Starke Bayern lassen Leverkusen keine Chance

2:6

Bayern zieht gegen Bayer ins DFB-Pokal-Finale ein. Auch wenn die Münchner momentan nichts außerordentlich Besonderes machen, machen sie das, was sie machen, doch außerordentlich gut.

Bereits nach neun Minuten führten die Bayern mit zwei Toren von Lewandowski, bis Lars Bender in der 16. Minute nach einem Standard per Kopf verkürzen konnte. Vor der Pause und zu Beginn der zweiten Halbzeit konnte sich Bayern dann zunächst zwei Mal bei Ulreich bedanken, der gute Leverkusener Chancen entschärfte, ehe die Münchner ihre Möglichkeiten in der 52., 60. und 63. Minute nutzten, um nach Toren von Müller, Thiago und wieder Müller davonzuziehen. Der Anschlusstreffer von Bailey durch einen stark getretenen Freistoß in der 72. Minute änderte nichts mehr, auch weil Müller in der 78. Minute sein drittes Tor erzielte.

Alle wesentlichen Punkte aus taktischer Hinsicht im Überblick:

  • Bayern nutzte einen Fokus auf Dribblings der Flügelspieler und Durchbrüche über die Außen um zu Torchancen zu kommen und Leverkusen nach hinten zu drängen.
  • Die Grundposition von Thiago, Martinez und den beiden Außenverteidigern beim Bespielen der Leverkusener an deren Strafraum führte dazu, dass Bayern im defensiven Umschaltmoment weitestgehend stabil auftrat.
  • Bayerns teilweise passive und kompakte Spielweise gegen den Ball und der im vorherigen Punkt genannte Aspekt bzgl. des offensiven Leverkusener Umschaltmomentes raubten Bayer die Durchschlagskraft aus dem Spiel heraus.
  • Leverkusens Umstellung der Grundordnung zu Beginn der zweiten Halbzeit führte dazu, dass Bayern das Spiel in kürzester Zeit entscheiden konnte.

Bayer gegen den Ball: Einmal 4-4-2 von der Stange bitte!

Gegen den Ball nutzte Leverkusen eine 4-4-2-Grundordnung, in welcher der Zehner Havertz neben Stürmer Volland rückte. Diese interpretierte man grundsätzlich als Mittelfeldpressing. Je nach Situation agierte entweder Volland oder Havertz höher, während sich der jeweils andere lose an Martinez orientierte, um diesen im Spielaufbau zuzustellen. Brandt und Bellarabi auf den beiden Außenpositionen rückten zur Mitte und hielten Bindung zu den beiden Sechsern Aranguiz und Baumgartlinger.

Grundsätzlich lief jeweils der ballnahe Stürmer seinen direkten Gegenspieler – den ballführenden Innenverteidiger – an um einfache Anspiele nach vorne zu verhindern. Anspiele auf die Außenverteidiger oder bei Wechselpässen zwischen den beiden Innenverteidigern nutzte Leverkusen dann als Pressingtrigger, um blitzschnell nach vorne zu rücken und ins Angriffspressing zu wechseln.

Bayern mit Ball: Fokus auf Durchbrüche über Außen

Aufstellungen und Offensivmuster zu Spielbeginn.

Im Wesentlichen organisierten sich die Bayern in einer 4-1-4-1-Grundordnung. Martinez agierte dabei als einziger Sechser vor der Abwehr und orientierte sich im Spielaufbau in die Nähe der beiden Innenverteidiger Boateng und Hummels. Im Angriffs- und Übergangsspiel hielt er die Mitte besetzt, um als tiefe Anspielstation in der Ballzirkulation zu fungieren. Mit Thiago und Müller gab es zwei nominelle Achter, deren Rollen aber unterschiedlich ausgelegt waren. Während Thiago im Aufbau vornehmlich in den tiefen linken Halbraum zwischen Hummels und Alaba zurückfiel, pendelte Müller im rechten Halbraum häufig zwischen den Linien, um sich dort anspielbar zu machen. Im Angriffsspiel nahm Müller dann häufig hohe und tornahe Positionen ein, um nach Zuspielen in den Strafraum parat zu stehen, während Thiagos aufrückende Läufe eher nachstoßender Natur waren. Seine Aufgabe im Angriffsspiel war die Aufrechterhaltung der Ballzirkulation.

