Blick über den Tellerrand – Folge 2
Die zweite Folge unserer neuen Serie steht ganz im Zeichen dieses Derby- und Topspiel-Wochenendes. Mit dabei sind diesmal Atletico Madrid, Málaga, Valencia, Levante, Marseille und PSG.
Spiel der Woche I: Atletico Madrid – Málaga CF 2:1
Im Sommer 2011 reihte sich Málaga in die Reihe der von Scheichen finanziell gesponserten Vereine ein. Einige Millionen Euro und gut neun Monate später stand der Einzug in die CL-Qualifikation, welche auch erfolgreich gemeistert wurde. In diesem Sommer allerdings drehte der Besitzer den Geldhahn zu und will nun sein einstiges Spielzug loswerden – eine ganze Reihe an Spielerverkäufen und ein sehr dünner Kader waren bzw. sind die Folge. Von den prognostizierten Problemen ist aber in Liga wie Königsklasse keine Spur – unter Manuel Pellegrini spielen die Andalusier hervorragend auf.
Während die beiden defensiven Mittelfeldspieler sehr bedacht und kontrolliert spielen, rücken die beiden Außenverteidiger sehr offensiv mit vor und sorgen für Breite im Angriff. Dadurch kann sich die Offensivabteilung auf das Überladen des Zentrums konzentrieren – hierbei ist der aktive Isco die zentrale Figur, der von einem spielstarken Mittelstürmer (meistens Saviola) und oftmals den beiden flexiblen Joaquin und Eliseu unterstützt wird. Sowohl der eigentliche Linksverteidiger Eliseu als auch der Flügelstürmer Joaquin können einerseits einrücken und mit Spielstärke das Zentrum überladen und andererseits breit gehen und für Flanken oder Dribblings sorgen. Diese Variabilität, noch mehr aber die Spielstärke im Zentrum sorgte zuletzt für viele schöne Angriffe und gute Ergebnisse.
In diesem Topspiel mit Europa-League- und UEFA-Supercup-Sieger Atletico Madrid, das sich mit einem hohen Sieg sogar an die Tabellenspitze hätte setzen können, reagierten die Hausherren allerdings sehr geschickt auf die Spielweise Málagas und konterten deren Flexibilität mit einer fluiden Dreifach-Sechs im Zentrum, bestehend aus den enorm anpassungsfähigen Mario Suárez, Gabi und Emre. Sie sorgten dafür, dass Málaga kaum durch das dichte Zentrum hindurch fand – weil es diesen mit ihren eher absichernden Sechsern und dem oft zurückfallenden Isco zudem an genügendem Aufrücken fehlte, musste Málaga immer wieder auf die Flügel – nur 23 % ihrer Angriffe konnten sie durch die Mitte spielen – und eine Flanke von Monreal für den Ausgleich sorgen. Bereits früh hatten nämlich die Hausherren geführt – ebenfalls durch eine Flanke, die – von Emre hereingebracht – ein Beispiel dafür war, dass Atleticos Mittelfeld auch offensiv flexibel war und beispielsweise die Seiten überladen konnte. Auf dieser linken Seite, über die mehr als die Hälfte aller Atletico-Angriffe kamen, stellte man Überzahlen gegen den nicht immer defensiv zurückarbeitenden Joaquin her, doch wählte man dann zu oft die Flanke, die eben nicht immer zum Erfolg führte.
Nach dem Seitenwechsel änderte sich wenig am Bild dieser Partie – besonders Málaga blieb weiterhin kaum gefährlich gegen die flexible Defensive Atleticos. Diese steigerten sich offensiv allerdings und hatten insbesondere Mitte der zweiten Halbzeit ihre Chancen, als mit Cristian Rodriguez für Emre ein zusätzlicher Offensivakteur ins Spiel kam und Atletico ihr gewohntes Angriffsspiel besser aufziehen konnte – methodisch solide, dabei aber sehr ausgewogen und konsequent. Doch trotz dieser zwischenzeitlicher Druckphase und Málagas Harmlosigkeit war Falcaos Siegtor in der 90. Minute etwas glücklich. Interessant: Bereits vergangene Saison hatte Atletico eine ähnliche Defensivstrategie gegen die Andalusier gewählt.
Spiel der Woche II: Olympique Marseille – Paris St. Germain 2:2
Topspiele und Derbys, wohin das Auge reicht – so auch in Frankreich zwischen Tabellenführer Marseille und dem ärgsten Verfolger aus Paris. Dieses in der Ligue 1 heiß erwartete Duell wurde im Großen und Ganzen zu einem Kampf der beiden verschiedenen Offensivphilosophien der Teams – Marseilles schnelle Flügelüberladungen gegen PSGs spielstarke Zentrumsdominanz. Ganz so krass stellte sich dies letztlich allerdings nicht dar, weil besonders die mit viel Geld gesegneten Gäste gerade über ihre offensiven Außenverteidiger ebenfalls immer wieder die Außenseiten ansteuerten.
Im Grundsatz baute sich ihr Spiel allerdings über die Kontrolle des Zentrums durch ihre Rautenformation auf, was sich auch in etwa 60 % Ballbesitz zeigte. Weil die beiden Stürmer in Marseilles defensivem 4-4-2 nicht immer konsequent zurückarbeiteten, konnte PSG ihre Überzahl in der Mitte ausspielen und durch die vielen zentralen Passoptionen der Raute hindurch kombinieren. Das flexible und vielseitige Zurückfallen der im Sturm spielenden Menez und Ibrahimovic verstärkte dies noch. Weil Marseille sich gegen diese Enge weit zusammenziehen musste, um defensive Lücken wie beim Aufeinandertreffen in der vergangenen Saison so klein wie möglich zu halten, wurden in den höheren Zonen die Außenseiten frei – immer wieder verlagerten die Gäste dann aus der Enge heraus mit Schnittstellenpässen auf die diesmal gut nachrückenden Außenverteidiger Jallet und Maxwell.
