Champions League (+UEL) – die besten Staffelungen und Spielzüge des 5. Spieltags – FN, MH

Eine tiefgreifende Analyse der entscheidendsten Staffelungen sowie Spielzüge des fünften Spieltags der UEFA Champions League findet ihr hier.

Sparta Prag gg. Atletico Madrid 0:6

Atlético Madrid gewann eine Partie, die zu keinem Zeitpunkt gefährdet war souverän und wahrt damit die Chance auf den Einzug in die Top Acht sowie die direkte Qualifikation für das Achtelfinale. In der 55. Minute demonstrierte Atlético zudem ein spannendes Muster gegen die Mannorientierungen im Prager Angriffspressing.

Nach einem zu weit geratenen langen Ball Prags, den Oblak einfach aufnehmen konnte, versuchte dieser mit einem Abwurf auf Barrios das Spiel wieder schnell zu machen und sofort offensiv umzuschalten. Prag formierte sich jedoch rasch in ihrer 5-2-3-Struktur und brachte genug Spieler hinter den Ball, um dieses vertikale Umschalten zu unterbinden. Über Barrios, de Paul und Simeone gelangte der Ball schließlich zu Rechtsverteidiger Llorente.

Dies war der Auslöser für Prag um in ihr Angriffspressing umzuschalten. Der ballnahe Halbraumzehner Pesek lief mannorientiert auf Llorente an. Stürmer Rrahmani, der zuvor eher passiv agierte, blockierte den Passweg von Llorente zum ballnahen Innenverteidiger Giménez und verhinderte so eine Verlagerung. Sechser Kairinen wechselte ebenfalls auf eine Mannorientierung und schob auf den Paul Paul während der linke Flügelverteidiger Rynes sich zunächst von Simeone wegziehen ließ.

Spielminute 53:59

Barrios erkannte das Umschalten in das Angriffspressing frühzeitig. Obwohl er eigentlich der ballferne Sechser war, setzte er sich geschickt hinter Kairinen ab und bot Llorente eine vertikale Anspielstation in der Nähe der Außenlinie, die dieser auch nutzte. Daraufhin sprang Rynes mannorientiert auf Barrios und übergab Simeone an den linken Halbverteidiger. Prag hatte damit erreicht, das Pressing auf eine Seite zu lenken und mannorientiert Gleichzahl herzustellen. Zudem empfing Barrios den Ball in einer ungünstigen Situation: mit einem Gegenspieler im Rücken, dem Rücken zum gegnerischen Tor und ohne direkte Ablagemöglichkeit. Die Außenlinie fungierte dabei als zusätzliche Begrenzung, sodass ein Drehen in Richtung Spielfeldmitte, hinein in den Druck, die einzige Option war.

Spielminute 54:03

Durch das Nachschieben Peseks, das allerdings durchaus intensiver hätte ausfallen können, um den Druck auf Barrios und de Paul zu erhöhen entstand für Atletico eine 2gg3 Unterzahl. Doch Barrios löste dies hervorragend auf. Es folgte zuerst ein Doppelpass mit de Paul auf engstem Raum. Dieser verschaffte den äußeren Mittelfeldspielern Simeone und Gallagher Zeit ballnah zu verschieben und Anspielstationen zu schaffen und die Passwege zu verkürzen. Zudem orientierte sich Barrios direkter Gegenspieler Rynes einen Schritt in Richtung de Paul sobald der Pass gespielt wurde. Barrios hingegen setzte sich in die entgegengesetzte Richtung einen Schritt Richtung Außenlinie ab und konnte so mit einem sehr guten ersten Kontakt den Ball außen an Rynes vorbei mitnehmen und auf den abkippenden Simeone spielen.

Spielminute 54:07

Simeone legte den Ball sofort wieder auf Barrios ab, der sich dynamisch in den offenen Raum hinter seinem Gegenspieler bewegte und dadurch einen Raum- und Zeitvorteil erzielte. Der linke Halbverteidiger versuchte, den Pass zu antizipieren, doch Barrios leitete den Ball direkt auf den ins Zentrum eingerückten Gallagher weiter. Dessen Gegenspieler, der ballferne Prager Sechser, sicherte zunächst den Raum vor der letzten Linie und konnte nicht schnell genug auf Gallagher reagieren. Barrios erkannte erneut den sich öffnenden Raum, setzte seinen Lauf fort und bewegte sich in den Rücken der beiden nach vorne verteidigenden Prager Sechser. Gallagher spielte den Ball mit dem ersten Kontakt in den Zwischenraum zu Barrios, der nun mit offenem Fuß diagonal auf die als Restverteidigung agierende Viererkette Prags zulaufen konnte. Schließlich fand er Sørloth, der sich geschickt von den beiden Innenverteidiger in den Zwischenraum absetzte.

