TEs Bundesliga-Check: Abstiegsoffensive statt Abstiegskampf

Selbst wenn man daran glaubt, dass man im Tabellenkeller Kampf und defensive Stabilität benötigt: In dieser Saison funktioniert dieser Ansatz nicht. TE erklärt an den Beispielen Köln und Bremen, warum das so ist.

Spielverlagerung-Autor TE sucht sich nach jedem Bundesliga-Spieltag zwei bis drei Aspekte heraus, die er kurz und knackig analysiert. TEs Bundesliga-Check ist der Analysehappen für Zwischendurch – eine Spielwiese für taktische Beobachtungen, die in den ausführlichen Spielanalysen keinen Platz finden.

Die ominöse Gesamtsituation

Wir haben eine sehr, sehr seltsame Tabellensituation in der Bundesliga. Vor diesem Spieltag standen Werder Bremen und der 1. FC Köln mit fünf bzw. zwei Zählern abgeschlagen am Tabellenende. Sie spielen, so viel steht nach einem Drittel der Saison fest, gegen den Abstieg. Nun müsste man meinen, dass die alte Abstiegsweisheit greift: zunächst defensiv stabil stehen, aus dieser Ordnung Unentschieden und damit Selbstvertrauen erkämpfen, dann irgendwann wieder gewinnen.

Nur funktioniert diese Denkweise in dieser Saison nicht.

Das hat sehr viel mit der erwähnten seltsamen Tabellensituation zu tun. Wir haben einen einsam davonziehenden Spitzenreiter, vier Teams im tiefsten Schlamassel – und dazwischen ein riesig aufgeblähtes Mittelfeld. Teams, denen vor der Saison Abstiegskampf vorausgesagt wurde, ballen sich in diesen Mittelfeld: Frankfurt (19), Hannover (18), Augsburg (16), Stuttgart (16), Mainz (15). Sie befinden sich in der beneidenswerten Situation, über den Erwartungen gepunktet zu haben. Sie müssen nicht mit der Devise in Partien gehen, dass sie unbedingt einen Sieg brauchen. Schon gar nicht gegen Teams, die wirklich im Schlamassel stecken.

Das ist die Krux für Köln und Bremen und auch ein Stück weit für Hamburg und Freiburg: Fast jede Woche treffen sie auf Gegner, die keinen Grund sehen, die Initiative zu übernehmen. Die das Spiel nicht in die Handnehmen wollen, sondern sich ganz auf ihre defensiven Anpassungen verlassen. Meist sind dies Spiegelungen der gegnerischen Formation.

Dadurch entstehen zunächst seltsam anmutedende Partien: Der Tabellen-13., Mainz, bringt beim Heimspiel gegen den Tabellen-18. aus Köln nicht mehr Spieler vor den Ball als nötig. Der Tabellen-6. spiegelt gar die Formation des Tabellen-17., um einen defensiven Vorteil zu haben; eine Taktik, die Mainz vor einigen Jahren unter Thomas Tuchel populär machte, aber damals unter der Maßgabe, die Großen auf ihr eigenes Niveau herunterzuziehen. Jetzt nutzt es der klar besser punktende Verein (zugegebenermaßen ein Aufsteiger), um gegen einen formschwachen Absteiger zu punkten. Willkommen in der Bundesliga 2017.

Köln: Flanken alleine genügen nicht

Aber gehen wir einen Schritt zurück. Was war passiert am Wochenende bei den beiden Schlusslichtern der Tabelle? Köln hatte in den vergangen Wochen unter Peter Stöger als Motto ausgerufen: „Back to the basics!“ Man wolle die defensive Stabilität wieder stärker in den Vordergrund stellen.

Kölner Formation gegen Mainz

Köln kehrte zurück zum klassischen 4-4-2: Zwei Viererketten sollen eine kompakte und stabile Defensive garantieren. Im Angriff sollen die Stürmer vor allem in den Strafraum gehen. Impulse im Spiel nach vorne sollen über Konter oder über Flügelangriffe kommen.

Das Problem in Halbzeit 1: Mainz rückte gar nicht weit genug vor, damit Köln Konterangriffe spielen konnte. Mainz sicherte die eigenen Angriffe mit sechs bis sieben Spielern ab. In die zweite Linie spielten sie eher selten, sondern versuchten direkt hinter die Abwehr zu gelangen oder über die Flügel zu kommen. Gute Ballgewinne waren für die solide verteidigenden Kölner rar, ein Spiel mit wenig Chancen entstand.

Das Problem in Halbzeit 2: Mit der Führung im Rücken konnte sich Mainz in einer 4-1-4-1-Ordnung in die eigene Hälfte zurückziehen. Kölns gesamter „Back to the Basics“-Ansatz funktionierte nicht mehr nach der (zugegebenermaßen katastrophalen) Fehlentscheidung des Videoassistenten und dem daraus resultierenden Elfmeter-Tor.

Mit der Einwechslung Bittencourts gab es die zuletzt häufig beobachtbare Asymmetrie zu erkennen: Die linke Seite soll Chancen einleiten und Flanken in den Strafraum bringen, die rechte Seite soll diese Ansätze veredeln. Es brachte wenig bis auf zahllose Flanken und viele Ballgewinne der kopfballstarken Mainz-Abwehr.

Das ist das Problem der Kölner: Ihr Ansatz, sich auf die Kernkompetenzen Verschieben, Ballgewinnen, Kontern zu konzentrieren, mag der alten Abstiegskampf-Logik nach richtig sein. Doch es gibt praktisch keinen Gegner in der Bundesliga, der aktuell gegen Köln antritt und unbedingt einen Sieg braucht. Es sind die Kölner, die diese Siege brauchen – und mit ihrer Taktik gar nicht aus eigener Kraft erreichen können.

