Ruhige Raumnutzung macht den Überraschungssieg
Im Duell der Mannorientierungen und Manndeckungen neutralisieren sich beide Teams lange Zeit weitgehend. Die Tschechen bereiten ihre Aktionen und Abläufe gegen die direkten Zuteilungen aber etwas besser vor – vor allem in Überzahl nach dem Platzverweis für de Ligt.
Es gab kaum zwei andere Mannschaften, die in der Gruppenphase dieser EM so klar und eng am Mann verteidigten wie die Niederlande und Tschechien. Dementsprechend wurde das direkte Aufeinandertreffen der beiden zu einem Festival von Mannorientierungen, die sich häufig stark in Richtung Manndeckungen bewegten. Die tschechische 4-3-3-hafte Grundordnung – aus dem nominellen 4-2-3-1 (bzw. defensiv 4-4-2) heraus – spiegelte die niederländische Formation im 3-4-1-2.
Von Mannorientierungen zu Manndeckungen
Auf dieser Basis ging das Team von Trainer Jaroslav Silhavy mit den aggressiven Deckungen am Mann fast noch weiter als die Elftal. Gerade in der Viererkette wirkte diese Spielweise extremer und war durch die geringe Absicherung auch faktisch etwas riskanter als bei den Niederländern von Frank de Boer, die beim weiträumigen Verfolgen bestimmter Gegenspieler auf eine zahlenmäßig höhere Besetzung in der hintersten Linie vertrauen können – dank des dritten zentralen Abwehrspielers.
Tschechiens Innenverteidiger verließen gegen die beiden gegnerischen Stürmer oft ihre Position und nahmen große Abstände untereinander sowie zu den Außenverteidigern in Kauf. Teilweise standen sie vor- statt nebeneinander und das Abwehrzentrum war fast verwaist. Für de Boer lag es gegen diese 1gegen1-Verteidigung nahe, mit Depay und Malen ein bewegliches und dribbelstarkes Duo im Angriff aufzubieten. Die Rochaden der beiden rissen viele Lücken und trugen zu einer stürmischen Anfangsphase Oranjes bei. Wie bei vielen anderen Ansätzen würde schließlich oft die starke Rückzugsbewegung der Tschechen dazu beitragen, dass viele gefährliche Dynamiken noch gebremst wurden.
Kreuzende Bewegungen zwischen den Angreifern waren am gefährlichsten, die die gegnerischen Innenverteidiger nur selten untereinander übergaben. Etwas seltener gab es bei den Niederländern als Ergänzung zum Ausweichen aber attackierende Läufe in die verlassenen Räume hinein. Wijnaldum versuchte schon im und durch das zweite Drittel viel zu rochieren und war dadurch mitunter zu spät, um die Sturmspitze anzugreifen, nachdem Depay und/oder Malen diese geöffnet hatten.
Vor allem bei diagonalen Anschlussläufen der Flügelverteidiger im letzten Drittel nach Zuspielen auf einen ausgewichenen Angreifer ergaben sich gute Ansätze. Dies bedeutete eine alternative Möglichkeit, um die Spitze nach einer Ablage zu attackieren. Solche Läufe kamen von den Außenpositionen aber nicht zuverlässig. Ähnlich war es mit horizontalen Sprints der Flügelverteidiger an der letzten Linie entlang und anschließend abknickend in die Tiefe: Dumfries hatte nach diesem Muster von rechts ein, zwei enorm gefährliche Szenen und die Niederländer hätten dieses Mittel noch stärker fokussieren können.
Niederländische Ansätze, aber wenig Andribbeln
Auch wenn Oranje über weite Strecken zahnlos wirkte und wenig klare Abschlusssituationen zustande brachte, hatte das Team insgesamt doch einige Ansätze. Zum einen fehlte es aber an der Konstanz, mit der die notwendigen Aktionen, beispielsweise bestimmte Läufe, abgerufen wurden. Zum anderen wurde das Team nach der schwungvollen Anfangsphase nachlässiger in der Vorbereitung seiner Offensivbemühungen: Die Niederländer neigten mehr und mehr zu frühzeitigen Flugbällen, die der Ballführende aus der Position heraus spielte, und dribbelten immer weniger an.
Der Rückgang des kurzen Andribbelns und überhaupt von Auftaktaktionen war ein großes Problem: Eigentlich liegt darin eine Stärke dieses niederländischen Teams. Es ist genau der Stil für mehrere Schlüsselfiguren, für das vielseitige Ballvorlegen Blinds und für den ausgewiesenen Dribblingspieler Frenkie de Jong. Andribbeln gehört auch zu den wichtigsten Komponenten, um gegen Mannorientierungen bzw. Manndeckungen anzuspielen, und wäre daher gegen diesen tschechischen Gegner enorm wichtig gewesen.
Dafür musste zunächst einmal irgendein erster Spieler frei werden. Ansonsten war dies der Torwart, wenn Tschechien ganz hoch zustellte. Daraufhin suchte sich Stekelenburg zwar sehr variable Positionen, eröffnete aber oft mit dem diagonalen Flugball. Als Abnehmer gab es vorne keinen Weghorst, während auf dem Flügel die Wucht von Dumfries als potentiellem Zielpunkt gegen den neu ins tschechische Team gerückten Kaderabek kaum zur Geltung kam.
Aber selbst wenn der ballführende Niederländer in der ersten Linie mal frei war, wählte dieser überraschend selten das Dribbling. Insgesamt schienen die Spieler von de Boer zu stark auf das Passspiel als Mittel fokussiert zu sein. In vielen Szenen suchten die Akteure sehr lange nur nach der richtigen Option, bei der man die Situation über Zuspiele lösen konnte. Dadurch ging viel Schwung verloren. Die Niederländer hatten zwar ihre Abläufe und Rochaden gegen die tschechischen Deckungen, aber die darauf basierenden Spielzügen wurden letztlich kaum dynamisch eingeleitet.
Bei Kreuzbewegungen gab es zu selten vorbereitende Klatschbälle auf den ersten oder einen ergänzenden Lauf, um dann per Direktpass dahinter spielen und den zweiten Lauf einsetzen zu können – also in einer Anschlussaktion. Stattdessen wartete der jeweils ballführende Akteur oft in seiner Position den Anfang der Rochade ab, bis er schließlich jenen zweiten Lauf ohne Voraktion zu bedienen versuchte. Das waren aber letztlich meistens Chip-Bälle aus dem Stand. Die geringere Dynamik machte sie leichter zu verteidigen.
Tschechiens Flügelstürmer verteidigen Depays Halbraum
Zwischendurch konnte die enorme Ausprägung der direkten Deckungen immer mal kleine Schwierigkeiten für die Tschechen mit sich bringen. Das passierte etwa nach niederländischen Rückpässen, wenn sie selbst nicht schnell genug wieder in die Zuordnungen vorschoben. Genauso konnte es vorkommen, dass ein einzelner Stürmer sich mal sehr weit zurückfallen ließ und sich dadurch einem Verteidiger entzog, der nicht den ganzen Weg verfolgen wollte.
Typischerweise suchte Depay immer wieder den linken Halbraum zwischen den Linien. Dort erhielt er, während des ersten Teils der ersten Hälfte, auch punktuell einige Bälle. Zwischen den anderen 1gegen1-Zuordnungen konnte der niederländische Offensivstar in solchen Situationen aufdrehen und Spielzüge kreieren. Genau darauf schienen die Niederländer besonders eingestellt: Kleine Doppelpässe und Kombinationen mit zwei bis drei Spielern in Lücken vor der Abwehr.
