60 Minuten dominant, dann mit Intensitätsverlust – MX

1:2

Celtic Glasgow gegen den FC Bayern – das klingt nach viel Champions League, und genau das war es auch. Im Hinspiel setzten sich die Gäste aus München mit 1:2 durch – über weite Strecken dominant, aber am Ende irgendwie ambivalent.

Die Grundformationen

Die Grundformationen

Bayern musste in der Zwischenrunde der UEFA Champions League gegen einen unangenehmen Gegner aus Glasgow antreten. Celtic spielte in der gewohnten 4-3-3-Grundformation: Legende Schmeichel stand im Tor, davor Johnston, Carter-Vickers, Trusty und Taylor. Im zentralen Mittelfeld agierten Ex-Augsburger Engels und McGregor sowie Hatate. Im Angriff bildeten Kühn, Idah und Maeda die Dreierreihe.

Kompany setzte hingegen auf ein 4-2-3-1-System: Neuer stand wie gewohnt im Tor, davor verteidigten Dier und Upamecano in der Innenverteidigung, daneben agierten Guerreiro und Laimer auf den Außen. Auf der Doppelsechs spielten Goretzka und Kimmich, während Musiala auf der Zehn agierte – nach seiner Vertragsverlängerung ein wichtiger Spieler im System. Sane und Olise besetzten die Flügel, im Sturm war Kane die zentrale Figur.

Beide Mannschaften hatten zuvor in der Champions League ein Spiel verloren: Die Schotten unterlagen Aston Villa mit 1:2, während Bayern in Rotterdam mit 0:3 geschlagen wurde. So hatten beide Teams noch eine Rechnung offen, waren aber auch gut in Form.

Celtic im 3-5-2 gegen den Ball

Wie zu erwarten, formierte sich Celtic Glasgow zunächst in einem tieferen Mittelfeldpressing, organisiert in einem 3-5-2. Idah und Maeda bildeten die erste Pressinglinie, die sich im Anlaufverhalten eher reaktiv zeigte. Ihr Fokus lag weniger auf unmittelbarem Druck gegen Dier und Upamecano, sondern vielmehr darauf, die Passwege in den Sechserraum zu verschließen. Der ballferne Stürmer ließ sich dabei etwas tiefer fallen und orientierte sich mannbezogen an den bayerischen Sechsern, während beim diagonalen Andribbeln der Innenverteidiger der Rückpassweg konsequent isoliert wurde.

Ließ sich im höheren Aufbau ein Außenverteidiger der Bayern tiefer fallen, übernahmen die Stürmer das Anlaufen und versuchten, ihn mit einem stark seitlich geprägten Pressingwinkel in der Breite zu isolieren, um zugleich den Rückpass zu erschweren.

Früh zeigte sich, dass Celtics Pressing stärker passoptionenorientiert war – aus der Perspektive der ersten Linie wurden gezielt Anspielstationen gesteuert. Die dahinterliegende Fünferlinie in der zweiten Pressinglinie bildete eine stabile systematische Grundlage. Die Bayern hatten in dieser Saison immer wieder davon profitiert, dass Gegner weder die Passwege in den Halbraum konsequent schlossen noch den Pressingweg in die Breite begrenzten – Celtic versuchte es mit der Struktur des 3-5-2.

Über ein stark ballorientiertes Agieren der Halbraumachter Engels und McGregor wollte Celtic sicherstellen, dass die Passwege auf abkippende Halbraumspieler der Bayern blockiert blieben – insbesondere bei einer Dreierlinie oder andribbelnden Innenverteidigern. Die Breite sicherte das Team, indem Hatate und Johnston nahezu die gesamte Außenspur mit Laimer respektive Guerreiro mitgingen, um Anspiele auf die Flügel gezielt zu unterbinden.