Sørloth setzte sich gegen den zurückeilenden Kairinen durch und fand eine Lücke zwischen dem zögerlich herausrückenden zentralen Innenverteidiger und dem rechten Halbverteidiger, der in dieser Szene die Tiefe absichern wollte. Dort bediente er Simeone, der nach seiner Ablage in die Tiefe belaufen hatte. Simones Anschlussaktion war jedoch etwas überhastet und unsauber wodurch nur ein für den Prager Torhüter einfach zu entschärfender Schuss von der Sechzehnerkante heraussprang.

Spielminute 54:13

Auch wenn die Szene schließlich in keinem Tor mündete zeigte diese sehr gut wie das mannorientierte Angriffspressing Prags durch Ablagespiel und das sehr intelligente Belaufen von offenen Räumen durch Barrios überspielen konnte und eine aussichtsreiche Umschaltsituation entstand.

Manchester United gg. Bodø/Glimt 3:2

In der 50. Minute erzielte Højlund das entscheidende Siegtor für Manchester United. In dieser Szene lässt sich sehr gut das strikte Positionsspiel Amorims erkennen, das mit einigen sich wiederholenden Abläufen letztendlich zum Tor führten.

United bespielte das 4-5-1 Mittelfeld-/Abwehrpressing Bodø/Glimts, das durch das Herstellen einer Gleichzahl in der letzten Linie auch gerne zu einem 5-4-1 wurde, aus einer für Amorim typischen und im Weltfußball häufig gesehenen 3-2-5 Struktur. Die beiden Flügelverteidiger Antony und Dalot agierten in dieser Szene als Breitengeber, während Mount und Garnacho die Halbräume besetzten.

Durch ein sehr striktes Positionsspiel und lange Ballzirkulationsphasen versuchte United, Lücken im gegnerischen Abwehrpressing zu finden. Ziel war es, die Halbraumverteidiger ins Andribbeln zu bringen und durch Rotationen des ballnahen Sechsers, des Halbraumzehners und des Breitengebers die Tiefe zu attackieren.

Spielminute 49:36

Nach Andribbeln und einem diagonalen Pass in die Breite durch Martínez entschied sich Garnacho aufgrund des starken ballseitigen Verschiebens von Bodø/Glimt für einen Rückpass auf Martínez. Dieser verlagerte erneut über de Ligt zum rechten Halbverteidiger Mazraoui. Auffällig war dabei die bereits sehr hohe Positionierung der beiden Sechser Ugarte und Fernandes. Mazraoui spielte einen diagonalen Pass nach außen auf Antony. Ziel war es, Antony durch das Überlaufen von Mount, der aus seiner Halbraumposition nach außen kippte, in ein 1-gegen-1 gegen den Außenverteidiger zu isolieren. Durch Mounts Lauf und das Andribbeln Antonys konnte weiterer Raumgewinn erzielt werden, wodurch sich die letzte Linie von Bodø/Glimt tief in den eigenen Strafraum zurückzog. Da die Innenbahn durch den ballnahen Zentrumsspieler geschlossen war, entschied sich Antony für einen Rückpass auf Ugarte, der als Exit-Option in die Breite geschoben hatte.

Ugarte nahm erneut Mazraoui mit und orientierte sich selbst in den Zwischenraum. Dieser Pass führte dazu, dass die letzte Linie von Bodø/Glimt herausrückte. Der ballnahe Mittelfeldspieler und der Stürmer pressten aggressiv auf Mazraoui, um ihn unter Druck zu setzen und zu einem Rückpass zu zwingen. Mazraoui erkannte die Situation und spielte sofort wieder in den Druck hinein, wo er Mount im Zwischenlinienraum fand. Mount hatte durch sein erneutes Besetzen des Zwischenlinienraums sowohl die Aufmerksamkeit des zentralen Mittelfeldspielers als auch des linken Innenverteidigers auf sich gezogen und sorgte so für eine hohe Gegnerbindung. Mit einem kurzen Entgegenkommen zog er beide Gegenspieler mit sich und öffnete dadurch die Tiefe. Ugarte erkannte dies und startete dynamisch in diesen Raum. Das gezielte Belaufen der Tiefe in der Halbspur, speziell in Kombination mit dem Halbraumzehner, ist ein von Amorim oft verwendetes Muster gegen tiefes Abwehrpressing im letzten Drittel.

Spielminute 49:46

Durch eine exzellente und durchaus sehenswerte Weiterleitung per Hacke konnte Mount diesen finden. Der linke Innenverteidiger Bodø/Glimts erkannte diese Finte zu spät um sich rechtzeitig abzusetzen und den Tiefenlauf von Ugarte aufzunehmen. Ugarte fand daraufhin mit einer scharf vor das Tor gezogenen flachen Hereingabe den mit einem gut getimten Lauf einlaufenden Højlund, der aus knapp fünf Metern in die lange Ecke zum Siegtreffer einschieben konnte.

FC Barcelona gg. Stade Brest 3:0

Barcelona gewinnt gegen Brest deutlich mit 3:0. Mit insgesamt 79% Ballbesitz schaffen es die Katalanen über das Spiel zu bestimmen. Die Ursachen dieser extremen Dominanz lassen sich nicht nur im aggressiven Pressing und Gegenpressing finden. Auch bei „geordnetem“ gegnerischem Ballbesitz aus einer festen Struktur schafft es Barcelona das Spiel zu kontrollieren.