Ribery und Robben starteten ihre Bewegungen grundsätzlich aus einer breiten Position, um häufig in direkte Duelle gegen die Leverkusener Außenverteidiger Retsos und Lars Bender zu kommen. Je nach Dynamik der Dribblings von Ribery und Robben rückten Alaba und Kimmich auf den beiden Außenverteidigerpositionen im Halbraum vor oder hinterliefen die beiden Flügelspieler. In jedem Fall gab es von beiden häufig nachstoßende Läufe zu sehen; grundsätzlich hohe Positionen, um die Breite im letzten Drittel herzustellen, dagegen eher weniger. Stattdessen rückten die beiden dann im Halbraum im Stile falscher Außenverteidiger nach vorne.

Im Sturmzentrum agierte Lewandowski situativ zurückfallend, um im Übergangsspiel als kurze Anspielstation zu fungieren, orientierte sich aber ansonsten vermehrt ins Sturmzentrum, um als Abnehmer für Flanken bereitzustehen.

Im Spiel mit Ball fokussierten die Bayern nämlich Dribblings von Robben und Ribery, um zum einen Durchbrüche nach Vorstößen zur Grundlinie oder nach Flanken vorzubereiten, und Leverkusen zum anderen in tiefe Positionierungen zu zwingen, aus denen man selbst Bayers Umschaltangriffe besser kontrollieren konnte. Bezüglich des letzten Aspektes waren vermutlich auch die Rollen von Thiago und Martinez sowie der beiden Außenverteidiger abgestimmt.

Bayer mit Ball: Rechtslastigkeit und Umschaltangriffe als Mittel der Wahl

Wie zu erwarten: Leverkusen verlegte sich im Spiel nach vorne in erster Linie auf Umschaltangriffe über die schnellen Brandt, Volland, Havertz und Bellarabi. Aus tiefen Abwehrstaffelungen versuchte Leverkusen dabei die Angriffe meist in zwei Wellen zu spielen. Damit ist gemeint, dass nach Ballgewinnen zunächst Volland den Ball erhielt, diesen dann auf die nachrückenden Spieler ablegte und erst anschließend das Attackieren der Tiefe hinter Bayerns Abwehrkette passierte.

Weil Bayern über weite Strecken der Partie Mittelfeldpressing gegen den Ball spielte, hatte Leverkusen aber auch einige Ballbesitzphasen. In diesen orientierten sich Baumgartlinger und Aranguiz tief und in die Nähe der Innenverteidiger. Aranguiz kippte dabei häufig linksseitig ab. Retsos und Lars Bender auf den Außenverteidigerpositionen rückten in diesen statischen Situationen nach vorne auf, um die Breite im letzten Drittel zu geben, und ermöglichten Brandt und Bellarabi zur Mitte in den Halbraum zu rücken, wo sie sich im Zwischenlinienraum auf Lücke bewegten.

Bayern gegen den Ball: Lass Bayer doch kommen!

Die Münchner behielten die 4-1-4-1-Grundordnung aus dem Spiel mit Ball auch im Spiel gegen den Ball bei. Ließ Bayer den Ball zirkulieren, rückten Thiago und Müller ballnah jeweils neben Lewandowski heraus, um so Leverkusens Innenverteidiger oder die beiden gegnerischen Sechser im Aufbau- bzw. Übergangsspiel zu stören. Martinez hielt grundsätzlich Bindung zur Kette bzw. orientierte sich an Havertz und verteidigte dessen Zurückfallen erst mit dem Anspiel.

