Bayern scheitert an 4-5-1 – FN
Am siebten Spieltag der Ligaphase der Champions League gelang es Feyenoord einen überraschenden 3:0 Erfolg gegen die Gäste aus München einzufahren, was die Chancen der Bayern auf eine Top acht Platzierung gegen Null schrumpfen ließ. Feyenoord hingegen schiebt sich durch diesen überraschenden Sieg vor die Bayern und kann sich durchaus noch Chancen auf die direkte Qualifikation für das Achtelfinale ausrechnen.
Die Bayern setzten auf eine bewährte Elf in der 4-2-3-1 Grundordnung. Im Vergleich zum Sieg gegen Wolfsburg veränderte Kompany die Startelf auf einer Position. Musiala stand nach zuletzt langsamem Heranführen zum ersten Mal im Jahr 2025 in der Startelf. Die Bayern, die mit Siegen gegen Gladbach, Hoffenheim und Wolfsburg gut ins neue Jahr gestartet waren wollten ihren Lauf nun auch in der Champions League fortsetzen.
Feyenoord hingegen präsentierte sich zuletzt alles andere in Topform. Die Niederländer verloren zum Jahresstart gegen Utrecht und auch gegen Wilhelm II reichte es nur zu einem Remis, was in einem enttäuschenden vierten Platz in der Liga resultierte. Zudem musste man durch die Ausfälle von Hartmann, Zerrouki und Kapitän Timber gleich auf mehrere Schlüsselspieler verzichten. Priske schickte die Elf aus Rotterdam in einer 4-3-3 Grundformation aufs Feld.
Feyenoord im 4-5-1 Mittelfeld-/Abwehrpressing
Brian Priske verzichtete gegen Bayerns fluides Aufbauspiel bewusst auf ein Angriffspressing und zog sich in ein kompaktes 4-5-1 Mittelfeldpressing zurück. Ein besonderer Fokus wurde auf das Verhindern von Überladungen der Münchener im Zentrum gelegt. Das 4-5-1 ermöglicht durch die Breite und eine hohe Präsenz vor der Viererkette zudem ein schnelles kompaktes Verschieben der Mittelfeldlinie. Dies erschwert es für den Gegner durch konstante Seitenverlagerungen Lücken zu reißen um anschließend den Zwischenlinienraum aus dem eigenen Positionsspiel heraus zu finden. Besonders auffällig waren in dieser Hinsicht auch die engen Abstände der Viererkette und der Fünfermittelfeldlinie, was den starken Fokus auf dem Schließen des Zwischenlinienraums zeigte.
Ein Nachteil dieser Staffelung war in jedem Fall der fehlende Druck auf dem Aufbau der Bayern, die in ihrem fluiden von 3-2, 3-1, 2-2 über 2-1 wechselnden Aufbau den Ball nach Belieben kontrollierten. Dies machte es für Stürmer Gimenez nahezu unmöglich Druck auf den Ballführenden auszuüben, was ein Verlieren an Höhe zur Folge hatte. Dies sorgte für eine erhöhte Passivität, was wiederum zu wenig Entlastung führte und in gerade einmal 20% Ballbesitz mündete.
Eine wichtige Rolle in dieser 4-5-1 Struktur spielten die Außenspieler. Diese schoben ballnah etwas aus der Mittelfeldline heraus in eine Art U-Struktur. So konnten die halbräumig agierenden Außenverteidiger der Bayern passwegorientiert zugestellt und in den Deckungsschatten genommen werden. Dies geschah, ohne dass groß Druck auf die erste Aufbaulinie der Münchner ausgeübt wurde. Der Fokus lag stattdessen auf dem Halten der Höhe. Durch diese Positionierung konnte ein Aufdrehen des Außenverteidigers im Halbraum und das anschließende Flügelspiel der Münchner im Außenverteidiger-Außenstürmer-Stürmer Dreieck unterbunden werden.
Situativ entstand durch diese Positionierung der Außenverteidiger ein 4-3-3. Dies wurde genutzt, um bei Dreieraufbau der Bayern gelegentlich durch den ballnahen Außenstürmer den Halbverteidiger der Bayern anzulaufen und aufeinanderfolgende Querpässe zu erzeugen. Diese konnten als Auslöser für einen kleinen Höhengewinn genutzt werden.