Werder: Plötzlich offensiv

Werder Bremen ging bis vor einigen Spieltagen einen ähnlichen Weg. Auch Alexander Nouri betonte, dass zunächst die Null stehen müsste. Seine taktischen Pläne sollten dafür sorgen, dass Bremen Mannorientierungen in Mittelfeld und Angriff herstellen kann. Bei eigenen Angriffen agierte Bremen eher vorsichtig, sicherte stets gut ab. Das Problem: Die Gegner überließen Nouris Werder einfach den Ball, sie hatten den Sieg ja schließlich weniger nötig als Nouris Elf.

Bremens Formation gegen Hannover

Florian Kohfeldt wagt den harten Reset. Seine Bremer agieren merklich offensiver, bringen wesentlich mehr Spieler vor den Ball als unter Nouri. Nominell setzt er auf ein 4-3-3, das jedoch einige interessante Kniffe parat hat: Defensiv wird dieses 4-3-3 zu einem 4-4-2, wodurch man zwei kompakte Viererketten gegen den Ball aufbauen kann. So kann man Stabilität herstellen – siehe Köln.

Interessanter ist, was Bremen mit dem Ball anstellt. Max Kruse lässt sich als Stürmer häufig zurückfallen oder weicht aus. Die Außenstürmer Zlatko Junuzovic und Fin Bartels spielen eher tororientierte Rollen statt den klassischen Flügelstürmer zu mimen. Bremens Formation erinnert daher in der Praxis eher an eine Raute mit Kruse als Zehner und Junuzovic und Bartels als Halbstürmer.

Hannover machte nun das, was sie so häufig in dieser Saison machten: Sie spiegelten die Formation des Gegners. Sie traten selbst mit einer Raute an, um der improvisierten Raute der Bremer etwas entgegenzuhalten. Der Aufsteiger, immerhin Tabellensechster vor dem Spieltag, wählte damit eine strategisch defensive Variante gegen den Tabellenvorletzten. Eine ähnliche Ausgangslage wie in Mainz also.

Der große Unterschied war, dass Bremen sich nicht auf defensive Stabilität versteifte. Die Außenverteidiger und Achter rückten weit nach vorne, um Anspielstationen in der gegnerischen Hälfte zu kreieren. Vor allem Gebre Selassie nutzte die Freiheiten auf dem Flügel gegen die gegnerische Raute, um immer wieder durchzubrechen. Es war eine strategisch gänzlich andere Herangehensweise, als man von einem klassischen Team im Abstiegskampf vermutet hätte.

Es funktionierte, auch dank kräftiger Unterstützung durch schwache Hannoveraner. Nach der Pause konnte Bremen mit der Führung im Rücken das tun, was ein Abstiegskandidat eigentlich so tut: Sie konterten Hannover aus einem stabilen 4-4-2 heraus aus. Das wäre aber nicht möglich gewesen, hätte man nicht in der ersten Halbzeit offensiv agiert und das 1:0 erzwungen.

Die Moral von der Geschicht‘: Wagt etwas, Abstiegskandidaten! Anders kann man in dieser Gesamtsituation den unteren Tabellenrängen aktuell schwer entfliehen.

Ausführliche Analysen des zwölften Spieltags

VfB Stuttgart – Borussia Dortmund 2:1
TSG Hoffenheim – Eintracht Frankfurt 1:1
Hertha BSC – Borussia M’Gladbach 2:4

Pelle Lundkvist 25. Dezember 2017 um 16:24

TE hat uebrigens auf 11freunde eine Zusammenfassung der Taktiktrends der Hinrunde geschrieben: https://www.11freunde.de/artikel/das-sind-die-taktik-trends-der-hinrunde

Antworten

koom 24. November 2017 um 13:32

These: Deutsche Teams verteidigen gut, aber berechenbar und greifen sehr schlecht an.

Um das ganze mal zu elaborieren: Es ist auffällig, wie gerade die EL-Mannschaften aus Deutschland abschneiden. Insbesondere Hoffenheim „underperformed“ sehr und eigentlich ist das Team in der Bundesliga relativ gefestigt und gut.

Ich fürchte aber, dass wir „wegen“ Klopp den Fußball zu sehr in eine Lauf- und Kampfsportart entwickelt haben. Offensive Qualität in Form von Dribblings, Abschlüssen und auch gerade Standardsituationen empfinde ich durch die Bank als schwach. Da schließe ich sogar die Bayern mit ein. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Neutralisieren des Gegners, mit welchen Mitteln auch immer. Neuerdings Mannorientierungen. Eigene Offensivideen sind eher sporadisch zu finden und beschränken sich oft auf hektisches Umschalten und „Glücksspiel“.

Bei ausländischen Teams scheint mir der Fokus für die Offensive wesentlich besser zu sein. Die Abschlussqualität selbst bei vermeintlichen schlechten Teams ist höher und zwingender, zumindest im Vergleich zu deutschen Teams.

Wie seht ihr das so? Ist das ein Trugschluss und Momentaufnahme? Ich finde selbst in der Bundesliga die individuelle Klasse in der Offensive oft dürftig. Es kommt selten vor, dass richtig gute Torschüsse, gerne auch mal aus 20m abgefeuert werden.

