Konfuse Gunners passen sich an

3:1

Köln startet mit einem Topspiel in den Europapokal. Trotz langer Führung war es jedoch ein eher zahnloser Auftakt. Der zur Zeit mal wieder eher kriselnde Arsenal FC konnte sich über die längste Zeit des Spiels in der Kölner Hälfte einnisten und die Schwächen der Gunners wurden zu selten offen gelegt. In der ersten Halbzeit waren die Gäste aber zumindest recht stabil.

Arsenal - KölnKöln arbeitet im 4-1-4-1

Basis dafür war ein 4-1-4-1-System, welches Stöger-typisch sehr sauber organisiert war. Die Abstände zwischen den Positionen stimmten und innerhalb der guten Kompaktheit waren die Kölner recht anpassungsfähig. Besonders die drei Zentrumsspieler konnten sich – 4-1-4-1-typisch – an Arsenals Besetzung in den Zwischenräumen anpassen.

So wurde das System öfter kurzzeitig zu einem klaren 4-5-1. Aus dieser Staffelung schob oft ein Achter heraus und stellte den ballbesitzenden Halbverteidiger in Arsenals 3-4-2-1-Aufbau. Die beiden restlichen Zentrumsspieler schoben dahinter, sodass ein diagonales 4-4-2 vor dem Ball entstand – ein klassisches Mittel, um gegen Ballbesitzmannschaften die eigene Hälfte zu verteidigen. Die Flügelstürmer konnten dadurch etwas breiter agieren und die offensiv ausgerichteten Londoner Flügelläufer aufnehmen, rückten aber auch ein, wenn Arsenal Überladungsversuche unternahm.

Eigentlich ist der Zehner der Sechser!

Arsenal bespielte die Kölner Defensive im ersten Durchgang höchst eigenartig. Im 3-4-2-1 besitzt man durch die 3-2-Staffelung im Aufbau eigentlich viele Dreiecke und potentielle Aufbauspieler. Die Sechser und die Halbverteidiger sind gut abgesichert und können das Spiel ankurbeln, haben dabei aber auch klare Verbindungen untereinander.

Aber wozu eine stabile Aufbaustaffelung, wenn man auch Alexis Sánchez haben kann? Der Topstar der Gunners riss das Spiel der Mannschaft an sich – und das ergab nicht so besonders viel Sinn. Dafür verließ er nämlich permanent seine linke Zehnerposition und rannte im Umkreis von Iwobi auf der linken Sechs herum. Dadurch fehlte er in den engen Offensivräumen, in denen er richtig stark ist, und die Struktur wurde ineffizient und umständlich.

Iwobi und Elneny schoben nämlich in recht konfuser Manier immer wieder nach vorne. Inwiefern das was mit Alexis‘ Rolleninterpretation zu tun hatte, wurde nicht ganz klar. Vereinzelt konnte Iwobi dadurch den Raum für den Chilenen öffnen, aber meistens schien es da kein klares Schema zu geben. Manchmal ließen die beiden Sechser den Sechserraum völlig verwaisen, im Zehnerraum wurden sie jedoch auch nicht wirklich eingebunden. So spielte Arsenal meist konfus um den Kölner Block herum, ohne in die Zwischenräume zu kommen. Durch Alexis zurückfallen nutzten sie quasi sechs Spieler, nur um Cordoba zu überspielen.

Keine Offensivpräsenz vom Effzeh

Das Problem für Köln war jedoch, dass sie trotzdem kaum vielversprechende Ballgewinne erzielen konnten. Die Mittelfeldreihe orientierte sich meist nach hinten, anstatt aggressiv Druck auf den Ball zu machen. Arsenal tat ihnen selten den gefallen, Fehlpässe in ihre Füße zu spielen. So wurden die Kölner meist nach hinten und an den Flügel geschoben und kamen nur selten in Konter. In den seltenen Situationen, wo beispielsweise Bittencourt mal hinter Holding kam, kamen die Achter zu langsam nach, sodass der restliche Defensivverbund der Gunners die Szene noch kontrollieren konnte.

Auch aus dem eigenen Ballbesitz machten die Kölner wenig. Häufig eröffneten sie direkt mit langen Bällen. Ansonsten standen die Verteidiger meist relativ engen und waren leichte Pressingopfer für Arsenal. Das war etwas schade, weil Arsenal relativ leicht in eine tiefe Verteidigung zu drücken ist, aus der sich Wengers Elf dann auch nicht gut befreien kann. In den seltenen Szenen, in denen die Hausherren sich im tiefen 5-4-1 formierten, wirkte Köln auch mit Halbraumüberladungen und der personellen Besetzung gar nicht ungefährlich. Das war aber schlichtweg viel zu selten der Fall.

Stattdessen gab es meist die Eröffnung mit hohen Bällen. Das wäre bei Arsenals latenten Intensitätsproblemen vielleicht auch noch eine ganz gute Strategie gewesen, wenn man dann aggressiv auf die zweiten Bälle gegangen wäre. Das war leider auch nicht der Fall. Die Abwehrreihe und die Zentrumsspieler hielten sich zu tief und verschoben nicht weit zum Ball. So hatte Arsenal quasi eine 7-gegen-3-Situation im Kampf um die zweiten Bälle und holten daher nicht nur die meisten davon, sondern konnten sich anschließend auch leicht befreien und in ihre ruhige Ballzirkulation zurückkehren.