Sollte es den Bayern dennoch gelingen den Außenstürmer in der Breite mit dem Ziel diesen in ein 1gg1 zu isolieren finden, war man sehr gut darin, diese zu doppeln. Das lag an den kurzen Wegen, die durch die breite Mittelfeldlinie zurückgelegt werden mussten. Die Tiefenläufe der Außenverteidiger wurden in diesen Fällen vom ballnahen zentralen Mittelfeldspieler bis in die letzte Linie mitgegangen, während der Fokus der Innenverteidiger stark auf den Stürmern lag.
Lösungsansätze der Bayern
Die Bayern agierten aus ihrer gewohnten 2-4-4 Staffelung. Diese zeigte sich jedoch äußerst variabel. Wie so oft wurde durch diametrales Abkippen von Goretzka als linker Halbverteidiger ein Dreieraufbau hergestellt. Als Folge dessen füllte Musiala wiederholt durch sehr tiefes Abkippen zentral in den Sechserraum neben Kimmich auf und sollte aus dieser Rolle durch den Antritt seiner dynamischen Dribblings für Tempowechsel im Münchner Ballbesitzspiel sorgen. Zudem versprachen sich die Bayern durch diese tiefe Positionierung Beelen oder Milambo aus der Mittelfeldlinie Feyenoords herauszuziehen. So sollte der Zwischenlinienraum, in den Musiala nach Abspiel dynamisch vorstieß vergrößert werden. Feyenoord agierte allerdings größtenteils raumsichernd und verzichtete auf ein aggressiveres nach vorne Verteidigen, wodurch der Effekt des Abkippens verpuffte.
Häufig orientierte sich Goretzka auch gegenläufig zu Musiala und es wurde aus einer 2+2 oder 3+1 Struktur aufgebaut je nachdem ob Kimmich in die letze Linie kippte oder seine Sechserposition hielt. Goretzka nahm dann eine Art Schattenstürmerrolle ein und sorgte durch spätes Attackieren der Box mit seiner physischen Präsenz für Gefahr bei Flanken und Chipbällen.
Ähnlich wie am vergangen Wochenede gegen Wolfsburg kippte, wenn auch diesmal als nomineller Rechtsaußen, Olise tief in den rechten Halbraum. Dies kreierte durch wieder einscheren einen diagonalen Passweg vom rechten Halbverteidiger auf Laimer in der Breite, da Paixao so mitgezogen werden konnte. Zudem kippte Kimmich auch wiederholt diametral als rechter Halbverteidiger ab, um Paixao herauszuziehen. So sollte ein Doppeln auf außen unterbunden werden und durch Rotationen von Olise und Laimer die Tiefe bespielt werden.
Gegen das Zustellen der eingerückten Münchner Außenverteidiger von den Außenspielern Rotterdams wurden im Laufe der ersten Halbzeit Lösungen gefunden. Durch zentrales Abkippen Kimmichs und die damit erzeugte 3gg1 Überzahl in der ersten Aufbaulinie gegen Stürmer Gimenez schafften es die Münchner die Halbverteidiger, speziell Upamecano in Situationen des Andribbelns ohne Gegnerdruck zu bekommen. Dies hatte ein langsames Herausrücken des ballnahen Außenspielers zur Folge, was Bayerns Außenverteidigern die Möglichkeit bot sich von seiner Startposition im äußeren Halbraum geschickt aus dem Deckungsschatten heraszubewegen und im Zwischenlinienraum aufzudrehen. So konnten durch dieses Muster die üblichen 2gg2 und 3gg3 Situationen im rotierenden Flügelspiel der Bayern hergestellt werden. Allerdings fehlte es durch die sehr kurzen Abstände der Mittelfeld- und der letzten Linie häufig an Raum und Zeit im Aufdrehen, wodurch die Situation verpuffte.
Mutiges Bespielen der Manndeckung
Im tiefen Aufbau agierte Feyenoord aus einer 4-3-3 Struktur und zeigt dabei durchaus vielversprechende Ansätze gegen das manndeckende Münchner Angriffspressing. Bayern presste zunächst mit Musiala und Olise in der ersten Linie als erste Anläufer auf die Innenverteidiger. Kane agierte überraschenderweise eine Reihe tiefer und presste Sechser Beelen. Auf den Außen wurde durch Olises eingerückte Positionierung durchgeschoben. So war Laimer auf dem Sprung, um aggressiv Außenverteidiger gegen Außenverteidiger zu pressen, während Upamecano sich in die Breite auf Paixao orientierte. Dadurch sollte ein weites aus der Kette herausverteidigen eines der Innenverteidiger auf einen Achter Feyenoords verhindert werden und bei einem ausbleibenden Springen von Laimer Überzahl durch eine frühe Orientierung in der letzten Linie hergestellt werden.