Celtic ballorientiert gegen den Ball

Dabei entstand jedoch ein Problem: Besonders Laimer konnte sich a uf der rechten Seite immer wieder lösen, indem er etwas höher agierte und dennoch anspielbar blieb. Das lag unter anderem daran, dass Kimmich in der Dreierlinie weit nach außen andribbeln konnte, wodurch Hatate Schwierigkeiten hatte, seine Höhe im Defensivverbund anzupassen – so wurde er in der Anfangsphase mehrfach überspielt.

Auffällig war zudem Engel ausgeprägte Ballorientierung: Er schob immer wieder in den ballnahen Halbraum oder weit ins Zentrum, um dort situativ Goretzka zu übernehmen, wenn dieser vertikal vorschob und vom ballfernen Stürmer nicht verfolgt werden konnte. Auch die Verteidigungslinie verlagerte sich konsequent zur Ballseite. Besonders die Halbverteidiger rückten aggressiv heraus, um Bayerns Flügelspieler in der Breite direkt aufzunehmen.

Ballfern versuchte Celtic hingegen, das Zentrum kompakt zu halten, um Bayerns Durchschiebebewegungen – speziell durch Musiala – aufzufangen. Diese Läufe hätten durch Engels starke Ballorientierung in der zweiten Pressinglinie sonst unbemerkt bleiben können.

Gleichzahl-Herstellung führt zu herbeigeführter Unterzahl

Wie bereits angedeutet, formierte sich Bayern früh nach Anpfiff verstärkt in einem strukturellen Dreieraufbau, der insgesamt eher einem 3-4-3 entsprach. Dabei ließ sich der nominelle Sechser Joshua Kimmich im höheren Aufbau meist rechts neben Upamecano fallen. Darauf reagierte Hatate, indem er phasenweise auf einer Linie mit Idah und Maeda agierte, sodass am Anfang des Spiels auch bei Celtic im Mittelfeldpressing ein 3-4-3 erkennbar war.

Laimer und Kane tiefer

Diese Höhenanpassung von Hatate basierte wohl auf der Überlegung, Kimmich auf der halbrechten Seite möglichst wenig Raum und Zeit mit dem Ball zu lassen, um dessen Andribbeln zu unterbinden. Gleichzeitig blieb so die 1v1-Zuordnung in der ersten Pressinglinie erhalten – ein Grundprinzip, das Rodgers grundsätzlich bevorzugt. Allerdings handelte Hatate dabei eher intuitiv, was sich besonders daran zeigte, dass er seinen eigentlichen Gegenspieler Laimer häufig aus den Augen verlor.

Laimer ließ sich beim Ballspiel von Upamecano immer wieder tiefer fallen, sodass er direkt vom zentralen Innenverteidiger angespielt werden konnte. Hatate konnte dann nur noch von hinten auf ihn pressen, wodurch der Österreicher kaum unter Druck geriet und mit Tempo andribbeln konnte. Ein Problem lag dabei in Hatates Einschätzung des Deckungsschattens: Er ging davon aus, dass Laimer trotz seiner höheren Ausgangsposition nicht direkt von Upamecano angespielt werden konnte – was grundsätzlich korrekt war. Doch Laimer positionierte sich so tief, dass er nicht mehr isoliert war und sich dem Zugriff entzog.

In diesen Szenen wäre es naheliegend und vermutlich auch der ursprüngliche Plan gewesen, dass McGregor Laimer übernimmt, um die Höhenverschiebung von Hatate auszugleichen. Doch oft ließ sich auch Kane synchron mit Laimer etwas tiefer fallen und band so den Halbraumachter von Celtic, wodurch McGregor entweder zu spät reagierte oder gar nicht erst die Orientierung auflösen konnte. Möglicherweise muss sich Laimer jedoch vorwerfen lassen, dass er in der Anfangsphase häufig zu spät auf Olise abgespielt hat, nachdem er aus dem Andribbeln heraus Raum gewonnen hatte. Dadurch konnte Taylor seinen Abstand zum Flügelspieler der Bayern schnell verkürzen und so die Dynamik aus dem Angriff nehmen.