Situativ rückten aber auch die Bayern nach vorne auf: Dann waren es häufig Robben und Ribery, die Retsos und Bender in ihren Deckungsschatten nahmen und so einen der beiden Leverkusener Innenverteidiger anliefen und nach innen steuerten. In der Regel rückte aber Lewandowski als erster nach vorne, wobei Thiago leicht tiefer und versetzt die Schnittstelle zwischen den beiden kontrollierte, um das Zentrum nicht bespielbar zu machen. Müller orientierte sich in diesen Situationen am Mann, Martinez an der eigenen Kette, sodass entsprechend 4-1-3-2-Staffelungen zu beobachten waren.

Bayers Umstellung zur Halbzeit und Anpassung durch Bayern

Nach der Pause kam bei Leverkusen Bailey für Retsos. Im Zuge dessen änderte Herrlich die Grundordnung hin zu einem 5-2-1-2. Dabei rückte Bailey auf die Position des linken Flügelverteidigers, während Brandt diese Rolle auf der rechten Seite zukam. Bellarabi wechselte auf die Position des rechten Stürmers, Volland auf die des linken Stürmers. Havertz agierte im Zentrum weiterhin als Zehner. Im Spiel mit Ball verlegte sich Leverkusen anschließend auf das Spiel mit zweiten Bällen in den 2-1-1-Block und einfaches Aufrücken über die Flügel.

Im Spiel gegen den Ball wollte man über die veränderte Grundordnung zum einen wohl mehr Zugriff auf die Dribblings und Durchbruchversuche der Bayern über Robben und Ribery bekommen, was grundsätzlich auch gelang. Weil Thiago nun allerdings tiefer agierte und Bayern damit nominell in einer 4-2-3-1-Grundordnung auflief, bekam Bayer kaum noch Zugriff auf die Münchner im Übergangsspiel. Thiago und Martinez rückten nämlich beide ballnah weit mit auf den Flügel und unterstützten dort die Ballzirkulation bzw. banden diese nach hinten an die Innenverteidiger an. Diagonale Attacken der Münchner vom Flügel in den Zwischenlinienraum konnte Bayer so nicht dauerhaft verhindern. Zum anderen wollte man im Zentrum mehr direkte Zuordnungen herstellen, vor allem um die Bayern im Aufbau früher und konsequenter unter Druck zu setzen.

Um die 70. Minute änderte Herrlich nach drei Gegentreffern die Grundordnung wieder, hin zum 4-4-2 vom Anfang der Partie.

Fazit

Die Bayern befinden sich momentan in starker Form: Neben der Tatsache, dass die taktischen Grundmuster erfolgsstabil abgerufen werden, überzeugen die Münchner vor allem durch die Form ihrer Einzelspieler. Dabei bezieht sich dieser Aspekt nicht nur auf die Aktionen mit Ball, sondern auf weitere Punkte, wie das individual- und gruppentaktische Verhalten im Spiel mit und gegen den Ball, sowie die mentale Frische in offensiven und defensiven Umschaltsituationen. Gegen diese Bayern war eine eigentlich solide Leverkusener Leistung einfach nicht ausreichend.

Isabella 21. April 2018 um 19:17

Erstmal ein Kompliment an RT, der mMn die wichtigsten Aspekte des Spiels sehr gut erklärt hat. Die Analyse war wirklich leicht zu lesen und sehr aufschlussreich. Wahrscheinlich die beste Analyse, die ich seit einer Weile gelesen habe.
Kann man nach diesem Spiel davon ausgehen, dass Martinez und Thiago die Doppelsechs gegen Real bilden werden? Ich fand diese beiden schon länger recht gut abgestimmt, bin mir aber nun nicht sicher, ob und für wen ich James in die Startelf stellen würde. Eventuell für Robben, damit er invers spielen und abschließen kann? Für Ribery eventuell? Oder sollte man Robbery spielen und James draußen lassen? Wäre für mich eigentlich eine Verschwendung, aber am Mittelfeld würde ich als Jupp nicht mehr viel ändern, zumindest wenn man Müller unbedingt spielen lassen will, was er auf jeden Fall tun wird.