Begünstigt durch die breite Positionierung der Innenverteidiger und den häufig zu flach gewählten Pressingwinkel Olises, der Bijlow als erster Anläufer anlief, war Feyenoord wiederholt in der Lage Hancko hinter Olise zu finden und Zeit am Ball zu gewinnen. Dadurch konnten gut vorbereitete lange Bälle in die Spitze auf Zielspieler Gimenez gespielt werden.
Exemplarisch hierfür ist die Entstehung des 1:0. Achter Stengs bricht aus seiner höheren Positionierung im Halbraum aus und nahm dynamisch eine tiefere Positionierung ein. Durch diese Bewegung konnte Kimmich manndeckend mitgezogen werden, was den linken Halbraum öffnete, der jedoch selten bespielt wurde. Linksverteidiger Smal nahm eine eingerückte Positionierung im Halbraum ein und war so durch den flachen Pressingwinkel Olises diagonal anspielbar. Dieses Einrücken verlängerte den Pressingweg für Rechtsverteidiger Laimer, der etwas tiefer in der Breite startete, um im Falle eines langen Balles ein 2gg1 gegen Linksaußen Paixao herzustellen. Dies verschaffte Smal etwas Zeit am Ball, wodurch dieser Hancko im Deckungsschatten Olises finden konnte. Feyenoord spielte das folgende 2gg1 gegen Laimer durch erneutes in die Breite schieben von Smal geschickt aus, wodurch dieser durch mit ausreichend Zeit am Ball Gimenez mit einem präzisen langen Ball hinter die letzte Linie der Bayern finden konnte.
Längere Ballbesitzphasen oder gar ein mögliches Festsetzen in der Münchner Hälfte waren durch das direkte Spiel in die Spitze, die hohe Intensität der Bayern und das größtenteils konsequente Defensivverhalten in der Restverteidigung nicht möglich, wodurch sich ein sehr einseitiges Spiel entwickelte.
Kompany verändert Details im Angriffspressing
Kompany reagierte mit der Einwechslung von Sane für Laimer auf den 2:0 Halbzeitrückstand. Dies hatte auch Auswirkungen auf das Anlaufverhalten der Bayern. Kane presste fortan als erster Anläufer neben Musiala und lief Bijlow im Bogen an. Der Deckungsschatten wurde wesentlich besser gewählt als noch in der ersten Halbzeit wodurch Hancko nicht anspielbar war und der Ball bewusst auf die rechte Seite Feyenoords gelenkt wurde. Musiala fasste seine Manndeckung auf Trauner etwas weiter, um den Pass von Bijlow auf diesen zu provozieren. Dieser Pass war der Auslöser für den engen manndeckenden Zugriff der Bayern, was Trauner zu unvorbereiteten langen Bälle long-line ohne Abnehmer zwang.
Olise agierte nun zurückgezogener und presste Sechser Beelen. Um weiterhin ein Herausschieben eines der Innenverteidiger zu verhindern, wurde anders als im ersten Durchgang nicht durchgeschoben. Stattdessen agierte Sane als Rechtsaußen hoch und manndeckend auf Smal. Kimmich, der nun als nomineller Rechtsverteidiger auflief lief in zentraler Position Achter Nadje an. Dies ergab eine doch recht ungewöhnliche 3-1-2-4 Pressingstruktur mit Kimmich als invers agierendem Außenverteidiger.
Bayern dominierte durch das intensive manndeckende Angriffspressing weiterhin den Ball und konnte Entlastungsangriffe Feyenoords im Keim ersticken.
Kompany setzt auf Dreiecksspiel und Überladungen
Auch im Ballbesitzspiel nahm Kompany durch die Einwechslung von Sane strukturelle Änderungen vor. Man agierte nun aus einer 2-3-4-1 Struktur, in der sich Sane als Breitengeber auf der rechten Seite einfügte. Olise agierte als Halbraumzehner neben Musiala und Kimmich übernahm die Rolle des eingerückten Rechtsverteidigers.