Diese Bereiche sind sehr wichtig, aber die Orientierung auf den Raum hinter der Verteidigungslinie stand dagegen fast etwas zu sehr zurück. Generell schienen die Passgeber stärker auf ausweichende Spieler zu achten als auf diejenigen Kollegen, die etwaige so geschaffene Lücken anliefen. Zunächst sorgten die kleinen Kombinationsaktionen rund um Depay, wie schon bei den letzten niederländischen Auftritten, für sehenswerte Szenen und vielversprechende Ansätze.
Gegen dessen linken Halbraum fanden die Tschechen aber eine gute Reaktion: Die Außenstürmer bewegten sich vermehrt in diesem Halbraum und vor allem Masopust achtete immer gezielter darauf, mit dem Deckungsschatten die Wege zu Depay zu versperren. Dieser kam kaum mehr als potentieller Überzahlspieler zu Ballaktionen zwischen den Linien, mit denen er die bevorzugten niederländischen Szenen überhaupt erst hätte einleiten können.
Punktuell nahmen die offensiven Flügel der Tschechen Freilaufbewegungen von Depay oder Malen in den Halbräumen sogar temporär mannorientiert auf, wenn der eigene Außenverteidiger ballnah frühzeitig auf den gegnerischen Flügelläufer herausschieben musste. Ansonsten unternahmen Masopust und Sevcik situativ ergänzende Rückstöße in tiefere Positionen und bis in die Abwehrlinie.
Das machten sie nur für kurze Phasen und sorgten so gelegentlich doch mal für zusätzliche Absicherung, aber sie blieben fast nie zu lange hinten, sondern orientierten sich im Laufe von Spielzügen meistens rechtzeitig wieder nach vorne. Die Rollen der Flügelstürmer – insbesondere Masopusts Bewegungen gegen Depays Halbraum – waren der Schlüsselfaktor im simpel gestrickten tschechischen Defensivsystem.
Aufrückräume an den Flügeln
Diese Akteure wirkten auch in der Offensive entscheidend, um ihrem Team gute Ausgangslagen zu verschaffen. Es gelang ihnen oft, die gegnerischen Flügelverteidiger in tiefen Positionen zu binden. Bei Eröffnungen auf die Seiten konnten Masopust und Sevcik einige Male im Moment des Passes mit horizontalen Bewegungen in die Breite deren Herausrücken zum Ball verhindern. Dadurch erhielten die eigenen Außenverteidiger mehr Raum.
Zudem war die Breite in der aufgefächerten ersten Linie gegen die niederländischen Mannorientierungen für Tschechien wichtig. Dazu passten weiterhin die vielen typischen Herauskippaktionen der Mittelfeldakteure: Sie suchten sich die Räume neben der Formation und zwangen ihre Gegenspieler zu weiten Bewegungen. Besonders Wijnaldum musste gegen Holes oft auf den Flügel verteidigen, wenn er nicht ohnehin schon auf Kaderabek herausrückte. Im Gesamtpaket generierte Tschechien auf diese Weise bei eigenem Ballbesitz einige Aufrückmomente und gelangte gut ins vorderste Drittel.
Viel Torgefahr sprang insgesamt nicht heraus. Die versuchten Flügelüberladungen zogen zumeist nur weitere Gegenspieler nach außen. Am ehesten waren es die athletischen Vorteile in solchen Gleichzahlsituationen, die für Unruhe im niederländischen Abwehrverbund sorgten – ob in direkten Duellen auf den Flügeln selbst oder bei den häufigen Nachstößen von Achter Soucek in den Strafraum.
Tschechien macht in Überzahl vieles richtig
Tschechiens Ballbesitzspiel rückte schließlich für die letzte halbe Stunde der Partie in den Fokus, nachdem die Rote Karte für de Ligt die Niederlande in Unterzahl gebracht hatte. Bei der Elftal stellte de Boer auf eine 4-4-1-Defensivformation um, die gerade auf Außen weiterhin mannorientiert funktionierte. Auf die eigene Überzahl reagierten die Tschechen sehr gut: mit viel Ruhe in den eigenen Ballpassagen.
Ihre noch offensiver werdenden Außenverteidiger drängten die offensiven Flügel des Gegners weit zurück, in flache Staffelungen nahe der letzten Linie. Die entstehenden Räume um dieses Gebilde herum bespielten Silhavys Mannen clever. Die Mittelfeldakteure bewegten sich flexibel und forderten dort Bälle. Sie nutzten diese Zonen vor allem als Dribblingräume. Das machten sie in der Ausführung sehr ruhig, zielgerichtet und bedacht.
Die Tschechen wählten viele kleine Dribblings, verzögerten darin aber bei Bedarf und orientierten sich immer wieder neu im Laufe der Aktion. Sie hielten stets den Blick und den Zug nach vorne, aber blieben gleichzeitig geduldig – letztlich eine gelungene Mischung. Das war in erster Linie ein individuelles Phänomen von mehreren Positionen aus, könnte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Anweisung von außen gefördert und gefestigt worden sein.
Letztlich hatten die Tschechen nicht nur eine gute Halbraumbesetzung um die gegnerische Formation herum, sondern auch eine sehr passende Dynamik daraus. In den Folgemomenten entwickelten sich Kombinationsansätze im Zusammenspiel der Achter und Stürmer, insbesondere mit Schick, auch wenn kein klarer Abschluss zustande kam. Aber Tschechien wirkte gefährlich, machte Druck und erzielte das 0:1 schließlich aus einer Standardsituation.
Nach der Führung blieb der Außenseiter geduldig. Weiterhin nutzte er die eigene Überzahl gut, um zwischendurch ausgedehnte weiträumige Ballbesitzphasen im zweiten Drittel in Lücken zwischen den unkompakter werdenden Mannschaftsteilen der Niederländer zu initiieren. Für Oranje war es mit einem Mann weniger enorm schwer, Zugriff passend vorzubereiten und offensiv zu werden, ohne zu viel Absicherung zu verlieren.
Die spätere Umstellung de Boers auf 4-3-2 war eine gute Wahl, aber selbst das konnte wenig bewirken, zumal in der Interpretation gegen den Ball das Mittelfeld sich passenderweise breit, aber weiterhin zu tief und rückwärts orientierte. Mit dem 0:1 zeichnete sich der Überraschungssieg der Tschechen schnell ab. Diese günstige Ausgangsposition selbst war Silhavys Team in einer lange ausgeglichenen Begegnung eher glücklich zugefallen. Aber Tschechien machte vieles sehr gut und richtig, als es darum ging, diese Voraussetzungen möglichst gut zu nutzen.
40 Kommentare Alle anzeigen
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 10. Juli 2021 um 00:39
@Koom: Ich hoffe doch, dass ein Sportdirektor dem Trainer nicht die taktische Grundformation vorgibt und wenn er keinen Kader zusammenstellt, der gut genug besetzt ist, ist es dennoch die Entscheidung des Coaches sich für eine 5-er-Kette zu entscheiden. Kein Sportdirektor der Welt könnte Klopp oder Guardiola dazu bringen eine 5-er-Kette als Flakschiff ins Rennen zu schicken.
Manche sehen es als langfristige Strategie an. Dafür gibt es genügend Beispiele. Ich sehe es wie du als Formation, um die maximale Absicherung in der Defensive/Restverteidigung zu erzeugen und als Verhinderung des eigenen Offensivspiels.