Schnelle Anpassung von Hatate

Nach rund neun Minuten beendete Hatate vorerst die Bekämpfungsverlegenheit der Dreierlinie und orientierte sich wieder strikter an Laimers Bewegungen – wohl entsprechend dem ursprünglichen Plan. Dadurch erhielt Kimmich als rechter Halbverteidiger folglich etwas mehr Raum und Zeit am Ball.

Zwar wurde er weiterhin lose von Maeda angelaufen, doch insgesamt führte diese Anpassung dazu, dass sich die Pressinghöhe von Celtic spürbar nach hinten verschob. Bayern konnte zunehmend Andribbel-Momente auf der rechten Seite über Kimmich generieren. Dabei rückte verstärkt die Frage in den Fokus, wie man Michael Olise in der Breite in 1v1-Duelle bringen konnte, ohne ihn sofort in engen Räumen an der Seitenlinie gegen den Halbverteidiger von Celtic zu isolieren.

Eine relativ sinnvolle Anpassung war, dass sich Laimer immer wieder ins Zentrum fallen ließ, wodurch er Hatate mit sich zog und damit den Passweg von Kimmich direkt auf Olise öffnete. Olise positionierte sich etwas tiefer, sodass er Abstand zu seinem direkten Gegenspieler Taylor hatte. Dieser verteidigte die weiten Wege nicht konsequent heraus, da Celtic im ohnehin labilen 3-5-2 (eine allgemeine Schwäche des flachen 3-5-2) in der Breite wiederholt Probleme hatte, die Flügelspieler sauber zu übergeben – zumal die Außenspieler der zweiten Linie durch ihre enge Orientierung an Bayerns Außenverteidigern bereits gebunden waren. Dadurch brachte man den Franzosen immer wieder in seine gefürchteten 1v1-Duelle. Immer wieder zog er ins Zentrum, verpasste jedoch anfangs noch der Abschluss, wie bei der Chance in der 18. Minute zum Beispiel, wo man gefährlich in die Box kam.

Teils rotierte man jedoch auch in der Breitenstaffelung, indem Olise sich in die letzte Linie positionierte und Taylor so eng anband, wodurch Raum in der Breite für Laimer geschaffen wurde. Dieser konnte, wie bereits erwähnt, trotz der eigentlich initialen engen Markierung von Hatate immer wieder, besonders nach flachen Verlagerungen (wo Hatate oft immer noch zu hoch agierte), angespielt werden und hatte dann in der Breite Raum. Olise ging in diesen Momenten sofort in die Tiefe – wurde jedoch in der Anfangsphase noch nicht gefunden.

Gurreiro verlängert den Pressingweg

Auf der anderen Seite musste man ein Pendant zur rechtsfokussierten Dreierlinie im Spielaufbau integrieren. Das erreichte Bayern insbesondere dadurch, dass sich Linksverteidiger Raphaël Guerreiro sehr tief fallen ließ. Dies geschah vor allem, weil Kühn als halblinker Achter in Celtics zweiter Pressinglinie diese tieferen Bewegungen zunächst nicht verfolgte, sondern erst beim Ballspiel des Portugiesen herausrückte. Dadurch konnte sich Guerreiro immer wieder schnell aufdrehen und hatte schlichtweg einen gewissen Zeitvorteil gegenüber seinem direkten Gegenspieler.

Da Kühn eine halbräumige Grundposition hielt, war sein Pressingwinkel auf Guerreiro stets diagonal geprägt. Zwar isolierte er damit den Passweg ins Zentrum, doch gleichzeitig konnte Guerreiro so in der Breite Sané anspielen. Dieser agierte – ähnlich wie Olise auf der rechten Seite – etwas tiefer, um für den Linksverteidiger besser erreichbar zu sein.

