, dass Hummels damals nicht LIV spielte sondern RIV.
Schade finde ich die vielen Verletzungen die ihn in letzter Zeit häufig zurückwarfen und ich hoffe diese bleiben ihm in Zukunft erspart. Ich denke auch das ihn der Zweikampf mit Durm in Dortmund weiter antreibt, so gesehen auch diese Saison in Dortmund, als er in seinen wenigen Einsätzen sehr sehr engagiert spielte.
Zu seinen Flanken aus dem Spiel heraus bin ich auch nicht so zufrieden, hier hat er defintiv noch Steigerungspotenzial. Auffällig war hierbei die Saison 2012/2013 als Pische zahlreiche Torvorlagen auf seinem Konto hatte, die durch flache scharfe Hereingaben in den Rückraum (bzw. Rücken der Abwehr) gespielt wurden, ein Pass den ich von Schmelzer nicht sehr oft sehe.
Gh 2. Dezember 2014 um 14:49
Ich find die Flanken von Schmelzer gar nicht so übel. Darf er nicht die Freistösse von halbrechts schiessen bei DO?
CE 2. Dezember 2014 um 15:00
Ja, darf er meistens. Die Flanken sind auch keineswegs per se schlecht. Die überhasteten Hereingaben passen in der Regel zum Kontext und zur Verfassung des BVB in der jeweiligen Spielsituation. Man muss auch bezüglich seines technischen Vermögens klar festhalten, dass es da sicherlich Mängel gibt, aber das alles trotzdem ein gewisses Grundniveau hat. Zudem hängt es bei ihm stark von der individuellen wie mannschaftlichen „Sicherheit“ ab.
Gh 2. Dezember 2014 um 15:16
Ja, stimmt, der Anker im Sturm ist er nicht gerade. Vielleicht seine grösste Schwäche.
MR 2. Dezember 2014 um 16:54
Die Flanken sind rein von der Technik in Ordnung und haben vor allem ganz guten Zug drin, das Problem ist, dass er einen absolut absurd schlechten Instinkt für Offensivszenen hat. Er kriegt die Dinger einfach nicht so, dass die den Gegner destabilisieren. Die sehen also besser aus als sie sind, belegen auch seine Assist-Statistiken. Bei Standards wiegt seine fehlende Intuition/Gedankenschnelligkeit nicht so schwer.
Gh 2. Dezember 2014 um 18:06
@MR: ja, stimmt. Ist dann schon eher die hohe Kunst des Flankens. Wieviele können das schon, ich mein konstant, dass der Gegner sagt oh scheisse, den lassen wa mal besser nicht flanken?
Isco 2. Dezember 2014 um 18:18
Auf seiner Position oder allgemein? LV würde ich sagen Baines, Alaba und Filipe Luis können schon verdammt gut flanken, allgemein ist natürlich Angel „die Nudel“ Di Maria der ungekrönte König des Flankens.
CE 2. Dezember 2014 um 18:38
Wenn man von der LV-Position weggeht, dann kann ich neben ADM nur noch Juanfran nennen. Beide müssen sich um die Krönung streiten. 🙂
Gh 3. Dezember 2014 um 08:13
Darf man Dani Alves schon wieder nennen (so out, dass er schon wieder in ist)
axt 3. Dezember 2014 um 12:22
Fuchs nicht vergessen.. seine Flanken auf den Hunter WAREN absolute Weltklasse!
Gh 3. Dezember 2014 um 13:24
Haha, Fuchs, so eine Art Flankenmutant! Der Beweis, dass es sich beim Flanken um eine seltsame Sonderbegabung handeln muss, die mit dem übrigen Spiel nichts zu tun hat.
Koom 3. Dezember 2014 um 15:17
Dabei sind präzise, harte Flanken auch (oder gerade?) heute noch eine echte Waffe. Fuchs kann ja sogar aus dem Halbfeld relativ gefährlich flanken. Sein Manko ist eigentlich immer das eher schlechte Defensivspiel, dass er idR über Physis regelt. Mit dem 3-5-2 der Schalker ist das aber eigentlich gut abgedeckt.
Aber zurück zur Flanke: So Flanken wie bei Schmelzer gehören natürlich verboten. So angeschnittene Dinger mit viel Wucht wie von Fuchs hingegen finde ich immer gefährlich. Wenn man gut für die 2. Bälle aufgestellt ist, würde ich mir immer den Luxus eines Flankenmutanten *g* wie Fuchs leisten.