Wengers Umstellung auf 4-2-3-1 fruchtet

Arsenal - Köln Hz2Mit einem offensiven Wechsel konnte Wenger die mangelnde Durchschlagskraft seiner Elf im zweiten Durchgang korrigieren. Kolasinac kam für Holding als Linksverteidiger, Maitland-Niles rückte auf die Sechs und Iwobi auf die Zehn. Es war nun also ein 4-2-3-1, bei dem Arsenal einen Spieler weniger in der ersten Aufbaureihe hatte und dafür einen zusätzlichen Spieler zwischen den Linien.

Weiterhin war das Spiel sehr auf die halblinke Seite und Alexis fokussiert, der weiterhin viel zurückfiel. Iwobi besetzte dann aber den Zehnerraum vor der halblinken Ballungszone, was für mehr Balance sorgte und effektivere Überladungen am linken Flügel ermöglichte. Außerdem trieb Nacho das Spiel engagierter an und Elneny besetzte den Sechserraum konstanter.

Die Bewegungsmuster von Iwobi, Alexis und Maitland-Niles waren weiterhin etwas konfus. Letzterer rückte zuweilen von der linken Sechs auf eine halbrechte Achterposition auf und kreuzte so mit Iwobi. Nach Wilsheres Einwechslung wurde das ein bisschen organisierter, indem Maitland-Niles konstanter halbrechts agierte und dann durch Alexis‘ Rolle eine Art Raute entstand.

Insgesamt spielte Arsenal im zweiten Durchgang konstanter im Zentrum und halblinks, überlud stabiler, verlagerte später – und dadurch effektiver – und hatte schlichtweg einen Spieler mehr in der Offensive; ohne dabei das Ballbesitzspiel oder die Konterabsicherung zu schwächen. Zudem kombinierte Kolasinac wesentlich mehr mit Alexis, was auch zum dritten Tor führte.

Das entscheidende zweite Tor hingegen hatte nur bedingt taktische Gründe. Alexis war bei einem Kölner Angriff nicht mit zurückgekommen, wurde deshalb nach Balleroberung schnell in die Tiefe geschickt und erzielte dann gegen die gesamte Kölner Abwehr ein spektakuläres Solotor. So zeigte der Chilene seine Weltklasse, was zum einen seine sonstige Rolleninterpretation etwas relativiert, aber wiederum auch die Frage offen lässt, warum er sich nicht öfter in Räumen herumtrieb, wo er dribbeln und schießen kann.

Fazit

Die gute Kölner Organisation hätte das Potential zum Überraschungserfolg gehabt. Leider fehlte der Mut, auf dieser Basis auch mehr nach vorne zu machen. Zumindest vereinzelt wäre ein aggressiverer Pressingübergang wünschenswert gewesen. Angesichts der Ambitionslosigkeit im Ballbesitzspiel ist aber vor allem die geringe Präsenz bei zweiten Bällen enttäuschend. So kamen die Kölner nicht einmal auf 30% Ballbesitz, sorgten kaum für Entlastung und das reichte Arsenal auf Dauer.

dh 16. September 2017 um 01:52

Graphik 2 scheint falsch: Als Kolasinac kam, war Hector doch schon lange raus. Überhaupt fehlt mir der Wechsel von Hector auf Jojic und Jojic‘ Rolleninterpretation der 6.

Sehr gewundert hat mich, dass Mertesacker nie angelaufen wurde, nicht mal zum Schein oder in Situationen, wo was drin gewesen wäre. Córdoba hat einzig die Passwege belauert (was ganz klar seine taktische Vorgabe war) – aber warum? Balleroberungen gegen Mertesacker im Jahr 2017 können doch ein Mittel sein. Passt aber ins Bild des passiven Verteidigens und „Netz Webens“.

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tobit 15. September 2017 um 23:08

In der PL halte ich das durchaus manchmal für sinnvoll. Nacho ist halt kein echter IV und gerade physisch und im Kopfball den allermeisten Stürmern krass unterlegen (weil er auch nicht mehr besonders schnell ist). Mit Mertesacker – der in der Luft (und statischen Situationen) immer noch Weltklasse ist – gegen sehr geringe Offensivpräsenz (Cordoba und manchmal Zoller oder Bittencourt) ist das aber einigermaßen sinnlos, da hast du Recht.

Da ich das Spiel nur ziemlich nebenbei verfolgt habe (war schon arg spät mit der Verschiebung), würde mich mal eine Einschätzung zu Iwobi interessieren. Kann der eigentlich Sechser und sah nur heute blöd aus, oder sollte er besser offensiver bleiben? Er ist irgendwie ein komischer/ungewöhnlicher Spielertyp – sehr kombinativ und auch schon durchaus Mal präsent, aber irgendwie unvollständig und ohne Durchschlagskraft (also so eine Art „Anti-CR7“).

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August Bebel 15. September 2017 um 21:07

Ich finde es schon seltsam, dass Wenger immer noch ständig mit Dreier- bzw. Fünferabwehr startet, nur um dann in so ca. 2 von 3 Spielen in der Halbzeit (bei Rückstand) auf Viererkette umzustellen.
Dem FC hat hier auf jeden Fall die Entlastung gefehlt, aber wenigstens hat Cordoba ein schönes Tor gemacht, das sollte ihm dringend benötigtes Selbstvertrauen geben.

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