Antworten

Daniel 24. November 2017 um 14:06

Seh das auch so…nur find ich jetzt grad Hoffenheim kein gutes Beispiel. Hoffenheim ist meiner Beobachtung nach kein Team, das schlecht angreift und gut verteidigt, sondern eigentlich eher andersrum (zumindest nach Buli-Maßstäben). Auf Hertha, Köln, Bayern und die meisten anderen Teams trifft deine Beschreibung denk ich ziemlich exakt zu, auf Hoffenheim eher weniger.
Woran es dann bei Hoffenheim liegt? Schwer zu sagen, aber ich würd da jetzt mal ein paar Faktoren einfach reinwerfen: Nagelsmann ist ein Trainer, der sich gut an den Gegner anpasst und dabei auch regelmäßig seine Startelf verändert. Dafür braucht er Zeit, um den Gegner zu scouten und vor allem, um seine jeweiligen Anpassungen den Spielern zu vermitteln. Tedesco hat ja in seinem Interview gut erklärt, wie sowas funktioniert: der Trainer überlegt sich Maßnahmen, erklärt sie seinen Spielern, übt sie im Training und passt sie dann gegebenenfalls nochmal an. Für diesen Prozess hatte Nagelsmann letztes Jahr eine Woche Zeit, jetzt ist regelmäßig eine Europapokalwoche dazwischen, in denen sich die spezifische Trainingszeit für einen Gegner auf ein bis maximal zwei Tage verkürzt. Klar, dass da dann die Qualität leidet. Das ist in meinen Augen der größere Faktor als die oft beschworenen „fehlenden Kräfte“ durch die Dreifachbelastung.
Ein anderer, grad für Hoffenheim wichtiger Punkt ist von dir schon genannt worden: individuelle Klasse. Viele Spieler Hoffenheims sind noch sehr jung (Amiri, Demirbay, Geiger, Gnabry), die älteren sind halt nicht wirklich Leute aus dem oberen Regal (mit Ausnahme vielleicht von Uth und Kramaric). Ohne jetzt Leuten wie Vogt, Bicakcic oder Wagner zu nahe treten zu wollen sind das halt Spieler, die von Nagelsmann optimal eingebunden werden und deshalb oftmals besser erscheinen als sie eigentlich sind. Das sind Spieler einer Güteklasse, wie sie bei beinahe jedem anderen Bundesligisten auch spielen und meist nicht weiter auffallen. Die einzigen individuell wirklich richtig guten Spieler der Vorsaison waren Süle und Rudy…und die sind jetzt weg.

Aber wie gesagt: ansonsten volle Zustimmung. Mit Ausnahme von Dortmund, Hoffenheim und Leverkusen (seit dieser Saison) würde ich eigentlich keinem Bundesligisten einen Fokus auf die Offensive bescheinigen. Wobei die jeweiligen Gründe meist etwas anders gelagert sind: viele Teams konzentrieren sich von der Spielidee her auf die Defensive, andere eher vom Kader. Das Extrembeispiel für letzteres ist sicherlich der FC Bayern, dessen Kader spätestens jetzt nach der Thiago-Verletzung eigentlich nur für Catenaccio geeignet ist. Das Team, dass den Spagat momentan am besten hinbekommt, ist in meinen Augen RB Leipzig. Dafür gibt es mit Dortmund momentan nur einen Bundesligisten, der in die andere Richtung unausgewogen ist, was auch nicht besser ist.

Antworten

Schorsch 24. November 2017 um 19:59

Hoffenheim hat sich mMn in dieser EL-Gruppenphase nicht sehr viel von den anderen deutschen Teams unterschieden. Was mir aufgefallen ist: Die deutschen Teams lassen sich mit schöner Regelmäßigkeit auskontern. Sowohl Braga, als auch Bilbao haben gestern gnadenlos ihre Konterchancen genutzt. Weder die TSG, noch Hertha haben ein schlechtes Spiel abgeliefert, eher im Gegenteil. Und ich meine, dass auch in den vorherigen Spielen die deutschen Clubs immer wieder ausgekontert wurden. Im Prinzip gilt dies auch für den BVB in fast allen Spielen, und zumindest am Mittwoch für den FC Bayern, der dann schließlich doch noch gewann. Weil’s die Bayern sind… 😉

Antworten

Koom 24. November 2017 um 20:45

„Auskontern“ ist ja an sich ok, gibts in der Bundesliga so auch. Aber da greift eben mein Gedankenansatz, dass die Abschlussqualität von den nicht-deutschen Teams dann höher ist. Zu Kontern kommt es hierzulande auch reichlich, aber da fliegen die Bälle teilweise kläglich vorbei.

Antworten

Schorsch 25. November 2017 um 14:20

Wobei dies durchaus auch daran liegen kann, dass die Konter nicht richtig ausgespielt bzw. nicht präzise genug vorbereitet und durchgeführt werden. Die Abschlusspositionen werden somit ungünstiger und so steigt auch die Fehlabschlussquote. Richtig gut Kontern ist eine nicht zu unterschätzende Klasse für sich.

Antworten

koom 27. November 2017 um 15:32

Absolut. Kann man auch trainieren. Das wirds IMO aber nur sehr wenig. Es kommt in fast jedem Spiel zu 3-4 Überzahlsituationen, die dann wirklich richtig kläglich ausgespielt werden, weil zu früh zu schlecht zu krz oder zu weit gepasst wird, die Ballannahme dann noch kacke war etc. Natürlich sind Bundesligateams auch ganz gut gegen solche Überzahlsituationen trainiert, aber das ist eben nur eine Hälfte der Wahrheit.