Southgate hat nach dem Deutschland-Spiel auf 4-er-Kette gependelt, weil er wusste gegen die Ukraine und Dänemark dementsprechende Dominanz erzeugen zu können und wurde belohnt.
Martinez blieb bei der 5-er-Kette und wurde nicht belohnt, obwohl das geschickte Pendeln 2018 WM-Bronze brachte. Suboptimale Raumaufteilungen werden zum Glück in der Realität doch noch bestraft.
Koom 10. Juli 2021 um 16:14
Also ich finde es nicht ganz falsch, wenn der Sportdirekter einen Kader schon für eine Grundidee zusammenstellt. Letztlich bleiben Sportdirektor und oftmals auch die Spieler länger beim Verein als ein Trainer (auch wenn das nicht gut ist). Das heißt natürlich nicht, dass der Sportdirektor da alles vorgibt, aber ich sehe es gerade in Mainz, wie wichtig es ist, wenn der Verein sich für eine Philosophie auf dem Platz entscheidet und danach Trainer wie Spieler aussucht. Damit meine ich weniger die Zeit mit Schröder (der eigentlich „nur“ einen sehr blinden Fleck bei den Trainern hat), sondern eher Zeit davor und danach.
Und wie verheerend es bspw. bei Dortmund ist, dass dort genau so etwas kaum passiert. Von Klopp zu Tuchel -> gut. Tuchel zu Favre? Toller Trainer, aber vollkommen anderer Ansatz (der für ein Spitzenteam auch eher solala ist). Von Favre zu Terzic und Rose? Rolle rückwärts.
Und auch bei den Spielern wurde demzufolge eingekauft. Meunier bspw. würde ich eigentlich als recht guten Viererkettenspieler für Favre sehen. Der spielte aber damals lieber mit Fünferkette, weil zuvor Hakimi superdominant war. Und das kann Meunier nicht leisten. Beim BVB gibt es keine Philosophie in der Zusammenstellung der Mannschaft außer jung und teuer und alt und günstig.
WVQ 10. Juli 2021 um 20:50
Nun ja, ganz so schwarzweiß (bzw. schwarz) muß man es nicht sehen. Meunier spielte vor seinem Engagement in Dortmund schon lange in der belgischen Nationalmannschaft in einer Fünferkette und tat dies meist mehr als nur ordentlich. Das Problem für ihn in Dortmund war in erster Linie (wie Du schon sagst), daß Favre ihn auf dieser Position einfach als Hakimi-Ersatz einsetzte, was natürlich absurd ist und nie funktionieren konnte. (Plus ohnehin schon suboptimale Form, nachdem Tuchel in Paris ja auch nur noch sehr bedingt auf ihn gesetzt hatte.) An sich war der Meunier-Transfer keineswegs verkehrt, es hätte nur Anpassungen seitens des Trainers bedurft, die aber überhaupt nicht kamen. Den Sportdirektor sehe ich da weniger als „Schuldigen“, die Hakimi-Rolle war sowieso nicht zu ersetzen, dessen Spielerprofil dürfte in Europa vermutlich ziemlich einzigartig sein und wäre jedenfalls auf dem erforderlichen sportlichen Niveau finanziell nicht machbar gewesen.
Grundsätzlich sehe ich die Dortmunder Transferpolitik der letzten Jahre durchaus selbst ausgesprochen kritisch – vor allem aber deswegen, weil letztlich alles für die Aktie getan wird und man durch den verrückt gewordenen Transfermarkt in einen irren Kreislauf des jährlichen Abgebenmüssens der teuersten Spieler gekommen ist (was man vornehmlich mit Masseneinkäufen junger Talente aus dem Ausland zu kompensieren bzw. im Grunde ja sogar noch aktiv zu fördern versucht). Aus spielerischer und „philosophischer“ Sicht ist der Kader aber erst in der jüngeren Vergangenheit etwas krumm geworden, insbesondere aufgrund diverser Flops auf den Außenverteidiger-Positionen und einer Umdefinierung des defensiven Mittelfelds von „baut das Spiel auf“ zu „grätscht alles weg, was nicht niet- und nagelfest ist“ – getragen auch von den Trainern Bosz und vor allem Favre, aber den Schuh muß sich Zorc letztlich natürlich anziehen. Aber insgesamt hat Dortmund immer noch einen extrem hochkarätigen Kader, der bei richtiger Nutzung durch den Trainer für ziemliche große Dinge hinreichen könnte. (Von dem vornehmlich wirtschaftlichen Problem mal abgesehen, daß man durch die vielen Talent-Einkäufe immer wieder auf Spielern sitzenbleibt, die – aus den verschiedensten Gründen – überhaupt nicht zünden und dann jahrelang hochbezahlte Tribünenhocker sind.)
Was die Trainer anbelangt, ist Favre in Dortmund eine klare Anomalie gewesen. Klopp, Tuchel, Bosz und Rose sind alle klare Vertreter aggressiven, strukturierten, dominanten Fußballs, und dafür ist der Kader immer weitgehend passend gewesen (ständige hochkarätige Abgänge mal außen vor). Bei Favre habe ich den Verdacht, daß der vornehmlich auf Watzkes Mist gewachsen ist, und außerdem waren die Optionen auf dem Markt in den letzten Jahren auch wirklich sehr spärlich – wäre gar nicht so leicht gewesen, einen klar besseren (deutschsprachigen) Trainer zu bekommen.
Was nicht heißen soll, daß ich Zorc für einen guten Kaderplaner hielte, geschweige denn für einen, der wirklich viel von dem Fußball versteht, den er selbst (wie alle in Dortmund) gerne sehen will. Aber Dortmund hat eine ziemlich fitte Scouting-Abteilung und strategisch ist viel auch zweifellos von weiter oben festgelegt; unter diesen Voraussetzungen macht Zorc durchaus ordentliche Arbeit. (Oder um es anders – und etwas bösartiger – zu formulieren: Das, was in dieser Hinsicht an falschen Entscheidungen getroffen wird, wird meist durch den relativ hohen Umsatz an Spielern schnell wieder ausgeglichen.)
Das ist aber alles nur im Detail ein Widerspruch, grundsätzlich stimme ich Dir natürlich völlig zu, daß der Verein selbst (und dort hauptverantwortlich der Sportdirektor) möglichst klar definierte sportliche Ansprüche und Vorstellungen haben sollte, nach denen dann Kader und Trainerstab besetzt werden. Anders kann man ja auch gar nicht über mehr als ein paar Jahre hinweg Erfolg haben, weder sportlich noch wirtschaftlich. Und wie die meisten Vereine in Deutschland hat Dortmund da klare Defizite.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 11. Juli 2021 um 01:32
Nur muss die Grundidee noch immer vom Coach ausgehen.
Philosophie und Formation sind nicht deckungsgleich.
Die Formation muss noch immer der Entscheidungsfreiheit des Coaches entstammen.
Die Philosophie muss selbstverständlich vom Verein selbst stammen.