Besonders hervorzuheben in der zweiten Halbzeit ist das Dreiecksspiel. Dadurch dass Kane als alleinige Spitze beide Innenverteidiger band, war es Feyenoord nicht mehr möglich Überzahl auf dem Flügel zu schaffen. Die Münchner Halbraumzehner bildeten zusammen mit dem ballnahen Außenverteidiger und dem Außenspieler ein Dreieck auf dem Flügel. Dieses bestach vor allem durch eine hohe Fluidität und viele Positionswechsel innerhalb des Dreiecks. Dadurch war man in der Lage Mannorientierungen mitzuziehen und den Zwischenlinienraum diagonal zu bespielen. Die Bayern agierten in der zweiten Halbzeit zudem mit einem starken Rechtsfokus, was an der Flankenqualität Kimmichs lag, der wiederholt Sane überlief und mit Hereingaben für Gefahr sorgte.
Ein wichtiger Faktor in der Chancenkreation in der zweiten Halbzeit war das Überladen der letzten Linie. Durch die Umstellung auf fünf in der letzten Linie wurde eine konstante +1 Überzahl hergestellt. Zusätzlich schoben die Außenverteidiger wiederholt in die letzte Linie und sorgten für eine zusätzliche Überzahl. Durch ein sehr gutes Positionsspiel war es den Bayern möglich die Tiefe im Halbraum durch vorausgeganges Verlagern in die Breite mit anschließendem Verlagern ins Zentrum zu attackieren.
Gepaart wurde dies durch Gegenbewegungen. So kippte Musiala wiederholt neben Goretzka und später Pavlovic, während Guerreiro in die letzte Linie schob und Gnabry für den nötigen Tiefgang sorgte. So konnte Guerreiro Nieuwekoop herausziehen und den Halbraum für Gnabry öffnen, sodass dieser ohne direkten Gegenspieler die Tiefe belaufen konnte.
Verzweifeltes Anlaufen
Die Bayern rannten in der Folge trotz verbesserter Spielanlage aufgrund von mangelnder Chancenverwertung weiterhin gegen ein tief verteidigendes Feyenoord an. Sie kontrollierten den Ball und verlagerten das komplette Spielgeschehen ins letzte Drittel. Dennoch wurden die Münchner im Laufe der zweiten Halbzeit ungeduldig und der Fokus verschob sich auf Flanken und Chipbälle aus dem Halbfeld durch Goretzka und Kimmich. Diese führten jedoch folglich auch zu mehr Ballverlusten, was in Entlastungsangriffen und Gelegenheiten durch Schnellangriffe mündete. Begünstigt wurde dies durch das langsame Auflösen der Restverteidigung, um noch mehr Druck im letzten Drittel auszuüben.
Auch im Personal ging Kompany weiter ins Risiko und versuchte den Druck auf Feyenoord weiter zu erhöhen. So brachte Kompany unter anderem Gnabry und Pavlovic für Coman und Kim. Dies blieb jedoch ohne Erfolg und so kassierte Bayern in den Schlussminuten nach einem Schnellangriff sogar noch das 3:0.
Fazit
Feyenoord gewinnt also mit 3:0 gegen die Bayern. Das Ergebnis klingt auf den ersten Blick deutlicher als es tatsächlich war. Feyenoord zeigte zwar in der ersten Halbzeit gute Ansätze gegen das Münchner Angriffspressing, war allerdings nicht in der Lage in den Genuss längerer Ballbesitzphasen zu kommen. Die Bayern dominierten das Spiel über 90 Minuten gegen einen im 4-5-1 sehr diszipliniert verteidigenden Gegner aus Rotterdam.
Dennoch fand man speziell nach der Umstellung zum 2-3-4-1 gute Lösung gegen den tiefstehenden Gegner. Diese Dominanz lässt sich mit 80% Ballbesitz und 2,4 kreierten xgoals auch statistisch belegen. Die Probleme lagen vielmehr in der Chancenverwertung als an der Spielanalge der Bayern, auch wenn in diesem Spiel sowohl die Vor- als auch die Nachteile des hohen manndeckenden Angriffspressing Kompanys deutlich wurden.
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