Daniel 24. November 2017 um 14:44

Nichtsdestotrotz ist dieses taktische Problem in meinen Augen das nachgeordnete. Letztlich ist das Problem der Buli die geradezu lächerliche finanzielle Unterlegenheit. In den letzten Jahren haben folgende Spieler die Buli verlassen: Kroos, de Bruyne, Gündogan, Christensen, Mkhitaryan, Xhaka, Dembélé, Ricardo Rodriguez, ter Stegen, Chicharito, Sané, Douglas Costa, Modeste, Rüdiger, Özil, Firmino, Calhanoglu, Trapp, Mandzukic, Carvajal, Draxler, Lahm, Alonso, Höwedes. Im kommenden Sommer wird mindestens Keita hinzukommen, wahrscheinlich mehr. Wer ist in der Zwischenzeit so von außen gekommen? Tolisso, Yarmolenko, Bartra, Coke, James, Vidal, Coman, mehr wirklich gutes fällt mir jetzt nicht ein. Die Bundesliga ist zur Ausbildungsliga für England, Spanien, Paris, Turin geworden. Die meisten Vereine können nichts dagegen machen, Dortmund und Bayern könnten, wollen aber nicht. Letztendlich muss man wohl akzeptieren, dass der Weg der Buli dorthin führen wird, wo beispielsweise die holländische Liga bereits ist. Oder man kippt 50+1. Eine dritte Möglichkeit seh ich nicht.

Antworten

koom 24. November 2017 um 15:05

Das Geld scheint mir aber auch nur eine Hälfte des Problems zu sein (wenn überhaupt). Jeder Bundesligaklub hat vermutlich mehr Geld zur Verfügung als die diversen Europaliga-Gegner. Ich sehe da eher das Problem des Anspruchs. Offensivspieler werden teilweise ja nur eingesetzt, wenn sie Pressingabläufe gut beherrschen und die Taktik draufhaben – ihre Kernkompetenz (Tore schießen) scheint da oft zweitrangig zu sein. Dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn man eine zwar fleissige, aber harmlose Offensive sich zusammenbaut.

Natürlich gewinnen die anderen EL-Mannschaften jetzt auch nicht alles. Die scheitern dann schon letztlich an der höheren Qualität ihrer (meist spanischen) Gegner. Aber warum rumänische und aserbaidschanische etc. Mannschaften deutsche Vereinsmannschaften regelmässig besiegen erscheint mir woanders begründet zu sein als nur am Geld. Eher wird falsch eingekauft, weil die Bundesliga doch sehr eine Liga des Rennens und Kämpfens ist.

Etwas böse weitergedacht: Wir sehen in der Bundesliga ein bisserl Rangnicks These vom Sportstudio: 10 Leichtathleten, die Fußball spielen. Ich finde, wir haben kaum Stürmer mit eindeutigen Qualitäten (Kopfball, Abschluss, Dribbling), kaum Verteidiger, die wirklich im defensiven Zweikampf sehr gut sind. Natürlich gibt es Gegenbeispiele, aber die erscheinen mir sehr rar. Werner ist auf einem sehr guten, ein brillianter Stürmer zu werden. Aber dahinter? Gomez empfinde ich noch als echten Stürmer auf hohem Niveau, mit hoher Qualität im Strafraum. Aber danach wirds schon sehr mittelmässig. Auch bei den Verteidigern: Wir haben zwar Hummels und Boateng. Aber beide sind aus meiner Sicht keine Verteidiger die in der Defensive wirklich Weltklasse sind. Sie bereinigen viel mit gutem Stellungsspiel, glänzen über sehr gute Aufbaupässe, aber in recht schöner Regelmässigkeit werden sie dann doch von Topstürmern vernascht, wenn nicht alles perfekt läuft.

Anders gesagt: Auf jeder Position, auf der es klare Nennwerte gibt, die einen Spieler zur Weltklasse machen, haben wir eher wenige oder keine. Im Mittelfeld, wo es oft auf Allroundfähigkeiten ankommt, haben wir ein Überangebot.

Antworten

Daniel 24. November 2017 um 15:28

Würd jetzt nicht drauf wetten, dass die deutschen Teams mehr Geld haben als ihre Konkurrenten. Weiß nicht für jeden Verein wie das aussieht, aber z.B. Istanbul Basaksehir kennt zwar hierzulande kein Mensch, aber die sind Erdogans Lieblingsklub und haben richtig Geld zur Verfügung. Entsprechend hat der Kader einige gute Spieler.

„Offensivspieler werden teilweise ja nur eingesetzt, wenn sie Pressingabläufe gut beherrschen und die Taktik draufhaben – ihre Kernkompetenz (Tore schießen) scheint da oft zweitrangig zu sein. Dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn man eine zwar fleissige, aber harmlose Offensive sich zusammenbaut.“
Ja, das ist wirklich nervig. Ich mag Tedesco ja, aber regelmäßig di Santo zu bringen und dafür Embolo rauszulassen tut schon weh. Generell sind wir uns denk ich über die Bewertung der Buli im Kern einig, nur vielleicht nicht in jedem Einzelfall.

„Wir haben zwar Hummels und Boateng. Aber beide sind aus meiner Sicht keine Verteidiger die in der Defensive wirklich Weltklasse sind. Sie bereinigen viel mit gutem Stellungsspiel, glänzen über sehr gute Aufbaupässe, aber in recht schöner Regelmässigkeit werden sie dann doch von Topstürmern vernascht, wenn nicht alles perfekt läuft.“
Also letztes Jahr haben Hummels und Boateng (beide angeschlagen) mit überragender Endverteidigung den FC Bayern im Bernabeu-Stadion zu einem (komplett unverdienten) 2:1-Sieg im Bernabeustadion verholfen, indem sie viele Möglichkeiten Reals in letzter Sekunde doch noch blocken konnten. Hat nix geholfen, weil der Linienrichter leider in der Verlängerung schon im Bett war, aber da können die beiden ja nichts dafür. Umgekehrt sind dann die Defensivreihen von Atletico und Juve wenig später von Reals Sturm ziemlich vermöbelt worden…sind die auch nicht Weltklasse?

Bei den Stürmern geb ich dir da eher Recht: Selbst bei Aubameyang und Lewandowski find ich es doch teilweise ganz schön hart, was die alles liegen lassen.

