BVB-Sieg in München: Umstellung bringt Umschwung
Am Mittwochabend gab es eine neue Auflage des deutschen Fußballgipfels. Beim Aufeinandertreffen zwischen Bayern München und Borussia Dortmund ging es um den Einzug ins DFB-Pokalfinale. Spielverlauf und -ausgang dürfte viele überrascht haben.
Vor der Ligapartie zwischen Bayern und Dortmund Anfang April hatte BVB-Trainer Thomas Tuchel noch gesagt, dass alle Karten erst zum wichtigen Pokalspiel auf den Tisch gelegt würden. Dies tat er zunächst, indem er sein Team in einer 4-4-2-Grundformation aufs Feld schickte und sich damit von der zuletzt zumeist präferierten Dreierabwehrkette verabschiedete.
Interessanterweise stellte er Ousmane Dembélé auf den rechten Flügel, wo der Franzose in der ersten Halbzeit vor allem mit Defensivaufgaben beschäftigt war. Ähnlich erging es auch Raphaël Guerreiro auf links, aber im Fall des Portugiesen wurde weniger Offensivpotenzial verschenkt. Angeführt wurde die Formation in der Sturmspitze von Marco Reus und Pierre-Emerick Aubameyang, die vor allem über schnelle Vertikalpässe eingebunden werden sollten.
Carlo Ancelotti überraschte derweil nicht mit der von ihm gewählten Aufstellung. Es stand jene Mannschaft auf dem Platz, die im Moment in den Augen des Italieners wohl die optimale Zusammensetzung bietet. Dies bedeutete: Xabi Alonso, Arturo Vidal und Thiago bildeten das Mittelfelddreieck. Franck Ribéry und Arjen Robben flankierten die Sturmspitze Robert Lewandowski. Thomas Müller nahm zunächst auf der Bank Platz.
Leiten und Doppeln
Aufgrund des gewählten 4-4-2 ergab sich beim BVB eine natürliche Doppelbesetzung der Flügel – links Marcel Schmelzer und Raphaël Guerreiro, rechts Łukasz Piszczek und Ousmane Dembélé. In der ersten Pressingphase bewegte sich der vorderste BVB-Block nicht unmittelbar auf die Innenverteidiger Bayerns zu. Aubameyang und Reus positionierten sich stattdessen um Xabi Alonso und rückten nur situativ heraus, gerade nach Querpässen von außen.
Auf der linken Seite schob Guerreiro häufiger etwas nach vorn auf den zumeist im Vergleich zu David Alaba tiefer positionierten Philipp Lahm. Damit blockierte Guerreiro zumeist den Passweg zu Robben und der Spielaufbau der Bayern wurde vom Niederländer weg und zur linken Seite hin gelenkt. Dort verteidigten wie angesprochen Piszczek und Dembélé gegen die beiden Münchener Flügelakteure.
Der FC Bayern ließ sich zunächst auf dieses Spielchen ein und schob Vidal hin zur linken Außenbahn, wo sich der Chilene entweder eingerückt neben oder etwas hinter Alaba positionierte. Gerade bei seinen Vorstößen durch den Halbraum wurde er zumeist von Castro aufgenommen. Währenddessen schaltete sich aber vermehrt Thiago im linken Halbraum ein, was wiederum lokale Überzahlsituationen vor der Mittelfeldlinie Dortmunds erzeugte.
Gelegentlich verlagerte Bayern die Balance während eines Angriffs wieder etwas ins Zentrum, indem sich Thiago und auch Vidal von der Seite wegbewegten, um damit außen mehr Platz für Ribéry zu schaffen. In den seltensten Fällen unternahmen die beiden Borussen auf dem Flügel den Versuch, die Pässe auf den Franzosen oder Alaba abzufangen. Zumeist konnten die bayerischen Angreifer das Spielgerät aufnehmen und von außen andribbeln. Piszczek und Dembélé probierten dann entweder durch kompaktes Zusammenstehen den Durchbruch zu blockieren oder einzeln Zweikämpfe zu bestreiten.
Im Zentrum operierte der BVB in der ersten Pressingphase und beim Verteidigen des Übergangs ins zweite Drittel zumeist mit Mannorientierungen gegen die bayerischen Achter. Bei Ballbewegungen hin zum Flügel übernahm der ballferne Flügelspieler die Bewachung des ballfernen Bayern-Achters.
Tore und Mittelfeldlosigkeit
Zunächst hatte der FC Bayern mit seinen Offensivversuchen noch keinen durchschlagenden Erfolg. Das angesprochene Leiten und Zustellen funktionierte auf Seiten des BVB. Zugleich waren die Schwarzgelben darauf aus, durch steile Anspiele auf die beiden Spitzen schnelle Durchbrüche zu erzielen.
Obwohl die bayerische Verteidigung viele Pässe, die oftmals sehr scharf gespielt waren, abfing, war die Möglichkeit für den BVB vorhanden, über den Gewinn des zweiten Balls in den Zwischenlinienraum vorzudringen. Problematisch blieb in diesem Kontext die tiefe Grundposition Dembélés, der zuweilen weiträumige Läufe unternehmen musste, um in den Kampf um den zweiten Ball einsteigen beziehungsweise als zweite Offensivwelle funktionieren zu können.
Die Führung für den BVB fiel nach einem erneuten Schnellangriff, bei dem ein Rückpass von Javi Martínez durch Guerreiro abgefangen wurde und Reus am Ende einnetzte. Martínez glich wenig später nach einer Ecke aus. Interessant war bei diesem Eckball im Übrigen wie Hummels für seinen Innenverteidigerkollegen blockte und wie präzise der Ball hinter die Deckungszone gespielt wurde.
Das 1:1 brachte einen ersten Bruch in der Partie. Von da an gelang es den Borussen nicht mehr den Spielaufbau der Bayern zu lenken, was gewiss auch damit zu tun hatte, dass Thiago nun stärker zur rechten Seite verschob. Robben war besser im Spiel und die zuvor noch stabil wirkende gruppentaktische Abstimmung zwischen Schmelzer und Guerreiro wurde auf den Prüfstand gestellt. In Eins-gegen-Eins-Duellen hatten beide erwartungsgemäß ihre Probleme. Durch die Einbindung von Thiago infolge der geänderten Achterbalance wurden sie häufiger in diese Duelle gezwungen.
Hinzu kamen effektive Bewegungen im Zentrum, die den BVB vor Schwierigkeiten stellten. Beispielsweise wurden nach Initialpässen von Lahm Vorstöße durch den rechten Halbraum unternommen, was Weigl und seine Kollegen vor eine knifflige Entscheidung stellte: entweder mitgehen oder einen Lauf hinter die eigene Abwehrlinie erlauben.
An vielen Ecken wurde der BVB passiver. Außen konzentrierte man sich auf das Blocken von Laufwegen. Im Zentrum gab es wenig Zugriff und keine Gefahr im Umschalten. Bayern konnte mit mehreren Akteuren durch die Mitte vorstoßen, ohne etwaige Konter des BVB zu fürchten, weil die Balleroberungen schlichtweg ausblieben.
Das 2:1 durch Hummels kurz vor der Halbzeitpause war insofern ein Resultat aus mehreren kleinen Problemchen. In dieser Szene spielt Alonso einen schönen Diagonalball auf Ribéry, der an der Außenseite von Piszczek den Ball annehmen kann. Der Pole und Dembélé versuchen den Weg nach innen zu schließen, doch Ribéry schafft es das Spielgerät durch die Enge auf Hummels zu bringen, der vor den Innenverteidigern Dortmunds zum Abschluss kommt.
Umstellung und Umschwung
Tuchel reagierte auf zwei Probleme aus Halbzeit eins: Er änderte Dembélés Rolle und die Struktur im Zentrum. Dies alles mit einem Wechsel zur Pause: Erik Durm für Gonzalo Castro. Nun spielte der BVB in einer Art 4-1-2-2-1. Weigl war der Solosechser vor der Abwehr. Dembélé und Reus spielten auf den Halbpositionen hinter Aubameyang. Und die leicht asymmetrische Rolle von Guerreiro erlaubte einerseits die Unterstützung Weigls und zugleich das Zusammenspiel mit Schmelzer auf dem Flügel.
Die Bayern reagierten derweil mit einer Anpassung ihrer eigenen Mittelfeldstruktur. Vidal bildete mit Alonso immer häufiger eine Doppelsechs gegen die Halbstürmer des BVB, während Thiago als verkappter Zehner davor blieb. Damit wurde weniger Druck auf Weigl ausgeübt – wahrscheinlich auch verursacht durch die Furcht von Reus und Dembélé im Rücken ausgekontert zu werden und die situativen Halbraumüberladungen der beiden Dortmunder Halbspieler.
Im Aufbau des BVB war Schmelzer zumeist etwas tiefer eingebunden, was zur Folge hatte, dass Bayerns Angriffspressing leichter ausgespielt wurde. In Halbzeit eins hatten die Bayern hier und da Dortmund schon am Strafraum zugestellt und damit gelegentlich Erfolg gehabt. Ineffektiver sind die Münchener in diesen Tagen allerdings, wenn sie sich erst aus der Grundordnung heraus nach vorn bewegen. Das wurde schon gegen Hoffenheim und auch Real Madrid in den vergangenen Wochen deutlich. Die Läufe sind meist nicht intensiv genug und die Laufwege ohne exaktes Ziel. Vielfach blieb unklar, ob nun außen der Passweg attackiert oder doch eher eine Anspielstation zugestellt oder schlichtweg der Halbraum blockiert werden sollte.
Hinzu kamen in der Arbeit gegen den Ball gelegentliche Vorstöße von Thiago auf den zweiten Innenverteidiger von Dortmund, wodurch wiederum Weigl frei im Sechserraum war, was zum Teil Robben zum Einrücken bewegte, ohne dass der Niederländer nah genug am Dortmunder Mittelfeldakteur war, dafür aber Schmelzer die Außenbahn überließ.
Doch nicht nur das hohe Pressing erwies sich als Problem für den FC Bayern. Auch im tiefen Mittelfeldpressing blieben die Roten oftmals ohne Zugriff. Stellvertretend dafür steht das Tor zum 2:2, vor dem Dembélé im tiefen Halbraum den Ball übernimmt, auf die Mittelfeldlinie zudribbelt, von Ribéry zu spät gestellt wird und die Ablage auf Durm sowie der anschließende Lauf hinter die bayerische Abwehrlinie nicht beantwortet werden.
Der dritte Dortmunder Treffer folgte aus einem Ballverlust Lahms gegen Guerreiro. Reus trieb das Umschaltspiel an und am Ende des Angriffs durfte Dembélé seine individuelle Klasse im Strafraum der Münchener unter Beweis stellen.
Fazit
Individuelle Fehler passieren und sind nur schwerlich zu verhindern. Aber der taktische Einbruch, den Bayern in der zweiten Halbzeit erlebte, wirft doch Fragen auf. Ancelottis einzige Antwort per Wechsel blieb die Hereinnahme von Müller, der schon wie in den wenigen Minuten gegen Real Madrid gut als Sekundärspitze hinter Lewandowski fungierte und sich in die ballfernen Lücken bewegen konnte.
Doch dass sich die Bayern de facto auf ein Spiel zwischen den Strafräumen mit wenig Kompaktheit und viel Umschalten einließen, wurde vom italienischen Trainer nicht verhindert. Die Probleme im Pressing – sei es nun im Angriffspressing oder auch im Übergang zum tiefen Mittelfeldpressing – wurden in dieser Saison nie vollends abgestellt und der BVB war nicht die erste Mannschaft, die eben diese Schwäche ausnutzte.
Natürlich hatte der FC Bayern noch weitere Chancen um die Partie frühzeitig zu entscheiden. Und hätte Tuchel nicht die entscheidende Umstellung zur Halbzeit vorgenommen, würden wir wohl nicht über die Unzulänglichkeit der Bayern sprechen. Zur Gesamtanalyse des Spiels gehört auch dazu, dass Tuchels Ansatz in den ersten 45 Minuten nicht aufging. Dies hatte nicht nur mit dem fehlenden Zugriff zentral zu tun, sondern auch mit einem Dembélé der sich in der falschen Rolle als Verteidiger versuchen sollte.
Dass Durm dann allerdings nicht positionsgetreu für den Franzosen kommt und die eher auf ihn zugeschnittene Position übernimmt, aber stattdessen die Halbpositionen verstärkt – mit dem Risiko, Weigl könne überrannt werden – zeugt davon, dass Dortmund in der zweiten Halbzeit das taktische Duell für sich entschied. Die Partie war keine Sternstunde des deutschen Fußballs, lieferte allerdings viel Material für kurz- und mittelfristige Analyse zum Zustand beider Teams.
125 Kommentare Alle anzeigen
FAB 8. Mai 2017 um 17:21
@Koom
„Es gibt Beispiele, dass man auch von „unten“ und mit aktuell weniger Mitteln in diese Phalanx da oben eindringen kann.“
Es gibt dafür kein einziges Beispiel!
Atletico muss erstmal in der Nach-Simeone Zeit beweisen, dass der Erfolg nachhaltig ist. Davon abgesehen, gibt Atletico auch immer wieder Topstars ab: Arda Turan, Diego Costa. Mal sehen wo Griezeman nächste Saison spielt. Der BVB ist nach meiner Einschätzung unter Tuchel sehr nahe dran, wieder an die Erfolge von Klopp anzuknüpfen und zwar genau deshalb, weil man auf Talente wie Weigl und Dembele setzt. Ob jetzt Verpflichtungen wie Mor oder Isak Sinn machen sei dahingestellt, aber der Versuch mit namhaften, erfahrenen Spielern wie Rode, Götze und Schürrle den Substanzverlust von Hummels, Gündogan, Mkhitaryan zu ersetzen, ist ja gescheitert. Der BVB ist erst seit Kurzem Schuldenfrei und ich denke seitdem ist man auch bereit beim Gehalt nahe an die Bayerngehälter heranzugehen. Bei Reus hat man das ja meines Wissens gemacht. Ich denke Auba und in Zukunft Weigl oder Dembele können in Dortmund sicherlich sehr gut verdienen. Aber die Mainzer maxime (Jedes jahr 5 % mehr reicht halt nicht), Bayern und Co. drehen die Finanzschraube einfach immer noch weiter. Sollte Alexis Sanchez tatsächlich zu den Bayern gehen, wäre der nächste Rekord gebrochen.
Davon abgesehen, schau dir die Transfers von Man City an: Gabriel Jesus (19), Sane (20), Stones (22), letzte Saison Sterling (20). Die machen das nicht weil sie so wenig Geld haben, als das sie nicht auch gestandene Profis verpflichten könnten, aber mit welchen Transfers (außer den utopischen wie Messi und Ronaldo) ist es denn bitteschön möglich in die Ebene Barca, Real, Bayern aufzusteigen???
Streisse 6. Mai 2017 um 22:32
Ich weiß gar nicht wie man darauf kommt, dass sich Tuchels Umstellungen in der Halbzeit direkt positiv auf das Spiel des BVB ausgewirkt haben!? Sorry, aber Bayern war drückend überlegen und hat gerade in der zweiten Hälfte teilweise Katz und Maus mit dem BVB gespielt….
Aber genau in der Phase haben die Bayern dann irgendwann 2 Gänge runter geschalten. Und das nutzt dann auch mal der BVB gut aus. Glaube ja weniger, dass das an den Umstellungen lag, sondern an der Arroganz der Bayern selbst – vorn wie hinten.
Die Saison war, trotz Carlo A., gut. Aber taktisch sind die Bayern unter ihm mindestens 2 Klassen schlechter – LEIDER.
hoerstle 5. Mai 2017 um 21:27
Ich verstehe leider gerade nicht ganz, wie man direkt auf Kommentare antwortet, sorry. Habe mehrfach gelesen, dass Ancelotti einen ganz anderen Ansatz als Guardiola hätte…das kann ich irgendwie nicht ganz nachvollziehen. Er baut die fünfer Angriffslinie mit Hilfe der Aussenverteidiger auf, wohingegen Pep dafür Leute aus dem MF vorgezogen und dann die AV ins Mittelfeld rücken lassen, aber grundsätzlich ist doch offensiv eigentlich immer noch vieles ähnlich, der Weg dorthin ist halt etwas anders. Konter gab es bei Guardiola auch, auch er hat Wert auf Bteite im Angriff gesetzt, nur halt direkt über die La/Ra. Hmmm okee und das Pressing unterscheidet sich natürlich…unter Ancelotti kommt es mir etwas sparsamer, aber dafür pubktuell „kloppisierter“ zu sein, während Guardiola eher die Passwege versperrt hat. Dennoch lautet das Credo immernoch vornehmlich Ballbesitz mit 2er/3er Aufbaulinie hinten, oder?
tobit 6. Mai 2017 um 18:00
Du sprichst es schon richtig an: Die Offensivpositionen werden anders besetzt und es wird anders gepresst. Dass Bayern immer viel den Ball haben wird, sollte nicht dazu verleiten, Änderungen in der Spielweise zu übersehen.
Was sich für meine Begriffe vor allem geändert hat ist die Fokussierung und Intensität der Spieler. Während unter Guardiola in 90% der Spiele (also denen bevor der Meistertitel feststand) die volle Konzentration und Motivation jedes einzelnen erkennbar war, sieht man jetzt immer wieder Spiele, die mit halbem Einsatz glücklich in der Nachspielzeit entschieden werden. Gerade Vidal schlurfte meist ziemlich lustlos durch die Gegend (und war auch schlecht eingebunden). Ein weiterer Punkt ist die mangelnde Rotation seit dem Winter. Es spielte eigentlich nur die Topelf, Costa, Müller und Rafinha – alle anderen füllen nur die Bank auf oder dürfen jetzt in den drei letzten (völlig bedeutungslosen) Spielen ein bisschen mitmachen.
Auch im Spiel gibt es taktisch/strategische Änderungen. Es wird weiterhin mit den IV und einem ab-/herauskippenden Sechser aufgebaut, aber die Verbindung nach vorne hängt einzig und allein an Thiago, der dann die Bälle relativ schnell auf die „Außen“ verteilt. Ribery und Robben haben (gerade defensiv) alle Freiheiten, was zwar immer wieder für Gefahr sorgt (gerade wenn beide über links kombinieren), aber zu Lasten der Struktur und Balance geht. Durch die Freirollen sind die Außen nicht immer besetzt, und wenn sind dort oft Alaba oder Lahm zu finden, die jetzt nicht die Durchbruchsgefahr zur Grundlinie haben wie Costa, Coman, Robben oder Ribery.
Ein weiteres Problem ist das deutlich unsauberere Positionsspiel im Aufbau (es macht halt einen Unterschied ob da Lahm spielt oder Vidal), was dem Gegner immer wieder Zugriff ermöglicht und beim Übergang in die gegnerische Hälfte zu so manchem gefährlichen Ballverlust geführt hat.
Im Pressing ist nichts mehr vom kollektiven Ansatz Guardiolas zu sehen, es beschränkt sich auf „Standard“aktionen (die jeder Verein hinbekommt) und individuelle Glanzmomente von Lewy und Thiago (da sich Robben und Ribery kaum noch beteiligen).
HW 7. Mai 2017 um 10:10
Was du beschreibst sind doch aber taktische Änderungen. Klar, die Strategie ist nicht komplett anders. Aber wie du sagst: der Weg zum Ziel ist ein anderer.
Ob und was genau besser und schlechter ist hängt natürlich von Gegner und vielen anderen Faktoren ab. Wir wissen ja nicht wie Guardiola die Bayern diese Saison hätte spielen lassen. Genauso wie wir nicht wissen wie Heynckes die Bayern hätte spielen lassen, wäre er ein Jahr länger geblieben. So ist das einfach bei Trainerwechseln.
Gh 2. Mai 2017 um 11:33
Bin Anti-Bayern, aber Uli Hoeneß Missmanagement vorzuwerfen ist so dermaßen absurd wie der Anspruch, dass jede Personaentscheidung ins Schwarze trifft. Zur Erinnerung: Henynckes wollte nur 2 Jahre machen, Pep wollte nur 3 machen. Man wollte einen erfahrenen Trainer um die alternde Mannschaft sanft in die Verjüngung zu moderieren. Ein radikaler Schnitt mit 2 wasted years sind für Bayern keine Option, so interessant das für einen Taktikliebhaber wäre. Bayern bräuchte v.a. stärkere nationale Konkurrenz, die machen sie selbst aber regelmäßig kaputt. Und auf dem internationalen Transfermarkt scheinen sie bei den Spielern nicht mehr die erste bis zehnte Adresse zu sein. Meine Prognose: Bayern wird keinen adäquaten Ersatz für RibRob, Lahm und Co finden, McInallis, Bernados und Mazinhos werden verpflichtet, die Liga wird wie in den 80ern dominiert und international bricht Eiszeit an inkl. CL-Ausscheiden durch Hackentrick gegen Porto. Tja, hätte ja auch niemand gedacht, dass Kohl mal in Gestalt von Angela Merkel reinkarniert. An alle Jüngeren: wehrt euch gegen die Rückker der 80er, sie waren grausam!!
CHR4 2. Mai 2017 um 15:11
natürlich locken die Bayern Top-Spieler der BL an, aber sie sind da ja nur EIN finanzstarker Club unter anderen (ausländlischen …)
mir blutet immer das Herz, wenn ich z.B. sehe, dass bei Schalke immer, wenn da was am entstehen ist, die tollen Spieler gehen – was aus Wolfsburg innerhalb von zwei Jahren geworden ist, ist ebenso traurig für den deutschen Fußball
die Entwicklung im Fußball läuft da leider genau den gleichen schädlichen Konzentrationsweg wie der Rest der Gesellschaft – schaut man sich die geplanten Veränderungen in der Ausschüttung der CL-Gelder an, wird sich das sogar noch weiter beschleunigen
vom Financial-Fairplay hatte ich mir mehr erhofft – mittlerweile haben die Vereine und Spieler da aber wieder zu viele Umgehungsmöglichkeiten gefunden
Palazzo 2. Mai 2017 um 15:19
Bin Pro – Bayern, gebe Dir bezüglich der Prognose recht . Muß doch stichpunktartig einiges relativieren . anfang der 80 er haben wir ziemlich gut gespielt ( Pal Csernai , Breitner , Rummenigge und Lerby ) Mitte der 80 wurde es finster und dauerte bis Trapattoni .Dies ist doch zu erklären da wir fast zahlungsunfähig waren und ab dem Verkauf von Rummenigge erst Strukturen aufgebaut und etabliert werden konnten ( u.a. auch die Schmutzereien mit Kirch ) Jetzt ist die Basis doch eine ganz andere und trotzdem hab ich auch das Gefühl, das es doch noch “ versaubäutelt “ wird .
Der Tausch Kroos / Alonso hat netto richtig Geld gekostet . Weigl spielt in Dortmund , Gündogan nicht bei uns und bei Draxler und Sane haben wir nicht mehr mitgeboten ( oder konnten es nicht, da kein Platz oder kein Geld ). Welche Entwicklung unsere Spieler( Sanches, Coman und Kimmich ) in den nächsten zwei Jahren nehmen werden wissen, wir nicht , aber ich bin nicht optimistisch.
Übigens ,Marko Verratti möcht mit PSG über seine Zukunft sprechen .
Winter is comming
Gh 2. Mai 2017 um 17:00
@Palazzo: absolut richtig. Das Festgeld kam nicht aus dem nirgendwo. Habe den Eindruck, Hoeneß will nicht den nächsten Schritt in die hochspekuative Ebene vollziehen, Megatransfers etc., da müsste er viel Einfluss an einen externen Sponsor abgeben und das „solide Wirtschaften“ verlassen. Dies hat Rückwirkung auf die gesamte Bundelsiga, wo ja selbst Brause-Dietrich sich in Bescheidenheit und Talententwicklung übt. Hoeneß hofft immer noch, dass die Hochschuldenclubs vom Markt verschwinden, nur ist es mittlerweile so: wenn DIE platzen, dann platzen alle mit.
tobit 2. Mai 2017 um 23:07
Wer sind denn die „Hochschulden-Clubs“?
PSG/City/Chelsea werden durch Kräfte außerhalb des Fussballkreislaufs finanziert (machen also keine Schulden). Real/Barca/United generieren einfach überall brutal viel Geld. Es bleiben von den großen Teams also nur noch Monaco, Dortmund, Juventus, Atletico und die restlichen Engländer übrig, die man darunter fassen könnte. Juve und Monaco haben auch gewisse Fussballfremde Geldquellen (Agnelli bzw Rybolowlew), die Engländer bekommen das Geld nachgeworfen, Dortmund ist Schuldenfrei. Bleibt also nur noch Atletico, die ihre Schuldensituation bereits deutlich verbessert haben.
Sollte der TV-Vertrag (bzw die Verträge) der Engländer tatsächlich Plätzen, wird das wahrscheinlich einen deutlichen Impact haben, alles andere würde immer nur einzelne Clubs betreffen.
Ich sehe daher nicht, dass Hoeneß auf das Platzen einer Blase warten könnte (oder sollte). Ansonsten bin ich aber bei dir/euch, dass Hoeneß am liebsten wieder 2009 hätte, wo man noch Erfolg „kaufen“ konnte, ohne am ganz großen Rad drehen zu müssen.