Auf der anderen Seite versuchte es Marseille wie gewohnt mit brutalem Flügelspiel und spielte nur 20 % ihrer Angriffe durch die Mitte. Dabei war der auf der Zehn aufgebotene Mathieu Valbuena wieder einmal der Schlüsselspieler – mit enormem Laufaufwand verschob er immer wieder auf die Seiten, um die Flügelspieler dort zu unterstützen und zusammen mit ihnen zu überladen, und suchte sich überdies seine Freiheiten in den offenen Halbräumen neben Verratti. Nach Seitenverlagerungen mussten die Außenverteidiger PSGs weit zu ihren breiten Gegenspielern hinüberschieben, was die Schnittstellen für den starken Gignac öffnete.
Weil beide Teams durch ihre Spielweisen zudem viele Standards kreierten und dabei sehr gefährlich waren, stand es in dieser aufregenden Partie nach einer halben Stunde bereits 2:2. In der zweiten Halbzeit verlief die Partie zunächst großteils ähnlich, ehe sie in den letzten 30 Minuten enorm abbaute – ganze zwei Torschussversuche konnten in dieser Schlussphase insgesamt verbucht werden. Grund dafür waren mehrere kleine Aspekte: Die Teams wurden immer unpräziser, es wurde bei Angriffen nicht mehr konsequent nachgerückt, sondern lieber abgesichert und gerade Carlo Ancelotti entschied sich für recht defensive Auswechslungen.
Spiel der Woche III: Levante UD – Valencia CF 1:0
Im Schatten des großen „El Clásico“ fand bereits am Sonntagmittag um 12 Uhr das Valencia-Derby statt – das größere Team der Stadt, Valencia CF, gastierte beim kleineren Lokalrivalen Levante aus dem gleichnamigen Stadtteil.
Die favorisierten Gäste dominierten die Partie mit viel Ballbesitz (fast 70 %) gegen die auf Konter ausgerichteten und im 4-4-2 verteidigenden Hausherren. Nach etwas vorsichtigen Anfangsminuten erkannten sie schnell die Defensivschwächen Levantes: Zum einen agierten die beiden Stürmer sehr passiv, so dass sie mit etwas riskanteren Pässen durch die Mitte oder Vorstößen der Innenverteidiger überspielt werden konnten. Zum anderen fehlte es anschließend an Rückwärtsarbeit, so dass zwischen der vorderen Viererkette und den zwei Angreifern große Löcher entstanden, aus denen Valencias Mittelfeld das Spiel diktieren und nach vorne tragen konnte. Gegen die fehlende Kompaktheit Levantes konnte Valencia mit ihren beweglichen Spielern dann die Zwischenräume ansteuern. Die Konsequenz waren in den ersten 20 Minuten viele hochklassige Chancen für den Favoriten, die Torwart Munúa aber allesamt entschärfte – und dann bereitete dieser auch noch mit einem Abschlag nach einer abgefangenen Ecke die überraschende Führung durch Obafemi Martins vor.
Dieser Treffer veränderte das Spiel und ließ das Momentum zugunsten der Hausherren kippen – während Levante einen psychologischen Schub erhielt, verlor Valencia zunehmend den eigenen Rhythmus, spielte zu drucklos und zeigte einfach immer mehr Fehler und Ungenauigkeiten. Dass bei Levante die Stürmer den Kontakt zum Rest des Teams etwas besser hielten und das Mittelfeld sich anpassungsfähiger gegen Valencias Zentrale zeigte, war nicht einmal der entscheidende Punkt – selbst als die Gastgeber hier wieder nachließen, konnte Valencia die Räume nicht nutzen. So verflachte das Spiel trotz vorhandenen Tempos und wirkte monoton.
In der zweiten Halbzeit brach zunächst sogar Levante diesen Zustand mit einigen Kontern auf, indem ihre lauernde Offensive den Raum hinter den aufrückenden gegnerischen Außenverteidigern attackierte. Das schlechte Ausspielen solcher Gelegenheiten zog sich allerdings durch das gesamte Spiel. Auf der anderen Seite konnte Valencia sich nie entscheidend steigern – schwache Entscheidungen, haarsträubende Fehler, Verspieltheit und inkonsequentes Nachrücken (in den Schlussminuten waren phasenweise 7-8 Spieler hinter bzw. auf Ballhöhe) machten ihre guten und spielerisch hochwertigen Ansätze zunichte. Auf ihrer bevorzugten rechten Angriffsseite, die Levante mit einem defensivstarken Außenspieler verdichtete, verfingen sie sich beim Versuch von Überladungen kurz vor dem Ziel in der Enge, was durch die Ineffektivität der Außenverteidiger nicht kompensiert werden konnte. Auch wenn Levante ebenfalls sehr ineffektiv spielte, verdienten sie sich den Sieg durch ihr geschickteres Spiel – auch sie kamen vermehrt über Pedro López und El Zhar auf rechts, doch war dies die von Valencia offener gelassene und schwächer verteidigte Seite.
1 Kommentar Alle anzeigen
shadowchamp 8. Oktober 2012 um 17:55
Super Artikel hatte darauf gehofft das Atletico Madrid vs Malaga noch analysiert wird. … danke