TW 3. Dezember 2014 um 13:16
Perthel ist mit 4 Assists aus 12 Spielen auch nicht so schlecht.
Schorsch 2. Dezember 2014 um 14:23
Vor einiger Zeit hatte ich an anderer Stelle die These aufgestellt, Löw solle grundsätzlich bis auf Reus, Götze und Gündogan auf die Nominierung von BVB-Spielern für die Nationalmannschaft verzichten (muss also in der Saison 12/13 gewesen sein). Das bezog sich zwar seinerzeit hauptsächlich auf Hummels, aber auch auf Schmelzer. Dafür habe ich einiges an ‚Prügel‘ einstecken müssen. Als Begründung hatte ich darauf hingewiesen, dass sich der Löwsche Fußball eben in bestimmten Punkten sehr vom Fußball à la Klopp unterscheidet. Und Spieler wie Schmelzer ihre (vom Autor sehr gut beschriebenen) Stärken, die beim BVB voll zur Geltung kommen, in der NM eben nicht einbringen können. Dafür werden ihre Schwächen umso deutlicher. Da sehe ich mich im Nachhinein von den Ausführungen des Autors bestätigt. An Hummels hat Löw festgehalten, allerdings musste dieser sein typisches Spiel schon ändern. Was er ja dann auch geschafft hat, siehe WM. Schmelzer hätte dies nie geschafft mMn, insofern war für mich die Ausmusterung durch Löw nur konsequent. Wobei ich die vom Autor erwähnten Äußerungen Löws hinsichtlich Schmelzer in dieser Form in der Öffentlichkeit nach wie vor als nicht akzeptabel erachte.
Den Hinweis des Autors auf das Zusammenspiel mit Großkreutz auf der linken Seite des BVB finde ich ebenfalls bemerkenswert. Auch hier hatte ich mir reichlich ‚Prügel‘ abgeholt, als ich wiederholt die defensive Stabilität des BVB mit dieser Konstellation als deutlich besser bezeichnet habe als mit Schmelzer / Reus. Wobei es mir darum ging, dass die Arbeit gegen den Ball die Basis für den Erfolg des BVB-Spiels ist.
Wobei mir ein Gedanke kommt, sicherlich off topic, aber vielleicht nicht unpassend. Kann es sein, dass die Spieler des BVB, die bei der WM dabei waren, derart ‚Löwschen Fußball‘ verinnerlicht haben (auch wenn sie bis auf Hummels nur mittrainiert und nicht gespielt haben), dass sie nun nicht mehr richtig ins BVB-Spiel finden (Hummels, Weidenfeller, Großkreutz, Durm) bzw. gar nicht hineinfinden (Ginter)?
Ich weiß nicht, ob Schmelzer bei einem anderen Club / unter einem anderen Trainer, der eben nicht die Spielweise des BVB bzw. eine ähnliche praktizieren lässt, seine Stärken einbringen könnte. Und ich weiß auch nicht, ob er momentan beim BVB tatsächlich ein stabilisierender Faktor wäre. Schmelzer erscheint mir (gerade auch nach den Ausführungen des Autors) als ein Spieler, der in einer funktionierenden Mannschaft gut funktioniert. Wenn die praktizierte Spielweise zu seinen Stärken passt. Das wäre ein wenig sehr viel an Voraussetzungen für einen Spieler, um als Spitzenspieler auf seiner Position gelten zu können. Der BVB unter Klopp und Schmelzer – das passt. Bei allen anderen Konstellationen muss man da mMn schon Fragezeichen setzen, insbesondere wenn man über Fußball auf einem Spitzenniveau spricht.
Koom 2. Dezember 2014 um 12:36
Vielleicht erkennt Klopp auch ein wenig sich in Marcel Schmelzer. Klopp war technisch auch sehr bescheiden, nach eigener Aussage konnten seine Beine nie das umsetzen, was er im Kopf hatte.
MR 2. Dezember 2014 um 17:01
Habe selbige Vermutung bei Immobile.
JS 2. Dezember 2014 um 12:25
„technisch schwächsten Weltklasseaußenverteidiger“ besser kann man ihn nicht zusammenfassen. Ich hoffe ihn bald wieder auf dem Feld zu sehen.