Allerdings fehlte anfangs noch die Tiefe aus der Breite. Besonders Musialas Tiefenläufe wurden durch die Übergabemuster von Celtics Dreierkette weitgehend neutralisiert, sodass Bayern auf der linken Seite etwas an Progression einbüßte. Häufig wählte man daher den Rückpass als Lösung – ein Aspekt, mit dem Celtic defensiv nicht konstant umgehen konnte. Besonders wenn Kimmich als rechter Halbverteidiger agierte, klaffte der Doppelsturm der Schotten teils zu weit auseinander. Dadurch konnte sich insbesondere der zentrale Innenverteidiger Upamecano immer wieder leicht freilaufen und blieb anspielbar.

Ganz gute Ansätze ergaben sich dadurch, dass Guerreiro stark auf Spielen & Gehen setzte und nach seinem Abspiel auf Sané oft direkt in den Halbraum durchschob, um eine tiefe Anspielstation zu bieten. Besonders nach flachen Verlagerungen verschob Celtics Dreierlinie aufgrund der Mannorientierungen häufig zu langsam, wodurch Guerreiro einen nahezu unbesetzten Raum besetzen konnte.

Das Kernproblem in diesen Szenen lag jedoch darin, dass Johnston als ballnaher Außenspieler im 3-5-2 mit hoher Intensität auf Sané herausschob und so dessen Aufdrehen – und damit oft auch das direkte Anspiel in die Tiefe – konsequent unterband. Ein entscheidendes Detail hierbei: Celtics Außenspieler hielten auch ballfern die volle Breite, um genau auf solche Muster schnell reagieren zu können und das wirkte auf beiden Seiten sehr gut – ein großer Beitrag zur anfänglichen Stabilität der Schotten.

Anpassungen auf der linken Seite

Allgemein zeigte man dadurch schon relativ schnell zur Mitte der zweiten Halbzeit leichte Anpassungen in den Bewegungsmustern auf der linken Seite:

  • Goretzka als linker Halbverteidiger: Mit zunehmender Spieldauer übernahm Goretzka verstärkt eine Rolle, die zuvor Kimmich auf der rechten Seite einnahm. Dadurch konnte Guerreiro höher positioniert werden, während Goretzka durch die Breite der Dreierlinie gegen den Doppelsturm mehrfach andribbeln konnte. Problematisch war jedoch, dass Kühn durch diese höhere Position Guerreiros einen kürzeren Pressingweg hatte. Da er – anders als Hatate – eher positionsorientiert agierte, konnte er den Außenverteidiger direkter anpressen, was es Guerreiro erschwerte, sich aufzudrehen und Sané einzusetzen.

    Allerdings eröffnete diese tiefere Option auf der linken Seite neue Möglichkeiten bei flachen Verlagerungen. Zudem bewegte sich Guerreiro zunehmend dynamischer, lief sich häufiger im Halbraum frei und band Kühn dort regelmäßig. Dadurch konnte Sané mehrfach direkt von Goretzka ins 1v1 gebracht werden. Teilweise verzichtete Guerreiro auch auf das Aufdrehen und suchte mit dem ersten Kontakt sofort die Tiefe, wobei er besonders Kane in höheren Zonen anspielte.

Dreierlinie & Musiala im Ablagenspiel

  • Musiala abkippend: Parallel zu diesen Anpassungen zeigte sich vermehrt das bekannte Muster der Abkippbewegungen von Jamal Musiala im linken Halbraum oder zentral. Grundsätzlich scheint es ein Prinzip von Bayern zu sein, das Zentrum doppelt zu besetzen – die konkreten Bewegungen variieren jedoch. Musiala ließ sich wiederholt zwischen den Doppelsturm von Celtic fallen und konnte dort angespielt werden, da Glasgow kaum klare Übergaben für diese Situationen etabliert hatte: Weder Engels als zentraler Mittelfeldspieler verfolgte ihn konsequent, noch übernahm der Doppelsturm ihn eindeutig.