Du kannst nicht die gesamte Mannschaft austauschen und ein Sportdirektor muss lange Zeit haben um einen Verein zu bearbeiten. Der Coach ist diesbezüglich das viel zitierte schwächste Glied in der Kette. Des wird sich nicht ändern. Wir dürfen nur den gemeinsamen Weg des Trainers mit der Mannschaft mit dem Team nicht verlieren und ein Coach pro Jahr im Schnitt ist kein gemeinsamer Weg.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 6. Juli 2021 um 22:20
@studdi: Ich denke in den Nationalteams geht es um Beides: Spielerpool und System. Du wählst sicherlich zunächst die Spieler nach deinem System aus, nimmst aber im Laufe der Arbeit schon eher Leute zu dir, die schon einmal dabei waren, die du schon kennst, die mehr Qualität haben. Das geht selbstverständlich nur bis zu einem gewissen Punkt, aber als Nationaltrainer musst du, denke ich, auf beide Dinge vorbereitet sein.
Ein Systemwechsel ist sehr sensibel. Nationalteams haben nicht so viele Spiele. Ich persönlich würde eher riskieren, dass ein Spieler im System auf einer für ihn nicht idealen Position agiert, als das ganze System zu ändern, aber das ist eben auch Ansichtssache und von Trainer zu Trainer verschieden.
Im Verein musst du stets mit Zu- und Abgängen rechnen und daher bauen viele Vereine auf ihre Philosophien bis nach unten hin, um ein Glied jedes Jahr durch ein anderes Glied austauschen zu können.
Auch da macht es für mein Befinden Sinn eine Formation durchzuziehen und an Personal immer wieder nach zu justieren, jemanden von unten hochzuziehen, der dann eben seine Zeit benötigt, um auf das Niveau zu kommen-wozu gibt es Akademien-so lässt sich Geld sparen und gute Ausbildung ist die halbe Miete.
Wie du siehst bin ich nahezu immer für das System, die taktische Formation. Ein, zwei Spieler lassen sich auch auf für sie nicht ideale Positionen stellen, müssen reinbeißen, wenn Not am Mann ist, bzw. müssen sie diese Positionen dann eben anders interpretieren, aber es erschließt sich mir einfach nicht, warum ich zwei Jahre lang ein 4-3-3 spielen sollte und dann beim Turnier selbst plötzlich ein 5-2-3 aufbiete.
Was haben denn all die anderen Trainer zwei Jahre lang mit ihren Systemen gemacht, wenn mein ganz frisches System ihnen die Stirn bieten kann?
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 5. Juli 2021 um 22:53
Die Frage ist welche Rolle die 3-er/5-er-Kette in Nachwuchsteams außerhalb Italiens spielt. Das kann ich selbstverständlich nicht beantworten, aber wie einer von euch beiden bereits richtig angemerkt hat-eine italienische 3-er/5-er-Kette ist dann auch etwas Anderes. Da reden wir von Pizza, die in Italien nach der Originalidee gemacht und von Pizza, die in anderen Ländern nach deren Befinden zubereitet wird(ja, zugegeben überspitzt gesagt).
Eine 5-er-Kette, die als Selbstverständnis auf einer Linie steht ist (bis auf spezielle Spielsituationen) ohnehin doof.
Vielleicht wollen manche Trainer einem Innenverteidiger mehr in die Startformation verhelfen, weil dort Überbesetzung herrscht, oder es dieser Spieler der Meinung des Trainer nach mehr verdient hat.
Da wären wir dann aber beim berühmten Spruch „der Besten und der Richtigen“.
Im Österreich der Vergangenheit wurden oft einfach offensive Flügelspieler in die Außen/Flügelverteidigung gestellt und damit basta. Ob sie auch die defensiven Aufgaben, die diese Position mit sich bringt, beherrschten, war einmal Nebensache. Unter anderem deshalb brachte Österreich lange Zeit keine guten Außen-/Flügelverteidiger auf den Markt(zumindest nicht in der Breite).
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 4. Juli 2021 um 22:35
@studdi: „Breitengeber“ in der Offensive-das ist eben der Punkt!
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 4. Juli 2021 um 22:32
@Studdi: Ja, jetzt habe ich es wieder im Kopf-Mexiko 2014 unter Herrera. Ich habe die Leistungen der Mexikaner aus 2014 als wirklich gut im Kopf: ein sehr lebendiges 0:0 gegen den Gastgeber Brasilien, das in jede Richtung ausgehen hätte können und ein sehr unglückliches 1:2 gegen die Niederlande im Achtelfinale samt Robben-Schwalbe.
Normalerweise bin ich dennoch kein Freund davon, dass ausgesprochene Ballbesitzteams wie Mexiko mit einer 5-er-Kette agieren. Für mich ist das verschenkte Offensivpower und verschenkte spielerische Note.
Chile hat ja unter Bielsa wie unter Sampaoli ein heroisches Offensivfeuerwerk veranstaltet, dass ich es da kaum wage eine 3-er-Formation in der Defensive anzuzweifeln. Ich habe da sogar ein 3-1-3-3 im Kopf-zumindest über bestimmte Strecken. Das ist dann fast schon eine andere Sportart.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 29. Juni 2021 um 22:03
In meinen Augen macht eine 5-er-Kette für ein Team wie die Niederlande Sinn, wenn beide Halbverteidiger gut aufbauen können, oder, wenn der zentrale Mann gut aufbauen kann und als eine Art moderner Libero agieren kann.
Der Mann, der gut aufbauen kann(Blind) spielte halblinks und die beiden anderen zentral und halbrechts. Für mich ergibt sich damit automatisch eine merkwürdige Asymmetrie.
Auch die österreichische 5-er-Kette mit Alaba, Dragovic und Hinteregger empfand ich als Bürde. Möglich, dass ein Einsehen des Problems und ein Umschwenken auf die 4-er-Kette der Elftal einen ähnlichen Boost gegeben hätte.
Wenn, wie du sagst, auch die FV traditionell besetzt werden, ist das für die Niederlande aufgrund ihrer spielerischen Qualität ein Eigentor. Van Gaals 2014-er-Konstrukt hat sich in Wahrheit ja auch in den KO-Spielen als gar nicht so schlau erwiesen.
Ein Alternieren zwischen 4-er und 5-er-Kette, wie es eben Martinez gerne praktiziert, hat für mich eine Berechtigung, wenn raffiniert an den Gegner angepasst wird, aber ich empfand wie beschrieben auch Martinez‘ 5-er-Kette gegen Portugal als unnötig destruktiv und uninspiriert.
Ich verstehe, dass es immer mehr Teams um die bestmögliche Absicherung geht, aber erstens ist mir das zu reaktiv und zweitens bleibt auch mit einer 5-er-Kette noch immer ein Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld, in dem der Gegner zu guten Schussmöglichkeiten kommen kann, wenn nicht stets ein Mann aus der 5-er-Kette passend herausrückt. Der tiefe Sechser kann dieses Problem meiner Meinung nach besser lösen.
Koom 30. Juni 2021 um 10:07
Ich bleib auch dabei: Fünferkette ergibt für mich sehr wenig Sinn. Für mich ist das ein Mittel für eine eher spezielle Konstellation. Sei es, weil die gegnerische Offensive damit besser zu bearbeiten ist oder weil man sehr passendes Personal hat für diese Fünferkette und vor allem dem ganzen davor.
Irgendwie ist mir das immer viel zu sehr Milchmädchenrechnung, dass man einen Mann mehr nach hinten zieht um da sicher zu stehen. Sehe ich in der Praxis eigentlich nahezu nie, besonders, wenn man mal so, mal so spielt. Für Defensive finde ich es eher sinnvoll, bspw. 2-3 DMs vor ne Viererkette zu stellen, bzw. den Aussenstürmern einen Defensivauftrag mitzugeben.