Antworten

koom 24. November 2017 um 15:31

Bei pauschalen Aussagen bin ich idR besser als bei Detailanalysen. Bin mehr so der Kerl fürs große Ganze. 😉

Antworten

Daniel 25. November 2017 um 15:33

Mal ne bewusst unbeweisbare und auch polarisierende Aussage: vielleicht ist das Scheitern der deutschen Vereine auch eine Mentalitätsfrage. Es ist doch sehr verbreitet im deutschen Fußball, mit kleinen Dingen zufrieden zu sein. Der FC Bayern ist der einzige Verein, in dem ehrgeizige Ziele selbstbewusst formuliert werden. Alle anderen agieren nach dem Motto „wer keine Ziele hat, dem kann hinterher keiner nachsagen, dass er seine Ziele nicht erreicht hat. Und wer sich selbst klein macht, kann von andren nicht mehr klein gemacht werden.“
Wenn etwa in Dortmund vor der Saison das Ziel CL-Quali angegeben wird kann ich wirklich nur müde schmunzeln: Dortmund ist mit gigantischem Abstand die wirtschaftlich zweitgrößte Mannschaft der Bundesliga. Wenn sie sich nicht für die CL qualifizieren sind sie von sage und schreibe drei Mannschaften mit deutlich geringerem Etat überholt worden. Das ist eine Selbstverständlichkeit, kein Saisonziel. Und das ist in der Buli die Regel, nicht die Ausnahme. Zwei Drittel der Mannschaften hat eh nur den Klassenerhalt als Ziel. Sämtliche Teams setzen sich vor der Saison die Ziele, die sie von ihrem Anspruch her mindestens erreichen müssen, keiner ein wirklich ehrgeiziges, für das man einen nominell überlegenen Konkurrenten hinter sich lassen müsste. Und diese „Losermentalität“ aus der Buli wird dann gnadenlos weitergelebt, wenn man in Europa spielt. Wie gesagt, es ist natürlich nicht zu beweisen…aber ich hatte schon ein paar mal den Eindruck, dass ausländische Teams mit mehr Entschlossenheit nochmal eine Wende erzwingen, wo deutsche Mannschaften eher zu sagen pflegen: „Ach, das ist doch schon ne tolle Leistung, dass wir es bis hierhin geschafft haben. Jetzt ist es vorbei, aber wir haben den Europapokal erreicht, haben sogar ein paar mal aufs Tor geschossen-passt doch“.

Antworten

Marlin 26. November 2017 um 13:10

Die UEFA 5-Jahreswertung spricht da eine andere Sprache. Die Bundesliga ist substantiell besser als z.B. Portugal und auch besser als Italien. Beim Vergleich mit England und Spanien ist vor allem der Faktor Geld dominierend. Diese Saison ist überwiegend eine statistische Fluktuation, auch weil nicht die stärksten Mannschaften international spielen. Köln ist in der Bundesliga auch abgeschlagen letzter. Hertha aktuell 14. Dortmund ist nach den ersten Spielen völlig eingebrochen. Hoffenheim und Leipzig sind zum ersten Mal international dabei, was leicht zumindest ein leichter Nachteil ist, auch wegen z.B. vorhandenen Kenntnissen über die jeweiligen Gegner.

Koom 26. November 2017 um 13:47

Würde ich nicht verneinen. Wir haben auch so ein bisserl eine Neid- und Missgunstgesellschaft, dann neigt man automatisch dazu, nicht zu sehr den Kopf rauszustrecken. Ich kann mir schon vorstellen, dass andere (ausländische) Mannschaften auch einfach viel mehr in die Spiele selbst investieren, weniger Taktieren. Meistens sind die ja auch der gefühlte Underdog, weil „deutsche Mannschaften sind Turniermannschaften“.

tobit 27. November 2017 um 07:58

Das Problem der letzten Jahre ist, dass alle die sich höhere Ziele gesteckt haben, diese krachend verfehlt haben. Der HSV wollte mit Labbadia um Europa spielen – nach 10 Spieltagen ist der Trainer gefeuert und es geht nur noch um den Klassenerhalt. Wolfsburg wollte nach dem DFB-Pokalsieg die Bayern angreifen (und sah sich schon als Nr.2 des deutschen Fussballs), verkaufte dann de Bruyne und Perisic und stürzt in den Jahren danach Schritt für Schritt bis in die Relegation. Leverkusen wollte letztes Jahr auch ganz oben mitspielen – Ergebnis ist bekannt. Schalke scheitert auch seit Jahren an den selbstgesteckten Zielen.
Klar könnte man in Dortmund auch Platz zwei ausgeben – macht aber letztlich kaum einen Unterschied. Bayern anzugreifen erscheint wenig realistisch, also gibt man das „Minimalziel“ CL-Quali (was bis zu dieser Saison Platz drei war) aus – und das reicht dann auch nur so gerade, für den Trainer, seinen Job zu behalten.

koom 27. November 2017 um 08:55

Ja, und diese Haltung, die man vornehmlich erst mal nur nach außen vertreten wollte (Understatement) sickert dann durch und wird quasi eine selbsterfüllende Prophezeiung. Mir geht es jetzt nicht darum, dass man rumposaunt, dass man dies und jenes (unrealistische) Ziel erreichen will, aber so ein bisserl mehr breite Brust hilft IMO mehr als wenn man sich kleiner macht.

felixander 27. November 2017 um 14:52

Dann wäre es doch ein leichtes unter die Top3 in der Buli zu kommen, wenn man einfach mal ordentliches Offensivpersonal einkaufen würde. Wenn das so wäre, würde es jemand (Schalke? Wolfsburg?) machen.