Schmellkreutz 2. Dezember 2014 um 11:11
Danke für das Törchen. Ich bin ein Fan von Schmelle (Überraschung), da er meiner Meinung nach, sehr zur Dortmunder Stabilität beiträgt (im Moment spielt er nicht, da will ich aber keine Schlussfolgerungen draus ziehen). Interessant finde ich, dass der Artikel auskommt ohne die SV-Aussage „Schmelzer schafft es die Mannschaft besser zu machen und zeitgleich der schlechteste Spieler der Mannschaft zu sein“ (o.ä.) auszukommen.
Vielen Dank für das Törchen! Ich finde auch, dass Schmelles Schwächen im Artikel klar rauskommen und in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden. Hoffe das mit Schmelle demnächst auch wieder Besserung im Dortmunder Spiel aufkommt…
Dr. Acula 2. Dezember 2014 um 10:55
die Frage ist halt, bis zu welchem Grad diese taktische Raffinesse die technischen Defizite kompensieren.. Das kann nicht der Anspruch sein.. Der einzige Gesichtspunkt, den man bestätigen kann ist der, dass er nicht auf dem Level ist, auf dem ihm die Stammtisch Besucher sehen
MR 2. Dezember 2014 um 11:44
„die Frage ist halt, bis zu welchem Grad diese taktische Raffinesse die technischen Defizite kompensieren..“
Nein, das ist nicht die Frage. Die Frage ist, wie gut der Spieler insgesamt ist. Angesichts seiner taktischen Stärken wie auch seiner technischen Schwächen. Da geht es nicht um Kompensation, das würde suggerieren, dass eines von beiden grundsätzlich wichtiger ist und das andere eine untergeordnete Ersatzqualität. So ist es aber nicht.
Es gibt nur eine handvoll Außenverteidiger, die taktisch so stark sind wie Schmelzer. Bei allen anderen könnte man nun auch fragen, bis zu welchem Grad ihre technische Raffinesse ihre taktischen Schwächen kompensiert. Diese Frage würde der Bewertung von Außenverteidigern wohl auch sehr gut tun, aber wäre letztlich auch einseitig. Am Ende ist alles einfach Qualität.
Dr. Acula 2. Dezember 2014 um 16:47
„Da geht es nicht um Kompensation, das würde suggerieren, dass eines von beiden grundsätzlich wichtiger ist“
Nein, das suggeriert es nicht. Laut Duden bedeutet kompensieren:
„ausgleichen, durch Gegenwirkung aufheben“
Also wird hier keine Wertung abgegeben, welches wichtiger sei, in diesem Fall also technisch oder taktisch.
Mein Einwand hat also insofern seine Berechtigung, als dass im Sport mehrere Komponenten eine (gleichrangige) Rolle spielen..
Ich als Kampfsportler habe das ein perfektes Beispiel: egal wie stark jmd zuschlagen kann, wenn er extrem Langsam ist, bringt ihm das zml wenig.. Andersrum gilt das selbe..
Um auf fusball zurück zu kommen: egal wie gut er taktisch ist, teilweise seh ich, wie Schmelzer Ballverluste produziert, die seiner Mannschaft mindestens soviel Schaden, wie ihr sein intelligentes Herausrücken etc. nützt
RM 2. Dezember 2014 um 16:51
Und ich halte dagegen, dass die Taktik > Technik ist und eine übergeordnete Rolle hat.
Peda 3. Dezember 2014 um 08:03
Gerade bei Außenverteidigern würde ich Taktik über Technik stellen.
Nerd-Spezialfrage: haben die vier Bereiche Psyche-Taktik-Technik-Physis bei dir generell eine fixe Reihenfolge, oder hängt das von der Position ab, oder von der Rolle, oder steht einfach nur die Taktik über allem?
Zum Thema: ich dachte ja immer Wien sei das Mekka der Suderanten, aber was bei euren Artikeln immer bemängelt wird, sagenhaft. Ich geb ja meinen Schoko-Adventskalender auch nicht zurück, weil ich mir unter Tür zwei mehr als die Form einer Christbaumkugel erwartet habe!
Keep up the good work!
Guergen 2. Dezember 2014 um 10:27
Lasst mich raten: Das ist ein Versuch den Einfluss von SV.de zu testen, heißt: Wenn jetzt medial merkbar das Ansehen Schmelzers steigt, dann hat man’s echt geschafft.
Ne, ganz interessant, auch wenn man sich den romantisierenden Einstieg hätte schenken können, ist doch nicht die Bunte hier. Halte Schmelzer zwar auch nicht für sooo herausragend spielintelligent, aber schon für unterschätzt.