Die Mainzer lösen das IMO auch ganz gut, weil sie die Fünferkette auch dazu nutzen, einzelnen Spielern abgesicherte Offensivausflüge zu ermöglichen. Gerade Niakate nutzte das oft eindrucksvoll. Generell lässt Svensson diese Fünferreihe mehr so spielen, wie Tuchel sie erdacht hat: Viererkette mit flexiblen Liberos.
tobit 30. Juni 2021 um 13:50
5er-Kette mit Hummels, Klostermann, Gosens und Kimmich finde ich schon ziemlich sinnig. Man darf halt nicht den Sechser für den dritten IV rausnehmen, dann passt es auch nicht so schlecht zum Offensivpersonal, das sich außer Sané zentral wesentlich wohler fühlt. Um die Spieler mit „Ausflugspotential“ aber wirklich nutzen zu können, muss man als Trainer halt mehr als „3-4-3, defensiv, Flügelfokus“ in der Taktikbesprechung sagen.
Koom 30. Juni 2021 um 14:18
Widerspreche ich auch nicht. Ich propagiere ja selbst, dass Kimmich als freigeistiger RV eine Lösung für viele Probleme sein könnte. Aber in der Praxis gab es eben nicht viel mehr ausser die von dir zusammengefasste „Taktikbesprechung“. Zumindest wirkte es auf dem Platz so.
Und wie schon oft gesagt: Ich sehe sehr selten eine Fünferkette, die über mehr hinausgeht als „yo, nu haben wir einen mehr hinten“.
tobit 30. Juni 2021 um 16:52
Das ist aber ja alles kein Problem der 5er-Kette, sondern der Trainer. Und dann sollte man finde ich auch klar die Trainer – oder weniger persönlich: die Umsetzung – und nicht die 5er-Kette an sich kritisieren.
Ich sehe leider auch viel zu wenige gut umgesetzte 3er- und 5er-Ketten. Hütters Frankfurt und Nagelsmann waren da in Deutschland die einzigen, die über mehr als zwei, drei Spiele wirklich geil waren. Dortmund hätte zwar das Personal, aber da fehlt immer wieder der Mut, das gut umzusetzen. Und dann sieht das Personal dabei natürlich auch nicht mehr gut aus, wenn es nicht individuell so brilliant ist wie Raphael.
studdi 30. Juni 2021 um 17:08
Meiner Meinung nach ist bei dieser Diskussion insbesondere in der öffentlichkeit das Problem das 4er Kette mittlerweile oder Momentan als der Grundsatz gilt und somit erstmal „gut“ ist.
Eigentlich kommt es doch nur darauf an das ich meine Spieler die ich habe möglichst in Situationen bringe in denen Sie sich wohl fühlen und einen guten beitrag leisten können. Und dann muss man noch gucken ob es evtl gegen den die Mannschaft gegen die man Sppielt auch sinn macht oder ob man da etwas anpassen muss.
Ob man dann am ende 4er oder 5er Kette spielt ist ja egal.
4er Kette wird eben momentan einfach so als das standart System angesehen und deshalb wird daran nicht direkt rumgenörkelt.
Es gibt genau so wie bei 5er Ketten Systemen auch 4er Ketten Systeme die einfach nicht gut umgesetzt werden oder in denen Spieler falsch eingesetzt werden oder die nicht richtig auf den Gegner angepasst werden.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 30. Juni 2021 um 23:01
an Studdi(ich kann auf deinen Beitrag nicht antworten):
Mittlerweile sehe ich bei dieser EM eher schon die 5-er-Kette als Grundatz: siehe FRA-SUI und ENG-GER, um nur zwei Begegnungen zu nennen.
In meinen Augen soll in der Absicherung jeder Funken Zufall oder möglicher offener Raum minimiert werden und ich habe das Gefühl beide Teams haben eine stillschweigende Übereinstimmung: „Ihr wollt einmal kein Tor bekommen? Na, wir ja auch nicht. Lass und mal beginnen und wenn wir beide Tore bekommen können wir uns beide wenigstens nichts vorwerfen.“
Das ist sicherlich punktuell logisch und für bestimmte Begegnungen auch verständlich, aber ich würde es nicht als grundsätzlichen Ansatz hernehmen, um durch ein Turnier zu kommen.
Möchte ich Räume nach vorne öffnen, oder möchte immer vielmehr Räume nach hinten verschließen? Beides ist im Mannschaftssport eine Notwendigkeit, aber für mich sollte der zweite Ansatz nicht generell den ersten übersteigen.
Mir fehlt bei diesem Turnier ein wenig die formative Bandbreite. Es gibt sehr viele ähnliche Ansätze und diesen Mainstream halte ich nicht einmal für den Gewieftesten.
Wenn ich genau bin sage ich sogar, dass frühzeitliche Varianten mit einem Libero wie Beckenbauer oder Koeman im Endeffekt progressivere Varianten als heutige 5-er-Ketten mit drei gelernten IV-ern sind.
Koom 1. Juli 2021 um 11:02
> Wenn ich genau bin sage ich sogar, dass frühzeitliche Varianten mit einem Libero wie Beckenbauer oder Koeman im Endeffekt progressivere Varianten als heutige 5-er-Ketten mit drei gelernten IV-ern sind.
Jupp. Oder Sammer. Wie x-mal gesagt: Das ist auch das, was Tuchel mit der Fünferkette bezweckt hat. Im Wesentlichen eine Viererkette mit Libero, nur dass eben jeder Libero sein kann. Aber jeder Spieler dieser Kette ist frei, die Kette zu verlassen um einen Gegner frühzeitig zu stoppen – ohne hinter sich alles aufzumachen. Das war für Tuchel notwendig mit den damaligen Gegenspielern wie Ribery und Robben, die eher selten im Strafraum waren und mit Ball vor der Kette kreuzen konnten. Das war schwer einzufangen mit herkömmlichen Mitteln. Und daran hat sich auch nicht viel geändert.
Persönlich empfinde ich die Viererkette sowieso als ideal in ihrer Aufteilung. Und man kann sie variabel halten. Auch hier Tuchel: Er agierte mit einem supertiefen 6er als Aufbauspieler, während die Innenverteidiger im Aufbauspiel auf die AV-Positionen gingen und die AVs als Aussenstürmer fast fungierten. Supermutig. Und das mit Mainz 05.
Und bei der Nationalelf steht plötzlich Aufbauspieler Hummels sich auf den Füßen mit Aufbauspieler Kroos. Man spielt da Fünferkette weniger um einen Mann mehr hinten zu haben, als vielmehr eher weniger Leute vorne zu haben. Widersinnig.
studdi 1. Juli 2021 um 11:46
Ja das meine ich im grundsatz ja auch. Ich finde nur nicht das man per se sagen sollte die 4er Kette ist besser als die 5er Kette. Beides sind Varianten die ihre vorteile und nachteile haben und am ende kommt es auf die Umsetzung drauf an.
Man kann ja auch immer zwischen beiden Varianten wechseln wenn nötig. Standart ist oder war ja teilweise aus einer 4er Kette einen 3er Aufbau herzustellen wenn der Gegner mit 2 Stürmern spielt. Den 3er Aufbau kann man genau so herstellen in dem man einen AV tief lässt als 3ten aufbauspieler. Dann kann man sich überlegen welche Spielertypen ich habe und wer dann auf welcher der 3 Aufbau Positionen stehen soll demenstprechend kann man den DM zwischen die IV abkippen lassen oder neben diee IV.