Antworten

koom 27. November 2017 um 15:30

Hm, so einfach ist es nicht. Ich glaube nicht, dass es zwingend an den Personen liegt, mehr an den Aufgaben. Ich glaube, dass für die Angreifer viel zu viele Aufgaben (und dazugehöriges Training) gesetzt werden, die mit Balleroberung und Defensive zu tun haben und zu wenig Spielformen, die wirklich was mit erfolgreichen Abschlüssen zu tun haben. Als ob letzteres quasi einfach vorrausgesetzt wird, bzw. ersteres wird schon so viele (schlechte) Chancen kreeieren, dass man irgendwann mal trifft.

Auch wenns gegen den durchaus geschätzten Schwarz geht: Das seh ich auch bei Mainz 05 so. Auch da ist eine relativ diffuse Offensive unterwegs. Bestehend aus lauter Offensivkräften, von denen ich vielleicht einen klar positionieren kann: De Blasis. Der spielt sehr klar wie ein Linksaußen heutigen Zuschnitts (Rechtsfuß auf links, zieht viel nach innen). Aber auf der Gegenseite Öztunali… das ist so der klassische Fall von „Offensivspieler“. Kannst du überall hinstellen, wird überall „ok“ sein, aber so wirklich geil nirgends. Er steht für nichts. Und das ist sehr typisch für Bundesliga-Offensivspieler.

Die Bundesliga kauft manchmal grandiose Spieler und baut sie dann zu Leichtathleten um, in dem sie ihn mit Defensivaufgaben überladen. Sie nehmen dem Spieler oft das, was ihn erst so begehrenswert machte. Die Ausnahmen davon sind meistens Spieler, die entweder persönlich mehr investieren (mehr Training) oder Anweisungen ignorieren und per natürlichem Talent damit wegkommen (ich sag mal: De Bruyne, Dembele). Gerade Dembele ist eigentlich ein gutes Beispiel: Ein kompletter Wildfang mit Fokus nur aufs Tor. Tuchel erkannte seine Qualität, ließ ihn sein Ding spielen und gab ihm nur einfache defensive Aufgaben bzw. half er mit speziellen Anpassungen (Durm), diese zu erfüllen.

Anders gesagt: Lasst manchen Spielern mehr Freiräume bzw. trainiert auch deren Hauptaufgabe. Angreifer sollen auch Tore machen und Chancen kreeiren. Das sind nicht nur die vordersten Verteidiger. Und bildet diese auch aus, auch wenn sie 25 Jahre sind.

Antworten

felixander 28. November 2017 um 09:40

Ich kann mir eigentlich auch nicht vorstellen, dass die Kosten (aufs Spiel bezogen) für einen durchschlagskräftigen Offensiven, der weniger defensiv arbeitet, höher sind als für einen fleißig verteidigenden Stürmer, der das Tor nicht trifft.
Da ich den Buli-Trainern da aber mehr Kompetenz zutraue, scheint ja die defensive Variante zumindest für die Liga die bessere zu sein.

Wäre ein Beispiel für deine These, dass die Buli einige Granaten ihrer Qualität beraubt, auch Huntelaar? Der war ja jahrelang eine sichere Bank. Als das Spiel dann aber pressing-geprägter wurde, war der völlig von der Rolle.

koom 28. November 2017 um 10:17

Könnte ich mir schon vorstellen. Huntelaar war ja auch ein sehr abschluss-fokussierter Spieler, der dort auch ganz klar seine Stärken hatte.

Und zu den Bundesliga-Trainern: Bitte meine Aussagen immer mit Vorsicht genießen. Ich bin kein Trainer, kein Analyst, nur Hobbyfan (aber relativ intensiv). Die Bundesliga folgt meiner Sicht immer recht gerne einer Mode. Insbesondere, wenn diese Kampf, Laufen und Defensive enthält. Das sind die „Tugenden“ die noch heute immer von den Medien (und den meisten Fans) beschworen werden, wenn es mal nicht läuft.

Und jetzt etwas anderes zu entwickeln, wird schwierig. Die ganze Liga macht gerne chaotisches Spielzerstören und jetzt einer Mannschaft (und der Vereinsführung und den Fans) beizubringen, dass man eine konstruktive Offensive erlernen muss, wird schwierig. Weil es am Anfang lange rumpeln wird. Außer, man arbeitet wie Guardiola mit einem exquisiten Bayernkader.

felixander 28. November 2017 um 22:41

Mit gefällt der Gedanke zu gut, die Liga mit radikaler Offensive zu übertragen zu gut. Zumal es auf dem Transfermarkt sicher viele schlummernde Juwele in dieser Richtung gibt, für die man kein Bayern Festgeldkonto braucht.
Wenn du da als Mannschaft einfach komplett anders tickst als der Rest der Liga, muss das doch ein Vorteil sein. Darmstadt in offensiv. Und solange du mehr Tore schießt aus du fängst…

Koom 28. November 2017 um 23:25

Du musst eine Spielidee bzw. Offensivqualität entwickeln, die die Gegner beeindruckt. Guardiolas Ansatz war da schon ziemlich gut, aber die Bayern agieren so oder so immer dominant (bzw. der Gegner ultradefensiv). Ich tue mich gerade noch etwas schwer, der Idee eine Struktur zu verleihen.

Die Basis müsste natürlich auch da eine grundsätzlich gut funktionierende Defensive sein, also dort eine Struktur zu haben, die zumindest konstant arbeitet. Für die Offensive wäre wichtig, dort extrem viele gute Automatismen zu haben, also berechenbar und regelmässig zu guten Abschlüssen zu kommen. Conte hat AFAIK mal stundenlang ein Team ohne Gegner die Offensive trainieren lassen und alle die Positionen eingebimst. Sowas würde ich mir dabei auch vorstellen. Du weisst, wie du zu flanken hast, weisst, wie du zum Ball gehen kannst etc. Dazu natürlich viel individuelles Training um Schuss- und Flankenqualität hochzutreiben.