Gh 3. Mai 2017 um 09:37
Wenn du Schulden im engeren Sinn meinst hast du Recht. Allerdings sind alle diese Clubs direkt oder indirekt mit riesigen Beträgen kreditfinanziert. Die Gewinne decken derzeit in keister Weise die Ausgaben. Die „Mäzene“ sind im Grunde Gläubiger, irgendwann werden die ihr Geld wieder rausholen wollen oder es abziehen. Real wird massiv aus öffentlicher Hand subventioniert, Barca ebenso (Bayern über den Stadionbau natürlich auch, wenn auch in einem vergleichbar viel geringerem Maß). All dies kann von einem auf den anderen Tag wegfallen (neuer Stadtrat in Madrid und das wars für Florentino). Und dann platzt die Blase. Allein dass man das US-amerikanische Profisportsystem fast schon als kommunistisch im Vergleich wahrnimmt spricht Bände.
tobit 3. Mai 2017 um 14:13
Kannst du die Subventionen der Stadt Madrid (oder des Staates) für Real genauer ausführen? Ich habe bisher nirgendwo von einem Volumen gelesen oder gehört, das bei Wegfall ernsthaft existenzbedrohend für Real oder das europäische Fussball-Finanzsystem sein sollte/könnte. Es gibt immer wieder fragwürdige Grundstücksgeschäfte mit der Stadt und sicherlich auch einige andere Korruptionsgeschichten, aber der Löwenanteil der Ausgaben Reals wird auf völlig legalem Wege gedeckt.
Barca hat generell finde ich eine sehr ungünstige Kostenstruktur, die maßgeblich von den bescheuerten Gehältern von MSN und ein paar sehr teuren Reservisten bestimmt wird. Auch da ist sicherlich einiges an Korruption und „eine Hand wäscht die andere“ im Spiel aber wieder nichts existenzbedrohendes bekannt.
Solltest du auf den Vereinsstatus von Barca und Real anspielen: Das ist sicherlich ein massiver Vorteil den sie (und auch Athletic und Osasuna) gegenüber ihren nationalen Konkurrenten haben, der aber wohl in näherer Zeit nicht aufgehoben wird.
Die Mäzene von Chelsea, City und PSG sind eben keine Gläubiger. Es besteht keine rechtliche Basis für eine schnelle Rückführung der eingesetzten Summen (zumindest ist darüber nichts bekannt) und bisher macht es auch nicht den Eindruck, als seie das überhaupt geplant. Die einzigen Wege zur Rückführung sind Dividendenausschüttungen (die im Normalfall an den Gewinn gekoppelt sind) oder ein sehr teurer Weiterverkauf (wo man aber kaum sein gesamtes Investitionsvolumen zurückerhält).
Anders gelagert sind da die Fälle Leipzig/RedBull und United/Glazer.
Die Glazer-Holding hat bei der Übernahme die Kosten dafür auch den Verein abgewälzt. Das hatte einen jahrelangen Investitionsstau, aber erst nach Fergusons Abgang einen Leistungseinbruch zur Folge. Nach der Rückführung der Initialkosten wird jetzt wieder aus der Vereinssubstanz investiert (und das nicht zu knapp).
Leipzig dagegen ist formal ein eingetragener Verein (mit sehr wenigen Mitgliedern), der enorme Kreditverpflichtungen gegenüber dem Red Bull Konzern angehäuft hat (zwecks Ablösefinanzierung bei Spielerkäufen). Diese werden irgendwann zurückbezahlt, oder z.B. durch eine Umwandlung in Unternehmensanteile abgegolten werden müssen, da der RB-Konzern diese nicht einfach wird erlassen können (wäre wirtschaftlich fahrlässig und potentiell geschäftsschädigend).
Ein weiterer deutscher Sonderfall ist Hoffenheim/Hopp/SAP. Hopps private Investitionen sind mittlerweile sehr gering und der Club finanziert sich aus dem laufenden Betrieb (mit großzügigem SAP-Sponsoring) und aus Ablösesummen. Auch da gibt es keine Anstalten, Gelder an den Mäzen zurückzuführen (der diese Investitionen durch Anteilskäufe getätigt hat).
Gh 3. Mai 2017 um 15:12
Mir geht es jetzt nicht darum, die Finanzierung eines besonderen Vereines zu beleuchten. Wobei, nebenbei gesagt, eine juristische Überprüfung der Real-Immobiliengeschäfte locker für eine Insolvenz des Vereins reichen dürfte (das sind nicht ein paar Olivenhaine). Allerdings muss man kein initmer Kenner der Clubfinanzierungen sein, um zu erkennen, dass wir es hier Finanzblase zu tun haben: bei eigentlich konstantem output (sprich: die eigentlichen Spiele) werden immer höhere Summen zirkuliert, für die es eben nicht annähernd einen reellen Gegenwert gibt. Das ganze klappt, solange alle am Markt weitermachen, aber eines Tages wird an irgendeiner Tür des Systems die Realität anklopfen. Ich glaube, dass diese Tür die Immobiliengeschäfte sein werden, über die dann das ganze System bröckeln wird. Zu glauben, es würde ewig in einer Spirale nach oben weitergehen ist Banane, konsolidieren ist aber nicht mehr, da bereits zuviel spekulative Werte im System stecken.
tobit 3. Mai 2017 um 20:39
Ich denke auch, dass das Gesamtsystem eine Blase ist. Allerdings sehe ich in den nächsten Jahren kein Platzen, da noch ausreichende Wachstumsmöglichkeiten vorhanden sind. Allein die Bedeutung und Vermarktung des Fussballs in den USA (gigantisches Sponsoren- und Werbepotential), China (pumpen aktuell schon unfassbare Summen ins System) und Indien (noch ganz am Anfang der Entwicklung) birgt dermaßen viel Wachstumspotential (gerade was Cash und Mäzene, aber auch Merchandise angeht), dass dies selbst eine Stagnation der Heimatmärkte abfangen sollte.
Ein weiterer Punkt der die Stabilität der Blase erstmal erhöht, ihr Platzen aber auf lange Sicht wahrscheinlicher macht, ist die Konzentration der Gelder auf die absoluten Supermächte. Selbst wenn die Geldmenge im System irgendwann stagnieren sollte, wird die ECA einen Weg finden die Finanzierung der Großkopferten zu erhalten (was dann das Platzen verzögert, aber nicht zwangsweise aufhält).
Aktuell denke ich auch nicht, dass der Absturz eines der Großkopferten zu einem Platzen der Gesamtblase führen würde. Der Fussball hat auch den kompletten Einbruch Italiens und einen starken Abfall der Engländer überlebt.
Zu den Grundstücksgeschäften: Klar liegen da etliche Verdachtsmomente gerade bei Real vor, ich weiß aber nicht, was davon bereits verjährt oder nach EU-Recht abgegolten wurde (ich meine mich an einige Rückzahlungsurteile auf EU-Ebene zu erinnern, kann mich da aber auch täuschen).
Bei Bayern fand ich die Passivität der Ermittler in Hoeneß‘ Steueraffäre durchaus auffällig. Da wurde einfach irgendwann aufgehört zu graben. Ich halte da eine Verstrickung von Bayern-Geldern in seine „Zockerei“ durchaus für möglich.
Insgesamt liegen wir glaube ich nicht so weit auseinander. Mich hatte nur das „Vorurteil“ von den Hochschuldenklubs, die zwangsweise irgendwann abstürzen, gestört.
Gh 4. Mai 2017 um 09:24
@tobit: so seh ich das auch. Ich sehe im Gebaren von den „Großen“ auch keine Wettbewerbsverzerrung, die verhalten sich, wie sich Monopolisten in anderen Bereichen halt auch verhalten. Die derzeitigen Bedingungen geben das eben her. Was aber passiert, wenn einer der Großen dann mal tatsächlich abgeschossen wird (Juve) hat man in Italien gesehen.
Ob die neuen Märkte den Schneeball länger am Rollen halten können muss man abwarten, ich bin da eher skeptisch, da v.a. die USA, aber auch Indien auf Fußball gut verzichten können, die Sache also auch ganz schnell wieder fallen lassen können, während in Europa halt eine ganze Infrastruktur plötzlich ohne Inhalt da stünde.
Torpedo9 4. Mai 2017 um 10:01
@ tobit . Ich glaube die Fussballindustrie wird letztendlich erkennen , dass Europa das Kerngebiet dieses Sports ist . Analog zu den amerikanischen Profiligen , die auch immer wieder auf Expansion setzen und versuchen neue Märkte zu erschliessen und dabei wenig erfolgreich sind , wird die Fussballindustrie sich auch in Indien , USA die Finger bzw. Geld verbrennen . Wie auch in den amerikanischen Ligen werden wir erleben , dass letztendlich Fussballvereine wie die US-Franchises gehandelt und verkauft werden..
FAB 4. Mai 2017 um 08:33
„wehrt euch gegen die Rückkehr der 80er, sie waren grausam!!“
Ich fand die 80er Jahre schön. Man hat die Spiele am Radio verfolgt und abends in der Sportschau. „Die Welt war noch in Ordnung“ – haha. Beim Schauen hat man den Ball verfolgt und sich gefreut wenn er ins Tor gefallen ist.
Heute: Man muss schon Taktikseiten lesen, weil man von den vielen Live Spielen eigentlich total übersättigt ist. Man schaut gar nicht mehr auf den Ball, sondern auf Staffelungen und Positionierungen. Eigentlich ziemlich Öde…
Tatsächlich erinnert mich der Fussball der 10er Jahre an die Musikindustrie in den 80ern.
Man ist glaube ich auf seinem Zenit. Man hat Stars wie Ronaldo und Messi, so wie im Musikgeschäft der 80er Michael Jackson und Madonna. Kaum vorstellbar dass die Vermarktung noch weiter ausgedehnt werden kann, wenn man in England jetzt schon über 1000 Pfund bezahlen soll, um alle Spiele sehen zu können.
Wie geht es weiter (analog zu den 90er in der Musikindustrie). Die Flagschiffe wie Barca, Real und Bayern werden uns zwar irgendwie erhalten bleiben, aber es wird wohl keine neuen Topstars wie Ronaldo und Messi mehr geben. Eher entstehen sehr junge Retortenclubs wie RBL usws. mit sehr jungen Spielern, deren Namen Kommen und gehen. Ich meine nächstes Jahr haben wir vielleicht schon Mbappe und Dybala wieder vergessen, so wie heute auch schon Martial und Renato Sanches. Immer schneller läuft die Maschinerie mit neuen Spielern, neuen Spielsystemen, taktischen Innovationen.
Das die Premier League schon längst in der Krise ist, merkt man doch dadurch, dass man schon Trainer als Stars verpflichten muss. Dort findet doch kein einziger Spieler diesselbe Beachtung wie Conte, Guardiola, Klopp und Mourinho. Was wird nach diesen Trainern folgen, wenn die Ablösesummen und Gehälter nicht weiter erhöht werden können. Für Fussball in China wird sich sowieso keiner interessieren. Die Vermarktung wird immer weiter zerstückelt, sodass man dazu gezwungen wird, sich einzelne Events herauszupicken, damit es bezahlbar bleibt. Man wird versuchen viel „Drumherum“ zu vermarkten. Es kommen sozusagen die Castingshows der Fussballindustrie. Es wird also alles noch langweiliger. Kaum vorstellbar, dass die nachkommenden Generationen unter diesen Bedingungen sich besonders für Fussball interessieren werden, d.h. es wird immer weniger Konsumenten für die überteuerte Ware Fussball geben. Ein Teufelskreis, die Einnahmen der Fussballindustrie werden irgendwann rückläufig sein. Sinkende Einnahmen? sind immer Gift für einen Wirtschaftszweig. Barca, Real und Bayern werden immer noch überleben können, aber das ganze System zerfasert sich immer mehr. Bläht sich noch mehr auf, man erfindet irgendwelche neuen Events, bei denen dann am Ende Fussball gar nicht mehr richtig im Vordergrund steht. Keine guten Aussichten.
Torpedo9 4. Mai 2017 um 09:37
ich fand die 80 er auch schön , allerdings möchte ich sie in fussballerischer Hinsicht nicht wieder erleben müssen.Ich glaube keineswegs, dass der Fussball seinen Zenit erreicht hat , weil es sehr wohl noch wahnsinnig viel Potential in spieltaktischer Hinsicht gibt und auch die Kaderplanung ausbaufähig ist . Wir werden wohl noch Kaderstärken mit 30 und mehr Topp ausgebildeten Spielern erleben , die dann vom Trainerteam und der Spielanalyseabteilung für das jeweilig anstehende Spiel zusammengestellt und instruiert werden .Topstars wird es im Fussball immer geben , hat´s zu jeder Zeit gegeben ( Puskas, Di Stefano , George Best , Pele , Beckenbauer , Cruyff , Maradonna , Platini, Ronaldo , Ronaldinho usw. usw. ) Wieso nach Ronaldo und Messi Schluss sein soll , versteh ich nicht . Vielversprechende one day Heroes oder one season Heroes hat´s auch gegeben . Ronaldo und auch Messi waren auch Top Talente die in Clubs gekommen sind und zu Trainern , die auf sie bauten bzw. ihre Spielsysteme auf deren individuellen Stärken ausrichteten . Letztendlich setzt sich heutzutage dann die Qualität verbunden mit geschicktem Management und Glamourfaktor dann durch ( das hat der Fussball von den amerikanischen Profiligen übernommen ). das die Premier League nunmehr auf Star Trainer setzt , liegt darin , dass die Trainerausbildung auf der Insel jahrelang stiefmütterlich behandelt wurde und man von der Vereinsführungen wohl erkannt hat , dass die großen individuell sehr gut bis hervorragend bestückten Kader nur durch sehr gute Trainer zu handlen sind bzw. nur dadurch auf Toppniveau zu bringen sind . Klar werden die großen Vereine weiterhin oben stehen , weil sie bereits in ihrer Struktur und in ihrer Finanzpower den allermeisten enteilt sind und auch so gut es geht ihr Standing in den Gremien verteidigen bzw. die anderen wegbeissen und nur mit Brosamen abspeisen. Ich gebe Dir dahingehend vollkommen recht , dass der Profifussball spürbaar an einem Scheideweg steht und es auch sein kann , dass er noch mehr zu einem Showprodukt verkommt . Wir werden es erleben. Wir haben Madonna und Michael Jackson überstanden – und eben auch Dieter Adler und Ernst Huberty .
HW 7. Mai 2017 um 10:21
Nostalgiewelle oder was? Früher war nicht alles gut und auch nicht alles schlecht. Warum gerade die 80er so toll (oder so schlecht) waren verstehe ich nicht. Vielleicht trifft das auf einen einzelnen Verein zu, aber insgesamt ist eine Dekade nur eine weitere Dekade. Lassen wir uns bloß nicht einreden irgendeine Dekade wäre so besonders nur weil Redakteur in ihr aufgewachsen ist. Das ist meist nur eine Frage des Geschmacks.
Dr. Acula 1. Mai 2017 um 20:53
wer den ultimativen beweis braucht, dass bayern spiele für fans wie mich, die primär wert auf schönes spiel legen und auf titel pfeifen, dramatisch an wert verloren haben, ist die anzahl der analysen auf SV. früher waren ich schätze mal 30-50% der bayern-spiele als analyse hier zu finden. jetzt eben noch die spiele gg den BVB (dank tuchel lol), die „großen“ spiele in der CL und vllt noch obligatorisches wie vllt mal dfb-pokal. ansonsten eben, wenn sich ein trainer was feines gg diese 4-2-3-1-scheiße einfallen lässt. mehr beweis braucht man net
blub 1. Mai 2017 um 22:24
Das weniger Bayernspiele analysiert werden hat aber auch damit zu tun das es generell weniger analysen auf sv.de gibt.
Tobi hat ne Frau, n Kind und muss Geld verdienen (sprich: Texte nicht für SV.de schreiben), RM ist bei RB und MR hat auch ne Mannschaft die Samstags spielt, außerdem ist er n fauler Hund;) das war aber schon immer so.
Rene ist da sicher der größte „Verlust“, der hat früher alleine pro Wochenende 4 Spiele weganalysiert, da war selten das Bayernspiel nicht dabei.
Carlo und die abwesenheit von irgendwelchen krassen veränderungen waren sicher auch ein faktor, aber nicht der hauptfaktor.
CHR4 2. Mai 2017 um 04:50
Spieltag/Runde (x = Analyse; – = keine Analyse; v = Vorschau)
Bundesliga:
Hinrunde: 1x 2- 3x 4x 5x 6x 7x 8- 9x 10x 11- 12x 13x 14x 15- 16v 17x
Rückrunde: 18x 19x 20- 21x 22x 23- 24- 25- 26- 27x 28x 29- 30- 31-
Summe BL: 18/31 Analysen + 1 Vorbericht
Supercup: 1/1
DFB-Pokal: 1- 2- AF- VF- HFx
Summe Pokal: 1/5
CL: 1- 2x 3- 4- 5- 6- AFx- VFx-
Summe CL: 3/10 Analysen
Summe alle Wettbewerbe: 23(+1 Vb) von 47
auch diese Sasion wurden also fast 50% der Bayern-Spiele analysiert, was ich allerdings an anderer Stelle bereits kritisiert habe, ist die Spielauswahl:
wenig Analysen der CL-Gruppenphase + frühe DFB-Pokalrunden + Rückspiel gegen Arsenal: von mir aus – geschenkt!
allerdings in der Hinrunde die Spiele gegen Dortmund und Leipzig (immerhin ja Vorbericht) und insbesondere in der CL das Rüclspiel in Madrid nicht zu analysieren, wirft bei mir Fragezeichen auf, gerade wenn dann aus weniger wichtigen Spielen zwischen den wichtigen CL-Partien Analysen erstellt werden …
blub 1. Mai 2017 um 22:25
Nicht zu vergessen: Ich bin kein Bayernfan, aber mir gehts ansonsten wie dir.
sharpe 28. April 2017 um 10:09
für mich als Bayern-Fan sind die Analysen der Spiele diese Saison total langweilig. Das liegt aber nicht an den Schreibern, sondern an der Spielweise / Taktik der Bayern, die so vorhersehbar ist wie das Aufgehen der Sonne. Ich will mich auch gar nicht auf Ancelotti einschießen, denn man wusste ja genau, was man bekommt. Und fast hätte es auch geklappt. Wäre Lewa im Buli-Spiel an Bürki vorbeigelaufen und hätte nicht den Elfer gesucht, hätte er sich nicht verletzt und in Topform gg Real und den BVB zur Verfügung gestanden. Keiner weiß, wie es dann ausgegangen wäre. Aber kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Und mir macht es nicht mal viel aus, weil mir Bayerns Spiel diese Saison nicht gefällt. Ich vermisse Pep. Man hätte auch mit Carlo alles gewinnen können, soviel hat nicht gefehlt, aber insgesamt gefällt mir die Richtung nicht, in die sich Bayern entwickelt. Alte Mannschaft, alter Trainer, altes Präsidium, da braucht man sich nicht wundern, wenn man Entwicklungen verschläft. Mit Sammer und Pep war man top aufgestellt, jetzt fehlt einiges, wenigstens haben wir Reschke.
Dr. Acula 28. April 2017 um 15:38
Größtenteils bin ich ganz deiner Meinung. Dass ein altes Präsidium zwangsläufig Veränderungen verschlägt, sei mal dahin gestellt. Aber ein Satz von dir gefällt mir besonders gut: „man wusste was man bekommt“. Jeder der vor der aktuellen Saison froh war, Pep los zu sein und Carlo als Heilsbringer gesehen haben und sich bettt beschweren, sind Ignoranten. Man wusste eben was man bekommt. Das ist grad keine Überraschung. Genauso wie die Leute die rumgeheult haben, Pep würde Wert auf Dominanz legen….
Schorsch 28. April 2017 um 18:19
„Alte Mannschaft, alter Trainer, altes Präsidium, da braucht man sich nicht wundern, wenn man Entwicklungen verschläft. Mit Sammer und Pep war man top aufgestellt, jetzt fehlt einiges, wenigstens haben wir Reschke.“
Bevor es in Vergessenheit gerät: Es waren exakt dieselben handelnden Personen, die seinerzeit van Gaal verpflichteten (und damit die entscheidende Wende für die Entwicklung Bayerns zum Top 3 – Club einleiteten), die Heynckes verpflichteten (und damit den größten Triumph der Clubgeschichte möglich machten) und die auch Guardiola verpflichteten (und somit einen vorher noch nie dagewesenen dominanten Spielstil etablierten). van Gaal und Heynckes waren aber so richtig alte Säcke, mit Guardiola haben die Gerontokraten in der Bayern-Chefetage den begehrtesten erfolgreichen Trainerjungspund weltweit an die Säbener geholt. So ganz nebenbei: Auch Reschke wurde von diesen älteren Herrschaften verpflichtet. Mir ist nicht so ganz klar, wer da welche Entwicklung ‚verschlafen‘ haben soll. Die ‚alte Mannschaft‘ steht vor einem Umbruch, den man aber eigentlich schon begonnen hat einzuleiten. Dass Spieler wie Costa oder Coman dann aber doch (noch?) nicht adäquate der adäquate Ersatz für die älteren Herren Ribéry und Robben sind, ist halt auch ein wenig Künstlerpech. Man darf getrost davon ausgehen, dass für die nächste Saison neben z.B. einem Süle oder einem Rudy noch diverse andere Spieler den Bayernkader verjüngen werden. Auch Kimmich wird eine wichtige Rolle übernehmen.
Ancelotti ist ein Übergangstrainer, wie seinerzeit Heynckes. Solche Lösungen können durchaus sehr erfolgreich sein. Man wollte mit Guardiola verlängern, der allerdings etwas anderes wollte. Man darf sich sicher sein, dass bei Bayern sämtliche Nachfolgeoptionen durchdekliniert wurden. Und dass dabei auch jüngere, talentierte Trainer eine Rolle spielten. Nur: Es muss eben auch immer alles passen, was die Verfügbarkeit solcher Trainer anbelangt. Ancelotti war verfügbar und er bot eine gewisse Erfolgschance gerade hinsichtlich der CL. Großartige taktische Innovationen und Finessen waren und sind von ihm nicht zu erwarten. Das wusste man und hat es von vorneherein inkauf genommen. Der wirkliche neue input wird von seinem Nachfolger kommen. Wie Ancelottis Arbeit letztendlich zu bewerten sein wird, wissen wir heute nicht. Die nächste Saison wird es zeigen. Und gut, dass Hoeneß und Rummenigge mit ihrer Kompetenz und ihrer Erfahrung dabei das Bayernschiff weiter steuern. Ist jedenfalls meine Meinung.
tobit 28. April 2017 um 22:07
„Alte Mannschaft …“ Da ist durchaus was wahres dran. Natürlich wurden im Management- und Trainer-Bereich viele gute Entscheidungen von Rummenigge und Hoeneß getroffen,. Aber: ein Sammer kam nie wirklich zur Geltung (sei es wegen unklarem Jobprofil oder warum auch immer), Reschke ist „nur“ ein Scoutingkoordinator, Guardiolas Ideen wurden nicht wirklich ganz umgesetzt (fehlende Back-Ups zu Ribery und Robben, Kroos-Verkauf), van Gaal haben sie dann auch schnell wieder vergrault, Heynckes war zum Zeitpunkt der Verpflichtung und bis zum Winter der Triple-Saison wahrhaftig keine Glanzleistung (und hielt sich wohl nur wegen seiner Männerfreundschaft mit Hoeneß lange genug im Amt um dann groß zu triumphieren). Insgesamt waren viele dieser Entscheidungen im Nachhinein sehr gut (auch der Abgang von Sammer gehört da in gewisser Weise dazu – seine Arbeit kann Hoeneß jetzt wieder selbst machen), aber nach van Gaal an einer klaren Maxime ausgerichtet: Stabilität.
Diese Stabilität hat man sich im Management mit nie gekannten Ausgaben erkauft. Sammer, Guardiola und Ancelotti gehör(t)en jeweils zu den Bestbezahlten ihres Fachs. Auch in der Mannschaft setzte sich diese Politik fort. Leistungsträger wurden in der Regel mit großen Summen davon abgehalten, auch nur einen Gedanken an Wechsel zu verschwenden (Ausnahme: Kroos) und es wurden Spieler außergewöhnlicher Qualität verpflichtet, die man in den Jahren davor wohl nicht bei den Bayern erwartet hätte. Ob diese Spieler wirklich 100%ig zur Idee des jeweiligen Trainers passten, war gefühlt eher nebensächlich, da die individuelle Klasse zum Hauptkriterium wurde. Durch diese Ausgabenoffensive stiegen die Fixkosten deutlich an (von ca. 150Mio. auf mittlerweile ca. 260Mio. pro Saison) – was den Stabilitätsfokus (und die nationale wie internationale Dominanz) zementierte.
Die entscheidende Frage ist jetzt, ob man diesen Weg weitergehen möchte oder nicht. Geht man ihn weiter, muss man auf die altersbedingten Ausfälle reagieren wie in den letzten Jahren: Mit international bewiesener Spitzenklasse (z.B. Alexis, Özil, Verratti oder Griezmann). Sucht man jedoch einen anderen Weg, kann man sich solche Transfers sparen und evtl. weniger kostenintensiv agieren. Dann sollte man aber auch die Erwartungen an das Team anpassen – ob Hoeneß und Rummenigge das können, wage ich nicht zu beurteilen.