In der 36. Minute schafft es Brest ausnahmsweise den Ball zu halten und erlangt in Folge einer abgewehrten Flanke durch Ter Stegen wieder den Ball. Durch die Strafraumnähe wäre es naheliegend, wenn Barcelonas Spieler insbesondere die letzte Linie sich fallen lassen, um den Raum in der Nähe des Tores abzusichern.

Allerdings greift Barcelona bei gegnerischem Ballbesitz, wie hier, auf ein ungewöhnliches taktisches Mittel zurück. Durch das aggressive Herausrücken werden keine kontrollierten gegnerischen Ballbesitzphasen zugelassen.

Diese äußerst aggressive Abseitsfalle setzt den Gegner unter Druck, indem für den Ballführenden Raum und Zeit genommen werden. Durch das Herausrücken kann Barcelona somit viel Druck ausüben und dennoch kompakt bleiben. Immer wieder wird der Gegner im Ballbesitz gestresst und dazu gezwungen, tief zu spielen. Das führt sehr häufig zu ungenauen Pässen oder auch zu Abseitssituationen und somit zu schnellen Balleroberungen.

Diese äußerst riskante Spielweise ist somit ein Teil der Dominanz Barcelonas momentan. Probleme können sich allerdings insbesondere dann ergeben, wenn der Gegner die eigene Aufbaulinie überlädt und Barcelona aufgrund der Unterzahl somit kein Druck auf den Ballführenden ausüben kann. So können gezielte Laufwege und getimte Pässe in die Tiefe das hohe Stehen der Abwehrkette ausnutzen.

FC Bayern gg. Paris St. Germain

PSG verliert knapp gegen Bayern München mit 1:0. Dass in diesem Spiel wenige Tore fallen, ist allerdings kein Zufall. Insbesondere Luis Enrique sorgt mit seinen taktischen Anpassungen für einen defensiv sehr schwierig zu bespielenden Block. Bei tieferem Stehen greift PSG auf das taktische Mittel der System Spiegelung zurück. Mit einem 4-1-4-1 kann auf die Bayerische Ausgangsformation im 4-2-3-1 leichter Zugriff gefunden werden.

Im Angriffspressing wechselte die Formation PSGs in das medial vorwiegend angegebene 4-1-3-2, um Druck auf die Innenverteidiger ausüben zu können. Die Mittelfeldreihe verschob dabei ballnah durch.

Um die extreme Fluidität und Positionswechsel des Bayerischen Angriffsspiels unter Kontrolle zu bekommen, versuchte PSG durch eine Mannorientierung auf bestimmten Schlüsselpositionen den Zugriff zu wahren. Insbesondere die gefährlichen Gegenläufigen Bewegungen Kanes und Musialas sowie die Ketten überspielenden Schnittstellen Pässe auf Musiala wurden durch die Mannorientierung Vitinhas häufig verhindert.

So konnte Marquinhos als Gegenspieler Kanes immer wieder mit seinem Gegenspieler herausrücken und das Zentrum verdichten, ohne dass Musiala ohne Absicherung in die Tiefe starten konnte. Auch die im 4-1-4-1 spielenden Außenspieler sorgten für ein enorm schwierig zu bespielendes Zentrum. Die eigentlich im Zentrum beheimateten Fabian und Zaire-Emery besetzten die Außen und pressten dementsprechend noch effektiver zentrumschließend von innen nach außen.

Dennoch führte diese Ausrichtung, insbesondere die Mannorientierung Vitinhas teils zu verrückten Szenen. Die Gefahr einer Mannorientierung im Zentrum liegt im Öffnen von zentralen Räumen bei Herausziehen des manndeckenden Spielers. So zum Beispiel geschehen in Minute 28: Coman dribbelt ins Zentrum in Richtung des Strafraums. Vitinha orientiert sich allerdings zu Musiala und öffnet somit den direkten Weg zum Tor.

Solche Szenen konnten allerdings meist durch die beschriebenen zentrumssichernden Abläufe verhindert werden. Die logische Konsequenz: ein knappes Ergebnis mit wenigen Torchancen.

Autor: FN beschäftigt sich mit intensiv mit Taktiktheorie als auch Analysen zu aktuellen Spielen und Entwicklungen im Fußball. Auf Twitter ist er als @felixnb aktiv.

Autor: MH ist Fußball-Aficionado von Herzen. Seine Wohnung gleicht einer Fußball-Bibliothek in deren Regalen Bücher über die großen Taktiker von Rinus Michels bis Pep Guardiola stehen. Das Buch von Spielverlagerung.de fehlt hier natürlich nicht. Für MH ist Fußball nicht nur ein Spiel. Es ist ein Lebensgefühl. Auf X ist er unter Mh_sv5 zu finden.

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