Man kann aber auchgenau so gut mit 4er Kette Spielen und Defensiv eien DM zurückfallen lassen damit man mit 3er Kete spielt und aggresiver herausrücken kann. Oder,oder, oder…. Es gibt ja zick möglichkeiten deshalb sollte man nicht immer per se sagen 3er Kette ist schlecht.
Ich mochte immer die 3er ketten der Südamerikanischen oder Lateinamerikanischen Teams. Chile oder Mexiko als Beispiele diese waren auch immer sehr flexibel. Teilweise auch mit abkippenden DM und dann ist eben ein spieler der 3er kette aufgerückt oder zu seite als AV aufgerückt.
Prinzipiell kann man ja jede Staffelung aus jeder Grundordnung herstellen. Dies braucht eben auch flexible Spieler.Dänemark hat ja auch mit 3 nominellen IV gespielt und dann wurde da Christensen flexibel auch mal im Mittelfeld eingesetzt.
Koom 1. Juli 2021 um 16:01
Hmmm…. ich sehe das Personal einer Fünferkette als sehr viel spezieller als bei einer Viererkette. Bei der 5er-Reihe brauchst du 2 AVs, die viel Betrieb nach vorne machen. Quasi verkappte Aussenstürmer, die aber trotzdem die Lunge haben, auch hinten wieder dicht zu machen. Und in einer Fünferkette seh ich die Abstimmung für ein Abseits auch nen Ticken schwieriger. Mal abgesehen von dem „Libero in Viererkette“ sehe ich wenig Punkte, warum man einer 3/5er Kette einer Viererkette vorziehen sollte. Fast alle positiven 3/5er-Ketten Beispiele haben meistens einen Mittelsmann in der Kette, der auch ein tiefer Sechser sein könnte.
studdi 2. Juli 2021 um 09:59
Naja aber genau das meine ich ja. Es ist doch kein muss das meine Wingbacks Offensiv auch verkappte Außenstürmer spielen. Man kann das ganze doch flexibel handhaben. Man braucht jediglich einenBreitengeber in der Offensive. Das könnte ja genau so gut einer aus der Offensive übernehmen.
Besipiel Deutschland: Kimmich rückt in der Offensive ins Zentrum Gündogan rückt auf die 10er Halbposition und Sane rückt nach außen als Breitengeber. Dann habe ich die selbe Staffelung nur das meine Spieler andere „Rollen “ besetzetn die in dem Fall ( vor allem Sane) Ihnen wohl sogar besser liegen. Defensiv hab ich dann wieder Kimmich als Wingback und Sane Offensiver was Sane ebenfalls besser liegt und für Konter noch gefährlicher wäre.
Genau so könnte Deutschland ja auch mit 4er Kette Spielen Ginter als RV und Gosens links. in dr Offensive rückt Gosens weit eauf und Ginter bleibt hinten und Zentraler in einem 3er Aufbau. Dann hätte ich auch wieder eine 3-2-4-1 Staffelung (genau so wie es z.B. Italien bei der EM spielt).
Man kann aber auch in die 3er Kette Halstenberg als linken HV stellen. Jetzt lasse ich Gosens wieder weit aufrücken. Kimmich rechts lass ich tiefer wie einen „normalen 4er Kette AV spielen“ und Halstenberg links dann habe ich prinzipiell einen 4er Ketten aufbau aus einer 5er Kette gebildet.
In sofern brauche ich keine speziellen Spielertypen für ein System sondern ich baue ein System in dem meine speziellen Spielertypen in Rollen spielen in denen sie sich wohl fühlen. Das ist für eine Nationalmannschaft vielleicht noch sinnvoller als im Verein, da man sich hier keine Spieler kaufen kann.
Koom 2. Juli 2021 um 12:44
Ich verstehe dann – abgesehen von der Tuchel-Variante – immer noch nicht die Vorteile einer 3er/5er-Kette gegenüber der Viererkette. Ich seh die eigentlich nur in 2 Punkten bevorteilt:
1.) Eben die Tuchel-Variante als eine Viererkette mit einem Libero drin (jeder kann Libero sein, rückt raus und stört den ballführenden früh).
2.) Bei 2-Stürmer-Systemen auf der Gegenseite matcht das mit den 3 IVs besser als bei einer Viererkette.
Das sind auch die beiden Praxisbeispiele, wo ich auch gute Dreierkettenspiele gesehen habe.
Was seh ich sonst? Schlimm offene Halbräume vor der Fünferkette, öfter schlechteres Abseitsstellen. Und vor allem deutlich schlechteres Offensivspiel der Mannschaft mit der 5er-Reihe.
Ich will da auch keinen „bias“ haben, aber ich verstehe idR nicht, warum und wieso die meisten eine Fünferkette spielen. Insbesondere Teams, die gewinnen wollen.
studdi 2. Juli 2021 um 13:27
Abdecken von Gegnerischen hohen AV oder Wingbacks könnte auch ein vorteil einer 3er/5er Kette sein. Siehe Deutschland Portugal. Selbiges gilt für den Fall das der Gegner mit Abkippenden 6er spielt die AV auch auf diese Wingback Formationen hochschiebt und die Offensive außen in die Halbräume einrücken lässt. So hat ja z.B. Nagelsmann mit seiner 3er Kette am Anfang seiner Hoffenheim Zeit meist die damals Standart 4-2-3-1 Variante der meisten Bundesligisten „gespiegelt“. Baum hatte das auch mal als Grund der aufkommenden 5er Ketten Systeme in einer Folge Taktik Challenge bei Sky so begründet.
Prinzipiell kommt es doch Defensiv nur drauf an welche Räume will ich schließen und wie und wo will ich zugriff erzeugen.
Und wie du sagst es gibt Gut ausgeführte 5er Ketten (dein beispiel Tuchel) aber auch schlechte.
Genau so gibt es aber auch gut ausgeführte 4er Ketten aber eben auch schlechte (beispiel Portugal gegen Deutschland).
Deshalb bin ich eben der meining es gibt keine Formation die einer anderen Überlegen ist, es kommt immer auf die ausführung drauf an.
Es gibt aber auch genug renomierte Trainer die deiner Meinung sind und von 5er Ketten gar nichts halten (Klopp, Sarri) deren genaue begründung ich leider noch nie detailiert gehört habe, weshalb ich die Diskussion hier eigentlich ganz schön finde.
Koom 2. Juli 2021 um 13:36
Würde mich auch mal freuen, wenn SV.de (und Verwandte) sich diesem Thema mal widmen würden. Ich _will_ die Fünferkette nicht scheisse finden, aber ausser von sehr situativen Konstellationen sehe ich nicht ihren Nutzen. Vor allem nicht als „default“-Herangehensweise an ein Spiel (Ausnahme: Tuchel-Kette – aber auch nur als Underdog eher).
studdi 2. Juli 2021 um 14:15
https://spielverlagerung.com/2020/04/08/pressing-traps-available-in-a-3-4-3/
Hier ist mal was wie man mir 3er Kette hoch Pressen kann.
rb 5. Juli 2021 um 09:59
@koom: SV hat sich ausführlich mit der 5er-Kette beschäftigt, als Di Matteo auf Schalke damit gearbeitet hat. Google mal nach ’spielverlagerung di matteo schalke‘ und du findest ein paar spielberichte mit weiterführenden Überlegungen zur 5er-Kette, die vielleicht auch in diesem Zusammenhang hier interessant sein können.