Für ersteres halte ich Ancelotti für einen sehr guten Moderator (Training brauchen diese Spieler nur zum fit bleiben – überspitzt gesagt). Letzteres würde wahrscheinlich bedeuten, die tragenden Säulen der letzten Jahre mit jungen Spielern (kurz) vor dem Durchbruch zu ersetzen und diese dann zu neuen Lahms, Schweinsteigers und Robbens zu formen (ich hoffe niemand will einen neuen Ribery, völlig unabhängig von der fussballerischen Klasse). Ob beide Wege in Kombination möglich sind, weiß ich nicht (nach dieser Saison habe ich daran gewisse Zweifel) – man scheint es aber genau nach diesem Muster zu versuchen.
CHR4 29. April 2017 um 01:04
och tobit: „Training brauchen diese Spieler nur zum fit bleiben“ – das ist nicht mehr überspitzt, das tut schon weh diese Aussage …
Schorsch 29. April 2017 um 13:43
Jupp Heynckes hatte bei seiner letzten Verpflichtung bei den Bayern einen Zweijahresvertrag. Ich sagte ja, dass er als eine Art ‚Interimstrainer‘ fungieren sollte, daraus haben die Clubverantwortlichen nie einen Hehl gemacht. Man plante damals bereits den ganz großen Coup mit Guardiola. Und als Zwischenlösung sollte er sicherlich dem Team Stabilität verleihen und damit auch Ruhe in den Club bringen, damit gehe ich konform. Auch dass seine Verpflichtung durchaus mit seiner Freundschaft zu Uli Hoeneß zu tun hatte. Dass er sich allerdings nur aufgrund dessen „lange genug im Amt hielt“ halte ich für nicht nachvollziehbar, da sein Vertrag ohnehin über lediglich zwei Jahre lief. In der ersten von 2 Spielzeiten wurde er mit Bayern immerhin Zweiter in der Meisterschaft, erreichte das DFB-Pokalfinale und das CL-Endspiel. Keinen Titel geholt zu haben tat den Bayern sicherlich sehr weh und führte zu weiteren Investitionen, aber war selbst für Bayernverhältnisse kein Grund, einen ‚Interimstrainer‘ vor die Tür zu setzen. Was die Bewertung der Heynckesverpflichtung als „keine Glanzleistung“ anbelangt, so bin ich da auch etwas anderer Ansicht. Weil die Verpflichtung logisch war. Zum einen hatte Don Jupp als Kurzzeitnachfolger Klinsmanns jene Saison mit Bravour zueende gebracht. Zum anderen hat er dann in Leverkusen ausgezeichnete Arbeit geleistet. Mit einer hervorragenden Punktausbeute und führte er B04 auf Rang 2 und war den Dortmundern Himmelsstürmern dicht auf den Fersen, wobei sein Team einen ‚gepflegten Ball‘ spielte. Der von Bayern ausgeliehene Toni Kroos wollte eigentlich lieber bei B04 unter Heynckes bleiben.
van Gaal hat Bayern spielerisch-taktisch und personell (Müller, Badstuber, Alaba ins Team geholt; Schweinsteiger auf der 6 positioniert) wieder in die europäische Spitze geführt und wichtige Weichenstellungen für die Zukunft durchgeführt. Seine Vorstellungen hinsichtlich seines Verantwortungsbereichs mussten aber zwangsläufig zu Konflikten mit Uli Hoeneß führen. Und diesen Konflikt konnte er nicht gewinnen.
Die Verpflichtung von Sammer war vielleicht nicht die glücklichste Entscheidung. So genau vermag ich das aber nicht zu beurteilen, weil mir seine eigentlichen Aufgaben nicht bekannt sind. Soweit es sich um Spielerverpflichtungen handelte, so waren diese aber auch interne Hauptkritikpunkte an seiner Arbeit. Reschke ist auch deshalb geholt worden (und sollte auch nie für etwas anderes als das Scouting verantwortlich sein).
Den Weg, den man nach der bitteren Niederlage in Barcelona 2009 beschlossen und dann eingeschlagen hat, konnte man nur verbunden mit einer exorbitant hohen Ausgabensteigerung gehen. Diesen Weg wollte man vorher nie gehen, aber der Weg in die europäische Spitze wäre ohne Geld nicht machbar gewesen. Und ohne Geld bleibt man auch nicht dort. Das wissen auch Aki Watzke und Co beim BVB, die ja durchaus auf den Spuren der Bayern mittlerweile auch keine geringen Budgetsummen bewegen.
Die Nichtverlängerung des Vertrages mit Kroos war einerseits sicherlich ein Fehler. Andererseits haben die Bayern nicht einfach ‚just for fun‘ ihre Gehaltspolitik. Auch ist es für mich selbstverständlich, dass der Club die Personalpolitik bestimmt und nicht der Trainer, jedenfalls ab eine rbestimmten Größenordnung. Selbst wenn dieser Trainer Guardiola heißt. Ein Trainer geht nach ein paar Jahren, vielleicht bleibt er auch nur kurze Zeit. Dann kommt ein neuer. Die Spieler aber haben meist lang laufende Verträge. Da kann man nicht alles mit jeden neuen Trainer ändern. Es sei denn, man entscheidet sich für ein Trainer/Manager-Modell à la England und der Trainer /Manager bleibt lange auf seiner Position. Das dürfte in Deutschland allerdings die Ausnahme bleiben.
Wie nun der Umbruch hinsichtlich der Mannschaft bei den Bayern weiter gestaltet wird, ist in der Tat spannend zu beobachten. Hoeneß weist nicht ohne Grund auf die Nachwuchsarbeit hin. Und ihm sind Mega-Transfers immer ein Dorn im Auge gewesen. Verpflichtungen von etablierten Topspielern dürften sich nach meiner Einschätzung in Kategorien bewegen, die in etwa bei den Transfersummen Martínez, Götze oder Hummels liegen dürften. Entscheidender werden allerdings die Gehaltshöhen sein und da glaube ich weniger an Dimensionen à la PL. Aber auch für junge Talente muss man heuer sehr tief in die Tasche greifen.
Ich hoffe jedenfalls, dass die Bayern auch zukünftig finanziell mit Vernunft agieren werden. Transfersummen, wie sie für Spieler wie Pogba oder Griezmann fällig wurden bzw. werden halte ich persönlich für nicht mehr nachvollziehbar. Und deren Gehaltsvorstellungen sind dann auch noch noch einmal eine andere Dimension. Da wird Bayern mMn einen klugen Weg finden müssen.
palazzo 29. April 2017 um 12:20
lieber George ,
deine Liste möchte ich noch etwas erweiter: Lerby , Ribbeck , Rehhagel, mindestens die letzte drei Jahre Hitzfeld , Magath , Kliensmann und Ancelotti .aus dieser Perspektive erkennt man wohl , daß die von dir genannten Trainer doch die Ausnahme ( positive Ausrutscher ) einer doch ingesamt entäuschenden ( wenn nicht sogar diletantischen ) Auswahl unserer Vereinsführung ( und AG ) sind .
Aber wir sind ja Rekordmeister da vegisst und vergibt ja vieles .
Palazzo
Schorsch 29. April 2017 um 14:14
Na ja, wenn man einen Zeitraum von ca. 40 Jahren nimmt (also die Zeit in der Uli Hoeneß die Geschicke des Clubs lenkt), dann wird man so einige Flops bei der Trainerauswahl auflisten können. Das dürfte aber allerdings bei jedem anderen Topclub in Europa ebenso der Fall sein. ManUnited/Ferguson stellte da sicherlich eine Ausnahme dar, hat aber unter dem Strich in dieser Ägide auch nicht viel erfolgreicher agiert. Ein Magath ist zweimal hintereinander Double-Sieger mit Bayern geworden. Man muss ihn als Trainer nicht mögen und den von ihm seinerzeit präferierten Fußball erst recht nicht. Aber ihn würde ich keinesfalls mit einem Lerby (der in einer äußerst prekären Situation Trainer bei Bayern wurde) gleichsetzen. Hoeneß war kein Freund davon, Klinsmann zu verpflichten, aber im Nachhinein ist man immer schlauer. Und Rehhagel zu holen hat Werder mehr geschadet als Bayern genutzt.
Bayern hat jahrzehntelang ‚Erfolg‘ als Clubmaxime vorgegeben. Ohne den Anspruch, fußballerisch/spielerisch-taktisch prägend zu wirken. Und dabei finanziell solide zu bleiben. Und das hat knapp 40 Jahre lang unter dem Strich sehr gut funktioniert. Wenn man über diesen Zeitraum richtige Entscheidungen und Fehler (auch in der Trainerfrage) gegeneinander aufwiegt, wird man schwerlich daran vorbeikommen, ein deutliches Plus bei den richtigen Entscheidungen zu sehen. Ohne die Flops zu verschweigen. Ist jedenfalls meine Sicht der Dinge.
savona 30. April 2017 um 08:30
Das ist wie immer sehr ausgewogen und faktengesättigt, was Du schreibst. Im Detail sehe ich die Heynckesverpflichtung und seinen Verbleib auf der Trainerposition etwas anders. Neben den fachlichen Gründen, die Du anführst und die m.E. zutreffen, spielte, glaube ich, auch etwas anderes eine Rolle: nämlich der Umstand, dass Hoeneß dessen erste Entlassung 1991 im Nachhinein wiederholt als Fehler bezeichnete – ein, soweit ich weiß, sowohl im Klub wie in der Branche einmaliger Fall. Das war, wenn ich mich recht entsinne, ein weiteres Motiv bei dessen Verpflichtung und trug wohl nach dem Frust des 2.-Platz-Triples anno 2012 wohl dazu bei, dass er weitermachen durfte und statt seiner Nerlinger entlassen wurde.
Schorsch 30. April 2017 um 21:27
Das wird sicherlich auch eine Rolle gespielt haben. Zumal Hoeneß und Heynckes sehr gut befreundet waren (und sind). Das hat die damalige (Fehl-)Entscheidung im nachhinein umso bitterer gemacht für Hoeneß. Eine schlimme Saison damals. Die eigentlichen Ursachen des Absturzes lagen allerdings im fehlenden/mangelnden Umbau des Kaders. Und war der Verantwortungsbereich von Hoeneß. Was ihm sicherlich sehr bald klar wurde und auch mit zu seiner Einschätzung geführt hat, dass die Trainerentlassung ein großer Fehler war. Dies auch öffentlich einzugestehen, war und ist schon sehr bemerkenswert.
Dass es ausgerechnet Heynckes war, der (aus dem ‚vorzeitigen Ruhestand‘ heraus) die Trainerposition bei Bayern nach der Klinsmann-Demission übernahm, war auch höchstwahrscheinlich auf das besondere Verhältnis Hoeneß – Heynckes zurückzuführen. Heynckes löste seine Aufgabe mit Bravour und jeder konnte erleben, dass er neben seiner unbestrittenen fachlichen Kompetenz auch im Umgang mit Spielern und anderen viel entspannter und zugänglicher geworden war. Ein Umstand, der mMn ein weiterer Grund für seine Verpflichtung zwei Jahre später war.
palazzo 30. April 2017 um 19:41
Die Flops , die hier als“ vernachlässigbares Übel“ im großen Ganzen hingenommen werden sollten , sind doch deshalb wichtig , da sie aufzeigen, daß die Verantwortliche der letzten 40 Jahre( es ist ja nicht H allein ) kein Kozept hatten ( außer vielleicht … und jetzt darf ich einen aussuchen … ) und , erschreckend , hier nicht mal eine Lernkurve zu erkennne ist .
Dies sind ja die Hinweise, ,da gebe ich sharpe und tobit recht , das es sich bei den Verantwortliche des FCB um einen Old boys club handelt , welcher nach dem Prinzip handelt“ … wie haben wir das früher gemacht…“ und nun nicht mehr in der Lage sind , die Veränderungen zu erkennen oder, falls doch ,diese konsequet und konstant durchzusetzen .Die Erfolge von BVB . Red Bull ,Hoffenheim und die große Fallhöhe zwischen G und A habe die offene Flanke jetzt halt offengelegt . Ich will einen Fußball sehen, der die Qualität des Kaders zumindest wiederspiegelt ,das ist jedenfalls meine Sicht der Dinge .
CHR4 30. April 2017 um 23:27
@palazzo: könntest du mal etwas genauer erläutern, was du mit „großer Fallhöhe“ meinst? und mit „Erfolge“ von BVB, RB, Hoffenheim?
wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, waren gerade die Verantwortlichen beim FCB Mitte der 90er nach der deftigen Niederlage gegen Ajax es, die sich die Nachwuchsförderung und Jugend-Akademie von Ajax zum Vorbild nahmen (ein Grund warum wir heute in D bei jedem Bundesligisten die Nachwuchszentren haben und eine dementsprechende Spielkultur in der N11 haben) – das gleiche gilt für die Amsterdam-Arena als reines Fußballstadion (weg von den Leichtathletikstadien )
vom finanziellen Konzept ganz zu Schweigen
und was die Trainer angeht: der von Hoffenheim wurde ja versucht zum FCB zu lotsen und die anderen beiden stehen sicher auch für die Zukunft unter Beobachtung …
Schorsch 3. Mai 2017 um 00:48
Ich spreche nicht von „vernachlässigbarer Größe“. Sondern davon, dass über 40 (oder von mir aus auch über 50) Jahre hinweg die positiven Aspekte deutlich überwiegen. Dass in diesen langen Jahren häufig genug wenig attraktiver (wobei das auch wiederum Geschmackssache ist) und auch nicht sonderlich einfallsreicher Fußball gespielt wurde, habe ich ja nicht negiert, im Gegenteil. Das das Ganze zumindest national und punktuell international erfolgreich war, lässt sich aber schlechterdings auch nicht leugnen. Und das alles auf soliden finanziellen Füßen, nachdem Hoeneß die Bayern in seinen Anfangsjahren bis in die Mitte der 80er hineinauf die wirtschaftlich sichere Seite geführt hat.
Ende der 70er, Anfang der 80er gab es in Deutschland 3 Clubs, die taktisch interessanten (und nebenbei erfolgreichen) Fußball spielten: Der EffZeh unter Weisweiler, der HSV unter Zebec/Happel und eben Bayern unter Csernai. In den ersten Jahren nach dem Wiederaufstieg kam auch noch Werder dazu. Und was ist aus diesen Clubs geworden? Nach Weisweilers Fortgang ging es mit dem EffZeh bergab bis in Liga 2, trotz eines letzten Zwischenhochs unter Daum. Nach Happel wurde der HSV Mittelmaß und dann Abstiegskandidat. Werder hat da mit ‚kontrollierter Offensive‘ unter Rehhagel und dann wieder unter Schaaf mit Raute und totalem Offensivfußball noch am längsten mitgehalten. Und spielt seit einigen Jahren auch nur noch gegen den Abstieg. Und warum? Weil man in all diesen Clubs zwar vergleichbar gute Voraussetzungen hatte, aber kein wirklich kluges Management. Da sticht die Entwicklung der Bayern eindeutig hervor. Das kann man überhöhen oder auch mit dem Hinweis relativieren, dass unter den Blinden der Einäugige König sei. Die nackten Zahlen sprechen da schon ihre eigene Sprache.
Dass es nie ein durchgängiges „Konzept“ bei Bayern gegeben hat (außer eben ‚Erfolg‘), sehe ich ja ebenso kritisch. Lahm hat es seinerzeit ja in seinem 50.000 € – Interview mit der Süddeutschen angemahnt, als van Gaal bereits in der Hinrunde auf der Kippe stand. Aber ‚Konzept‘ ist nicht alles. Der von mir sehr geschätzte Club Ajax ist seinem Konzept immer treu geblieben, von seiner einstigen Größe aber leider mittlerweile meilenweit entfernt. Ein langjähriger Prozess. Dabei spielt Geld sicherlich eine herausragende Rolle. Und dieses Geld bekommt man nur, wenn man auch erfolgreich ist. Es sei denn, man hat externe Geldgeber. Ein junges Talent geht heute eben nicht mehr unbedingt zu Ajax (obwohl es aktuell gar nicht so schlecht ausschaut), wenn es woanders bereits in jungen Jahren viel mehr verdienen kann. Leider. Wobei die Konkurrenzfähigkeit der Liga sicher auch eine große Rolle spielt. Der FC Barcelona ist vielleicht der einzige Club, der sein Konzept durchgehalten hat und dabei kontinuierlich erfolgreich geblieben ist. Wobei in den letzten Jahren sicherlich auch der Jahrhundertfußballer Messi eine große Rolle gespielt hat. Und auch Geld; Barcelona hat mittlerweile auch Sponsoren, die mMn mit Fragezeichen zu versehen sind.
Was RB Leipzig anbelangt, so hat dieser Club so etwas wie Gnade der späten Geburt. Am Reißbrett entworfen, ohne jegliche Vorbelastung durch irgendwelche ‚Tradition‘ oder Anhängerschaft. Ich meine dies ohne jegliche Wertung. Die ‚Vereins’struktur ist so gehalten, dass da niemand irgendwie hereinreden kann. Im Gegensatz z.B. zu Schalke, wo permanent gefühlt 247 Oppositionsgruppen an allem sägen, was nach Kontinuität ausschaut. Im Moment ist man dort national erfolgreich in der ersten Bundesligasaison. Wie es weitergeht, muss man abwarten. Matteschitz macht nichts ohne Kalkül; alles andere wäre wohl auch fatal für einen Unternehmer. In Salzburg hat man sich vielleicht die Entwicklung aber auch anders vorgestellt, als sie sich nun abzeichnet. Was Hoffenheim anbelangt, so kann ich dort kein wirkliches Konzept erkennen. Ja, man ist nicht nur (aber auch) durch viel Geld in die Bundesliga aufgestiegen (so wie RBL auch). Hopp hat da unglaublich in die Infrastruktur investiert. In der ersten Saison sah das unter Rangnick in der Hinserie auch sehr gut aus; das Spiel Bayern – TSG ist mir noch in sehr guter Erinnerung. Doch dann kam der Einbruch nach der Verletzung von Ibisevic. Dieser Schlüsselspieler konnte nicht ersetzt werden. In den nachfolgenden Spielzeiten war man dann Mittelmaß, von der Spielweise und auch vom Tabellenplatz her. Das Nachwuchskonzept hielt man durchgängig bei und erzielte im Jugendbereich auch viele Erfolge. Auf die Profimannschaft wirkte sich dies eher wenig aus. Schließlich wurde man Abstiegskandidat und hat es nur sehr glücklichen Umständen zu verdanken, nicht in Liga 2 gelandet zu sein. Und den Fußball, der unter diversen Trainern dort gespielt wurde, empfand ich z.T, als schrecklich. Nun hat man mit Nagelsmann wieder einen Volltreffer gelandet. Wie lange der allerdings in Hoffenheim bleiben (Bayern wollte ihn vor nicht allzu langer Zeit als Nachwuchstrainer verpflichten) und wer dann nachfolgen wird, ist unbestimmt. Auch welche Entwicklung die TSG dann nehmen wird.
Was den BVB anbelangt, so hätte Bayern nichts besseres passieren können als die Erfolge unter Klopp, den Hoeneß übrigens seinerzeit statt Klinsmann verpflichten wollte. Die zweite Meisterschaft und nicht zuletzt die 5:2-Niederlage im DFB-Pokalendspiel haben wie die Niederlage 2009 in Barcelona gewirkt. Es wurden gezielt Neuverpflichtungen getätigt und die Spielweise des BVB wurde in Teilen adaptiert. Mit durchschlagendem Erfolg. Etwas sehr verkürzt könnte man sagen: Ohne den BVB nicht die Investitionen der Bayern und auch keine 5 Meisterschaften in Folge. Und den unattraktivsten Fußball (wie gesagt, alles Geschmackssache) hat man dabei meistens auch nicht gespielt.
Schaun mer mal, was nächste Saison so passiert. Old boy Uli geht ja des öfteren mit den älteren Herren Hopp und Matteschitz golfen. Da wird man sich wohl nicht nur über das jeweilige Handicap unterhalten… 😉
palazzo 3. Mai 2017 um 13:42
Servus Schorsch , ich kann Dir nur rechtgeben. Wie immer hat Dein Post die damalige Situation sehr gute erfasst , über Nuancen oder Interpretationen zu diskutieren ist nicht notwendig . Die früheren Entscheidungen mögen zum damaliger Zeit erklärbar sein doch mir geht es um die Aktuellen und Anstehenden .Der FCB steht heute wirklich stark da ( nicht nur gut ) ,besser als vor 20 oder 10 Jahren .Der Hype ( ob berechtigt oder nicht ) um Dortmund ( die ersten drei Jahre mit Klopp incl. Titelstory in England ) und Pep ( Spieleröffnung über Boateng , Lahm und Alaba im Mittelfeld ) nicht zuletzt diese Website haben gezeigt dass es großen Bedarf an gutem Fußball jenseits der “ … da legen wir die Lupe drüber … “ und “ … Wouters spielt sch… “ gibt .Die Entscheider beim FCB ( ich will mir nicht vorstellen das Herr Hoeneß alleine für alles positive oder negative verantwortlich ist ) handeln aber nach altem Muster; der möglichen Konkurrenz werden Spieler weggekauft und man holt einen Animateur als Trainer ,der die Spieler mehr bespaßt als weiterentwickelt .
Das haben wir nicht ( mehr ) nötig .Der 27 . der 28 . Titel ist nicht nur mir egal ( trotz Telekom Bonus )wenn wir uns etwas Zeit liesen ,
können wir jetzt eine wirklich gute Mannschaft aufbauen die alle herspuit ,aber es läuft ohne ersichtlichen Grund ( außer geistiger Trägheit ) in die andere Richtung .
Deshalb glaube ich die Anekdote mit Klopp nicht , da er damals keinen Titel hatte , wurde er auch nicht geholt . Jetzt aber hat er drei ,und ich befürchte ,daß wir Ihn , nach bekannten Verhaltensmuster in zwei Jahren an der Säbenerstrasse sehen .
Kurz zu den anderen Vereinen ,Hoffenheim ist ein Provinzklub in der 1. Bl . Wenn man sich die Money burn rate von Stuttgart , HSV oder Hertha ansieht ist das ein wirklich großer Erfolg . Mehr ist nicht drin und dies wir auch der Grund gewesen sei,warum Rangnicki gegangen ist .
RB ist wirkich gut, die machen sehr vieles richtig und ich glaube, die werden uns wirklich in den nächsten Jahren fordern .
Dortmund sehe ich nicht so stark . Unter dem Deckmantel der AG werden von den Verantwortlichen , die besten Spieler verkauft um einen Transferüberschuß zu erzielen sodaß denen ein Platz 4 + genügt .
tobit 3. Mai 2017 um 14:33
Deinen Ausführungen zu Bayern kann ich eigentlich durchweg zustimmen. Aber was du am Ende zum BVB schreibst ist doch ziemlich grober Unfug. Zu welchem Vertragszeitpunkt hat der BVB in den letzten Jahren Leistungsträger abgegeben? Ein Jahr vor Vertragsende (Hummels, Gündogan, Mkhi, Kagawa), Ablösefrei (Lewy) oder per AK (Sahin, Götze). Zu wem sind diese Spieler gewechselt? Drei zu Bayern, zwei zu United, je einer zu City und Real. Wo ist das Problem, anzuerkennen, dass es größere (und vor allem finanziell stärkere) Vereine als den BVB gab und gibt. Trotzdem haben diese Vereine offenbar nur in sehr bestimmten Situationen Zugriff auf Dortmunder Spieler bekommen. Ich sehe also allein an diesen Punkt, dass Spielerverkäufe nicht besonders weit oben auf der Prioritätenliste von Watzke und Zorc (sonst hat da keiner einen direkten Einfluss drauf) stehen. Dazu kommen dann noch die Aussagen der Geschäftsführung in diesem Winter, die klar machten, dass man eben mit Platz vier nur eingeschränkt zufrieden wäre. Ein weiterer Punkt (bei dem du aber in der illustrer Gesellschaft von Martin Kind bist, an dessen Aussagen aus dem Februar mich dein letzter Absatz stark erinnert): Die Lizensspielerabteilung des BVB ist keine AG, sondern eine KGaA, bei der die alleinige Kontrolle (abseits der Dividendenausschüttung, soweit ich weiß) über das Unternehmen (völlig unabhängig von den Aktienanteilen der Kommanditisten) beim sogenannten Komplementär liegt. Der Komplementär ist eine zu 100% in Vereinsbesitz befindliche GmbH. Dadurch war es möglich, dass der Aktienanteil des Vereins an der KGaA auf nur noch etwa 7% gesenkt wurde.
Schorsch 3. Mai 2017 um 19:04
Natürlich hat ein Uli Hoeneß nie allein entschieden, schon gar nicht in strategischen Fragen. Aber seine Meinung hatte immer deutliches Gewicht und die meisten Entscheidungen dürfte er maßgeblich beeinflusst haben, vor allem im operativen Bereich.
Was Trainer ‚ohne Titel‘ anbelangt, so hat man in der Vergangenheit durchaus öfters entsprechende Trainer verpflichtet. Mit der in der Nachbetrachtung recht ulkigen Geschichte um Csernai fing es ja an (in der Hoeneß-Ägide). Heynckes hatte auch keinen Titel vorzuweisen, zuletzt war es wohl Magath. Aber das war noch zu Zeiten, als Bayern eine nationale Größe war – und das meine ich ich nicht rein auf den sportlichen Aspekt reduziert. Heute ist Bayern eine internationale Größe, die Wachstumsmärkte in Ostasien und Nordamerika fest im Visier. Die Wirkung auf und in diesen Märkten hat an Bedeutung für die Bayern stark zugenommen. Diese strategische Ausrichtung ist wohl primär vom Aufsichtsrat forciert worden. Die dort präsenten DAX-Vorstände wollen die Namen ihrer Unternehmen via den FC Bayern in China, USA, etc. mit glanzvollen Namen in Verbindung sehen. Die Verpflichtung Guardiolas sollte man vielleicht auch unter diesem Aspekt sehen, ebenso die Ancelottis. Die Akteure im operativen Bereich (und dazu zählt in erster Linie Hoeneß) werden sich in ihren (auch personellen) Entscheidungen nicht über diese strategischen Interessen hinwegsetzen können.