    In der Regel reagierte Idah als rechter Stürmer improvisiert auf Musialas Ballkontakte und setzte ihn nur lose unter Druck, oft ohne die nötige Intensität. Dadurch zog sich der Doppelsturm auch durch das ballferne Einrücken Maedas bei Musialas Ballaktionen leicht zusammen, was es ihm ermöglichte, das Spiel auf die ballferne Seite zu verlagern und Maedas Pressingweg auf Upamecano zu verlängern. Unklare Übergaben führten so zu gruppentaktischen Problemen bei Celtic.

    2v1 gegen Kühn gibt Musiala Freiraum

    Gelegentlich fiel Musiala nicht ganz so tief ab, insbesondere wenn der linke Halbverteidiger weit andribbeln konnte. In diesen Situationen versuchte er, dynamisch im linken Halbraum abzukippen, sich aufzudrehen und das Spiel anzutreiben. Das funktionierte besonders gut, da Kühn sich primär an Guerreiro orientierte. Der Portugiese nutzte diese Bindung gezielt und zog sich aus seiner halbräumigen Grundposition synchron mit Musialas Abkippen in die Breite, um Kühn mitzuziehen und dadurch Musiala freizuspielen.

    Zusätzlich agierte Kane in diesen Momenten oft tiefer, während Kimmich leicht zentraler positioniert war, um Celtics zentralen Mittelfeldspieler Engels zu binden und somit zu verhindern, dass dieser Musiala enger verfolgte. Dadurch hatte der deutsche Nationalspieler spürbar mehr Freiraum und konnte gezielt ins Dribbling gehen – alternativ wurde in diesen Szenen auch häufig Sané gesucht, der durch die starke Bindung im Halbraum oft Raum in der Breite hatte.

    Situativ ließ sich Musiala im letzten Drittel zudem weit nach links fallen und rotierte dabei mit Sané. Während Musialas Dribblings eine eher diagonale Führungsrichtung hatten, zog Sané den Ball häufiger direkt seitlich ins Zentrum. Diese Rotation sorgte für interessante Dynamiken: Sané dribbelte immer wieder in den Mittelfeldblock, während Musiala gezielt den Halbraum ansteuerte – eine Zone, in der Celtic im 3-5-2 strukturelle Probleme in der Raumbesetzung zeigte.

    Gegen Ende der zweiten Halbzeit ließ sich Musiala vereinzelt auch auf die „Goretzka-Position“ fallen, insbesondere wenn dieser höher vorschob. Diese Anpassung war interessant, da Celtic – wie bereits erläutert – kaum Druck auf die Halbverteidiger-Position bekam. Dadurch konnte Musiala mit frühen Dribblings aus tiefen Zonen Dynamik erzeugen. Zudem zwang er Kühn, seine Mannorientierung auf den eingerückten Guerreiro zu lösen, was wiederum mehr Optionen in der Tiefe eröffnete.

V-Struktur ermöglicht Zugriff

Im letzten Drittel agierten die Gäste aus einem extrem kompakten 2-3-5/2-4-4, das in seiner Struktur einem „V“ ähnelt. Dies wurde durch die Passmuster ermöglicht, bei denen beispielsweise nie zentraler Gegnerdruck zugelassen wurde. Das subtile Aufrücken der Spieler ermöglichte zudem eine sehr hohe Grundposition im Spielaufbau.

Die Kreise, die ich im unten gezeigten Beispiel eingezeichnet habe, verdeutlichen, wie die Rest- und Gegenpressingstruktur gegen Glasgow funktionierte:

  • Dunkelblau: Dies ist die direkte Zugriffszone, die von drei bis fünf Spielern umgeben ist, die im Moment des Ballverlusts schnell auf den Ball zueilen. Dadurch werden einerseits Passoptionen angeboten und andererseits Passwege in dieser Zone durch das Einrücken geschlossen.