TW 2. Dezember 2014 um 10:54
Es ist echt witzig, was Ihr alles in unsere Auswahl hereininterpretiert. Vielleicht ist Schmelle einfach ein Liebling von CE, der auch von den anderen Autoren als voll tragbar für diesen Kalender erachtet wird (siehe auch MRs Kommentar). Neben seinen strategischen Stärken ist er immerhin CL-Finalteilnehmer und Nationalspieler. Der emotionale Einsteig zeigt diese innere Verbundenheit zwischen Spieler und Autor sehr schön auf. Ich persönlich habe den Artikel für diese romanartige Selbsterfahrung gefeiert!
Todti 2. Dezember 2014 um 19:55
Ja, ging mir auch so. Ich finde, gerade die Kombination von großartigen Analysen mit Humor bzw. Schreibstil a la „…schweift der Blick vorbei am Alfredo-Di-Stefano-Poster zum Fenster hinaus, in einen grauen Dezember.“ machen diese Seite so überragend.
Ostkreuzkicker 5. Dezember 2014 um 18:00
Absolut, CE ist der Poet unter euch! Neue Dimension eures Spiel… – äh Schreibstils.
Außerdem können wir Ossis uns einer romantisierenden Zuneigung zu ostdeutschen Underdogs wie Schmelle gar nicht entziehen.
CE 5. Dezember 2014 um 18:34
Besten Dank. 🙂
Isco 2. Dezember 2014 um 10:02
Sorry, ich dachte falsch eingeschätzte Spieler waren letztes Jahr dran? 🙂
Lieblinge des Weltfußballs.. Ich dachte da eher an Marcelo, Alaba, Bernat, Moreno, vielleicht Gaya, aber Schmelzer? Die Einleitung zeigt ja schon die emotionale Ebene die da mitschwingt, wie soll man den erraten?
MR 2. Dezember 2014 um 10:48
Schmelzer wurde damals auch schon diskutiert, aber ist doch eher unterschätzt als sonderlich falsch gesehen, oder? (Wobei…er wird ja manchmal gelobt, wenn er viel zum Flanken kommt…)
Das hat mit der emotionalen Ebene von Constantin aber nicht viel zu tun, Schmelzer ist ziemlicher common sense bei uns.
Isco 2. Dezember 2014 um 11:04
Ist das Unterschätzen nicht auch ein eine Art der Falscheinschätzung? 🙂
Ich hab ja auch nichts dagegen, bitte nicht falsch verstehen, auch die Einleitung ist sehr gut zu lesen, nur hätte ich mir unter dem diesjährigen Thema etwas anderes vorgestellt.
CE 2. Dezember 2014 um 11:06
Es kommen auch noch weniger überraschende Spieler. Da braucht sich niemand zu sorgen.
RM 2. Dezember 2014 um 11:12
Die Diskussion hatten wir letztes Jahr. „Falsch“ ist ja nicht im Sinne „Die Einschätzung stimmt nicht“ gemeint, sondern dass die Einschätzung auf grundsätzlich falschen Prämissen und einer falschen Einschätzung des Spielers als Spielertyps basiert.
Schmelzer: Er ist einfach ein Lieblingsspieler von CE, auch die anderen finden ihn eigentlich ganz gut, soweit ich weiß. Es geht eben um Lieblinge von SV-Autoren, ich finde das ganz gut so. Außerdem dürfte Schmelzer aus Leser-Sicht ohnehin so ziemlich der umstrittenste in der Liste sein, vermute ich mal.
MR 2. Dezember 2014 um 11:36
Ist es schon, aber nicht die Art, die wir letztes Jahr gesucht haben. 😉
HK 2. Dezember 2014 um 09:37
Schmelzer als Liebling des Weltfußballs?? Jetzt aber nicht der Schmelzer der in Dortmund spielt?
Ok, das ist ein Fake und ich hab’s erkannt. Krieg ich jetzt einen Preis?
elbro 2. Dezember 2014 um 08:48
So sehr Schmelzer von vielen belächelt wird, so sehr überschätzt der Autor ihn hier. Das mag natürlich eine entsprechend extreme Gegenreaktion sein, um die überzogene Kritik zu relativieren. Doch auf mich wirkt es wenig überzeugend, wenn man schwarze Farbe mit weiß überziehen will, wenn die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte liegt. Einen ausgewogeneren Artikel hätte auf mich den überzeugenderen Eindruck gemacht.