Die 3 Jahre unter Guardiola waren sehr intensiv für das Team. Es fehlen die Vergleichsmöglichkeiten, aber als Pep Barcelona verließ, konnte man auch (auf hohem Niveau sicherlich) einen Abfall des Teams hinsichtlich Leistungsfähigkeit und taktischer Qualität beobachten. Die Versuche, den status quo irgendwie zu erhalten, scheiterten. Erst mit Enrique und einem (für Barcelonaverhältnisse) neuem spielerisch/taktischem Ansatz ging es dann wieder (nach einem halben Jahr schwieriger Anlaufzeit) steil nach oben. Die Bayernverantwortlichen waren mMn nicht so naiv, ähnliche Probleme nicht auf ihr Team zukommen zu sehen. Am liebsten hätte man mit Pep verlängert. Der wollte aber nicht. Ein ‚weiter so‘ à la Pep – wie und mit welchem Trainer hätte dies gehen sollen? Man kann den Entscheidern vielleicht vorwerfen, sich nicht früh genug um die post-Pep – Zeit gekümmert zu haben. Das hätte aber konsequenterweise heißen müssen, dass nach 3 Jahren Guardiola unbedingt ein neuer Trainer mit einem (wenn auch möglicherweise nur partiell) neuem und vielleicht unkonventionellem Ansatz hergemusst hätte. Doch dieser hätte just zu diesem Zeitpunkt verfügbar sein müssen. Und wenn man die strategische Komponente berücksichtigt, möglichst einen glanzvollen Namen haben und Titel vorweisen können. Da dies alles irgendwie nicht zusammenzubekommen war, fiel die Wahl fast zwangsläufig auf Ancelotti. Er hat einen glanzvollen Namen und Titel vorzuweisen; er verfolgt einen in jeder Hinsicht anderen Ansatz als Guardiola. Und er war verfügbar. Zusätzlich dürfte man die Hoffnung gehegt haben, mit ihm den erhofften CL-Sieg zu erreichen. Gleichzeitig hat man sich wohl erhofft, den notwendigen personellen Umbruch im Team etwas hinauszögern zu können.
Das alles hat sich nun doch etwas anders dargestellt, als man es sich erhofft hat. Ich glaube, dass sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, einen deutlicheren Schnitt machen zu müssen anstatt einen ‚Irgendwie-Übergang ‚ zu managen. Neue Spieler werden kommen, alte ausgemustert werden. Das impliziert auch einen möglichen neuen Trainer, vielleicht sogar wieder einmal einen ohne Titel 😉 .
palazzo 4. Mai 2017 um 07:52
Entschuldige tobit, ich hab mich da hinreissen lassen auch etwas Über Dortmund schreiben zu wollen . Deine Aufstellung ist nachvollziehbar und ich lag falsch ,
Mea culpa.
savona 4. Mai 2017 um 13:31
@ Schorsch: Titel müssen bzw. mussten es auch nicht zwangsläufig sein, für die war der Kader immer gut genug. Unbeschriebene Blätter waren die von Dir Genannten aber auch nicht gerade, außer Csernai, der allerdings kurz vor dem Beginn der Hoeneß-Ära Cheftrainer wurde, in einer in der Tat kuriosen Episode mit Spielerrevolte und Präsidentenrücktritt. Heynckes hatte in Mönchengladbach mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten acht Jahre lang hervorragende Arbeit geleistet; Magath hatte in Stuttgart seinen Ruf als Retter in der Not erst bestätigt und dann abgestreift, denn mit den „jungen Wilden“ hatte er nicht nur erfolgreichen, sondern auch attraktiven Fußball kreiert und galt als kommende Trainerkoryphäe. Insofern passte auch seine Verpflichtung ins damalige Muster. Heute würde dem vielleicht Nagelsmann entsprechen; ob der Aufsichtsrat aus den von Dir angeführten Gründen des internationalen Renommees Einwände gegen sein Engagement hätte, kann ich schlecht beurteilen.
Schorsch 4. Mai 2017 um 22:14
@savona:
Ja, das mit der Spielerrevolte war damals derart aufsehenerregend, dass es sogar in der ‚Tagesschau‘ gebracht wurde. Ich glaube sogar mit Live-Interview von Maier Sepp. Keiner wollte den Merkel Max als neuen Trainer, vorneweg neben dem Sepp der Paule. Dessen Rückkehr und auch die Finanzierung hatte sein Spezl Uli eingefädelt, noch bevor er offiziell Manager wurde. Neudecker trat zurück und ‚Champagner-Willi‘ ließ den Uli einfach machen. Kluge Entscheidung. Auch Csernai zum Trainer zu machen. Er präferierte auch die Raumdeckung (‚Pál-System‘) wie sein Vorgänger (und Chef) Lóránt, der schon bei Frankfurt mit viel Erfolg eine Art Raumdeckung hat spielen lassen. Damals in der Bundesliga einmalig. Aber Csernai war umgänglicher als Lorant. Übrigens zeigt dies, dass Neudecker gar nicht so ein bornierter Kopf war, wie immer behauptet wird (obwohl… 😉 ). Bayern war irgendwo zwischen oberem Tabellendrittel und Mittelfeld angekommen und brauchte dringend Erneuerung. Man ‚tauschte‘ den ‚Professor‘ Cramer gegen den Trainer mit der innovativen Taktik. Den Frankfurter Bossen war Lóránt zu hemdsärmelig und deshalb war man gerne bereit zu diesem Deal. Nur leider hatte Lóránt eine überaltete Mannschaft bei Bayern übernommen, in die nicht wirklich investiert wurde (auch wegen der hohen Schulden). Das änderte sich erst nach der Rückholaktion Breitners und der Übernahme der Managerposition durch Hoeneß. Nur deshalb konnte man dem HSV Paroli bieten und ihn schließlich (wieder) abhängen. Könnte man glatt verfilmen, die Story… 😉
Magath hatte seinerzeit schon so einige Trainerstationen hinter sich, bevor er beim VfB (auch der finanziellen Not gehorchend) mit jungen Spielern (u.a. dem von Bayern verliehenen Lahm) schnellen Offensivfußball hat spielen lasssen. Insofern würde ich die heutige Entsprechung eher nicht bei Nagelsmann sehen; ich glaube, eine solche Vorgeschichte wie Magath sie hatte wird man heute kaum mehr finden. Aber wer weiß. Was Nagelsmann angeht, so wird er vielleicht irgendwann bei Bayern landen. Wer kann das schon vorhersagen. Langfristige Planung in der Trainerfrage ist schwierig. Es muss alles passen, insbesondere die Verfügbarkeiten. Klopp weg, Tuchel da. Planung? Zweifel dürften angebracht sein.
Apropos Tuchel. Der war noch letzte Saison der Hype schlechthin, was ein mögliches Engagement bei Bayern anbelangt. Und ich würde es auch nach wie vor nicht ausschließen, dass er zu Bayern kommt. Er hat über längere Zeit bewiesen, was er kann. Aktuell bei einem Top 12 – Club in Europa; EL und CL inklusive. Vielleicht holt er ja sogar den ominösen ‚Titel‘ (DFB-Pokal). Und durch seine Tätigkeit beim BVB ist er auch in den ’neuen Märkten‘ nicht unbekannt. Mit geschicktem Marketing könnte man daraus eine exzellente Story machen; die DAX-Vorstände kennen das 😉 .
palazzo 5. Mai 2017 um 09:01
Wie muß ich mir dieses Trainercasting , den so vorstellen ? Bekommt Carlo von Kalle die letzte Rose weil seine Kußtechnik besser ist als die von Dick Advocaat , und haben Scolari und Fabio Capello auch mitgemacht ?Da passt das Anforderungsprofil doch auch . Auch verstehe ich die jetzt Trainertätigkeit von Magath in China ; er baut sich als Back up auf .
Im Aufsichtsrat sind nicht mehr viele aktuelle Vorstände . Er sollte umbenannt werden in“ Gang of Formers “
oder GoF oder , besser , Go(o)Fies .
savona 5. Mai 2017 um 09:58
@ palazzo: Wie kann man nur ein so ernstes Thema dermaßen veralbern?????
tobit 5. Mai 2017 um 11:24
@Schorsch: Bei Tuchel hatte sich CE ja auch relativ weit aus dem Fenster gelehnt, bezüglich eines Bayern-Engagements (er hielt sogar einen Ausstieg aus seinem noch laufenden Vertrag für möglich, wenn ich mich richtig erinnere). Er wäre sicherlich auch eine sehr interessanter Trainer bei Bayern – gerade für einen Umbruch. Bleiben nur die Fragen, ob Bayern schon wieder direkt beim BVB wildern will und ob Tuchel nach seiner Aufbauarbeit in Dortmund Lust hat, schon wieder ein Team zu basteln oder lieber ein Team in der Blüte seines Schaffens übernehmen möchte (das könnte dann auch der BVB sein).
Es hängt also viel davon ab, wie die Vertragsverhandlungen im Sommer laufen. Verlängert Tuchel um ein Jahr, würden sein und Ancelottis Vertrag beide bis 2019 laufen – ich bin mir aber sehr unsicher, ob Ancelotti wirklich bis 2019 bei den Bayern bleibt. Aus einem laufenden Vertrag werden die Dortmunder Tuchel aber nicht zu den Bayern lassen (außer die zahlen eine verrückte Ablöse).
@palazzo: Ich habe keine Ahnung, wie die Bayern ihren Trainer aussuchen. Rummenigge scheint das internationale Renommee des Trainers durchaus wichtig zu sein (wenn man den Geschichten über die Fürsprecher der jeweiligen Trainer glauben kann). In diesem Zusammenhang steht Carlo Ancelotti aber doch auf einem völlig anderen Level als Advocaat, Capello oder Scolari. Allein die Namen seiner Klubs in den letzten Zehn Jahren reichen, um das zu erkennen. Capello hat in dieser Zeit „nur“ (aber durchaus erfolgreich) Nationalmannschaften trainiert (und ist seit 2015 ohne Job), Advocaat ist in Holland von einem Posten zum nächsten gesprungen (wäre verfügbar gewesen) und Scolari war nach seiner Entlassung bei Chelsea nicht mehr bei einem größeren europäischen Verein aktiv (und im vergangenen Sommer auch nicht unbedingt verfügbar). Bei Magath gilt dasselbe wie bei Advocaat. Nach seiner ersten Wolfsburger Amtszeit ging es deutlich abwärts.
Wenn man sich die Trainer anschaut, die letzten Sommer neue Jobs bei (Top)klubs angenommen haben, landet man eigentlich zwangsweise bei Mourinho, Conte und Sampaioli. Mourinho kann man wohl aussen vor lassen, das Konzept beißt sich zu klar mit dem von Guardiola. Sampaioli und Conte waren zum Zeitpunkt der Ancelotti-Verpflichtung noch nicht unbedingt auf dem Markt (Conte war Nationaltrainer, Sampaioli spekulierte auf den Chelsea-Posten).
HK 5. Mai 2017 um 12:41
Steht eigentlich noch Watzkes Aussage ohne eine Vertragsverlängerung im Sommer gäbe es kein weiteres Jahr Tuchel beim BVB?
Verlängert er nicht könnte er bei einer Vertragsauflösung auf einen CA-Abschied 2018 spekulieren. Lässt man den Vertrag bis 2018 auslaufen wäre die gleiche Chance gegeben.
Verlängert er bis x könnte dann das Zeitfenster sich wieder für einen längeren Zeitraum schließen.
Interessante Fragen, die sich Tuchel da stellen.
tobit 5. Mai 2017 um 14:14
Wann und wo hat Watzke das denn gesagt? Das ist an mir komplett vorbeigegangen. Würde auch irgendwie nicht zu den sonstigen Aussagen von Watzke, Zorc und Tuchel bezüglich des Vertrags passen. Mir sind von allen Seiten nur Aussagen bekannt, dass man im Sommer über eine Verlängerung sprechen wird und sich aktuell nicht mit Nachfolgern beschäftigt, da man einen bis 2018 angestellten Trainer hat.
Ob Tuchel tatsächlich auf den Abschied Ancelottis spekuliert, weiß ich nicht. Wäre auch glaube ich nicht besonders klug, sich (nur) darauf zu fokussieren. Es gibt einfach zu viele Unwägbarkeiten. Ancelotti könnte 2018 schon Geschichte sein (Triple => Karriereende oder Erfolglosigkeit => Entlassung oder irgendwas anderes), „planmäßig“ bis 2019 bleiben oder seinen Vertrag noch verlängern. Selbst wenn Tuchel und der Bayernplatz gleichzeitig frei werden, ist ja noch lange nicht garantiert, dass er den dann auch bekommt. Nagelsmann, Löw (der zwar bis 2020 Vertrag hat, aber nach einem WM-TItel z.B. eine neue Herausforderung suchen könnte), Klopp (nur bei deutlicher Verlängerung von Ancelotti denkbar, da Vertrag bis 2022) oder erneut ein internationaler (erfahrener) Trainer könnten da ebenso das Rennen machen.
HK 5. Mai 2017 um 17:47
Das ich das gelesen habe ist schon einige Monate her. Ich würde mich jetzt auch nicht zu 100% dafür verbürgen, dass ich das noch korrekt wiedergebe.
Wenn es so wäre würde es eben die Situation für Tuchel deutlich erschweren. Denn wie du ja richtig schreibst kann er nicht nur auf den Bayernjob spekulieren (wenn er das denn überhaupt möchte). Ein Laufenlassen des Vertrags ohne Verlängerung könnte rein strategisch dabei für ihn die beste Option sein.
Ich z.B. gehe davon aus der Bayernjob 2018 frei wird. Das muss nun nicht der absolute Herzenswunsch jedes Trainers sein, aber wer würde das nicht sehr genau in Erwägung ziehen? Und dann hast du die Chance vielleicht nur einmal im Leben.
Schorsch 6. Mai 2017 um 01:10
@HK @tobit:
Ich habe den Eindruck, Aki Watzke ist ein wenig widersprüchlich in seinen Aussagen zur Vertragverlängerung mit Tuchel. Ich kann mich an Aussagen in einem Interview (kicker?) in der Hinrunde erinnern, die in etwa folgendes besagten: Man wolle mit Tuchel auf jeden Fall verlängern; man schaue sich aber bezüglich eines möglichen Nachfolgers um; man wolle auf keinen Fall in die neue Saison gehen, ohne dass Tuchels Zukunft beim BVB geklärt sei. Da kann man, wenn man denn will, die Möglichkeit einer vorzeitigen Trennung hineininterpretieren, wenn es zu keiner Vertragsverlängerung kommen sollte. Allerdings mit sehr viel Phantasie und Spekulationswille. Vor ein paar Wochen meinte Watzke, man habe sich nicht mit Alternativen befasst und gehe von einer Einigung mit Tuchel aus. Nun ja.
So einfach ist das alles nicht mit den Wunschtrainern. Tuchel ist möglicherweise nicht ganz einfach im Umgang für die Clubspitze. Vielleicht hat Tuchel auch nicht damit gerechnet, dass der BVB auch nur ein Mainz 05 auf anderer Ebene ist, dem die besten Spieler weggekauft werden können. Andererseits ist für einen Trainer sicherlich auch spannend, den Umbruch / Entwicklungsprozess einer Topmannschaft der Bundesliga zu steuern. Und Watzke und Co wissen um die Trainerqualitäten Tuchels. Da adäquaten Ersatz zu finden ist schwer. Es muss ja dann auch bei dem möglichen Nachfolgekandidaten alles passen (Verfügbarkeit, Interesse, etc.). Die Salärfrage kommt dann immer noch dazu. Gründe zu verlängern oder sich zu trennen gibt es für beide Parteien. Die Entscheidungen beider Seiten werden aber auch durch vorhandene (oder eben nicht vorhandene) Alternativen bzw. Wunschalternativen beeinflusst. Auch Trainer haben einen Berater… 😉 .
Tuchel wird mit Sicherheit auch in Spanien und England ‚beobachtet‘ (in Deutschland sowieso 😉 ). Wer sich da mit ihm wohl schon so alles zum ‚Kamingespräch‘ getroffen hat? Es soll sowohl in der PD, als auch in der PL renommierte Clubs geben, die in der nächsten oder übernächsten Saison einen neuen Trainer benötigen…
Ja, und die Bayern ebenso. Ancelottis Vertrag geht über 3 Jahre und eine Verlängerung halte ich persönlich für ausgeschlossen. Eine Trennung direkt nach dieser Saison halte ich für eher unwahrscheinlich. Möglich erscheint mir hingegen eine Einigung auf ein vorzeitiges Vertragsende nach 2 Jahren. Wenn sich dann Tuchel und der BVB auf eine Vertragsverlängerung z.B. mit einer Ausstiegsklausel geeinigt hätten und der gute Thomas nicht einen ausländischen Club präferiert, könnte es zu einer Verpflichtung Tuchels bei den Bayern kommen. Puh… Ziemlich viel Konjunktiv, sehr viel Spekulation. Lassen wir uns überraschen. Fest steht für mich nur, dass die Bayern kurz- bis mittelfristig einen neuen Trainer brauchen und auch verpflichten werden. 😉
tobit 6. Mai 2017 um 08:41
Eine Ausstiegsklausel wird es nicht geben. Schon gar nicht eine, die für Bayern gilt.
Watzke hat im Februar(?) im ASS gesagt, dass man nicht in die neue Saison gehen wird, ohne Tuchels Situation geklärt zu haben. Es wird also im Sommer eine Entscheidung geben, ob Tuchel verlängert oder seinen Vertrag erfüllt (diese Lesart hat er dabei ziemlich klar betont und eine vorzeitige Trennung als nahezu ausgeschlossen kategorisiert). Eine vorzeitige Demission hätte ich nur bei außerordentlichen Misserfolg für möglich gehalten (oder einen Rücktritt bei CL-Sieg).
Ob der Vertrag aber verlängert wird, kann ich überhaupt nicht einschätzen. Prinzipielles Interesse beider Seiten scheint aber vorhanden zu sein, wenn man sich zu Verhandlungen verabredet (und das auch öffentlich macht).
Natürlich ist Tuchel ein überaus interessanter Trainer für viele Vereine. Arsenal, Bayern und Barca werden in absehbarer Zeit einen neuen Trainer brauchen – der würde dann aber wieder einen Umbruch moderieren müssen, was ihm beim BVB schon nicht gefallen hat. Real ist mit Zidane erstmal versorgt und wird ebenfalls in den nächsten Jahren auf einen Umbruch zusteuern. Die restlichen Engländer haben ebenfalls noch langfristig gebundene Trainer (kann sich aber schnell ändern). Bleibt von den absoluten Topklubs nur noch PSG und Atletico (Simone ist wohl 2018 weg) übrig. Beide fände ich für ihn durchs interessant, da sie finanziell noch etwas großzügiger dastehen und ihre Leistungsträger mittlerweile sehr konsequent halten können (auch wenn PSG im Sommer ähnlich wie der BVB einen Top-IV in seine „Heimat“Stadt ziehen lassen musste).
HK 6. Mai 2017 um 12:53
Interessant, ich glaube genau die Äußerungen hatte ich im Ohr. Und für mich so interpretiert, dass es wenn keine Verlängerung gelingt es zu einer Trennung kommen wird.
Ansonsten wäre das ja ein ziemliches Kommunikationsdesaster. Da wirst du von der ersten Woche an von der berühmten „lame duck“ Diskussion verfolgt.
Darüber hinaus gerade ein Interview von Watzke in der WAZ gelesen. Ich weiß nicht ob sich je ein Präsident derartig distanziert über einen Trainer geäußert hat mit dem er verlängern möchte. Interessanterweise scheint es gerade bei der Attentatsbehandlung noch mal zu einem deutlichen Dissens gekommen zu sein.
Mein Gefühl, bei aller Vorsicht, Watzke scheint Tuchel „gefressen“ zu haben. Eine Vertragsverlängerung würde mich jedenfalls extrem überraschen.
tobit 6. Mai 2017 um 14:47
Zu den vorherigen Aussagen: Ein „lame duck“-Szenario wäre mir als Verein und als Fan herzlich egal. Wo ist das Problem mit dem Trainer zu arbeiten, auch wenn er am Ende der Saison gehen wird – gerade wenn man Personalentscheidungen (wie zuvor auch) nicht allein dem Trainer überlässt?
Das WAZ-Interview von Watzke (der übrigens nicht Vereinspräsident, sondern Vorstandsvorsitzender der KGaA ist) habe ich auch gerade gelesen. Ich gehe nach diesem Interview davon aus, dass Tuchel sich nur wird halten können, wenn er Dritter und Pokalsieger wird (und selbst dann gibt es keine Verlängerung). Ansonsten ist im garantiert Sommer Schluss. Ich finde dieses Interview von Watzke kommt zur absoluten Unzeit – generell finde ich seine Interviews in den letzten Monaten sehr schwach, da sie permanent Spekulationsstoff liefern und zu den unmöglichsten Zeitpunkten kommen. Wieso genau muss man sich vor dem vorentscheidenden BL-Spiel so äußern?
Ich finde das was Watzke aktuell macht, hochgradig dämlich. Sich nicht mit möglichen Alternativen beschäftigen (hat er Anfang April so gesagt), aber dann kurz vor Saisonende am Stuhl des Trainers sägen (obwohl dieser jetzt nicht katastrophal unerfolgreich war). Da muss es also auf persönlicher Ebene richtig gekracht haben (was ich vorher immer nur für Medien-Bla-Bla gehalten habe), und zwar deutlich mehr als das, was man bisher so lesen konnte. Nur wegen ein paar kritischen O-Tönen nach der Wiederholung des Monaco-Hinspiels (die nicht unbedingt an Watzke gewesen sein müssen, sondern auch an die UEFA gerichtet gewesen sein können), wird ein sonst so besonnen agierender Manager nicht den Erfolgstrainer der letzten zwei Jahre derart ans Kreuz nageln.
savona 6. Mai 2017 um 15:14
Vorstellbar ist das. Tuchel hatte sich recht deutlich vor die Mannschaft gestellt und dem Gefühl der Überforderung, so schnell nach dem Anschlag wieder spielen zu müssen, Ausdruck gegeben. Auch wenn er es wohl nicht expressis verbis so gesagt hat: zwischen den Zeilen konnte man da schon eine Kritik an der von Uefa und Klubleitung verfolgten Klublinie herauslesen, die sich ja auch in Watzkes Teamansprache kurz vor dem Hinspiel manifestierte. Dieser wiederum könnte durchaus der Meinung sein, es stehen dem Angestellten Tuchel nicht zu, sich öffentlich zu distanzieren, und sei es auch lediglich implizit.
CHR4 6. Mai 2017 um 17:51
Das ist aus beiderlei Sicht verständlich und hat doch primär weder mit der Person Watzke oder der Person Tuchel zu tun, sondern mit der Situation als solche, dem Konflikt zwischen Menschlichkeit, Geld, Politik und Macht. Wenn ich mich selbst in die Lage der beiden versetze, würde ich das weder als Trainer noch als Geschäftsführer anders sehen – leider werden diese Konflikte meist durch den PR-Weichspühler unter den Tisch gekehrt und dringen nicht nach außen.
Wenn selbst in solchen Situation nicht ehrlich über die Stimmung in der Manschaft gesprochen werden kann, kann sich eigentlich in Zukunft gleich jede PK sparen und nur noch zwischen An- und Abpfiff zuschauen. Ähnlich durften wir ja auch bei einem Interview von Thomas Müller letztes Jahr nach einem Länderspiel lernen.
Gerade für den BVB mit seinem Image ist es natürlich etwas doof, wenn dann am Ende herauskommt, dass da eben nicht die Mannschaft, die Sportler entschieden haben, sondern Kommerz und Politik.
Schorsch 6. Mai 2017 um 20:20
Es geht nicht um einen Konflikt Tuchel – Watzke. Sondern um einen Konflikt Tuchel – Clubverantwortliche. Zorc, Mislintat und andere liegen auch über Kreuz mit Tuchel. Der Kern dieses Konflikts ist der Grad der Einflussnahme auf Spielerkader/-transfers, Scouting, etc.. Manche haben die beinharte und an Kindergartenverhalten erinnernde Auseinandersetzung Tuchels mit dem Chef der BVB-Scoutingabteilung (Mislintat) als ‚Hahnenkampf‘ oder mit ‚die Chemie stimmt nicht‘ abgetan. Die durch Zorc moderierte ‚Lösung‘ war dabei schon ein Entgegenkommen gegenüber Tuchel, allerdings nur hinsichtlich der persönlichen Auseinandersetzung mit Mislintat, nicht in der Sache. Es hat den einen oder anderen Spieler gegeben, den Tuchel gerne gehabt hätte, der aber aus diversen Gründen nicht verpflichtet wurde. Andererseits haben Spieler den Club verlassen, die Tuchel unbedingt halten wollte (Mkhitaryan). Bei den Neuverpflichtungen zu dieser Saison ist auch nicht alles nach Wunsch Tuchels gelaufen. Watzke hat mehrfach auch öffentlich darauf hingewiesen, dass man clubseitig viel von Tuchels Trainerqualitäten halte. Andererseits gebe es allerdings Dinge, die der Club vorgebe und entscheide und der Trainer müsse dies auch akzeptieren.