  • Türkis: Diese Zone bezeichnet die indirekte Zugriffs- und Unterstützungszone, die ballorientiert verschiebt und ebenfalls Passoptionen markiert, um den Druck auf den Ballführenden zu verstärken.

  • Rot: Die Sicherungszone, die ballfern weit einrückt, um das Zentrum zu schließen. Bei zugriffsorientierten Gegenpressing-Mechanismen ist das Zentrum oft zu offen, wenn der Ball auf den Flügel verlagert wird. Gelegentlich werden auch zentrale Optionen direkt markiert und tiefere Bewegungen verfolgt. Während dies in einigen Szenen etwas zu locker war, sodass sich zentrale Optionen lösen konnten, funktionierte es insgesamt gut. In der 2. Halbzeit kam es nach Verlagerungen zu Ballverlusten praktisch also genau in diese Zone, in der die Abstände etwas größer sind. Dadurch wurde die Zugriffzone deutlich weitläufiger, und der Raum für Dribblings sowie für Dynamik im Umschalten wuchs, was Celtic mehrfach die Möglichkeit gab, gefährlich zu werden.

  • Rosa: Lange Bälle, die durch die seitlichen Pressingwinkel der dunkelblauen Zone provoziert werden, führen häufig zu einem 1-gegen-5 oder 2-gegen-5-Szenario. Oft agierten die Stürmer von Celtic zu tief, sodass kein direkter Zugriff möglich war. Diese Situationen wurden von Dier und seinen Mitspielern dank ihrer hohen Position und der Entfernung zum eigenen Tor meist problemlos gelöst. Gelegentlich rücken die Innenverteidiger auch mannorientiert direkt auf die Stürmer vor, was besonders beim sehr hohen Aufbau der Fall ist. In dieser Phase a) ist der Raum im Rücken der Innenverteidiger deutlich zu groß für eine Raumorientierung – wodurch man lieber direkt die Bewegungen der Stürmer verfolgt-, und b) wird dieser durch die hohe Positionierung von Manuel Neuer effektiv abgedeckt.

Bayerische Gegenpressing-Zonen

Bei zentralen Ballverlusten funktioniert das Gegenpressing-System ähnlich, jedoch rückt das V mehr oder weniger zusammen. Beide Seiten ziehen sich weit ein, um das Zentrum eng zu staffeln und die Zugriffszone kompakt zu gestalten. Besonders auffällig ist, dass die ballfernen Außenverteidiger häufig den Sechserraum abdecken, der durch die hoch aufrückenden Zentrumsspieler oft unbesetzt ist. Durch das stark diagonal- und flügelorientierte Spiel kommt es jedoch nur in sehr hohen Zonen der letzten Linie zu Ballverlusten. In diesen Bereichen sorgt die hohe Personaldichte dafür, dass schnell auf den Ball zugegriffen werden kann.

Eine Schwäche im Gegenpressing der Bayern lässt sich nach einem Pass vom Innen- zum Außenverteidiger ausmachen. Bei einem Ballverlust in dieser Zone befindet sich nur der Innenverteidiger in der direkten Zugriffszone. Der Rest der Verteidigung steht entweder hinter dem Ball oder horizontal daneben, was suboptimale Pressingwinkel für das Gegenpressing bedeutet. Der Innenverteidiger muss aufgrund der Nähe zum Stürmer die Tiefe zustellen, wodurch auf die Flügelspieler von Celtic oft kein direkter Zugriff möglich war. Erst durch das Herausschieben der Sechser konnte ein Zugriff erzielt werden, was jedoch oft einen zu langen Gegenpressingweg bedeutete und daher weniger effektiv war.