Keine Ahnung, ob sich darin genau dieser Satz findet, aber ich hab damals mitgenommen: Spiel 5er-Kette dann, wenn du zu Null spielen willst und mit herausragender offensiver Stärke (damals bei Schalke: Huntelaar, Choupo-Moting, Boateng) schon irgendwie vorne was reindusselst.
Koom 5. Juli 2021 um 14:02
Danke ihr beiden. Gerade letzteres deckt sich ja schon so mit meinen Gedanken dazu. 😉
Koom 5. Juli 2021 um 15:52
Um mal mir kurz selbsts in den Rücken zu fallen: Viererkette ist das, womit jeder aktuelle Fußballer aufgewachsen ist. Das ist „drin“, das können die im Schlaf abrufen. Aus meiner Sicht funktioniert eine Fünferkette in weiten Teilen sehr anders. Ergo: Wenn die Fünferketten Spieler haben, die ihre Vorteile nutzt, wird sie auch effektiver.
Das ist vermutlich ein Großteil des Problems: Viele spielen die Fünferkette wie eine Viererkette: Auf einer Linie, seitliches Verschieben, Positionhalten. Wie bei der Viererkette: Geht der AV nach vorne, rückt der IV (und der Rest) seitlich nach.
Aber – IMO – wichtiger Part der Fünferkette ist eben, dass man eben flexibler agieren kann. Auch und gerade den 3 Innenleuten ist es erlaubt – ist es verpflichtend – dass sie aus dieser Kette herausgehen und frühzeitiger im Mittelfeld einen Angriff stoppen. DEN Part macht fast keiner dieser Fünferkettenklubs. Und es bleibt dann vor allem lahmendes Offensivspiel und eine Defensive, die nicht merklich stabiler gegebenüber einer Viererkette wäre.
studdi 5. Juli 2021 um 16:40
„Ergo: Wenn dieFünferketten Spieler haben, die Ihre Vorteile nutzt, wird sie auch effektiver.“
Ja aber das gilt ja prinzipiell für alle Formationen das man Spieler und Trainer braucht die Ihre Vorteile nutzten und gegebenfalls an den Gegner anpassen um Vorteile für seine Spielphilosophie zu haben.
Wie du sagst ist es (zumindest im Moment) wohl noch gängiger das man die 5er Kette flexibler nutzen kann. Dies allerdings oftmals nicht tut. 4er Kette ist ja allerdings auch schon lange nicht mehr das Klassiche Format bzw. Unflexible.
Denke das wird auch in Zukunfz immer mehr das Systeme nicht mehr ganz so Star sind und Unflexibel.
Beispiel 4er Kette: Klassisch war ja eigentlich Defensiv 10-15 Meter Absatnd und einach Verschieben zur Seite (Sichelform) im Zentrum rausrücken und hintentran einschieben (dreiecksbildung). Offensiv AV Rücken auf und IV bleiben meist hinten. AV aufrücken wird entweder durch DM abgesichert oder dadurch das nur 1 AV aufrückt.
Mittlerweile wird ja aber Defensiv auch teilweise sehr hoch gepresst von den AV im Angriffspressing werden ja teilweise sie gegnerischen AV schonmal Angelaufen (Liverpool, Roger Schmidt, Man City etc.). Das hat dann mit dem „typischen“ verschieben mit 10-15 Meter Abstand auch nicht eher was zu tun. Könnte man ja teilweise schon als „pendelnde dreierkette“ bezeichnen.
Auch Offensiv gibt es ja dreierkettenbildungen mit AV (Italien) oder einrückende AV („falsche AV“ pep Guardiola). Mit „klassicher“ 4er Kette hat das ja dann auch nichts zu tun.
Ebnso sollte man es auch mit 5er Kette handhaben einfach schauen welche Spieler man wie am besten einbinden kann und dann eben auch auf den Gegner abstimmen.
Koom 5. Juli 2021 um 19:51
Das es nicht nur eine Viererkette gibt, ist ja klar. Das schließt verschieben als auch temporär sich dazu eingliedernde Elemente ein (tiefer 6er).
Am Ende des Tages sehe ich bislang immer noch keinen wirklichen Vorteil der 5er-Kette. Außer, dass man vielleicht einen ziemlich kruden Kader hat, den man nur mit einer Fünferkette irgendwie hinkriegen kann. Bspw. keine Aussenspieler hat, die entweder offensiv richtig viel können, aber defensiv es nicht hinkriegen. Also sowas wie Gosens (und das ist ein Stück weit gemein). Oder auch wenn man generell kein vernünftiges Aufbauspiel als Mannschaft hat und deswegen auf langen Aufbau aus der Kette heraus setzen muss (was dann gut zu den „Schienenspielern“ aussen passen würde). Das ist – bis auf bestimmte Situation (Zweiersturm beim Gegner, eigene Underdogposition) einfach nichts, das ich als eine generelle Spielweise nützlich finden würde.
Und ich finde es auch nicht so erquicklich, mir jetzt extra so einen „Mittelfeldaußen“ zu holen, damit ich Fünferkette spielen kann. Der Mann kann dann außer diesem Ding relativ wenig und wird sich häufig in gegnerischen Systemen finden, wo er einen Gegner vor sich hat (AV), einen hinter sich (AS) und öfter mal noch ein 8er ranrückt.
Studdi 6. Juli 2021 um 08:46
Ja dann ist das mit der spielerwahl vielleicht der springende Punkt.
Als Trainer muss ich mir ja dann die Frage stellen hab ich ein System und kaufe mir dementsprechend die Spieler bzw. Nominiere sie in der Nationalmannschaft. Oder hab ich einen bestimmten spielerpool und muss aus ihm eine Mannschaft „basteln“.
ManCity z.B. kann sich eine Viererkette zusammenkaufen auf einem bestimmten Niveau. Für Freiburg z.B. wird das schon schwieriger. Da muss ich mir dann die Frage stellen wenn ich unbedingt 4er Kette spielen will ob ich einen qualitativ gleichwertigen AV bekomme oder vielleicht lieber den qualitativ besseren wingback kaufe, da er preislich zu haben ist. Müsste man dann überlegen ob es Sinn macht das System zu wechseln.
Jetzt Aktuell z.B. würde ich sagen Belgien hat bei dieser EM den qualitativ besten Kader nur mit 3er Kette auf den Platz bekommen und wenn man 4er Kette hätte spielen wollen wäre der evtl. Vorteil der Formation nicht so hoch gewesen das er die qualitativen Defizite ausgleicht.
Koom 8. Juli 2021 um 14:23
Wobei diese strategische Entscheidung eben auch so eine Sache ist. Wenn dein Sportdirektor furchtbar ist und du damit nur solche Fünferketten spielen kannst, dann ist das auch nicht so gut. Fünferkette ist halt eben eine Krücke, mit der du was zum Laufen bekommen kannst, aber keine mittel- oder gar langfristige Strategie. Zumindest in meinen Augen.
Weil selbst wenn man nen Garanten-Sturm hat, dann schau ich lieber, dass ich die öfter in Position bekomme, stärke das Mittelfeld mit einem Mann mehr dort anstatt in der Fünferkette. Diese Riegel-Rudi-Denkweise kann man mal situativ oder über eine bestimmte Saisonphase machen, aber so richtig gibt es dafür eigentlich keinen Anlaß mehr. Mit Maurer- und Konterfußball kann man kaum einen erschrecken, das machen ja die handelsüblichen 4-2-3-1 oder 4-3-3-Formationen schon gut genug.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 1. Juli 2021 um 23:50
So wie du es ansprichst hat da Tuchel die Vergangenheit in eine gewieftere Gegenwart transfomiert und damit vorbildlich gehandelt.