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Daniel 21. April 2018 um 23:23

Thiago hat heute 90 Minuten gegen Hannover durchgespielt. Das könnte im Rahmen von Heynckes Belastungssteuerung dagegen sprechen, dass er am Mittwoch beginnt, kann aber auch ein Bluff sein. Davon ausgehen würd ich jetzt erstmal noch nicht. James sollte auf jeden Fall in der Startelf stehen, am besten wohl für Robben. Dann könnte er auf dem rechten Flügel mit Müller rotieren. Robben könnte als Joker größeren Effekt haben, wenn die gegnerischen Abwehr schon ne gute Stunde in den Knochen kommt er vielleicht nochmal durch. Ansonsten ging von ihm in den letzten Wochen leider wenig Gefahr aus, obwohl sehr viele Angriffe über ihn gespielt werden.

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CHR4 22. April 2018 um 02:07

die Aufstellung für Mittwoch dürfte wie folgt aussehen:

FCB:
—————–Robert———————-
Franck————–Thomas——Arjen
———-Thiago——Javi——————-
David—–Mats——Jérôme—Joshua
———————Sven———————-

Backups/Optionen:
ST: Sandro,
OM: James (wird höchstwahrscheinlich reinkommen),
ZM: Corentin,
DM: Sebastian,
IV: Niklas,
AV: Rafinha,
TW: Tom

James ist der einzige dem ich da ne Chance auf die Startelf gebe und ich bin froh, dass in der Crunchtime solche offensive Optionen endlich mal vorhanden sind. Kingsley fehlt natürlich, aber Franck hat ja zum richtigen Zeitpunkt seine Form gefunden. Franck und Arjen werden auch sehr viel defensiv leisten müssen und das auch tun, wenn da dann das Tempo runter geht, kommt dann James rein. Mitentscheidend dürfte werden, wieviel Thiago defensiv bringen kann …

Real erwarte ich folgendermaßen:
———-CR7—-Benzema————–
—————–Isco————————
——–Kroos——Modric————–
—————Casemiro——————
Marcelo-Ramos-Varane-Carvajal
——————Navas——————–

Backups/Optionen:
ST: Vazquez
OA: Asensio, Bale
DM: Kovacic
IV: Nacho
AV: Hernández (Hakimi)
TW: Casilla

Ich rechne mit 2 offensiven Wechseln (Bale und Asensio).

Ich erwarte zwei enge Spiele, nach denen hoffentlich hauptsächlich über die Taktik beider Teams zu sprechen sein wird!

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rb 24. April 2018 um 11:44

die real-profis haben dir noch nicht das „du“ angeboten, nicht mal toni? 😉

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CHR4 25. April 2018 um 00:23

mir hat niemand das „du“ angeboten 😀 – das war nur ne Spielerei, weil vorm Viertelfinale Beschwerden kamen, als ich die Namen abgekürzt habe 😉
—————RL———–
FR————-TM—–AR
———TA——JM——-
DA–MH—-JB——JK–
———–SU————–
war wohl zu schwer leserlich, dem wollte ich Rechnung tragen 🙂

wenn es ein Finale mit bayrischer Beteiligung gibt, nehm ich mir dann auch die Zeit alle Namen mit Anrede hinzuschreiben ala
——Herr Doktor Lewandowski—–
… 😛

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Petra 18. April 2018 um 20:12

Beim 1:3 war schön zu sehen, was passiert, wenn eine Mannschaft auf 3/5er-Kette umstellt, das entsprechende Verteidigungsverhalten in letzter Linie aber schon länger nicht mehr Trainingsinhalt war. Tah rückt von halblinks ohne Not weit ein, die Abstände zwischen den einzelnen Innenverteidigern sind viel zu eng, während Baily links außen noch Breitengeber Robben bewacht; Müller stößt in das riesige Loch zwischen Tah und Baily vor und das Spiel ist endgültig durch. Ich hab jedenfalls Herrlichs Umstellung nicht nachvollziehen können.

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