In diesen Situationen musste man häufig auf Mittelfeldpressing oder tieferes Verteidigen umschalten und den Rückzug wählen, was eigentlich vermieden werden soll. Bayerns Hingabe an die Dreierlinie könnte jedoch auch eine Form der Hingabe zum Gegenpressing sein, denn der zusätzliche Spieler in der Breite ermöglichte einerseits direkten Zugriff auf den Außenverteidiger bei einem Ballverlust, andererseits konnten die anderen beiden Verteidiger die Tiefe sichern. Trotzdem stellten vereinzelt diese Szenen die gefährlichsten Ballverluste und Momente für Bayern in der ersten Halbzeit dar.

Zweite Halbzeit

Nachdem Olise in gewohnter, inver-eindribbelnder Manier kurz vor der Halbzeitpause (45.) traf, legte Bayern direkt in der 49. Minute nach: ein Seitfallzieher von Kane nach einer Ecke. Das Spiel schien damit früh entschieden. Celtic wirkte in der ersten Halbzeit fast schon „eingeschlossen“ im Aufbau- und Gegnpressing-Spiel von Bayern, was sie zunehmend passiv werden ließ und Bayern so zu mehr Dynamik verhalf, was letztlich auch zum zweiten Treffer führte.

Interessanterweise wurde Bayern danach zunehmend passiver und hatte deutlich mehr Phasen ohne Ball als noch in der ersten Hälfte. Im ersten Durchgang war Celtic aus dem 2-3-2-3-Ansatz kaum erfolgreich, wurde immer wieder vom mannorientierten 4-2-4/4-3-3 zu langen Bällen gezwungen, die Bayern gut verteidigte. Besonders die zweite Pressinglinie verschob sehr gut in Richtung des Balls, wodurch zweite Bälle kaum auf Seiten der Schotten landeten.

In der zweiten Halbzeit hatte Bayern aber zunehmend Probleme, was vor allem daran lag, dass man die Abkipbewegungen von Maeda auf dem linken Flügel nicht mehr isolieren konnte. Immer wieder kippte der Japaner aus der vollen Breite diagonal in den Halbraum und wurde oft direkt von Innenverteidiger Trusty gedeckt. Das Kernproblem war, dass Celtic zunehmend das Zentrum enger staffelte, wodurch die Passwege in den Halbraum immer zugänglicher wurden. Celtic versuchte, diese Lücken zu nutzen, vor allem rechts: Laimer rückte immer wieder zu locker heraus und suchte den Kontakt zu Maeda. Der Japaner nutzte seinen extrem guten ersten Kontakt, um entweder auf Stürmer Idah oder den durchschiebenden Linksverteidiger Taylor abzulegen.

Ballfern tiefer, zentrale Mannorientierungen und schottische Flügelbewegungen

Auch in der Breite kam Bayern zunehmend zu schlechteren Zugriffen auf die Außenverteidiger der Heimelf. Immer wieder rückten die Außenspieler aus der halbräumigen Position auf die Außenverteidiger heraus, aber oft verpassten sie schlichtweg das Timing oder der Pressingweg war zu lang. Dies ermöglichte es den Außenverteidigern, sich aufzudrehen und direkt lange Bälle zu den Flügelspielern zu spielen, die sofort in den Raum hinter die Abwehr schoben. Gegen Ende des Spiels, wie auch vor dem Gegentreffer, war es deutlich spürbar, dass Bayern immer schwerer tat, mit der Verteidigungslinie intensiv und kontaktfreudig herauszuschieben. Der Kraftverlust war merklich. Ein großes Problem bei einem kompakten Pressingsystem ist, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die höchste Intensität und enge Verfolgung erforderlich sind, damit der volle Effekt erzielt wird. Diese Intensität blieb aber zunehmend aus. Auch die zentralen Orientierungen auf die Sechser der Schotten (besonders Musiala agierte mannorientierend auf McGregor) wurden immer loser, sodass diese häufiger angespielt werden konnten.