Tuchel, der in persönlichen Gesprächen offenbar sehr charmant und gewinnend sein kann, wird wenn es um den Rahmen seines Verantwortungsbereichs geht von anderen als ‚verbohrt‘ und machtbeanspruchend beschrieben. Der Begriff ‚Kontrollfreak‘ fiel auch. Was genau davon in welcher Ausprägung zutrifft oder eben auch nicht, kann ich nicht beurteilen.Ein ganz klein wenig erinnert mich das alles an den Konflikt van Gaal – Hoeneß.
Was die Äußerungen im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag anbelangt, so hat Tuchel da mMn sehr passende Worte in der Öffentlichkeit gefunden. Inwieweit es da eine interne Absprache hinsichtlich einheitlicher Kommunikation nach außen gegeben hat, kann man nur mutmaßen. Aber wenn sich Tuchel nicht an eine solche eventuell bestehende Absprache gehalten haben sollte, dann würde der Unmut Watzkes verständlicher.
Wie die anstehenden Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung ausgehen werden bleibt abzuwarten. Wie bereits in einem anderen post erwähnt, glaube ich nicht daran, dass Watzke und Co für den Fall einer Nichteinigung und vorzeitiger Vertragsauflösung bzw. einer Demission Tuchels nicht eine personelle Alternative parat haben. Vielleicht ist es ja auch ganz anders und man möchte gar nicht unbedingt mit Tuchel in die neue Saison gehen. Auschließen kann man in diesem Geschäft (leider) nichts.
CHR4 6. Mai 2017 um 22:10
Vielen dank Schorsch für die tieferen Einblicke. Die Frage die sich für mich da anschließt: Welche Gründe lagen vor, warum man sich bei Zu- und Abgängen nicht einig war?
Ich fand Tuchels Worte ebenfalls sehr passend. Sollte es da eine andere „Absprache“?/Weisung gegeben haben, könnte ich eher den Unmut des Trainers und der Mannschaft verstehen und die Clubführung sollte sich mal bzgl. dessen hinterfragen: gerade einen Anschlag aufs eigene Leben überstanden, traumatisiert und mein Verein verlangt von mir Heile-Welt-Spielen – wow!
Da quasi eine Maulkorb zu bekommen, wie es wirklich in einem aussieht, würde für mich an Sittenwidrigkeit grenzen. aber wundern würde mich sowas heutzutage leider auch nicht mehr.
Schorsch 7. Mai 2017 um 01:37
Das fing wohl alles in der Winterpause der letzten Saison an. Tuchel, nach einer Top-Hinserie in sehr starker Position, forderte Verstärkungen für den Kader. Begründung: Er präferiere 17, 18 Spieler auf Spitzenniveau im Kader. Und der BVB hatte gerade Hofmann ziehen lassen und Jadnuzaj wieder abgegeben. Nun lässt sich gegen 17, 18 Spieler auf Spitzenniveau in einem Kader wenig einwenden. Ob nun allerdings Hofmann dazu gehörte, ist zumindest diskussionswürdig. Zu Jadnuzaj erübrigt sich allerdings jeglicher Kommentar. Außerdem war man nicht gerade schwach besetzt und so mancher Spieler im Kader fand die aussagen nicht so lustig. Dass dann Malli verpflichtet werden sollte, war ein klarer Wunsch Tuchels. Man kann Malli schon mit Fug und Recht als ‚Tuchelschüler‘ bezeichnen. Die Verhandlungen waren dann auch weit gediehen und fast wäre es auch zum Transfer gekommen. Aber dann hat Heidel vermeintlich oder tatsächlich einen Rückzieher gemacht, weil er angeblich die Rückrunde der Mainzer nicht gefährden wollte. BVBintern wurde aber auch darüber gesprochen, dass bei einer deutlcihen Aufstockung der Ablöse der Transfer wohl doch funktioniert hätte. Dann stand Oliver Torres von Atlético im Visier. Wie Malli ein junger Offensivspieler, der auf außen und auch zentral offensiv spielt. Tuchel wollte ihn haben. Auch hier man man weit in den Verhandlungen gediehen. Doch dann blieb Torres im Madrid, angeblich weil Simeone ihn überredet hatte zu bleiben. Dabei war Torres unzufrieden, da er meist nur als Einwechselspieler zu seinen Einsätzen kam. Später wurde er dann an Porto verliehen. Der BVB spielte dann die Rückrunde ohne Neuzugänge. Was auch nicht schlecht geklappt hat. Das Ausscheiden in der EL und die unglückliche Niederlage im DFB-Pokalfinale hatten dabei nichts mit fehlender Verstärkung durch Malli oder Torres zu tun. Tuchel jedenfalls macht Chefscout Mislintat für den gescheitereten Torreswechsel verantwortlich, weil er sich nicht intensiv genug darum gekümmert habe. Mislintat genießt in der Branche hohes Ansehen (u.a. hauptverantwortlich für Transfers wie Aubameyang, Guerreiro, Denbélé) , ist clubintern eine Institution und untersteht direkt Zorc. Hier ist Kompetenzgerangel oder auch Exkulpation nicht auszuschließen; es kam zu verbalen auseindersetzungen, in denen Mislintat (von Tuchel angegangen) Tuchelk beleidigt haben soll. Wobei Beteiligte auch sagen, es sei keine Beleidigung gewesen. Wie auch immer, der offene Konflikt zwischen 2 hochrangigen Angestellten war da. Zorc ‚löste‘ diesen, indem Mislintat das Trainingsgelände nicht mehr betreten darf. Macht aber nicht viel, da dieser ohenhin sein büro neben dem von zorc hat… 😉 . Wobei man folgendes wissen muss: 2 ‚Wunschkandidaten‘ Tuchels wurden nicht zur winterpause verpflchtet. Sie waren aber auch im Sommertransferfenster kein Thema. Stattdessen kam für den offensiven Bereich…Götze. Für die Defensive hatte Tuchel einen weiteren Wunschspieler: Toprak. Da war der Transfer durchaus möglich, doch Leverkusen rief eine (mMn zu) hohe Ablöse auf. Das BVB-Management blies daraufhin den Transfer ab, weil es den überhöhten Preis auch wegen der bekannten Ausstiegsklausel Topraks nicht zahlen wollte. Stattdessen behielt man Ginter, was bei Tuchel keine Begeisterungsstürme ausgelöst haben soll. Was die Abgänge anbelangt, so war der Gündogans kein Streitthema, da dieser ohnehin schon die Saison davor hätte erfolgen sollen. Auch der von Hummels nicht, da dieser und Tuchel nicht das allerbeste Verhältnis hatten. Der Mikhtaryans schon, hier hatte sich Watzke sehr aus dem Fenster gelehnt und er war so etwas wie Tuchels Lieblingsspieler (mMn durchaus verständlich). Schürrle gilt clubintern als Wunsch Tuchels; wie sich das mit Rode verhält, ist umstritten.
Ein Club wie der BVB wird hinsichtlich der Transferpolitik immer auch auf die Vorstellungen des jeweils aktuellen Trainers eingehen, muss aber immer auch die weitere Entwicklung nach dem aktuellen Coach im Auge haben. Wenn dann die Chance besteht, einen Mor oder Isak (und in gewisser Weise gehört Merino auch dazu) verpflichten zu können, dann wird man diese Chance wahrnehmen müssen, ob dem Trainer das nun gefällt oder nicht.
Was die aktuellen Interviewäußerungen Watzkes anbelangt, so finde ich diese prinzipiell nicht anstößig, sondern eher offen. Es gab offensichtlich differenzen zwischen Tuchel und ihm in besagter Frage, warum sollte er das leugnen? Der Zeitpunkt der Veröffentlichung jedoch ist eher ‚unglücklich‘ und ob Tuchel vorher informiert wurde erscheint fraglich. In der eigentlichen Angelegenheit würde ich da aber Watzke nicht unbedingt einen Vorwurf machen. Er hatte in einer außergewöhnlichen Situation in Verhandlung mit der UEFA und der Clubführung von Monaco unter Druck (auch seitens der Politik) Entscheidungen zu treffen, bei denen er auch an die Regularien gebunden war. Man kann es auch so sehen: Nicht nur, aber auch durch die Aussagen Tuchels ist er in ein Licht gerückt worden, das ihm und seinem Handeln nicht unbedingt gerecht wird. Ich persönlich sehe hier die UEFA eher in der Verantwortung. Aussagen wie ‚Wenn es Tote gegeben hätte, dann hätte das Spiel nicht stattgefunden‘ zeigen ja (so zynisch diese Aussage auch ist), dass es durchaus Alternativen zu einem späteren Zeitpunkt gegeben hätte.
CHR4 7. Mai 2017 um 02:34
Vielen lieben Dank für deine Mühe! – war sehr interessant zu lesen
sehr beeindruckender Informationsschatz!
In der Sache mache ich Watzke, wie oben beschrieben ja auch keine Vorwürfe, als Geschäftsführer hätte ich auch nicht anders entschieden. Es wurde nur anfangs der Eindruck erweckt, dass die Neuansetzung einen Tag später, mit dem BVB „vereinbart“ wurde. Da hätte die Clubführung schonmal der Öffentlichkeit deutlicher vor Augen führen, dass die Mannschaft eigentlich mehr Zeit bräuchte, aber man schon rein finanziell keine andere Wahl hatte, als dem Termin zuzustimmen.
Wie dem auch sei, ob in diesem Fall oder bei Mislintat: als Profi sollte man dazu fähig sein, sich auszusprechen und professionell miteinander an einem Ziel zu arbeiten.
savona 7. Mai 2017 um 10:51
Zur schnellen Neuansetzung schrieb Carolin Emcke, aktuelle Friedenspreisträgerin, unter anderem folgende bedenkenswerte Sätze:
„Es ist eines, wenn Menschen, die verschont wurden, der Angst und dem Schock widerstehen können, oder wenn direkt Betroffene sich selbst eine Form von Normalität und Vertrauen (zurück-)erobern wollen. Etwas ganz anderes ist es, wenn Normalität und Vertrauen im Angesicht von Terror von oben herab angeordnet werden. Diese ritualisierte Pflicht zur Kontinuität meint, den Schmerz der Opfer, der einer Gewalterfahrung folgt, einfach überspringen zu können. Die Spieler von Borussia Dortmund wurden nicht nur zum Spielen genötigt – 24 Stunden nach dem Anschlag auf ihr Leben. Der eilige Auftrag zum Weitermachen wurde auch noch aufgeladen mit simulierter Moral. So als sei individuelle oder kollektive Trauer eine undemokratische Verweigerungshaltung. Als sei unprofessionell, wer innehalten, reflektieren oder auch nur schockiert sein will. Als sei ethisch verantwortungslos, wem der Schreck über die Wucht der Detonationen anzumerken war. Wer von den Spielern hatte da noch eine Wahl? Wer war da frei zu sagen: Ich kann oder will nicht?
Es war ein gespenstisches Spektakel: Um unbedingte Normalität zu behaupten, wurde ausgerechnet den Opfern aufgebürdet, ihre schreckliche Erfahrung zu verleugnen. Ob dieses Fußballspiel am Ende gewonnen oder verloren wurde, spielt für die Brutalität dieser Entscheidung keine Rolle. Es geht auch nicht darum, ob es faire Bedingungen waren, unter denen die Spieler antreten mussten. Es geht darum, dass nach einem solchen Anschlag jeder Wettbewerb schlicht obszön geworden war. Auch ein Sieg hätte keinen Triumph bedeutet. Worüber auch? Was wäre damit bewiesen worden? Dass die Erfahrung nicht so tief greifend gewesen sein kann? Dass sich jedes Trauma mit ein bisschen Willen schon überwinden lässt? Selbst als Borussia-Fan ließ sich nicht entscheiden, welcher Ausgang einen widerlicheren Beigeschmack gehabt hätte. Das Spiel wurde gekidnappt für eine Geste.“
Schorsch 7. Mai 2017 um 11:35
@CHR4:
In dieser ganzen Angelegenheit gibt es niemanden mit Heiligenschein. Niemanden. Ganz gleich, wie man sich nach außen darstellt. Die Risse sind tief, sehr tief. Nach meinem Dafürhalten zu tief für eine gemeinsame Zukunft. Ich hatte dies bereits mehrfach hier angedeutet. Die Diskussion um das Verhalten der Beteiligten nach dem Anschlag ist da nur ein weiteres Zeichen.
Die strategische Ausrichtung eines Clubs bestimmt der Vorstand / Aufsichtsrat. Nicht die Direktorenebene. Die hat die Umsetzung im operativen Bereich zu verantworten und dabei der strategischen Ausrichtung voll gerecht zu werden. That’s the business.
PS Der BVB wird wohl ein weiteres Talent (Zagadou; 17 Jahre; vom PSG) verpflichten. Solche Talente werden aber nur auch in Zukunft kommen, wenn sie auch Spielpraxis erhalten.
Koom 7. Mai 2017 um 12:32
Im Nachhinein – und da lässt es sich immer schön analysieren – hätte Watzke einfach die Backen halten sollen. Ihm sollte nicht das Gesicht oder mehr weggesprengt werden durch eine dreifache Sprengfalle aus niedersten Beweggründen. Wir können kaum erahnen, wie sich das anfühlen muss.
Die Spielansetzung pro forma für den nächsten Tag ist in Ordnung gewesen, weil nur ein Spieler körperlich verletzt wurde. Und das der Verein es allen offen lies, ob sie antreten wollen, ist auch in Ordnung. Ansonsten hätte man einfach sehr ruhig sein sollen und nichts dramatisieren, moralisieren und irgendwelche Rucksäcke aufladen. Das ist eine Scheiss-Situation.
Ich denke, Tuchel ist zu recht frustriert, dass beim BVB ein paar Dinge sehr seltsam laufen. Watzke ist definitiv auch größenwahnsinnig geworden. Man gibt 3 Weltklasse-Stammspieler ab und erwartet, dass der ehrgeizige Trainer das freudig-motiviert aufnimmt und eine Saison wie die vorrige abliefert. Das KANN nicht gehen. Und unter den Umständen ist die bislang erbrachte Leistung sehr gut.
Watzke sollte seinen Größenwahn und Eitelkeit mal wegpacken und in den Hintergrund rücken, wo er auch – wie jede andere „Führungsperson des nicht-sportlichen Bereichs“ auch einfach hingehört. Und im Hintergrund sich mit Tuchel aussprechen, ihm das Vertrauen aussprechen und gut ists.
Daniel 7. Mai 2017 um 14:04
Interessante und tiefe Einblicke, dankeschön, Schorsch. Bezüglich deiner Deutung dieser Ereignisse muss ich dir aber schon ziemlich klar widersprechen.
„Was die aktuellen Interviewäußerungen Watzkes anbelangt, so finde ich diese prinzipiell nicht anstößig, sondern eher offen.“
Das seh ich fundamental anders, dieses Interview war in der Form in meinen Augen ein No-go. Watzke sagt zum Beispiel, dass er die Spieler von seiner Kritik ausnehme, da sie nach dem Anschlag „physisch und psychisch verständlicherweise komplett ausgelaugt waren“. Nur: in diesem Bus saßen ja nicht nur Spieler, sondern auch Tuchel. Die Spieler wegen des Schocks in Schutz zu nehmen und Tuchel dann anzugreifen ist in sich überhaupt nicht logisch.
Auch die Aussage: „ja nicht umsonst der Mannschaft im Gespräch am Mittwochmorgen freigestellt, dass jeder Spieler, der sich nicht in der Lage fühlt zu spielen, das selbstverständlich bis zum Nachmittag sagen kann. Auch der Trainer hatte selbstverständlich das Recht, darauf hinzuweisen. (…) Aber mit einem solchen Szenario bin ich kein einziges Mal konfrontiert worden.“
Dass kaum ein Spieler in einer solchen Situation dann zum Boss geht und für das VF der Champions-League absagt, kann ja wohl niemanden ernsthaft überraschen. Das hat viel mit Gruppendynamik zu tun, niemand will der erste sein, der kneift. Nur weil keiner seine Mannschaft „im Stich gelassen hat“ heißt das noch lange nicht, dass sie mit der Terminansetzung glücklich waren. Soviel menschliches Gespür würde ich Watzke eigentlich auch zutrauen.
„Eine Abschlusstabelle ist wie ein Zeugnis. Und die Note ist sicher besser, wenn du Dritter statt Vierter wirst“
Auch die Aussage empfinde ich so kurz vor einem entscheidenden Spiel als völlig deplatziert. Jedem ist bewusst, wie wichtig so ein Spiel ist, da braucht der Vorstandsboss nicht noch zusätzlich Druck aufzubauen. Watzke ist ja nicht neu in dem Geschäft…von jemandem mit derartiger Erfahrung muss man erwarten können, dass er die Bedeutung seiner Worte einschätzen kann. Ehrlichkeit ist schön und gut, aber hier wären einige Floskeln definitiv besser gewesen als schonungslose Offenheit.
„PS Der BVB wird wohl ein weiteres Talent (Zagadou; 17 Jahre; vom PSG) verpflichten. Solche Talente werden aber nur auch in Zukunft kommen, wenn sie auch Spielpraxis erhalten.“
Tun sie aber nicht. Und zwar weil der BVB bereits jetzt meiner Meinung nach zu viele Talente hat (jedenfalls offensiv), so dass diese sich gegenseitig kanibalisieren. Mor oder Isak hätten beim FC Bayern diese Saison wohl signifikant mehr Spielanteile bekommen. Dembele, Pulisic, Mor, Isak und Passlack sind halt mehr Talente, als man realistischerweise mit Spielzeit versorgen kann. Weniger ist manchmal mehr, das gilt auch für Talentförderung. Lieber zwei Talente richtig fördern, als sechs Talente haben, von denen vier auf der Tribüne sitzen.
„Ein ganz klein wenig erinnert mich das alles an den Konflikt van Gaal – Hoeneß.“
Der nennenswerte Unterschied: auch wenn van Gaal und Hoeneß nicht besonders gut miteinander konnten, haben sie sich im Interesse des Vereins zusammengerauft. Die Trennung von van Gaal hatte nichts mit persönlichen Differenzen zu tun, sondern damit, dass die Mannschaft in allen Wettbewerben die Ziele klar verfehlt hatte und dabei auch fußballerisch erschreckend schwach war: in der CL flog man bereits im Achtelfinale raus (wenn auch unglücklich), im Pokal war nach einer in jeder Hinsicht erschreckenden Leistung zu Hause gegen Schalke Schluss und in der Liga stand Bayern auf Platz 4 (der damals noch nicht zur Quali für die CL berechtigte). Van Gaal war in einer Sackgasse angekommen, was auf dem Platz auch deutlich sichtbar war. Die jetzige Saison des BVB ist in jeder Hinsicht deutlich stärker, obwohl van Gaal damals nicht mit Terroranschlägen oder einem Verkauf von drei Leistungsträgern zu kämpfen hatte.
Unter den gegebenen Umständen muss man die Saison des BVB als großen Erfolg verbuchen: die Sommertransferperiode war für den BVB nicht besonders glorreich, es wurden drei Leistungsträger verkauft und nur einer (Dembele) ist hinzu gekommen. Die anderen Sommertransfers waren viel verletzt oder qualitativ (noch) nicht gut genug. Insofern trägt die Vereinsführung mit ihrer Transferpolitik (Verkauf von Mkhitaryan) eine größere Verantwortung für das jetzige Abschneiden als Tuchel. Hinzu kommt eine Verletzungsmisere (Sahin, Bender, Götze fast durchgehend verletzt, Guerreiro, Reus, Bartra und Schürrle auch oft, auch Bürki hat es mal erwischt) und als negatives Sahnehäubchen noch ein Anschlag auf das Leben der Spieler. An Erfolgen steht dem gegenüber: Pokalfinale erreicht, CL-Viertelfinale erreicht, in der CL-Gruppe vor Real Madrid gelandet, den Konkurrenten aus München in zwei von drei Spielen geschlagen, Quali für die CL gesichert, wahrscheinlich sogar direkt. Wenn Dortmund damit unter diesen Umständen nicht zufrieden ist, dann ist das schon ein wenig Realitätsverweigerung. Einen Trainer mit dieser guten Bilanz, wie Tuchel sie in den letzten zwei Jahren hatte, aus schierer persönlicher Antipathie rauszumobben, ist verantwortungslos. Damit stellt man das eigene Ego über das Wohlergehen des Vereins. In der Arbeitswelt muss man auch mit Mitarbeitern umgehen können, die man persönlich vielleicht nicht so sympathisch findet, falls sie die fachlich beste Alternative sind. Das muss man auch von dem Geschäftsführer eines Topvereins erwarten können. Plakatives Beispiel: Eine Angela Merkel ist sicher auch nicht mit jedem Minister persönlich befreundet. Das hat was mit Professionalität zu tun.
Aber wir können ja spaßeshalber mal die möglichen Alternativen durchgehen: Guardiola, Klopp, Allegri und Conte sind langfristig bei reicheren Vereinen gebunden. Simeone würde menschlich und taktisch denk ich ganz gut passen, ist aber erstens frühestens 2018 verfügbar und spricht zweitens kein Wort deutsch (ich meine auch mal gelesen zu haben, dass sein Englisch auch nicht besonders ist). Nagelsmann wird diesen Sommer auch sehr schwer zu bekommen sein, und selbst wenn ist er im Grunde „nur“ ein junger, aufstrebender Trainer, der in einem Biotop ohne ganz großen Druck und ohne Dreifachbelastung taktisch anspruchsvollen Fußball spielen lässt…will heißen: er ist die weniger erfahrene Version von Tuchel. Er müsste sich bei einem Klub wie Dortmund zunächst ebenso anpassen und seine Erfahrungen sammeln wie Tuchel…nur dass er dabei wieder bei Null beginnen würde. Der immer wieder genannte Sousa ist mit Florenz derzeit Achter der Serie A, in der EL war seine Mannschaft gegen Gladbach relativ klar das schwächere Team. Klingt jetzt auch nicht wie ein Upgrade. Ehrlich gesagt ist Favre der einzige Trainer, der womöglich zu bekommen ist und in meinen Augen nicht mehr oder weniger klar schwächer ist als Tuchel. Aber selbst dann würde man einer „Umbruchsaison“ eine weitere „Umbruchsaison“ folgen lassen, in der Favre sich an das neue Team anpassen müsste.
Fazit: mit einem Trainerwechsel schießt der BVB eine tolle Gelegenheit auf eine Meisterschaft fahrlässig in den Wind, da die mitten in einem Generationenwechsel steckenden Bayern so angreifbar sind wie seit mindestens fünf Jahren nicht mehr. Einfach nur dämlich.
Schorsch 7. Mai 2017 um 18:30
@Koom:
Man ist immer klüger, wenn man aus dem Rathaus kommt. Und dann kann man auch wohlfeil reden. Vollkommen klar.
Zu Watzke: Er musste unmittelbar nach einem für alle Beteiligten völlig unerwarteten schlimmen Ereignis die Situation managen und sehr zeitnah Entscheidungen in Abstimmung mit nicht wenigen anderen Involvierten treffen. Und dabei noch die Politik im Nacken. Das Ganze in Kenntnis der Regularien, auf welche die UEFA deutlich hingewiesen hat. Und als Verantwortlicher einer KGaA. Und so zynisch dies klingen mag (genug passiert ist allemale): Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht einmal der Polizei das ganze Ausmaß der Attacke klar und wieviel Glück die Businsassen eigentlich hatten. Das stellte sich erst einen Tag später heraus. Was die Sache an sich natürlich nicht besser macht. In diesem Zusammenhang hat es sicherlich auch Kommunkationsabsprachen für die Führungskräfte gegeben. Das muss auch so sein. Handhabt die Politik auch nicht anders bei ähnlichen Ereignissen.
Das Spiel hätte am nächsten Tag nicht stattfinden dürfen. Das war mein erster Gedanke und ich bleibe dabei. Es war aber keine Einigung über einen anderen Termin zu erzielen. Weder mit der UEFA, noch mit Monaco.
Nichts geschieht ohne Grund und Absicht. Auch die Veröffentlichung des Interviews zu diesem Zeitpunkt nicht. Nein, ich glaube nicht daran, dass Watzke von „Größenwahn und Eitelkeit“ erfasst ist. Wenn man so will ist er der CEO eines großen Unternehmens und er nimmt seine Verantwortung als Chef auch aller Personen und Abteilungen des Unternehmens wahr. Auch in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Dabei macht er auch Fehler, aber wer macht diese nicht. Und ein Tuchel ist da keineswegs fehlerfrei. Man sollte sich sehr davor hüten, in dieser ganzen Angelegenheit schwarz-weiß zu malen. Auch ein Tuchel weiß sich in der Öffentlcihkeit darzustellen und diese Öffentlichkeit zu nutzen. Dabei muss seine Version nicht unbedingt der Wahrheit am nächsten kommen.