Das finde ich besonders schön, weil Tuchel anno dazumal bei Mainz 05 mit dem „Spiegeln“ den Pangasius der taktischen Grundformation gewählt hat.
Der „supertiefe Sechser“ entspricht meiner Vorstellung. Die Absicherung ist gegeben und ein Mann bedient als eine Variante des Quarterbacks das sich vor ihm befindende Personal und kann auch im Notfall in eine sich dann entstehende 3-er-Kette rücken.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 2. Juli 2021 um 00:02
@Studdi: Im Spiel nach vorne kann in meinen Augen nur die 4-er-Kette im Vorteil sein.
Ansonsten ist es selbstverständlich jedem Trainer überlassen, was er für sinnvoller hält und jedem Fan überlassen, was er lieber sieht. Das ist dann so, ob ich lieber Trip-Hop oder Indie-Folk höre.
Wann hat Mexiko zuletzt bei einer WM mit einer 3-er-Kette gespielt? Das habe ich persönlich gar nicht mehr im Kopf.
Bei Chile unter Bielsa habe ich Manndeckungen im Kopf, oder habe ich mich da verlesen? Da ist die Kette dann ohnehin keine Kette mehr-weshalb ich mich persönlich immer gegen Manndeckungen wehre-nicht einmal, wenn der 6er den gegnerischen 10er deckt liegt mir das-löst der 10er den 6er aus seiner Position ist der Raum vor der Abwehr für den nächsten gegnerischen Spieler, der in den Raum vor der Abwehr stößt, frei-in diesem Fall ist es aber auch nur meine persönliche Vorstellung und unzählige Trainer würden nur den Kopf schütteln.
studdi 2. Juli 2021 um 09:48
Mexiko bei der WM 2014 und Chile ebenfalls (da war Sampaoli damals Trainer).
Mir persönlich ist es egal ob man mit 4er oder 5er Kette spielt. Ich mag beides und am liebsten sind mir dann Mischformen aus beidem evtl. mit Asymetrien.
Beispiel Italien deren Offensiv Formation eher an eine 3er/5er Kette erinnert Defensiv jedoch eine 4er Kette gespielt wird. Weshalb ich nur nicht mag das man Pauschal sagt die 3er Kette ist per se schlechter als die 4er Kette. Man kann ja eigentlich alle staffelungen aus allen Grundformationen herstellen.
Koom 2. Juli 2021 um 09:50
> Das finde ich besonders schön, weil Tuchel anno dazumal bei Mainz 05 mit dem „Spiegeln“ den Pangasius der taktischen Grundformation gewählt hat.
Schön formuliert. Ich fand es auch gut, dass er genau das auch so erklärt hat: Die gegnerische Formation spiegeln sorgt erst mal für eigene Sicherheit, weil man alle gegnerischen Spieler gut abgedeckt hat. Das hat er vor allem in seiner Anfangszeit öfter gemacht, weil er da wenig Zeit hatte. Und die Ergebnisse waren eindrucksvoll.
Mit ein Grund warum ich über Tuchel niemals ein schlechtes Wort verlieren werde. Nach Klopp nochmal so einen fantastischen Trainer vor Augen zu haben ist unglaublich. Beide auf ihre Art großartig und so wertvoll, auch für die Fans.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 2. Juli 2021 um 00:11
Bei Österreich waren die „verkappten Außenstürmer“ Lainer und Ulmer. Dass sind dann eben auch nach einem Besuch in einem Amsterdamer Coffee-Shop keine verkappten Außenstürmer. Zumindest müssten dann in einem 3-er-Sturm zwei Leute die offensiven Flügel bedienen, um den notwendigen Raum in der gegnerischen Hälfte zu bedienen.
Die EM 2016 ist lange her, aber kann es sein, dass die Waliser Variante von Chris Coleman da mit am Wohltuendsten ist?
Koom 2. Juli 2021 um 09:51
Lainer ist ein „Allesspieler“. Im Grunde auch eine gute Besetzung für den RAV mit Fünferkette. Genau wie Lahm auch für so eine Position großartig wäre (auch wenn er auf anderen Positionen vielleicht wertvoller wäre). „Ganzheitliche“ Kicker sind generell toll.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 4. Juli 2021 um 22:22
Ulmer aber definitiv nicht und Lainer hat dennoch die Laufwege eines Außenverteidigers und nicht die eines offensiven Flügelspielers intus. Wir reden ja immer von Automatismen und wie schwierig es im heutigen Fußball ist, dass Spieler in der Offensive ihre eigenen Freiheiten ausleben.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 30. Juni 2021 um 22:41
Sicher steht die 5-er-Kette vielleicht schon, aber sie ist oft schwerfällig in der Spieleröffnung und schwerfällig in der Verteidigung des Raumes.
Für mich reicht oft schon ein defensiver Mann vor der 4-er-Kette. Selbstverständlich dürfen die FV dann nicht regelmäßig die Eckfahnen abklatschen.
Rinus Michels‘ Personal Fitness Coach 28. Juni 2021 um 22:41
Ja zu Dribblings und ja zum Ausnutzen der eigenen individuellen Qualität, aber dieses Ja ist leider in der jüngeren Geschichte der Elftal nicht mehr so wichtig. In der zweiten Halbzeit gegen die Ukraine waren diese Momente ja noch vorhanden. Das regelmäßige Einsetzen der 5-er-Kette von Beginn an und das auch mit relativ traditionellen Verteidigern, wodurch die Dynamik im Aufbauspiel fehlt, bleibt schwerst zu hinterfragen. Eine Absicherung der Defensive lässt sich auch anders herstellen. Guardiola schafft es ja auch ohne 5-er-Kette und von der 5-er-Kette von Martinez gegen ein besseres Portugal habe ich noch am Abend danach Magenschmerzen. Wenn schon 5-er-Kette, dann mit einem Spieler, der auch jederzeit im defensiven Mittelfeld agieren könnte und somit das Spiel besser nach vorne bringen kann.
In meinen Augen verpasste es auch England im Athletik-Festival gegen Tschechien die eigene individuelle Qualität im Offensivdrittel auszuspielen-Momente in der Anfangsphase ausgenommen.
Gerade bei diesem sehr klarchancen-armen Turnier hätten mehr 1-zu-1-Dribblings eine Nische sein können.
tobit 29. Juni 2021 um 17:44
Naja, so klassisch ist ein Daley Blind jetzt nicht. Er kann sehr klassisch spielen, wenn man das von ihm verlangt. Er kann aber eben auch jederzeit vor der Abwehr oder (nicht mehr so stark wie früher) auf dem Flügel agieren. Bei de Vrij und de Ligt hast du nicht unrecht, die sind beide als Mittelmann am besten aufgehoben. Insbesondere de Vrij ist überhaupt kein Halbverteidiger.
Ein Faktor war aber sicherlich auch die sehr konservative Flügelbesetzung mit gelernten AV auf beiden Seiten (Dumfries kommt da sehr gut zur Geltung). Da gab es in den letzten Jahren Spiele mit Promes oder anderen gelernten Außenstürmern auf der linken Seite die wesentlich vielversprechender aussahen, weil die 3er-Kette dahinter breiter auffächerte. Oder es wurde nur mit zwei ZMs und dafür drei Angreifern gespielt, oder sogar beides.