Allgemein war es auch ein Problem, dass Bayerns ballferner Stürmer immer wieder etwas tiefer rückte, um die ballferne Seite für Verlagerungen zu isolieren. Dadurch konnten die Innenverteidiger jedoch häufig Rückpässe spielen und so den Ballfluss fördern. Zudem musste der tiefer agierende, initial ballferne Stürmer über einen weiten Pressingweg herausrücken, was sich als suboptimal herausstellte. Besonders problematisch war, dass der Außenverteidiger nach flachen Verlagerungen oft frei war, da Bayerns 4-2-4/4-3-3-System ballfern meist mit einem Spieler weniger agierte. Nach solchen flachen Verlagerungen konnte der Ball oft zu langsam oder gar nicht ballnah übergeben werden, sodass der Außenverteidiger mehrmals frei angespielt werden konnte, da der Stürmer ihn nicht im Deckungsschatten halten konnte.

Mit dem Ball blieb Bayern zwar punktuell in Besitz und spielte ähnlich wie in der ersten Hälfte, wenn auch teils etwas überhastet. Man suchte in manchen Situationen zu schnell den langen Ball. Besonders nach der Auswechslung von Sane und Olise für Coman und Gnabry merkte man, dass die Entscheidungsfindung und Automatismen im letzten Drittel litten. Immer wieder suchte man den Weg in die Box, während Kane noch im Rückraum agierte oder versuchte, ins Zentrum zu dribbeln, obwohl dort die Anspielstationen fehlten – vor allem, wenn Musiala durchschob.

Ansonsten war es der typische Abnutzungskampf eines knappen Hinspiels. Beide Mannschaften hatten im Angriffsverlauf große Räume zur Verfügung und konnten mit ihrer spielerischen Qualität sowie dem gegnerischen Kraftverlust einige gefährliche Szenen kreieren. Doch die entscheidende Risikobereitschaft blieb (noch) aus. Letztlich waren es dann die kleinsten individuellen Details im Strafraum, die den Unterschied machten – wie es in sehr engen Spielen häufig der Fall ist. Zudem konnte Bayern am Ende wieder durch das Gegenpressing einige positive, wenn auch nicht entscheidende, Akzente setzen, die zur Beruhigung des Spielflusses beitrugen.

Fazit

In gewisser Weise war dieser Sieg für die Bayern hochverdient, denn sie waren über weite Strecken der gefühlte Sieger und die Mannschaft, die auf der Siegerstraße unterwegs war. Dennoch wurde es nach dem Gegentreffer in der 78. Minute zunehmend ein Spiel, das nach einem Ausgleich roch. Besonders in den ersten 60 Minuten zeigte Bayern ein sehr gutes Spiel, insbesondere im Ballbesitz. Celtic fand lange Zeit gegen den Ball keine Mittel, erst als Bayern etwas Tempo herausnahm und Olise sowie Sane eingewechselt wurden, kam Glasgow stärker ins Spiel.

Aber genau das ist auch der Knackpunkt: Diese Schwächephase kurz vor Ende des Spiels hätte durchaus anders ausgehen können, obwohl Bayern das Spiel insgesamt dominierte. Insgesamt lässt sich das Spiel als stabil und solide bewerten. Dass Bayern standhaft blieb, ist ein positiver Aspekt. So geht man mit einem kleinen Vorteil in das Rückspiel. Oder, wie Kimmich es ausdrückte: „Nach etwa einer Stunde haben wir ein wenig die Kontrolle verloren und die Fans waren da. Generell ist es schwierig, jedes Spiel über 90 Minuten zu kontrollieren. Es war wichtig, dass wir bis zum Schluss gut verteidigen, das haben wir gemacht.“

MX machte sich in Regensburg mit seiner Vorliebe für die Verübersachlichung des Spiels einen Namen. Dabei flirtete er mit der RB-Schule, blieb aber heimlich immer ein Romantiker für Guardiolas Fußballkunst. Aktuell ist er als Analyst in einem NLZ tätig.

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