Arsenal FC – Manchester City 2:2
Das Spitzenspiel dieses Spieltags in England dürfte wohl das Aufeinandertreffen zwischen Arsenal und Manchester City gewesen sein. Dabei zeigten beide Mannschaften hohe individuelle Qualität und interessante taktische Aspekte, aber auch die Standardprobleme des britischen Fußballs.
Arsenals inkonstantes 4-1-4-1 und Citys 08/15-Ausrichtung
Die Gunners spielten gegen den Ball in einem 4-1-4-1; Denny Welbeck spielte als Mittelstürmer zwischen Mesut Özil auf links und Alexis Sanchez auf rechts. Letzteren beiden beteiligten sich vergleichsweise gut im Pressing, gingen meistens mit dem Außenverteidigern mit nach hinten und stellten sich relativ kompakt in einer Linie mit den beiden Achtern auf; zusätzlich waren sie offensiv natürlich brandgefährlich, rückten häufig in die Mitte und Halbräume ein oder tauschten gar die Positionen. Zentral gab es eine interessante Aufteilung. Aus der 4-1-4-1-Stellung wurde häufiger auch ein 4-5-1, wo die Achter beinahe auf einer Linie mit Flamini spielten. Noch interessanter war aber das Verschieben gegen den Ball im Abwehrpressing.
Teilweise wirkte es nämlich so, als würde die Mittelfeldreihe Arsenals gar nicht ballorientiert in diesen Zonen verschieben, sondern spielte passiv und sicherte die Räume vor der Abwehr. Dadurch schienen sie fast regungslos bei Pässen zur Seite stehen zu bleiben, während die Außenverteidiger bei Pässen Citys auf die Flügel herausrückten und die Viererkette breit spielte. In gewisser Weise war die Konsequenz davon eine schwache, weniger kompakte und enorm passive 4-1-4-1-Version von Atlético Madrids 4-4-2 mit einer engen Mittefeldkette. Diese Spielweise gab es aber eigentlich nur in dieser Zone.
Ansonsten spielten sie in einem 4-1-4-1 mit deutlich größeren Abständen, sowohl horizontal als auch vertikal. Sie versuchten mehrmals sehr hoch und aggressiv zu pressen, die Achter rückten heraus, die Flügelstürmer nach vorne und „plötzlich“ entstanden bis zu 30m Vertikalabstände zwischen den einzelnen Linien. Auch horizontal wurde nicht ordentlich eingerückt, wodurch hier ebenfalls zu größe Räume von den einzelnen Spieler besetzt werden mussten.
Ähnliche Probleme hatte auch City. Sie spielten in einem simpleren 4-4-2/4-4-1-1, in welchem sich David Silva meistens etwas an Arsenals Sechser Mathieu Flamini orientierte. Sergio Agüero stellte einen der zwei Innenverteidiger zu und situativ rückte City nach vorne, um kollektiv hoch zu pressen. Daraus befreite sich Arsenal durch die Pressingresistenz Jack Wilsheres und Aaron Ramseys sowie deren Bewegungen um Flamini herum gut, dazu kamen auch gute Pässe von Per Mertesacker und Laurent Koscielny.
Alles in allem war City keineswegs stark gegen den Ball: Vertikal waren die Abstände im höheren Pressing zu groß, das ballorientierte Verschieben war ebenfalls nicht intensiv und weiträumig genug, dazu kamen große Probleme in der horizontalen Kompaktheit. Arsenal hatte aber keine sauberen Strukturen, um dagegen ordentlich vorzugehen.
Kollektive Simplizität in den Offensivabläufen
Die Offensivmechanismen beider Mannschaften schienen relativ improvisiert und/oder einfach zu sein. Bei Arsenal gab es ein paar Positionswechsel zwischen Özil und Alexis auf den Seiten, die aber keine größeren taktischen Veränderungen mit sich brachten. Beide gingen aus dem Flügel in Richtung Mitte, boten sich zentral an und überluden diese Räume. Ramsey und Wilshere ließen sich gelegentlich zurückfallen, holten sich Bälle ab, suchten Läufe mit Ball am Fuß in offene Zonen und schnelle Kombinationen. Ansonsten gab es wenig zu sehen bei Arsenal.