In der Zeit mit Klopp hat es immer wieder interne Auseinandersetzungen der Verantwortlichen gegeben. Auch in den Phasen des größten Erfolge, als alles ‚best‘ schien. Nur: Das wurde intern geklärt. Entscheidungen wurden gemeinsam getragen, nach innen wie nach außen, auch wenn sich jemand mit seiner Auffassung nicht hat durchsetzen können. Dazu muss man aber bei allem notwendigen Durchsetzungswillen auch Teamplayer sein. Wie Klopp z.B. nach außen die Situation mit dem Bekanntwerden des Götzewechsels direkt vor dem CL-Halbfinalhinspiel gegen Real moderiert hat, das war erste Sahne.
Die Situation mit Tuchel eskaliert schon seit einiger Zeit im Club. Watzke muss alle Abteilungen des Clubs im Auge behalten und bei allen Meinungsverschiedenheiten und Dissonanzen für reibungslose Abläufe sorgen. Die sind beim BVB aber schon länger nicht gegeben. Viel hat nicht gefehlt, und Tuchel wäre schon in der Winterpause Geschichte beim BVB gewesen.
Watzke, seine Kollegen in der Chefetage, Zorc und andere im Club haben endgültig realisiert, dass der BVB als Club nicht die ganz Großen wird erreichen können. Das können vielleicht die PSGs dieser Welt als Spielzeuge von Oligarchen oder Scheichs. Es werden immer die besten Spieler den Club verlassen, wenn sie außerordentliches bis Weltklasseniveau erlangen. Gündogan, Hummels und Mkhitaryan hatten jeweils einen Vertrag mit einem Jahr Restlaufzeit. Sie wollten den Club verlassen, weil sie woanders deutlich mehr verdienen und sich mehr Titel erwarten konnten. Gündogans Fortgang war dabei schon seit mindestens 2 Jahren überfällig. Dass er überhaupt noch eine Saison beim BVB bleib, war nur dem Umstand zu verdanken, dass er sich letztlich doch nicht mit Juve oder sonstwem einigen konnte. Das wusste Tuchel von Anfang an. In der Rückrunde war er lange verletzt und danach spielte er ohnehin keine Rolle mehr bei der Aufstellung. Das Verhältnis Tuchels zu Hummels war nicht spannungsfrei. Dass er sich für einen Fortgang entscheidet, war eine Möglichkleit, mit der zu rechnen war. Die Äußerungen Tuchels über Hummels bezüglich dessen Verletzung / Auswechslung im DFB-Pokalendspiel waren auch nicht gerade gentlemanlike. Bei Mkhitaryan hatte sich Watzke sehr weit aus dem Fenster gelehnt mit seinen öffentlichen Äußerungen. Das war definitiv ein Fehler. Dass dieser Spieler dann doch den Club verlässt, hat Tuchel verständlicherweise nicht gepasst. Der BVB sieht für sich in diesem großen Fußballmonopoly in einer Neuausrichtung die große und vielleicht auch einzige Chance, im internationalen Geschäft einigermaßen im Top 12 – Bereich auch in Zukunft mithalten zu können. Als ‚Ausbildungsclub‘ für hochtalentierte junge Spieler. Wobei man im Kampf um solche Spieler auch mächtig Konkurrenz der Großkopfeten hat. Da wird für einen 19jährigen Stürmer ein 85 Mio – Angebot abgelehnt und dafür 118 Mio. aufgerufen. Wer will da noch mithalten? Das können und wollen selbst die Bayern nicht. Wenn ein Trainer sich dann mit eine solchen Neuausrichtung nicht anfreunden kann, dann muss er dies intern mit seinen Vorgesetzten klären. Love it or leave it. Zu dem Verkauf der 3 o.g. Spieler gab es nur die Alternative, sie noch ein Jahr zu behalten und dann ablösefrei ziehen lassen zu müssen. Die wollte man verständlicherweise nicht wahrnehmen.
Zu Beginn der Saison hatte ich gesagt, eine möglichst direkte CL-Qualifikation, je nach Losglück Achtel- oder Viertelfinale in der CL und Viertel-/Halbfinale im DFB-Pokal würden eine erfolgreiche Saison für den BVB unter den gegebenen Umständen darstellen. Und so haben die Cluboberen auch die Saisonziele formuliert. Das Erreichen dieser Saisonziele (noch ist sie ja nicht ganz beendet) ist auch der fachlichen Kompetenz des Trainers zu verdanken. Diese fachliche Kompetenz ist auch nie von irgendwem im Club angezweifelt worden. Es gibt aber auch Dinge, die über diese fachliche Kompetenz hianus wichtig für eine Zusammenarbeit sind.
Schorsch 7. Mai 2017 um 21:36
@Daniel:
Vorab: Wenn man keine unterschiedliche Sicht auf die Dinge hätte, könnte man auch nicht diskutieren.
Nur einige Anmerkungen:
Mein Vergleich zu van Gaal – Hoeneß ist natürlich etwas holzschnittartig, klar. Ich schrieb ja auch, dass mich die aktuelle Auseinandersetzung beim BVB „ein ganz klein wenig“ an den Konflikt van Gaal – Hoeneß erinnere. Bei allen Unterschieden gibt es mMn aber schon Parallelen. Z.B. dass es sich nicht um den Konflikt zweier Personen handelt. Auch bei van Gaal verlief die ‚Linie‘ zwischen ihm und den Clubverantwortlichen (und nicht Hoeneß allein). Und es ging bei ihm wie bei Tuchel nun beim BVB (nicht nur, aber auch) darum, wer die Personal(Transfer-)poltik bestimmt. Der Konflikt trat damals offen auf und wurde dann auch in der Öffentlchkeit ausgetragen, als van Gaal von den Verhandlungen des Vorstands mit Manuel Neuer erfuhr, die sozusagen ‚hinter seinem Rücken‘, ohne ihn miteinzubeziehen, geführt wurden. Auch ein van Gaal (den ich im übrigen hoch schätze) konnte sich nicht damit abfinden, dass es die Clubverantwortlichen sind, welche die Kaderpolitik betreiben und nicht der Trainer. Mit diesem öffentlichen Austragen des Streits, in dem van Gaal auch recht geschickt seine Position bei den ‚Fans‘ positionieren konnte (‚koan Neuer‘), war der Käse für ihn beim FCB gegessen. Dies alles strahlte natürlich auch auf die Mannschaft aus, wobei das eher enttäuschende Abschneiden in dieser Saison nicht nur darauf, sondern u.a. auch auf Fehler seinerseits zurückzuführen war. Wenn die Saisonziele nicht in Gefahr geraten wären, hätte man mit ihm bis zum Saisonende weitergemacht, aber dann wäre Schluss gewesen. Und genauso ist es jetzt in Dortmund. Einen so großen Unterschied gibt es da mMn nicht. Das Ende der Zusammenarbeit mit Tuchel ist bereits seit geraumer Zeit für das Saisonende ins Auge gefasst worden. Wenn die Saisonziele ernsthaft in Gefahr geraten wären, dann wäre es bereits vorher zu einer Trennung gekommen. So wie bei van Gaal damals. Insofern kann man da mMn eben schon Parallelen sehen.
Zu den Dingen, die um den Sprengstoffanschlag passiert sind bis hin zu Watzkes letzten Äußerungen verweise ich auf meine Einlassungen zu @Kooms Ausführungen. Ich bleibe dabei: Es gibt hier nicht Schwarz und Weiß; auch das Agieren und die Äußerungen Tuchels sind mMn zu einem Teil politisches Taktieren. Jetzt wird man sich noch einmal ‚zusammenreißen‘, Ende Mai nach dem DFB-Pokalendspiel wird es dazu noch Erläuterungen geben, so oder so.
In der ‚causa Tuchel‘ geht es nicht nur um einen ’schwierigen Mitarbeiter‘. Es geht um die Zusammenarbeit im Club. Dazu braucht es auch (siehe anderer post) den Willen und die Fähigkeit, als Teamplayer zu agieren. Außerdem ist in der Mannschaft nicht alles Gold was glänzt. Dabei rede ich nicht von den überall anzutreffenden Unzufriedenen, die keine oder kaum Einsatzzeiten bekommen. Kernpunkt ist der Umgang miteinander. Nein, es geht nicht um persönliche Antipathien eines Watzke. Der auch Fehler macht, keine Frage. Aber er ist für den gesamten Club verantwortlich und muss, wie man so schön sagt, den Laden zusammenhalten. Das geht aber nur, wenn sich alle Beteiligten auch zumindest einigermaßen an die Spielregeln halten. Ob Dein Vergleich mit Kanzlerin Merkel so stimmig ist, weiß ich nicht. Sobald diese eine Gefahr für sich, die Macht oder den Bestand der Koalition wittert, kennt sie keine Gnade. Es gibt da so einige Dame(n) und Herren aus ihren diversen Kabinetten und ihrer eigenen Partei, die das erfahren haben.
Es ist natürlich nicht aususchließen, dass man sich doch noch einmal zusammenrauft, zumindest für eine Saison. Allein, mir fehlt der Glaube (um einmal eine Anleihe bei einem großen Frankfurter zu machen 😉 ). Die Trennung scheint unausweichlich. Der BVB wird eine Alternative haben, wer das auch immer sein wird.
Um Deinen ‚Spaß‘ mitzumachen: Sousa kann ich nicht beurteilen. Ein Blick auf seine bisherige Trainervita stimmt mich da aber nicht hoffnungsfroh. Nagelsmann ist ein Talent mit Anfangserfolgen, die noch der Bestätigung bedürfen. Aber es würde passen. Er wäre mMn für das Einbinden junger Talente sehr gut geeignet, ohne ältere Spieler außen vor zu lassen. Er macht den Eindruck sehr genau zu wissen, was er will, aber ohne das Teamplaying zu vernachlässigen. Obendrein blickt Aki seit kurzem mit etwas anderen Augen auf das, was Dietmar in Hoffenheim geschaffen hat… 😉 . Favre halte ich für einen sehr guten Trainer. Wenn er es würde, dürfte man keine großen taktischen Innovationen erwarten. Aber Stabilität und Kontinuität und keine Spaltereien. Er ist nach meinem Eindruck auch nicht ganz einfach als Persönlichkeit, aber das muss er auch nicht sein. Simeone wäre schon ein ‚Hammer‘, aber wie wahrscheinlich wäre das? Die Sprachkenntnisse wären sicher ein Problem, aber nicht unlösbar. Jeder Trainer bekommt seinen mehr oder weniger großen operativen Freiraum, muss sich aber den strategischen und mitunter auch operativen Vorgaben des Clubs anpassen. Wer es letztlich wird, werden wir sehen. Ob zur neuen Saison oder später.
Daniel 8. Mai 2017 um 00:48
@Schorsch
Klar kann man anderer Meinung sein, das hab ich doch nie bestritten 😉
Bei van Gaal-Hoeneß: wie gesagt, in meinen Augen ist van Gaal Opfer einer Schwächeperiode seiner Mannschaft geworden, die er-trotz all seiner Kompetenz-durch eigene Fehler mitverursacht hat. In einer solchen Situation sind in München schon ganz andere Trainer gefeuert worden, die ein erwiesenermaßen gutes Verhältnis zur Führungsspitze hatten (Hitzfeld, Heynckes). Wenn van Gaal die Ziele auch nur in der Buli ansatzweise erreicht hätte, wäre er denk ich nächste Saison noch immer Trainer gewesen. Aber die Qualifikation für die CL ist für Bayern ein Muss und als die ernsthaft gefährdet war hätte jeder beliebige Bayern-Trainer gehen müssen (das wäre heute nicht anders).
Ich will hier Tuchel auch keinesfalls einen Persilschein verpassen. Du bist sicherlich näher am BVB als ich und kannst interne Vorgänge besser beurteilen. Aber ich habe bisher noch keinen öffentlichen Auftritt (was anderes kann ich zumindest nicht beurteilen) von Tuchel gesehen, der für mich erkennbar eine machtpolitische Agenda innerhalb des BVB hatte.
Dass es Differenzen innerhalb der Mannschaft gibt hör ich ehrlich gesagt zum allerersten Mal, hast du das aus interner Quelle, ist das Spekulation von dir oder gibt es dazu irgendwo Infos? Dass in einer Fußballmanschaft aber nie alle absolut glücklich sind sollte klar sein.
Der Merkel-Vergleich war ebenso „holzschnittartig“ gemeint wie deiner mit van Gaal, natürlich nicht in jeder Hinsicht stimmig. Dass sie keine Gnade kennt, wenn sie Gefahr für sich oder ihre Macht wittert ist richtig, ich sehe das aber nicht von einem moralischen Gesichtspunkt: Merkel schießt ihre eigenen Leute nur ab, wenn sie zur Gefahr werden-dann aber richtig. Dass Merkel einem Mitarbeiter, zu dem sie keine (bessere) Alternative hat, öffentlich schwächt und dennoch im Amt lässt, ist unvorstellbar. Wenn Watzke Tuchel diese Woche gefeuert hätte wäre das zwar in meinen Augen ein furchtbarer Fehler gewesen, aber zumindest konsequent. Zumal dieses Interview wenige Stunden vor dem Anpfiff gegen Hoffenheim lanciert wurde, was das wahrscheinlich wichtigste Saisonspiel des BVB war (jedenfalls in der Buli). Um im Beispiel zu bleiben: das ist so, als ob Merkel zwei Tage vor der NRW-Wahl den dortigen CDU-Kandidaten öffentlich anzählt. Unvorstellbar, dafür ist sie zu professionell.
Ich hab sämtliche Namen auf dieser Liste eigentlich nur gebracht, um zu zeigen, dass sie entweder nicht verfügbar (Simeone), schwächer als Tuchel (Sousa) oder Talente (Nagelsmann) sind. Gerade Nagelsmann ist für mich überhaupt kein Schritt nach vorn: Auch er hat derzeit ohne Zweifel einen sehr großen operativen Einfluss bei Hoffenheim. Mit Nagelsmann würde Dortmund einfach wieder da anfangen, wo man bereits mit Tuchel vor anderthalb Jahren begann. Und weil auch Nagelsmann es gewohnt ist, bei Transferentscheidungen ein nennenswertes Wörtchen mitzureden, würden dann bald wieder zwei Züge aufeinander zurasen. Nur dass der eine Zug dann halt Nagelsmann und nicht Tuchel heißt. Ergebnis wäre verlorene Zeit und Energie, ohne irgendwas zu erreichen. Und es besteht immer die Gefahr, dass der Neue aus irgendwelchen Gründen überhaupt nicht zu Mannschaft/Verein passt. Fazit: durch einen Tausch von Tuchel gegen Nagelsmann (oder ein anderes Trainertalent) könnte der BVB fast nichts gewinnen, im schlimmsten Fall viel verlieren und würde selbst im besten Fall eine schwächere Übergangsphase in Kauf nehmen.
Worauf ich im Kern hinauswill: die Trainerposition ist die wahrscheinlich am schwierigsten zu besetzende im modernen Fußball, weswegen es da bei vielen Vereinen auch so wenig (wünschenswerte) Konstanz gibt (siehe eine Kolumne hier auf sv vor wenigen Wochen). Einen fachlich erwiesenermaßen hervorragenden Trainer, der die gesetzten Ziele mindestens erreicht, in Teilen auch übertroffen hat, vor die Tür zu setzen…das muss fast schiefgehen. Die einzige Ausnahme ist, wenn man einen noch besseren Kandidaten am Hacken hat…so wie Bayern vor vier Jahren mit Guardiola. Die einzigen Kandidaten auf die das zutrifft (Simeone, Guardiola, Conte) werden mit absoluter Sicherheit nicht zur kommenden Saison zum BVB wechseln.
Übrigens ist es nicht ungewöhnlich, dass Trainer Mitspracherecht bei operativen Entscheidungen einfordern. Bei Bayern hat selbst eine Klublegende wie Müller-Wohlfahrt den Machtkampf mit Pep verloren-und dennoch ist Pep wohl nicht zuletzt deshalb gegangen, weil er woanders noch mehr Macht haben kann. In England, teilweise auch Spanien, ist das normal. Nicht ganz zu Unrecht: wenn die Transfers Müll sind, ist es ja auch in aller Regel der Trainer, der zuerst den Kopf hinhalten muss, und nicht der Geschäftsführer.
Koom 8. Mai 2017 um 09:19
@Schorsch
Nur kurz: Kann deiner Meinung auch folgen. Bleibe aber bei meiner. Es ist einfach eine ziemlich blöde Situation und extrem ungewöhnlich. Das sind moralische Fragen, auf die es keine richtige Antwort gibt. Die gegebene Antwort war im großen und ganzen ok, aber man merkt schon, dass sehr viel auf dem Altar des Kapitalismus geopfert wird.
savona 8. Mai 2017 um 09:43
Die „Süddeutsche“ macht heute den Sportteil mit einem großen Artikel von Röckenhaus zum Thema auf; er bestätigt weitestgehend Schorschs Version. Die Liste gravierender Kritikpunkte an Tuchel, was den internen Umgang miteinander – im Gegensatz zum durchweg charmanten Auftreten nach außen hin – betrifft, aber auch fachlich scheint von beachtlicher Länge zu sein und beinhaltet etwa auch die Äußerung aus der Mannschaft, von einer besonders engen, menschlichen Beziehung seit dem Attentat „kann keine Rede sein, das ist eine reine Mediensache“.
Es ist dann noch von Warnungen aus Mainz die Rede, auf die man leider nicht gehört habe. Ein halbes Jahr sei alles gut gegangen, dann „war alles wie aus Mainz vorhergesagt“.
Schorsch 8. Mai 2017 um 10:20
@Daniel: Ich hatte hinter meiner Eingangsbemerkung das ‚Augenzwinkern‘ schlicht vergessen…
Bei Frau Merkel besteht nie die Gefahr, dass sie jemanden „öffentlich anzählt“. Sie macht das subtiler, insofern ist sie sogar hochprofessionell. Gelernt ist gelernt. Die Alarmglocken sollten allerdings klingen, wenn sie jemandem ihr Vertrauen ausspricht… 😉
Was den Hintergrund meiner Äußerungen anbelangt: Sagen wir es einmal so, in Kölle würde man es im weitesten Sinne unter ‚Klüngel‘ fassen. Es geht bei den Differenzen in der Mannschaft eben nicht um den normalen Umstand, dass nicht oder wenig eingesetzte Spieler herummaulen. Sondern, dass neben diesen naturgemäß Unzufriedenen auch ‚gesetzte‘ Spieler ernsthafte Konflikte mit Tuchel haben. Andere wiederum haben dies nicht, auch das ist normal. Es geht u.a. auch um den Umgang mit Spielern. Gestern hat auch der ‚unvermeidliche‘ Freddie Röckenhaus in der ‚Süddeutschen‘ das Thema aufgegriffen. Jetzt kann man (wie ich) durchaus hinsichtlich Röckenhaus und der SZ eine gewisse Skepsis hegen. Inwieweit Röckenhaus ‚unparteiisch‘ ist, sei einmal dahingestellt. Und er ist auch nicht mehr so ganz nah ‚am Puls‘ des BVB. Aber man kann ihm nicht absprechen, nach wie vor über ‚gute Drähte‘ zu verfügen. Aber die Differenzen mit Spielern sind nicht das Wesentliche. Man sollte die Professionalität der meisten Spieler nicht unterschätzen. Die Chance auf die CL-Teilnahme und den Pokalsieg führt bei den meisten dazu, solche Differenzen (so ernst sie auch im Einzelfall sein mögen) aktuell auszublenden. Vor einer TV-Kamera wird man eh nur ‚alles best‘ hören. Nicht alles, was Röckenhaus in seinem Artikel schreibt, entspricht dem, was ich so mitbekommen habe. Aber ziemlich vieles.
Ich sagte, ja, dass jedem Trainer in jedem Club ein mehr oder weniger großes Mitspracherecht bei Spielertransfers eingeräumt wird. In England wird das aufgrund der ‚Manager’position des Coaches deutlich anders sein als z.B. in Deutschland. Aber überall gibt es Grenzen. Der Trainer geht irgendwann, die Spieler aber bleiben. Das muss ein Club immer im Auge behalten. Auch wenn es um eher strategisch zu sehende Spielerverpflichtunge geht. Es war z.B. seinerzeit die absolut richtige Entscheidung des Bayernmanagements, Manuel Neuer zu verpflichten, auch wenn dies hinter dem Rücken van Gaals geschah und er auf dieser Positioin keinen ‚Handlungsbedarf‘ gesehen hat.
Beim BVB gab es unter Klopp die Regelung, dass Zorc, Klopp und Watzke einem Transfer zustimmen mussten, aber durchaus auch einer der Beteiligten ‚überstimmt‘ werden konnte. Nach innen und außen wurden die Entscheidungen aber immer von allen. Diese Professionalität, die sich auch hinter den von Watzkle des öfteren angesprochenen ’soft skills‘ verbirgt, ist verlorengegangen beim BVB.
Wer nun wann neuer Trainer wird beim BVB, wird man sehen. irgendwann muss eh ein Nachfolger für Tuchel her, ob nächste oder übernächste Saison. Ich fänd ja den Streich von Freiburg nicht schlecht, aber das dürfte höchst illusorisch sein… 😉
HK 8. Mai 2017 um 11:18
Ja, es wäre ein Weltwunder Streich jetzt aus Freiburg wegzulocken.
Die beste Spekulation die ich bisher gehört habe war David Wagner. Könnte mir sehr gut vorstellen, dass da schon mal die alten Kontakte wieder aufgefrischt wurden.
Daniel 8. Mai 2017 um 12:02
Zunächst für alle Interessierten hier der Link zu besagtem SZ-Artikel: http://www.sueddeutsche.de/sport/streit-zwischen-tuchel-und-watzke-dortmund-driftet-auseinander-1.3494349
„Bei Frau Merkel besteht nie die Gefahr, dass sie jemanden „öffentlich anzählt“. Sie macht das subtiler, insofern ist sie sogar hochprofessionell. Gelernt ist gelernt. Die Alarmglocken sollten allerdings klingen, wenn sie jemandem ihr Vertrauen ausspricht… ;)“
Exakt. Und eben dieses hochprofessionelle Vorgehen würde ich mir auch in der Führungsspitze eines Topvereins wünschen. Geschäftsführer bei Dortmund ist zwar nicht so verantwortungsvoll wie Bundeskanzlerin, aber es ist doch eine der Spitzenpositionen in der deutschen Gesellschaft.
Ich kann letztlich nichts darüber sagen, wie Tuchel nach innen auftritt. Sicher feststellen kann man in meinen Augen nur eines: Watzkes Vorgehen ist ein schwerer Fehler. Selbst wenn wir den (für ihn) besten Fall annehmen, dass die alleinige Schuld für den Disput bei Tuchel liegt, handelt er mit seinem Vorgehen egoistisch und verantwortungslos. Wenn Tuchel wirklich ein solches …loch ist, dann hätte er ihn längst entlassen müssen. Wenn er das nicht will, müsste er bis zum Saisonende im Interesse seines Vereins gute Miene zum bösen Spiel machen. Aber in einer für mein Unternehmen (und nichts anderes ist der BVB) absolut entscheidenden Phase kann ich mich nicht hinstellen und öffentlich einen führenden Mitarbeiter denunzieren.
Zu den in der SZ geäußerten Vorwürfen noch zwei Anmerkungen:
1) Zunächst mal sind Aussagen wie „Profis, die niemals so dumm wären, sich öffentlich über ihren Trainer zu äußern, klagen zum Beispiel:…“ mit größter Vorsicht zu genießen. Zwischen dem tatsächlichen Vorgang und dem Leser gibt es (mindestens) zwei Stationen, nämlich den anonymen Zeugen und den Autor des Artikels. Bei beiden kann es sehr gut sein, dass sie ein Motiv haben, den eigentlichen Vorgang anders/extremer/einseitiger dazustellen als er es in Wirklichkeit war: Zum einen kann der Profi, der „niemals so dumm wäre(n), sich öffentlich über ihren (seinen) Trainer zu äußern“ jede Menge Gründe haben, den Sachverhalt zu verzerren (am Offensichtlichsten ist Ärger über mangelnde Einsatzzeiten). Gerade der Satz: „Wenn du besonders gelobt wirst vom Trainer, richtest du dich am besten darauf ein, dass du demnächst nicht mal im Kader bist.“ klingt für mich sehr nach einem frustrierten Reservisten (Guardiola würde sagen: „Ich will 1000 Dantes“ 😉 ).
Zum anderen kann auch der Autor des Artikels noch mehr Beweggründe haben als die reine Verkündung der Wahrheit (zB weil ein investigativer Artikel den Autor bekannter macht und seiner Zeitung Auflage bringt…gute Ausgangsposition für Gehaltsverhandlungen. Da es sich bei Röckenhaus wohl um einen BVB-Insider handelt wäre es auch vorstellbar, dass er in Absprache und vielleicht sogar im Auftrag Watzkes Dinge lanciert, die dessen Rivalen Tuchel in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Da Journalisten in Deutschland nicht verpflichtet sind, ihre Quellen offenzulegen, könnte die anonymen Stimmen theoretisch sogar ganz erfunden sein). Nicht falsch verstehen: ich will hier keine Mediendiskussion anzetteln. Die Pressefreiheit ist ein extrem hohes Gut!! Worauf ich hinauswill: Wenn in einer Zeitung steht, dass die anonyme Quelle x sagt, dass y irgendwas gemacht hat, dann heißt das noch lange nicht, dass y das auch tatsächlich genau so gemacht hat.