Sicher hat Schmelzer eine nicht zu verachtende Spielintelligenz und passt an sich gut ins Kloppsche Pressing-Umschaltspiel. Das wurde ja ausführlich beschrieben.
Doch halte ich seine Spielintelligenz nun auch nicht für so herausragend, wie der Autor glauben machen will. Dafür hat er zu viele Stellungsfehler drin, ist immer mal wieder nicht eng genug am Mann. Im direkten Zweikampf 1:1 gibt es sicher auch zahlreiche bessere Außenverteidiger. Viel problematischer jedoch als diese Defensivfähigkeiten halte ich seine Tauglichkeit fürs Offensivspiel. Technisch ist er dermaßen limitiert, dass er eigentlich nicht in Frage kommen sollte für die Dortmunder CL-Ansprüche. Der Kader ist grundsätzlich spielerisch/technisch/fußballerisch für meinen Geschmack zu limitiert und zu sehr auf Pressing, Tempo und Konterfußball ausgerichtet. Das sieht man auch am Beispiel Schmelzer. Wenn ich im Vergleich LVs wie Alaba, Bernat, Rodriguez, Aogo, Wendell oder selbst Wendt sehe, ist die Konkurrenz diesbezüglich einfach besser aufgestellt. Dazu kommen die vom Autor angesprochenen miserablen Flanken, die eine Streuung wie ein Schrotgewehr haben.
Wenn man in Dortmund aus der aktuellen Krise lernt, und einsieht, dass man mehr Wert auf technische Qualität legen sollte, würde ich mich von Schmelzer trennen und einen neuen Stamm-LV verpflichten. Wer mir gefällt ist z.B. Augsburgs Baba. In der BL, im Ausland sowieso, gibt es zahlreiche Linksverteidiger, die ich für ein Upgrade im Vergleich zu Schmelzer halte. Auch Durm sollte erst mal nur als BU in Frage kommen.
Ich persönlich find’s schade, dass die Wahl auf Schmelzer gefallen ist. Beim BvB hätten mich einige Spieler mehr interessiert, z.B. Langerak, Sokratis oder Kirch.
fichtenelch 2. Dezember 2014 um 09:01
der artikel leugnet doch gar nicht, dass schmelzer eklatante schwächen hat, weist sogar darauf hin.
halte schmelzer in gewissen dingen genauso wie der autor für überaus intelligent und finde, dass er immer ein sehr guter (unauffälliger) faktor ist, wenn man ihn nicht zu sehr fokussiert, also zu sehr ins aufbauspiel einbindet zB.
schönes türchen 🙂
MR 2. Dezember 2014 um 10:53
„Dafür hat er zu viele Stellungsfehler drin, ist immer mal wieder nicht eng genug am Mann. Im direkten Zweikampf 1:1 gibt es sicher auch zahlreiche bessere Außenverteidiger.“
Dass er viele Stellungsfehler hat, sehe ich anders, ganz im Gegenteil. „Eng am Mann sein“ ist eine Nonsens-Floskel, die versucht, komplexe mannschaftstaktische Situationen in eine Manndeckungs-Philosophie zu pressen, um sie leichter verständlich zu machen. Wer eng am Gegenspieler ist, ist wahrscheinlich nicht eng am Mitspieler.
Im 1-gegen-1 gibt es sicher besser, aber
a) hat das vor allem mit Athletik zu tun und weniger mit Spielintelligenz
b) gibt es bei einer guten Mannschaft fast nie 1-gegen-1-Situationen, siehe Klopps Zitat aus dem Artikel
Die Bedeutung dieser Situation wird mE sehr überschätzt weil sie bei schlechtem Fußball eine höhere Bedeutung haben und weil es sehr oft langsame, statische Situationen sind, die leicht zu erkennen und zu bewerten sind. Irgendwelche verrückten, komplexen Pressingszene, in denen Schmelzer plötzlich in den Sechserraum einrückt und den gegnerischen Angriff zerstört oder wie er mega zuverlässig und präzise Hummels‘ Herausrücken absichert werden leichter übersehen.
ahnungsloSer 2. Dezember 2014 um 14:14
Genauso benötigt eine gute Mannschaft keine Flanken vom AV. Damit schwåchen seine Schwächen nur schlechte Mannschaften. Was immer das für Schland bedeuted.