Anstatt im Training sich nur auf Defensiv- und Konterstrukturen zu konzentrieren, würde ich das auf einem guten Grundniveau installieren und vornehmlich auf _eigene_ Offensivstrukturen konzentrieren. Als Ausgangsbasis natürlich primär sich gegen Mannorientierungen wehren können.


BS 22. November 2017 um 09:10

Das war auch der Trumpf des HSV in der letzten Saison. Gisdol hat erkannt, dass der Gegner es sich erlauben kann abzuwarten und hat als Reaktion allgemeine Hektik kreiert.
Da ist es für Köln evtl tatsächlich ein Problem, dass sie unter Stöger nie unten drin waren: Im Mittelfeld der Tabelle reicht auch ein 0:0, wenn der Gegner mal keinen Fehler macht – in der aktuellen Situation bricht ihnen dieser Ansatz anscheinend endgültig das Genick.

Antworten

Koom 22. November 2017 um 19:23

Ich glaube, die Kölner machen das nicht total schlecht, aber tatsächlich waren sie sehr von Modeste abhängig. Die Kölner hatten zudem eine relativ beständige Offensivbedienung mit Hector und Risse – das ist jetzt aus verschiedenen Gründen leider weg.

Köln muss sich IMO 2 Fragen stellen: Weitermachen wie bisher und wie Freiburg notfalls mit Stöger runter (eigentlich auch Schmadtke wieder dazuholen) und „neu“ aufbauen. Also kein wirklicher Neuaufbau, aber einfach wieder 2-3 Spieler dazuholen, die sich entwickeln lassen und wieder hoch. Oder vielleicht einen Trainer holen, der aus dem Kader mehr rausholen kann.

Nochmal zu Cordoba: Hammerspieler. Aber kein Goalgetter. Der bräuchte ein hochpressendes Team um sich herum, dann wäre der Gold. In Köln verhungert er vorne allein.

Antworten

Schorsch 20. November 2017 um 23:10

Nouris Ansatz, die Defensive zu stärken, war im Prinzip nicht falsch. Defensive Stabilität hatte Werder in einem bestimmten Maße. Immerhin hat Werder fünf Remis geholt unter Nouri in dieser Saison. Das Problem der zu vielen Gegentore hatte man durchaus minimiert. Allerdings hat Nouri die Mannschaft um ihre offensive Qualität gebracht. Die Balance zwischen Defensive und Offensive stimmte überhaupt nicht mehr. Hinzu kamen das sture Festhalten an seinem System (auch wenn er dies ab und an änderte kehrte er immer wieder dazu zurück) und der unpassende Einsatz diverser Spieler auf den einzelnen Positionen. Außerdem fehlte ihm mit Kruse verletzungsbedingt der offensive Schlüsselspieler.

Dieser Kruse war es auch, der nach der last-minute-Niederlage am vorletzten Spieltag bei der SGE (dem ersten Spiel unter Kohlfeldt) sagte, immerhin habe man „endlich wieder Fußball gespielt“. Der neue Trainer macht für mich offensichtlich eines richtig: Er lässt die Mannschaft das spielen, was sie am besten kann. Was mMn auch die anderen Trainer tun, die eher auf komakte Defensive setzen. Kohlfeldt macht dies (sofern man dies nach 2 Spielen überhaupt sagen kann) allerdings offensichtlich wohlüberlegt, wenn man das Spiel gegen 96 im Detail betrachtet. Der sich permanent zwischen den Linien bewegende Kruse war für die 96er nicht zu fassen und schuf gleichzeitig Räume für Bartels, der endlich wieder seine Stärken zeigte. Hatte Kovac noch das System der SGE zur 2. HZ umgestellt und auf Kohlfeldts Änderungen adäquat reagiert, tat Breitenreiter dies nicht.

Wobei es aber nicht so ist, dass Kohlfeldt das defensive Element nun außer acht lassen würde. Im Prinzip hat er die Verteidigung 20 m nach vorne verlegt. Das ist natürlich nicht ganz ohne Risiko, wie die große Konterchance Harniks direkt zu Beginn der 2.HZ nach einem dummen Fehler Moisanders gezeigt hat. Das sah schon ein wenig nach aktuellem BVB aus… 😉 Aber über das ganze Spiel gesehen war die Defensive sicher, was nicht zuletzt der Verdienst Bargfredes war. Den habe ich seit langer, langer Zeit nicht mehr so stark gesehen. Das gilt defensiv wie im Spielaufbau.

Es wird interessant sein zu sehen, wie die Gegner auf das ’neue‘ Werder reagieren werden. Mir jedenfalls macht Werder so wieder richtig Spaß.

Antworten

tobit 20. November 2017 um 22:17

Aus dem Kicker-Liveticker zum Wechsel Gondorf für Bargfrede: „Der Vorbereiter des 1:0 geht vom Platz, ein ähnlicher Spielertyp kommt dafür.“
Haben die überhaupt schonmal beide spielen sehen? Oder ist jetzt einfach jeder Mittelfeldspieler ein ähnlicher Spielertyp?

@koom:
Variabilität ist aktuell Trumpf. Echte Konstanz (bzgl. der Taktik) können (bzw. konnten) sich nur die individuell (teilweise absurd) überlegenen Topklubs aus München, Leipzig und Dortmund leisten. Schalke entwickelt sich gerade in diese Richtung.
Köln fehlen die Abschlussspieler auf hohem Niveau. Osako, Risse und Bittencourt sind gute Vorbereiter, Dribbler und Spielmacher aber keine Torjäger. Zoller und Guirassy könnten Torjäger sein, haben aber in anderen Bereichen (noch) große Defizite. Cordoba ist ein cooler Stürmer – aber macht halt keine Tore. Er ähnelt da dem Leipziger Poulsen, der ebenfalls kaum selber trifft aber den etlichen tourgefährlichen Spielern um sich herum (Werner, Sabitzer, Forsberg, Keita, …) Raum öffnen und Bälle ablegen kann. Das Ablagenspiel fehlt den Kölnern aktuell auch etwas, weil die Flügel zu breit und die Sechser zu tief unterwegs sind – entsprechend verschwendet ist Cordoba Potential.