Neben einer fehlenden Struktur um sich gegen die nach einzelnen höheren Pressingversuchen tiefstehenden Citizens durchzusetzen war besonders die schwache Raumaufteilung auffällig. Weil Arsenal kaum die Flügel im Kombinationsspiel nutzte und eigentlich nie über Ballzirkulationen City zum Verschieben zwang oder ihre Probleme im ballorientierten Verschieben aufzeigte, konnte sich Manchester City trotz einer defensiv eher suboptimalen Leistung stabil und passiv vor dem eigenen Strafraum positionieren. Dieses Bild spricht mehr als tausend Worte.
City war ähnlich simpel ausgerichtet; zentral pendelte Silva und diente als Verbindungsspieler, Navas über rechts und Milner über links gaben Breite und gingen situativ in den Halbraum, ohne wirklichen Effekt zu haben. Frank Lampard ging einige Male aus dem Sechserraum mit Vertikalläufen nach vorne und besetzte die dortigen Räume, was dann auch Silva etwas Freiraum ermöglichte und die Außenverteidiger – meistens der ballnahe – rückten nach vorne auf.
Dazu gesellten sich Agüeros ausweichende Läufe in der Spitze – den Rest erledigte die herausragende individuelle Qualität und einzelne Kombinationen, die aus der Mitte auf den Flügel und dann von der Seite direkt in Richtung Mitte in den Strafraum gingen; hier wurde Arsenals schwaches Verschieben bestraft und das war auch der einzige Spielzug im ganzen Spiel, der konstant für Gefahr sorgen konnte und wirklich taktisch motiviert schien. Nicht umsonst fiel die wohl schönste Kombination und beste Chance Citys in diese Phase, als sie in der 32. Minute die mangelnde Verschiebedynamik Arsenals bespielten und beinahe zum 2:0 kamen.
Zu diesem Zeitpunkt schien die Partie aber ohnehin fast schon gelaufen.
City nach der Führung überlegen, nach der Halbzeit aber immer schwächer
Die ersten 15 Minuten war Arsenal klar überlegen, sehr dominant und die bessere Mannschaft. Doch die mangelnde Struktur – und Citys verstärkter Rückzug im Pressing – forderten ihren Tribut. Arsenal wurde immer schwächer, City immer stabiler; und nach einem Konter erhielten die Gunners den letztlich spielentscheidenden 0:1-Gegentreffer. Dieses Tor zeigte auch die Probleme der beiden Mannschaften und generell die Ursache für die britische Spielidentität in der Premier League.
Durch die unpassenden Staffelungen in eigenem Ballbesitz sind sie häufig nach Ballverlusten nicht sauber abgesichert; zusätzlich steht die andere Mannschaft ebenfalls sehr weiträumig bei Ballgewinnen und kann mit sehr weiten Pässen und sehr langen, ununterbrochenen Läufen mit Ball am Fuß in offene Räume kontern. Das ist dann natürlich extrem dynamisch und sorgt für eine extreme Dynamik im Umschaltmoment; welche aber vorrangig am Mangel lokaler Kompaktheiten, guter Staffelungen und dadurch auch geringeren Gegenpressingmöglichkeiten liegt. Das 0:1 für City war eine Folge davon; und auch eine generelle Konsequenz des Spielrhythmus, den man am ehesten mit „halb Pressing, halb Bus“ definieren kann.