Zu den Vorwürfen selbst: das meiste ist ja recht unkonkret, bis auf:
„Vor wenigen Tagen wurde etwa Nachwuchsmann Emre Mor, mit 19 immerhin schon türkischer Nationalspieler, an die 15 Minuten lang über den Trainingsplatz gescheucht. Offenbar als Disziplinierungsmaßnahme.“
Also so was kann dir bei jedem Amateurverein passieren. In der B-Jugend mussten wir immer, wenn der Trainer mangelnden Trainingseifer attestiert hat, 20 Liegestützen machen 😉 Finde ich jetzt für einen Profiverein weder übertrieben noch sonst wie schlimm. So einen Bericht könnte man denk ich vom Innenleben jedes beliebigen Fußballvereins schreiben. Als ich vor wenigen Monaten im Spiel Augsburg-Leipzig war wurden kurz nach Spielschluss Leipzigs Reservisten zum Auslaufen an die Kurve der Augsburger Fans gehetzt, wo sie natürlich ausgepfiffen und teilweise auch beleidigt wurden. Fanden die wahrscheinlich auch nicht so cool.
„Selbst in der Fußballkompetenz ist Tuchel offenbar nicht unumstritten bei seinen Vorgesetzten. Manche Punktverluste werden Tuchels oft extravaganten Aufstellungen und seinen kreativen Spielideen zugeschrieben. Die einfache Schlussfolgerung, dass es sich bei Tuchel um ein Genie handele, das leider menschlich manchmal etwas schwierig sei, will keiner so recht stehen lassen, mit dem man in den Chefetagen des BVB redet. „So viele Systemwechsel mitten im Spiel, zwei taktische Wechsel schon zur Halbzeit, das kann eigentlich nicht sein“, sagt ein Spieler.“
Tja, das ist ziemlich genau so auch schon zB von Guardiola gesagt worden. Wenn der Trainer viel umstellt ist er extravagant, wenn nicht unflexibel. Entscheidend ist, ob die Umstellungen Hand und Fuß haben und wie es mit dem sportlichen Erfolg aussieht. Und da kann man Tuchel nun mal wenig vorwerfen.
Schorsch 8. Mai 2017 um 13:17
Ich halte wirklich viel von Christian Streich als Trainer. Wie er außerhalb seines Freiburger Biotops ‚funktionieren‘ würde, ist schwer einzuschätzen. Für ihn und Freiburg wäre es vielleicht das beste, wenn er noch so ca. 10 Jahre dort als Trainer bleibt. Und die Lebensqualität im Breisgau sucht schon ihresgleichen…
Der Name David Wagner ist in der Tat schon seit einiger Zeit immer wieder zu hören. Seine frühere Arbeit beim BVB würde ich als teilweise, abe rnicht durchgängig erfolgreich bezeichnen. Seine Arbeit in Huddersfield scheint aber recht erfolgreich zu sein. Da ich aber noch kein Spiel seiner Truppe gesehen habe, kann ich seine Arbeit dort auch nicht einschätzen. Das geht anderen, deren Meinung ich schätze, ähnlich. Eine einheitliche Bewertung oder besser eine, die mehrheitlich in eine bestimmte Richtung geht, kann ich jedenfalls nicht feststellen. Dass der Draht zu ihm nicht abgerissen ist, scheint definitiv so zu sein. Was aber nicht viel heißen muss.
Aber den Blick auch auf das Ausland zu richten, scheint mir grundsätzlich nie verkehrt zu sein. England, Frankreich, Spanien, Niederlande. Vor ein paar Monaten wurde der Name Sampaoli ‚gehandelt‘. Die Vertragssituation soll gar nicht so schlecht aussehen, aber da gibt es das Problem mit der Sprache. Ich persönlich hielte auch Peter Bosz für eine geeignete Alternative. Dessen Arbeit bei Ajax ist mMn wirklich bemerkenswert. Wäre zwar schade für Ajax, aber eine Chance für den BVB. Mehrsprachig ist er auch, u.a. spricht er gut deutsch. Als Trainer von Ajax verteht er etwas davon, junge Talent einzubauen und zu entwickeln. Taktisch vielleicht nicht so vielfältig wie andere, aber schlecht funktioniert sein Ajaxkonzept nicht. Und Dolberg und de Ligt kann er ja gleich mitbringen… 😉
Man darf davon ausgehen, dass der BVB diesbezüglich seit einiger Zeit einen oder mehrere Pfeile im Köcher hat. Zu welchem Zeitpunkt er welchen Pfeil zieht, bleibt abzuwarten.
Koom 8. Mai 2017 um 13:50
Mal noch ein Punkt, der mich nachhaltig stört:
„Watzke und Zorc sehen den BVB nicht als Konkurrenten zu Bayern, Real & Co.“
Woanders hatte ich das mit der Folklore schon mal beschrieben. Da liegt das Problem. Es gibt Beispiele, dass man auch von „unten“ und mit aktuell weniger Mitteln in diese Phalanx da oben eindringen kann. Das deutlichste Beispiel ist Atletico Madrid. Sicherlich kann man auch sagen „Ausnahme von der Regel“. Oder auch schauen, was dort richtig läuft. Das fängt schon bei der eigenen Sichtweise an. Atletico geht mit breiter Brust in Duelle mit Barca und Real. Sicherlich als platzierter Underdog, aber ganz sicher nicht willfährig.
Wenn man sich jetzt in Dortmund entscheidet, den Weg „kleine Brötchen zu backen“ angeht, dann wird man gnadenlos abgehängt. Da besteht auch eines der Probleme der Sichtweise: Fußballvereine sollten in erster Linie nicht der Gewinnmaximierung verpflichtet sein, sondern dem besten sportlichen Wettbewerb. Das ist in der Bundesliga leider generell die Ausnahme. Sicherlich auch aus der Historie begründet und den scharfen Gesetzen, aber in Punkto Fußball werden immer noch gern 1-2 Augen zugedrückt.
Die Talentflut beim BVB momentan ist ein Stück weit gefährlich und dumm. Im Grunde organisiert man zu verbesserndes Spielermaterial, um es dann, wenn es explodiert, teuer zu verkaufen. Also noch bevor man noch mehr daraus ziehen kann. Diese Position hat der BVB wirklich nicht nötig. Man sollte ganz bewusst nach der Maxime von Christian Heidel bei Mainz 05 agieren: Jedes Jahr sich um 5% verbessern. Das wäre konservativ und klug und macht einen nicht kleiner als notwendig.
Aber gefühlt vermutlich schon jetzt den Vorvertrag für Dembele am Start zu haben, weil er gerade die größte Perle ist, wird nur dafür sorgen, dass der BVB wie Leverkusen mehr und mehr eher in Richtung Mittelfeld schauen muss und eine CL-Teilnahme eine Sensation bleibt – anstatt selbstverständlich.
So bleibt es dann wohl an Leipzig, mit agressiver sportlicher Zielführung, der Gegenspieler von den Bayern zu werden. „Dank“ den Dortmundern, die diese Rolle verweigern wollen.
Musste mal raus…
savona 8. Mai 2017 um 14:10
@ Daniel, Schorsch: Wie so oft wird es wohl von beidem etwas sein, d.h. Tuchel wird sich intern keineswegs nur untadelig verhalten haben, Watzke seinerseits hat womöglich tatsächlich mit der Kritik an ihm zu diesem Zeitpunkt einen Fehler gemacht haben. Auch Menschen, die sich ein hohes Maß an Professionalität im Job erworben haben, handeln nicht immer rational und machen gelegentlich erstaunliche Fehler, die, wenn das Unglück es will, gravierende Folgen haben. Siehe Torsten Albig mit seinem fatalen Interview, das ihn für viele Frauen unwählbar machte. Watzke mag durchaus mit gewissem Recht verärgert sein über Tuchel, weil, wie Schorsch schreibt, ein konsistenter Außenauftritt wie mit Kopp nicht möglich ist, und auch dass dieser in der Verarbeitung des Attentats so viel bessere Publicity hat, mag ihm nicht ohne Grund auf die Nerven gehen. Dass es allerdings klug war, gerade jetzt sich so dezidiert von ihm zu distanzieren, kann man schon anzweifeln, da gebe ich Daniel recht. Denn fürs Erreichen der noch möglichen ambitionierten Saisonziele dürfte das selbst dann nicht gerade hilfreich sein, wenn man sich über die Trennung zum Saisonende bereits einig sein sollte.
FAB 8. Mai 2017 um 14:30
Die persönlichen Dissonanzen sind mir zuviel Spekulation. Mir ist es aber auch irgendwie zu blöd aus den Internet-Fetzen irgendetwas zusammenzu phantasieren.
Aber rein logisch betrachtet, wäre es doch sowohl für den BVB, als auch für Tuchel am besten, nochmal gemeinsam in die neue Saison zu gehen. Ich meine man hat doch in 17/18 gute Chancen den taumelnden FC Bayern vom Thron zu stoßen. Ich bin mir sicher, Bartra kommt gut zurück, mit Toprak hat man nochmal eine Alternative, Bender als Backup zurück, Weigl nochmal mit mehr Präsenz, Dahoud endlich der erhoffte spielstarke 8er, Reus vielleicht etwas stabiler, Auba der hoffentlich bleibt und Dembele der nächste Saison hoffentlich so richtig einschlägt!
Warum geht man den Weg jetzt nicht noch einen Schritt weiter?
Also Appell an Watzke / Tuchel: Im Sommer Friedenpfeife rauchen und speziell an Tuchel: Bitte nicht wegen dem eigenen Ego/Rechthaberei oder was auch immer die große Trainerkarriere versauen.
tobit 8. Mai 2017 um 15:59
@Koom
Nenn mir doch Mal bitte Spieler, die im letzten Sommer verfügbar waren, mindestens die Qualität und Konstanz der Talente haben und dazu zu ähnlichen Preisen (also auch beim Gehalt) darstellbar gewesen wären. Mir fällt kein einziger ein. Vor allem wurden auch schon „fertige“ Spieler verpflichtet – die schlugen aber aus verschiedensten Gründen nicht schneller oder besser ein als die Talente.
Dann zur Aussage „Die CL-Quali wird eine Ausnahme bleiben“ das ist doch Quatsch. Erstens hat sich Dortmund seit 2011 nur einmal nicht für die CL qualifiziert (auch dieses Jahr ist die Qualifikation sehr wahrscheinlich). Zweitens liegt Dortmund finanziell so deutlich vor dem Rest der Liga, dass ein schneller Rückfall ins Mittelfeld schon ein Zeugnis geballter Inkompetenz auf allen Positionen wäre. Und drittens sehe ich diese „Willfährigkeit“ gegenüber den Bayern nicht. Vor direkten Duellen wird immer betont, dass man der Außenseiter ist, aber in 90min alles möglich ist. Über die Gesamtsaison gibt auch Atletico nicht das Ziel aus, vor Barca und Madrid zu stehen, weil es schlichtweg nicht realistisch ist. Die direkte CL-Quali (und das überstehen der Gruppenphase) ist sowohl bei Dortmund als auch bei Atletico das erklärte und richtige Ziel. Wie weit man in der KO-Runde dann kommt, ist von zu vielen Faktoren abhängig (beide wollen trotzdem gerne regelmäßig ins Viertelfinale oder weiter).
Zu den Spekulationen um die interne Wetterlage des BVB oder wer daran maßgeblich Schuld ist/sein könnte, will ich mich gar nicht äußern. Dazu fehlt mir das Insiderwissen.
Nur so viel: Bis Samstag bin ich von einer Verlängerung ausgegangen. Jetzt halte ich sogar eine Trennung noch vor Saisonende für möglich (aber sehr unwahrscheinlich). Eins ist aber sicher: Watzke wird nicht mit Tuchel in die kommende Saison gehen – ob er ihn entlässt oder dieser selbst zurücktritt wird man sehen.
Wenn der BVB tatsächlich schon Nachfolgekandidaten hat, dann hat Watzke zumindest einmal sehr wahrscheinlich gelogen, als er sagte (im April, wenn ich mich Recht entsinne), dass man sich nicht mit Nachfolgern beschäftige, da man einen Trainer mit gültigem Vertrag habe.
Schorsch 8. Mai 2017 um 19:08
@Daniel: Ich hatte meine Vorbehalte gegenüber Röckenhaus etwas vorsichtiger umschrieben. Wenn Du sie Dir noch einmal vor Augen führst, dann wirst du feststellen, dass sie in etwa in die von Dir ausgeführte Richtung gehen. Man muss ihm allerdings konstatieren, dass er eine überragende investigative Rolle seinerzeit bei der Aufdeckung der verheimlichten, aber umso desaströseren finanziellen Situation des BVB unter Niebaum/Meier inne hatte. Im Zusammenhang mit den Angriffen von BVB-Fans auf Anhänger von RB Leipzig hat er mit seinen Mutmaßungen ziemlich daneben gelegen. Aber in die Fanszene hinein hat er definitiv nicht die Kontakte, über die er nach wie vor im Zentrum und im ‚Umfeld‘ des BVB verfügt. Doch bei aller mMn berechtigten Skepsis, das was er jenseits seiner Äußerungen zu einzelnen Spielern anführt (was zu kurz gekommene Ersatzspieler plaudern, ist eh oft genug Schmonzes) , ist mir zuviel an genau den Dingen geschildert, die ich auch mitbekommen habe. Mittlerweile hat auch Matthias Dersch von den Ruhr-Nachrichten das Thema aufgegriffen. Die RN sind sicherlich von allen Medien die mit den besten Verbindungen zum BVB. Natürlich gibt es da auch Abhängigkeiten, das ist im Journalismus so, auch wenn dies nicht gerne thematisiert wird. Aber Dersch steht nicht im Ruf, ein Watzke-Jünger zu sein.
Ja, möglicherweise war es ein Fehler, Tuchel nicht zur Winterpause die Papier auszuhändigen. Man stand zwar kurz davor, hat es dann aber doch nicht getan. Weil man einerseits von den fachlichen Qualitäten Tuchels überzeugt war und nach wie vor ist. Das ist nicht so dahergesagt. Man war daher auch davon überzeugt gewesen, mit Tuchel die Saisonziele zu erreichen. Der Schlussstrich wäre ohnehin am Ende der Saison gekommen. Für alle Beteiligten die ‚eleganteste‘ Lösung.
Was die Reaktion Watzkes mit seinem Interview anbelangt, so halte ich diese nicht für einen Fehler. Und ich halte sie schon gar nicht (wie berits erwähnt) für einen emotionalen Schnellschuss oder etwas ähnliches. Watzke hat hier mit Kalkül gehandelt. Und man sollte nicht denken, dass die Spieler die Spannungen nicht mitbekommen hätten. Die Möglichkeit, in der nächsten Saison unter einem anderen BVB-Trainer zu spielen (sofern man nicht den Club ohnehin wechselt), dürften so ziemlich alle in Betracht gezogen haben.
@tobit: Vor kurzem hatte ich darauf hingewiesen, dass Watzke ein wenig widersprüchlich in seinen Äußerungen hinsichtlich Traineralternativen sei. Noch in der Hinserie hat er sich nämlich öffentlich dahingehend geäußert, dass man sich selbstverständlch über Alternativen auf der Trainerposition Gedanken mache; alles andere sei fahrlässig. Das mit dem ‚Lügen‘ ist so eine Sache. In Frauenromanen sind es die Männer, die Lügen. Frauen hingegen sagen dort in Bedrängnis nicht immer die ganze Wahrheit. 😉 Ohne Flachs, das wording spielt eine ungeheure Rolle. Schon durch die Verwendung eines ‚im Moment‘ o.ä. kann eine ganz andere Bedeutung des gesamten Satzes implizieren. Auf die man gegebenfalls im nachhinein hinweisen kann.
@Koom: Der BVB will (und muss) weiter ein Top 12 oder von mir aus Top 10 – Club bleiben. Und man wird keineswegs nicht versuchen Chancen zu nutzen, um sich stetig ein Stück zu optimieren. Aber Real oder auch Bayern haben einen solchen Vorsprung, dass man deren Niveau kurz- bis mittelfristig nicht wird erreichen können. Denn dazu würde man sehr, sehr viel mehr Geld benötigen. Das ist illusorisch und das hat man erkannt. Auch RB Leipzig lebt nicht vom sportlichen Konzept und der Professionalität der handelnden Personen allein. Ohne die immensen Gelder, die dort bislang geflossen sind, hätte der Club gar nicht diesen Durchmarsch machen können. Ich persönlich halte den Weg, den man nun versucht einzuschlagen gerade langfristig für einen klugen Weg. Einen Aubameyang wird man eh kaum halten können, genauso wenig wie vorher andere auch nicht.
@savona: Es mag so Aussehen, dass Watzke da eine Verunsicherung der Mannschaft in Kauf nimmt. Aber ist das Riskiko, dass er damit eingeht, tatsächlich so groß? Der Mannschaft dürfte der Dissenz zwischen Clubführung und Trainer nicht verborgen geblieben sein, vorsichtig gesprochen. Ein Pokalfinale spielt man nicht alle Tage (obwohl, der BVB nun schon zum vierten Mal hintereinander…), da geht jeder mit vollem Einsatz zur Sache. Auch wenn er anschließend den Club wechselt. Ähnliches gilt für die CL-Qualifikation.
CHR4 29. April 2017 um 01:29
ein Teil der Langeweile hängt für mich aber auch an der Spielauswahl und dem Fokus bei der Analyse
Spielauswahl: da werden Spiele analysiert, wo von Vorneherein klar ist, dass dieses Spiel eher unter dem Motto „Energie sparen und keine Verletzungen riskieren und Schlüsselspieler schonen“ steht – und dann kommt das wenig überraschende Fazit, dass die Bayern wg. fehlender Intensität nicht so den Zugriff gefunden haben …
nun gut, dass dann aber über DAS Spiel der Saison keine Analyse geschrieben wird … schade!
Fokus: würde hier mal mehr auf die Verteidigung und die Kreativität bei Standardsituationen eingegangen (Lauf-/Blockmuster) würde man vielleicht interessante Entwicklungen entdecken, während hier in den letzten drei Jahren oft das einfache Muster „Freistoß oder Ecke führt zurück zum JdP“ zu „bewundern“ war.
Leider kann ich mich nicht erinnern hier mal ein Schaubild zur Taktik bei ruhendem Ball gesehen zu haben.
Innovationen sind schön und gut, aber a) sollten dann gewisse Bascics nicht hinterunterfallen und b) müssen diese Innovationen meiner Meinung nach auch den Leistungstest bestehen (siehe die ständige wiederkommende Kritik an der Spielweise von Real die letzten Jahre).
Esteban 27. April 2017 um 22:14
Ich weiß nicht was ich von diesem Dortmund halten soll. Ich hab nur das Fernsehbild, aber was hier die gesamte Saison über an teilweise leichten Fehlern passiert (kollektiv als auch einzeln) ist für mich schwierig zu erklären. Am einfachsten noch damit, dass man nun endlich Spieler hat, die auch mal durch ihre individuelle Klasse Spiele zu entscheiden. Und das braucht man auf dem ganz hohen Level mMn. Nur scheinen sie noch keinen Weg gefunden zu haben, wie man das stabil einbauen und vor allem abischern kann. Am krassesten sind mir immer wieder offene Räume aufgefallen. Die aber einfach aus dem Grund, weil drei Spieler Richtung Ball rennen, wie an nem Lineal aufgezogen. ALso was Raumbesetzung angeht, fehlt da für mein Gefühl ne ganze Menge. Offensiv immer wieder zum verzweifeln wie an der Sechzehner-Linie im Umkreis von 5 Metern keine Besetzung stattfindet.
Die Abläufe scheinen auch kaum drin zu sein. Irgendwie weiß der eine nicht so ganz was der andere eigtl. gleich machen wird. Auch das, offensiv wie defensiv.
Ich bin wirklich gespannt auf die nächste Saison. Und wie die das hinbekommen wollen. Das wird ein ziemlich großes Stück Arbeit. Aber sie haben Zeit und ich gespannt obs was hilft.
LT 27. April 2017 um 21:50
Vielen Dank für die wie immer tolle Analyse.
Einige laienhafte Anmerkungen/Fragen:
Sind nur mir die gefühlt siebenhundert Pässe von Alonso, Vidal und Hummels nach links außen aufgefallen? Aus der eigenen Hälfte? Auf Ribéry UND Alaba, die meist zwei gegen eins auf Pisczek zuliefen? Schon lange vor dem 2:1? (Bei dem glaube ich Ribéry zum ersten Mal richtig gedoppelt wurde und bezeichnenderweise ausgerechnet DANN den ulltra-präzisen Pass mit dem Außenrist spielt?!)
Tu mich als BVB Fan sehr schwer, bei aller Skepsis und Objektivität, deswegen die aufrichtig gemeinte Frage.
Und die zweite Frage: Warum wieder Castro UND Guerreiro und nicht Kagawa für einen der beiden? Eben GERADE, um mehr Druck auf Alonso zu haben, wo das doch inzwischen zum kleinen Taktik 1×1 gehört, die Weigls und Alonsos und Kroos und Busquets aus dem Spiel zu nehmen? Vornehmlich vermutlich für Castro, damit drüben Guerreiro weiterhin Schmelzer unterstützen kann, was Castro auf rechts sowieso nicht gemacht hat. So hätte man sich den Wechsel von Castro auf Durm eventuell sparen können, da Castro auch mit Ball kein gutes Spiel gemacht hat, wie ich finde. In der Pause dann aber Durm und eben nicht Kagawa zu bringen halte ich allerdings für richtig, zu wichtig war es, die Seite dicht zu machen gegen Alaba und Ribéry, da ist Durm glaube ich die passendere Besetzung als Kagawa. Gut, sei’s drum.
Und wie sind die Aussichten gegen Frankfurt? Habe sie vorgestern ziemlich stark erlebt, vor allem weil zu erwarten ist, dass sie Dortmund den Ball überlassen und sie im Mittelfeld dann ähnlich pressen wie die Gladbacher. Und da hatte der BVB in dieser Saison nach meinem Empfinden deutlich mehr Schwierigkeiten als letzte Saison…
Massalode 27. April 2017 um 21:38
Nur eine Anmerkung: das 2:3 geht meiner Meinung nach zu großen Teil auf Vidal
Der Pass in den Rücken von Lahm war furchtbar
fcb 28. April 2017 um 00:01
endlich sagts mal jemand. 🙂
Das war ja nicht nur der eine Pass wenn ich es richtig in Erinnerung habe, spielten sie drei?! mal Doppelpass vorm verhängnisvollen verstolpern. Für mich sah es so aus, als wollte Lahm schon nach dem ersten Pass, den er an Vidal zurück gab, dass Spiel breit machen. Aber Vidal?! spielte zweimal den Ball, aus meiner Sicht völlig unnötig, sofort zurück. Und beim dritten mal verstolpert Lahm den Ball, weil er gar nicht damit gerechnet hat das Vidal ihn wieder zurückspielt.
Lahm dachte sich wohl nur „WTF behalt ihn doch und lass mich auf den Flügel rennen.“
Sonst wäre ihm auch so ein Fehler nie im Leben passiert. Wie Scholl schon sagte. Er hat Lahm in den letzten 15 Jahren noch nie so einen Fehler machen sehen.
Übrigens war das in der 93 Minute eig. ein Handspiel im Strafraum? Sprich, Elfmeter für Bayern.
Wundert mich, dass das nirgends thematisiert wurde. Ein Foul von Martinez an Schmelzer, was Gräfe gepfiffen hat , war es wohl nie im Leben.
man sieht es leider nicht richtig, nur das es kein Foul von Martinenz war, sieht man eindeutig. Die Bayern Spieler reklamieren zwar, aber das heißt jetzt auch nicht so viel ^^
Seis drum. Das Spiel passt perfekt in die letzten 4 Wochen. Pleiten, Pech und Pannen.
Koom 28. April 2017 um 07:56
Ellbogen durchs Gesicht ziehen ist durchaus Foul. Und Martinez‘ Tor, wo er erst mal Hummels in 3 Dortmunder schubst, könnte man durchaus auch als Foul ansehen.
HDT 27. April 2017 um 21:21
Eine Beobachtung, die ich sehr interessant fand, war, dass Erik Durm zumindest die ersten 20 min nach seiner Einwechslung Alaba manngedeckt hat. Warum gerade Alaba? Klar ist der sehr umtriebig und hat gute Laufwege, aber hätte es wenn nicht mehr Sinn gemacht Ribery zuzustellen?
Schorsch 27. April 2017 um 23:55
Es ging darum, Dembélé, der sich klar stärker nach vorne orientierte und von seinen Defensivaufgaben quasi ‚entbunden‘ wurde, mehr Räume zu verschaffen. Da war es keine schlechte Idee, sich mit Alaba zu befassen bzw. den zu ‚beschäftigen‘. Das schränkte Alabas Offensiv- wie Defensivaktivitäten entscheidend ein. Und Ribéry fehlte dadurch der Partner.
tobit 28. April 2017 um 07:51
Ribery wurde nach der Pause von Piszczek manngedeckt. Da gab es mehrere Situationen in denen das sehr deutlich war: Piszczek verfolgte Ribery sogar bis in die Bayern-Hälfte und versuchte ihn bei jeder Ballannahme zu stören. Am Anfang lief er meist nur hinterher, aber je später der Abend, desto müder und langsamer wurde Ribery. Irgendwann war der Einfluss Riberys dann so gering, dass man Pulisic für den ausgepumpten Piszczek bringen konnte und die rechte Seite wieder etwas raumorientierter organisierte.