Antworten

RadicalEd 20. November 2017 um 23:00

Gondorf und Bargfrede haben beide oft Ballgewinne und sind daher praktisch der selbe Spielertyp 😉

Antworten

koom 21. November 2017 um 09:30

Cordoba wäre einer für RB Leipzig. Den Vergleich mit Poulsen, der ja quasi auch primär der offensivste Defensivmann überhaupt ist, drängt sich wirklich auf. Die können fast im Alleingang eine Abwehr beschäftigen und auslaugen. Problem: Du brauchst torgefährliche Leute daneben und dahinter. Aber dann ist es sehr interessant.

Nochmal zu den Teams: Ich hab den Eindruck, dass diese Teams jetzt nicht mehr wild eine Taktik (3er/5er-Kette oder Viererkette etc.) anwenden, nur um des Anwendens Willen oder weil am letzten Spieltag einer damit mal gewonnen hat, sondern tatsächlich einfach als eine logische Konsequenz aus dem anstehenden Spiel und der eigenen Form. Das wird so langsam erwachsen kann man sagen.

Jetzt muss man nur noch wieder lernen, wie Offensivspiel funktioniert, dass Dribbling, Flanken und Torschuss trainieren auch durchaus gut wäre. Gefühlt wird mir – als Ergebnis – zu viel gelaufen und verschoben, das (ich nenne es mal) individualtaktische geht dabei aber seit Jahren flöten.

Nochmal zurück zu Cordoba: Normalerweise musst du den Packen und zu ner Stunde Paß-, Torschuss- und Kopfballtraining nach dem Mannschaftstraining rannehmen und backst dir so einen Weltklassestürmer. Mit Ball am Fuß ist er jetzt schon im obersten Regal, nur sobald der Ball den Fuß verlässt wirds eher mittelmäßig.

Antworten

tobit 21. November 2017 um 19:30

Beide sind defensiv unglaublich aktiv und auch effektiv in ihren Bewegungen, ja. Ihr offensives Potential sollte man darüber aber nicht vergessen. Wie sie sich abseits des Balles bewegen, Räume schaffen (da ist Poulsen mittlerweile absolut überragend) und Gegner binden ist entscheidend. Auch am Ball sind sie sehr stark. Beide nutzen ihre Physis sehr clever und orientieren sich gut für sehr schnelle Ablagen. Auch danach bewegen sie sich oft gut.

Das Gefühl einer geplanteren Flexibilität habe ich auch. Früher wurde z.B. gegen Bayern oft der „normale“ Plan mit einem IV mehr (statt einem Stürmer) und 20 m tiefer angesetzt – jetzt werden bei personellen und formativen Umstellungen gerade defensiv viel weitergehende Rollenanpassungen bei viel mehr Spielern vorgenommen. Man sucht sich bestimmte Räume für Balleroberungen und von dort ausgehende Konter-Routen, statt sich völlig auf die „Kreativität im Moment“ (also individuelle Klasse) zu verlassen.

Das technische „Problem“ scheint bei mir aktuell behoben zu sein. Alles wirkt wieder aktuell.

Antworten

TrotzdemHier – der Fußballpodcast zum 1. FC Köln 22. November 2017 um 23:54

Messt ihr Cordoba da gerade an seiner Veranlagung/seinem Potential oder an seinen tatsächlich gezeigten Leistungen? Ich sehe da nämlich eine größeres Gefälle zwischen diesen beiden Eckpunkten. Ich habe nur schön öfters überlegt, ob es für Cordobas Stärken nicht eine bessere Position gäbe als „Mittelstürmer“.

Antworten

Koom 23. November 2017 um 19:26

Ich messe ihn an dem, was er vor allem in Mainz gezeigt hat. Cordoba kann unheimlich gut Bälle festmachen. Wenn er nicht passen oder schießen muss, ist er sehr stark. Er pflückt Bälle konstant gut runter, kann sie dort selbst gegen Spitzenleute verteidigen und mit Ball am Fuß sich um Gegner winden. Hummels hat ihn mal genau wegen diesen Stärken als seinen unangenehmsten Gegenspieler bezeichnet.

Aber wie gesagt: Schießen und Passen sind nicht seine Stärken. Er versucht es, hat aber dafür kein Gefühl. Zu lasch, zu ungenau.

Antworten

koom 20. November 2017 um 14:48

Die genannten Teams haben auch alle eine gewisse Konstanz mittlerweile geschafft. Allen kann man nachsagen, dass sie defensiv gut stehen, sich dabei aber auch nicht auf einen Status Quo verlassen, sondern diesen je nach Gegner oder eigener Spielerform anpassen. Das trifft auch auf die Teams darüber zu, außer vielleicht Borussia Dortmund.

Köln kann man das theoretisch auch nachsagen, aber denen scheint auch einfach viel Qualität in der Offensive (individuell wie auch taktisch) zu fehlen. Gerade bei Köln scheint man zum einen Modeste mit seiner hohen Abschlussqualität zu vermissen, aber auch Risse mit seinem Speed. Die Offensive von Köln hat aktuell eigentlich „nichts“. Cordoba kenne ich aus Mainz, ist eigentlich ein geiler Stürmer – aber kein Goalgetter. Und als solchen versucht man ihn einzusetzen.

Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*