In den Phasen daraufhin dominierte City die Partie. Sie ließen den Ball sehr gut und stabil zirkulieren, hatten mehr vom Spiel, einen ruhigeren Rhythmus und konnten dadurch ihre individuelle Qualität besser ausspielen ohne unnötige Ballverluste zu erhalten, die Arsenal gefährlich machten. Erst nach der Halbzeit veränderte sich dies. Die konstante Umstellung von Özil auf rechts und Alexis auf links, verstärkt ausweichende Läufe der beiden Achter, besseres Aufrücken des gesamten Kollektivs und die bessere Nutzung der Breite über die Außenverteidiger halfen Arsenal ebenso wie Citys geringerer Fokus auf Spieldominanz und die Auswechslung Lampards, wodurch sie zentral einen anderen Rhythmus im Spiel nach vorne hatten.
Besonders ab der 60. Minute war Arsenal dann stärker, hatte durch die Auswechslung Agüeros auch nicht mehr so einen unpassenden Gegenspieler für Koscielny und Mertesacker, paarte ihre individuelle Qualität im Dribbling und im Spielen von Lupferpässen mit den taktischen Wechselwirkungen der gegnerischen Defensivausrichtung; zusätzlich versuchte City nach dem 1:1 wieder höher zu pressen und offensiver zu spielen, was wiederum Räume öffnete – und Arsenals 2:1 ermöglichte. Letztlich war es ein Standard zum Ausgleich und eine wieder bessere Ausrichtung Citys (mit einer sehr offensiven Einwechslung Kolarovs für Fernandinho), welche das Spielende kennzeichneten.
Fazit
Knapp, aber verdient endet die Partie Arsenals gegen City mit 2:2, wo Arsenal einem spielerisch sehenswerten Spiel beinahe einen 0:1-Rückstand erfolgreich gedreht hätte. Taktisch zeigten aber beide Mannschaften Mängel im Vergleich zur europäischen Spitze (und auch im Vergleich zu Mourinhos Chelsea an besseren Tagen), insbesondere was die Harmonie im Verschieben und die vertikalen wie horizontalen Abstände betrifft. Von den Einzelspielern her sind aber beide Mannschaften technisch hochwertig besetzt.
4 Kommentare Alle anzeigen
Partizan 14. September 2014 um 21:17
Finde Özil auf dem Flügel auch verschenkt, da beraubt man ihn aller seiner Stärken, dazu kommen seine Schwächen in der defensiv Arbeit noch deutlicher zum Vorschein.
Aber es ist wohl der ganzen Kader Zusammenstellung geschuldet das Özil auf Links spielen müss.
HW 15. September 2014 um 09:01
So pauschal würde ich das nicht sagen. Özil hat in seiner Karriere ganz gute Phasen auf dem Flügel gehabt. Z. B. neben Diego in Bremen.
Vielleicht ist er nicht die prägendste Figur auf dem Flügel. Aber er hat auch Schwächen, wenn er in der Mitte spielt. Wenn er auf dem Flügel spielt, dann ist er natürlich immer noch Özil und kein Flügelflitzer. Das muss vom Trainer so eingeplant sein. Er wird sich immer ins Spiel im Zentrum einschalten. Nur eben nicht als zentraler Spielmacher, sondern neben einem 10er oder 8er. Mit Özil von außen hat man mMn einen zweiten Spielmacher auf dem Feld. Wenn dann der andere Flügel von einem Stürmer besetzt wird, gibt das dem Team meist eine gute Balance.
king_cesc 14. September 2014 um 10:44
Kann es sein, dass Arsenal wieder die ganze Saison benötigt um halbwegs Balance herzubekommen und dann zur neuen Saison gehts wieder von vorne los?
Was sagt ihr zur Kritik an Özil? Der is doch zu 0% ins Spiel eingebunden. Durch die ganzen planlosen Aktionen wirken die Spieler am besten, die einfach den Ball nehmen und versuchen zu kombinieren. Özil wirkt als einziger minimal strukturierend oder? (ehrlich gesagt ist die Offensive so komisch, da versteh ich nicht wirklich was die da machen)
Gooner90 13. September 2014 um 20:56
Danke für die schnelle Analyse hab darauf gehofft 🙂 Finde sie auch sehr treffend… was da für Abstände waren.