Tomás 27. April 2017 um 19:15
Vielen Dank für die interessante Analyse.
Im Zusammenhang mit Tuchels Umstellung finde ich Sahins Verletzung erwähnenswert. Ich hätte mir gut vorstellen können, dass Sahin mit seiner Ballsicherheit, Erfahrung und vor allem seiner (im Vergleich zu Weigl) größeren Körperlichkeit ein guter Mann für das Spiel gewesen wäre. Vor seiner Verletzung war ein 4-3-3/4-1-2-2-1 meine Wunschformation: Bürki – Schmelzer, Bender, Sokratis, Pisczcek – Sahin, Guerreiro, Castro – Reus, Aubameyang, Dembele. Mit Guerreiro und Castro als ballsichere Sechser/Achter, die die AV gegen Ribery und Robben unterstützen. Dazu dann Sahin als zentralen Sechser, der mMn neben seiner Zweikampfstärke für das Spiel in München einen weiteren Vorteil gegenüber Weigl gehabt hätte: Durch seine präzisen langen Bälle hätte er möglicherweise viel versprechende Konter über Reus, Auba und Dembele einleiten können.
In Anbetracht des großen Standings, das sich Weigl (zu Recht) erarbeitet hat, ist es natürlich fraglich, ob Tuchel wirklich auf ihn verzichtet hätte (das zeigt auch Sahins Auswechselung in Monaco). Die Überlegung finde ich trotzdem ganz spannend – was meint ihr?
Schlicke 27. April 2017 um 20:30
Auf keinen Fall. Sahin hat Weigl bei seinen Einsätzen ganz gut ausbalanciert, er ist aber sehr langsam und verlangsamt z.T. auch das Spiel. Weigl covert viel Raum und ist gerade für Aufbauspieler wie Sokratis und Bender die bessere Option, da er sich viel dynamischer freiläuft. Insofern hätte Tuchel wohl auch einem fitten Sahin Weigl vorgezogen. Die Stärken von Nuri kommen in anderen Spielsettings zum Tragen, zudem wirkt er als Persönlichkeit sehr positiv aufs Team, von daher die Verlängerung folgerichtig. Freue mich aber auch, in künftig hoffentlich häufiger zu sehen.
Tomás 27. April 2017 um 22:08
In welchen Settings siehst du Sahin denn?
Ich verstehe deine Einwände und teile sie z.T. auch (Geschwindigkeit, Dynamik, Beweglichkeit). Andererseits denke ich, dass sich gerade die Geschwindigkeitsdefizite gegen die Bayern nicht so gravierend ausgewirkt hätten, da sie den Zehnerraum i.d.R. ja eher bedächtig bespielen und der BVB zumeist recht tief verteidigt hat. Bei aller Begeisterung für Weigl finde ich, dass ihm in solchen „Defensiv-Schlachten“ doch immer etwas die Robustheit abgeht.
Schorsch 27. April 2017 um 23:44
Wenn es um Robustheit geht, dann dürfte ‚Manni‘ Bender nicht zu toppen sein… 😉
Weigl wirkt aufgrund seiner eher schlaksigen Figur wenig robust. Unbewusst traut man ihm von außen betrachtet dann möglicherweise auch nicht die notwendige Robustheit im Spiel zu. Das wäre mMn aber eine Täuschung. Weigl verfügt z.B. durchaus über Durchsetzungsvermögen im Defensiv- wie Offensivzweikampf. Da er allerdings auch sehr enge Situationen mit seinem Passspiel sehr gut auflösen kann, kommt es oft gar nicht erst dazu. Gestern hat mir persönlich sein Passspiel eher weniger gefallen.
Sahin ist für mich nach wie vor der Meister des langen Balls. In manchen Kontersituationen würde ich mir den beim BVB verstärkt wünschen. Sahins Geschwindigkeitsdefizit lässt sich leider nicht negieren.
Tomás 28. April 2017 um 12:00
Das stimmt und ich habe mir während des Spiels manches Mal gewünscht, dass „Manni“ etwas weiter vorne auf der Sechs agiert. Das gilt insbesondere für die Zeit zwischen der 20. und 60. Minute, als es wie CE richtig schreibt nur noch wenige Balleroberungen gab und der BVB schon großes Glück (und natürlich „Fußballgott“ Bender) hatte, nicht vorentscheidend in Rückstand zu geraten.
Ich spreche Weigl auch gar nicht generell das Durchsetzungsvermögen ab, sondern sehe es wie du auf einem durchaus ordentlichen Niveau, insbesondere weil er durch sein tolles Bewegungs- und Passspiel äußerst selten überhaupt in brenzlige Situation kommt. Dennoch fand ich, dass er gegen die Bayern nicht so überzeugen konnte, eben weil der BVB weniger den Ball hatte und er selten einen Ball gewinnen konnte. MMn wäre deshalb Sahin interessant gewesen, dem ich das gegen diesen Gegner eher zugetraut hätte und dessen lange Bälle (sehe ihn da wie du) auf die drei Offensivspieler (und hinter die bayerischen AV) potentiell gefährliche Konter hätten einleiten können.
tobit 28. April 2017 um 14:06
Aber für Ballgewinne hätte auch Bender sich aus dem Loch des Dortmunder Sechserraums herausbewegen müssen – was den dann wiederum völlig entblößt hätte. Es gab im ganzen Spiel nur sehr wenige Momente, wo der Sechser ernsthaft eine Chance auf eine Balleroberung hatte, meist war er aber erste Anspielstation danach, wofür ich Weigl am passendsten sehe.
Was in der Zeit wirklich fehlte, waren zumindest für mich die Ballgewinne auf den Flügeln. Da haben Piszczek, Dembélé, Schmelzer und Guerreiro in der Zeit einfach nichts zustande gebracht. Das änderte sich dann langsam nach der Herreinnahme von Durm und der veränderten Staffelung des BVB.
Generell würde ich Bender gerne nochmal im ZM sehen, da er sich (wie Schmelzer) technisch und in der Übersicht unter Tuchel sehr stark gesteigert hat. Mich würde interessieren, ob er im Mittelfeld auch so abgeklärt agieren könnte oder ob seine Steigerung stark positionsbedingt ist (was ich nicht glaube, da er unter Klopp kaum als sicherer Aufbau-IV aufgefallen ist, wenn er da gespielt hat). Diese physische Komponente bringt sonst nur Merino ins Team, der in vielen Situationen noch sehr überambitioniert oder nicht reaktionsschnell genug wirkt.
Meine (zugegeben sehr unwahrscheinliche und wahrscheinlich nicht umsetzbare) Idee wäre folgende:
Gegen den Ball Bender als IV in einer 4er-Kette. mit dem Ball und beim Umschalten Bender neben Weigl als zweiter Sechser vor einer 3er-Kette aus dem anderen IV und den AV. Piszczek, Ginter, Schmelzer und Bartra (mit Einschränkungen) wären dann passende Besetzungen der AV-Positionen, da sie sowohl außen verteidigen (Bartra macht das ziemlich oft wenn der LV zu hoch steht), als auch aus den Halbräumen aufbauen können. Dazwischen wäre Sokratis aktuell gesetzt, könnte aber nächste Saison von Toprak verdrängt werden. Ein Vorteil dieser Formation wäre, dass die Achter sich weit nach vorne einschalten könnten, ohne die vom Saisonbeginn bekannten Löcher neben Weigl zu erzeugen.
FAB 28. April 2017 um 15:44
Weigl hat sich schon ordentlich verbessert in seinem Defensivverhalten und hat bisweilen schon beeindruckende Aktionen (siehe das Ablaufen von Mbappe gegen Monaco). Daneben freue ich mich einfach auf Dahoud, durch seine Laufstärke hat er einen sehr großen Aktionsradius, daneben ist er einfach präsenter, hat eine gute Positionsfindung und ist etwas robuster in seiner Zweikampfführung als Castro oder Kagawa. Aktuell leidet er halt etwas unter Heckings Statik-Fussball in Gladbach, ich hoffe aber einfach darauf, dass er unter Tuchel wieder mutiger wird und weiter aufblüht.
Dembele muss einfach langfristig ins Zentrum gestellt werden, wenn er in seinem Aktionen noch etwas stabiler wird, ist er im Zentrum eine unglaubliche Waffe.
Demnach könnte das nächste Saison so aussehen:
TW: Bürki
Dreierkette: Toprak, Sokratis, Bartra
AV: Pisczek, Schmelzer
Doppelsechs: Weigl, Dahoud
Zentral: Dembele
Doppelspitze: Aubameyang, Reus
Bender sehe ich als ersten Backup für die Verteidigung (d.h. da werden sehr viele Spiele herausspringen), Ginter sehe ich eher verkauft.
Mit der Dreierkette bin ich mir insgesamt unsicher. Entscheidend bei der Dreierkette sehe ich, dass man ein robustes und laufstarkes Mittelfeld hat, mit einer hohen Präsenz der Spieler, das sehe aber bei Weigl, Dahoud und Dembele gegeben. dazu hätte man mit Toprak und Bartra 2 brauchbare Aufbauspieler, mit Sokratis eine gute Absicherung, weil ich den anderen beiden insgesamt keine ausreichend Stabilität zutraue in Anbetracht der oft sehr mutigen Herangehensweise des BVB.
Schorsch 28. April 2017 um 17:24
Legendäre Spagat-Grätschen beim BVB: Kohler 2007 (vs. Cantona), Subotic 2013 (vs. Robben), Bender 2017 (vs. Robben) 🙂
tobit 29. April 2017 um 14:05
@FAB:
Ich bin bei der Formation weitesgehend deiner Meinung. Aber Piszczek spielt hoffentlich nicht mehr als Flügel (selbst als 4er-Ketten-AV hat er mittlerweile Probleme mit der Raum- und Gegnerkontrolle). Er ist als Halbverteidiger bestens aufgehoben, da er dann einen deutlich kleineren Radius bearbeiten muss und seine Kraft (und Kopfballstärke) wichtiger wird als seine nachlassende Explosivität. Schmelzer und Guerreiro werden sich ein sehr interessantes Duell auf der anderen Seite liefern – ohne dass es unbedingt einen Verlierer geben muss, da beide auch auf anderen Positionen einsetzbar sind und sich in der Spielweise sehr stark unterscheiden.
Dahoud sehe ich auch als sehr gute Verstärkung, da er defensiv und im Dribbling besser ist als Castro (der da recht wenig aus seinem Potential macht) und wesentlich laufstärker ist als Götze und Kagawa.
Dembélé sehe ich auch im Zentrum – sei es als einziger Zehner oder in einer Doppelzehn mit einem aus Reus, Pulisic, Götze oder Kagawa.
Beim rechten Flügel bin ich mir noch unsicher, ob man da konstant auf Durm setzen sollte, da er doch etliche Schwächen (Ballkontrolle, Verletzungen, Übersicht) mitbringt. Ich würde dort auch auf Pulisic setzen, der mir gerade im Zusammenspiel mit Dembélé gut gefällt (besser als Durm, der quasi keine eigene Gefahr für den Gegner ausstrahlt), auch wenn das bei Ballverlusten manchmal etwas luftig wird. Besonders in den letzten kompletten Spielen von Durm kam er als Dembélé-Absicherung nicht mehr so zur Geltung, weil er zu hoch stand und nicht schnell genug zurückkam.
Eine 4er-Kette sehe ich aktuell auch nicht, da die verfügbaren AV (außer Schmelzer und mit Einschränkungen Passlack) alle in anderem Kontext besser aufgehoben scheinen. Guerreiro und Durm neigen zu sehr weitem Vorstoßen, was dann bei Kontern zur Gefahr für die IV wird, da sie kaum noch nach vorne verteidigen können – worin sie eigentlich alle besser sind als beim Zurückziehen (außer Bender, der beides beherrscht und Ginter, der in beidem nicht gut ist). Piszczek verliert nach und nach das physische Niveau, das ihn einst ausmachte und kann meist weder große Räume noch explosive Gegner ohne massive Hilfe von anderen verteidigen.
Schorsch 30. April 2017 um 20:48
Kohler vs. Cantona war natürlich 1997, nicht 2007. Legendäres CL-Halbfinale gegen ManUnited. Und: ‚Jürgen Kohler – Fußballgott!‘ 😉
Tomás 5. Mai 2017 um 22:38
Danke für die zahlreichen Meinungen und die überzeugenden Beiträge. Ihr habt mich überzeugt, dass Weigl selbst mit einem fitten Sahin wohl die beste Wahl gewesen wäre.
Ansonsten hat Schorsch Recht: Manni steht jetzt in der Fußballgott-Reihe neben Neven und Jürgen Kohler.
tobit 28. April 2017 um 13:43
Also statistisch (da sollte man wegen der geringen Spielzeit von Sahin nicht zu viel drauf geben) bringen Weigl und Sahin etwa gleich viele lange Bälle (ca. 2,8/90min) an den Mann, Sahin ist dabei aber etwas präziser (hat also weniger lange Fehlpässe).
Was auch auffällt ist, dass beide letzte Saison etwa 90 Pässe pro 90min gespielt haben und jetzt nur noch auf gut 70 kommen. Während sie letzte Saison beide nur rund 33% ihrer Pässe nach hinten spielten, waren es diese Saison bei Sahin fast 50%. Weigl konnte seine Quote ungefähr halten (alle Daten nur auf die Liga bezogen).
Ein weiterer Vorteil Weigls liegt darin, Drucksituationen sehr häufig und stabil lösen zu können, was für das Konterspiel des BVB von großem Nutzen ist. Er gewinnt für einen Sechser (vor allem einen alleinigen Sechser) herausragend viele Dribblings, ohne dabei ein besonders hohes Risiko zu gehen und hat sich in diesem Bereich auch nochmal etwas gesteigert gegenüber der bereits starken letzten Saison.
Sahin ähnelt in diesem Bereich deutlich mehr Xabi Alonso. Er setzt kaum mal zum Dribbling an und ist dann auch nur mäßig erfolgreich (basierend auf Sahins letzter Saison, da er diese genau ein Dribbling versucht hat). Unter Klopp hatte Sahin teilweise ähnliche Dribbling-Werte wie Weigl jetzt, aber (wenn ich mich richtig erinnere) aus anderen Situationen heraus.
Sahin kann dann sinnvoll sein, wenn man reichlich den Ball hat, aber gerne mit zwei Spielern vor der Abwehr agieren möchte, die auch in diesen Räumen bleiben. Oder wenn man kein Pressing des Gegners im eigenen Sechserraum zu erwarten hat, da Sahin dann alles kann, was Weigl auch kann (plus ab und zu gefährlich an den Strafraum zu gehen). Gegen Bayern hätte ich ihn daher wenig sinnvoll gefunden, rein aus spieltaktischen Gesichtspunkten. Seine Siegermentalität und Führungsstärke hätte man aber sehr gut gebrauchen können. Die Abwägung zwischen diesen Punkten finde ich sehr schwierig und würde im Zweifel eher zu Weigl tendieren, da er insgesamt weniger Schwächen hat und sicher 90 min (oder länger) gehen kann, was man bei Sahin auch einbeziehen muss (er wirkte immernoch nicht hundertprozentig fit.
Cheffe 27. April 2017 um 18:08
Danke für den erhellenden Artikel, CE. Ich weine Pep und seiner Gegner-Beobachtung hinterher. Täuscht mich mein Eindruck, dass die Dortmunder Tore 2 und 3 im Prinzip nicht so überraschend waren bezüglich Laufwegen und so? Am Bildschirm sagte ich jedenfalls eine halbe Minute bevor Dembele an den Ball kam zu meiner Gattin: „Tor für Dortmund.“
tobit 27. April 2017 um 21:48
Die Tore (und noch ein paar andere Chancen) waren eigentlich absolute Standardkonter von Dortmund. So oder so ähnlich haben sie in jedem Spiel mehrere Chancen – sie spielen diese Situationen bis zum Abschluss einfach so oft und so gut aus, dass die unfassbar schwer zu verteidigen sind. Diesmal hat dann auch die Verwertung gepasst, wo gerade Auba und Dembélé sonst gerne mal 3 oder 4 Versuche bis zum Tor brauchen.
Dafür konnte Bayern die zweite Route der Dortmunder, den Schnittstellenstichpass auf halbrechts mit anschließendem Querpass, deutlich besser verteidigen. Das ist aber meist eher eine Route aus dem geordneten Angriff (häufig über Kagawa und Pulisic, die beide nicht von Beginn an ran durften), davon gab es ja nicht so viele.
Dr. Acula 27. April 2017 um 16:33
Wer hätte letzte Saison gedacht, dass sehr bald ein Spiel nach einer Umstellung zugunsten unseres Gegners kippt? Oh je, jegliche Leidenschaft für meinen Verein ist futsch. Ohne Scheiß: egal auf welche Seite ein Tor fiel, ich saß regungslos auf dem Sofa und dachte „hm schlecht verteidigt“ oder „boah was ne schlechte Kompaktheit“ oder „wie kann man sich bei 2:2 so auskontern lassen“… traurig
CHR4 28. April 2017 um 02:11
ein Spiel, das nach Umstellungen zugunsten unseres Gegners kippt? – ich hätte da ein Beispiel aus der letzten Saison parat:
https://spielverlagerung.de/2016/02/24/bayern-sieg-dauert-wegen-organisationsverlust-nur-60-minuten/
ich verweise da auf die letzten beiden Absätze: „Kontroll- und Organisationsverlust + Fazit“
Was ich nicht verstehe: Seit wann ist diese Leidenschaft weg? Ich habe dieses Pokal-Halbfinale nicht verfolgt, könnte aber verstehen, wenn nach dem Champions-League-Aus etwas die Luft raus ist – allerdings waren zumindest für mich das Rückspiel gegen Real beste Unterhaltung und Nervenkitzel – zumindest solche Spiele muss man doch genießen können …
PS: doch mir fallen ein paar Szenen, aus dem Zusammenschnitt ein des HFs ein, da dachte ich auch „hm schlecht verteidigt“ – aber das waren für mich eher selten gesehene Aussetzer. Das psychologische Momentum der beiden Vereine spricht halt derzeit auch eine klare Sprache.
Koom 27. April 2017 um 16:02
Zu den Bayern:
Die Fähigkeit, ein Spiel zu kontrollieren, ist abhandengekommen. Das klappte gegen Real nicht, das klappte gegen Dortmund nicht. Man nimmt den Rhytmus des Gegners an, ohne auf jenen gut vorbereitet zu sein. Mein Erklärungsansatz wäre, dass Ancelotti insgesamt auf mehr Eigenbestimmung setzt, die Bayern das aber zu wenig gewohnt sind, weil im Ligabetrieb kaum einer die Bayern herausfordert bzw. dann die individuelle Klasse problemlos den Ausschlag gibt. Vielleicht passt aber auch die Mannschaftstruktur nicht mehr ganz zu diesem Ansatz: Alonso weicht im Mittelfeld mehr aus und kann das Spiel dadurch nicht beruhigen. Vidal ist eh nicht der Typ dafür. Und der Rest sucht so ein bisserl den Weg.
Ich denke, bei der Spielweise, wie sie Ancelotti eher kultiviert, braucht es zentral vor der Abwehr einen dominanteren Typen (ideal Martinez 2013). Außer Martinez neigen aber alle potentiellen 6er Kandidaten dazu, ihre Position häufiger aufzugeben.
Zu Dortmund:
Auch den Dortmundern fehlt ganz grundsätzlich die Fähigkeit, Ordnung ins Spiel zu bringen. Es gab sehr viele Szenen, wo fahrig der Ball nach vorne gepeitscht wurde, obwohl es auch recht gute Kurzpassmöglichkeiten gab. Bürkis Kackpaß, der fast zum 3:1 führte, war dafür bezeichnend, aber auch die Szene mit Alonsos Schwalbe war vollkommen unnötig seitens Dembele. Gut, die Dortmunder kann man entschuldigen, da sind sehr viele junge Spieler dabei, aber trotzdem kann man das besser machen.
Was wohl dazu beiträgt, aber auch auffällt: Tuchel scheint bei Dortmund kein Fan vom Mittelfeldzentrum zu sein. Er hat sehr oft Spielweise, wo gefühlt eigentlich nur Weigl im Zentrum spielt. Guerrero ist oft mehr links zu finden, die Male, wo Kagawa spielt ist der auch mehr Halbstürmer als Zentrumsspieler… auch Castro ist eher überall als im Zentrum zu finden. Klar, bei der absurden Zentrumsfixierung der meisten Bundesligisten irgendwo nachvollziehbar, aber man macht sich defensiv auch angreifbarer, wenn der Gegner gut durch die Mitte spielen kann.
blub 27. April 2017 um 16:37
Ich glaube Dortmund wollte garnicht Ordnung ins spiel bringen. Sie sind von Bayern ja ein paar mal ausgekontert worden in letzter Zeit und da bietet es sich einfach selbst die chance im konter zu suchen bevor man Bayern erlaubt sich zurück zu ziehen und man selbst ausgekontert werden kann.
Das man das hohe pressing herausforderte um dann einen schnellangriff zu fahren passt ins bild.
Koom 27. April 2017 um 17:17
Hm. Gegen die Bayern passte dieses beinahe O-förmige Mittelfeld. Die spielen ja „dank“ Robben und Ribery konsequent fast nur über außen und erzeugen durch die Mitte wenig Chancen (bspw. durch Doppel- oder Steilpaß). Und auf außen kann man mit dem „O“ ja doppeln und trippeln. Es war zwar trotzdem Glück dabei und Robbery kamen auch zu Chancen, aber insgesamt eher wenigen. Und durch die Mitte wurde wenig gespielt – wie gehabt.
tobit 27. April 2017 um 18:22
Das O mit Weigl dazwischen hat ja auch schon im Hinspiel in der Liga gut funktioniert.
Ich frage mich, warum man mit Spielern wie Thiago, Alonso, Kimmich und Vidal noch nichtmal versucht durch die Mitte zu spielen, wenn der Gegner sie einem anbietet. Dass man das nicht gegen Kroos und Modric versucht, okay – aber gegen einen 21-jährigen allein auf weiter Flur (ein bisschen polemisch, ich weiß) könnte man doch zumindest mal ein paar Bewegungen in Richtung Zentrum starten, damit auf Außen vielleicht mal etwas mehr Raum aufgeht – selbst wenn man dann nicht da durchspielt. Ein weiterer Vorteil dieses O’s war der direkte Zugriff auf Vidal, Alonso und Thiago für Reus und Dembélé, die dann auch noch das leere Zentrum um Weigl gut abschirmen konnten.
JH 28. April 2017 um 10:38
Noch dazu kommt ja, dass dieser 21-jährige mit Gelb vorbelastet ist.
L 28. April 2017 um 15:13
Seit dem Gündogan-Abgang besitzt Tuchel keinen dominanten Aufbauachter. Dies ändert sich hoffentlich mit Mo Dahoud. Mir ist auch schon aufgefallen wie hoch die Dortmunder Achter im Dreiermittelfeld zu Auba hochschieben oder auf den Flügel ausweichen. Vor allem bei Götze hat mich das in der Hinrunde extrem gestört. Er konnte – vielleicht auch wegen seiner Krankheit – kaum seine Fähigkeiten auf den Platz bringen. Ich konnte den Gedanken von Tuchel verstehen, dass Götze enge Situationen auflösen sollte, aber das klappte ja kaum wie es sollte. In Hoffenheim hat er dann eine tiefere Rolle bekommen, fast schon Doppelsechs mit Weigl. Fand ich schon deutlich besser …
felixander 27. April 2017 um 15:56
Frage zum 2:1
Was macht Mats da vorne? Stand der noch von einem Standard so rum oder war das ein gezielter Lauf?
Hab’s im Livebild nicht mitbekommen und die Wiederholungen setzten alle erst beim Ball von Alonso an.
CE 27. April 2017 um 16:05
Er blieb nach einem Alonso-Freistoß vorn.
felixander 27. April 2017 um 16:24
Besten Dank!
Was Koom oben anspricht, finde ich auch auffällig: Selbst wenn das Momentum für Bayern umschlägt, können sie das Spiel nicht nach Hause bringen. Im Hinspiel gegen Real verschießen sie den Elfer. Im Rückspiel bekommen sie das 2:1 geschenkt, machen dann aber nix draus. Gestern können sie locker das 3:1 machen und versagen mehrmals kläglich. Wie kommt denn so ein Anti-Lauf zustande?
Cheffe 27. April 2017 um 18:03
Den Anti-Lauf seh ich so nicht, weil’s jeweils unterschiedliche Ursachen gab. Das Glück läuft Bayern grad nicht direkt hinterher, aber relevanter und bedenklicher finde ich CE’s im Artikel aufgezeigte Mängelliste bezüglich Ancelotti. Was ich absolut nervig finde, ist weniger seine Idee vor dem Spiel (die für den Gegner freilich so voraussagbar ist wie nur was), sondern eher seine konsequente Weigerung, auf das Spielgeschehen zu reagieren. Oder zu spät.
Gestern hatte ich nach fünf Minuten das Gefühl, dass Lewa nicht hätte auflaufen dürfen, nicht nur, weil er seine Chancen verballert hat, die er sonst blind macht. Er war auch im Defensiv-Verbund keine Hilfe. Und die Dortmunder Tore vermittelten mir, dass Ancelotti von Gegner-Beobachtung nicht ganz soviel hält wie – seufz – unser vormaliger Trainer…
Bernhard 27. April 2017 um 18:22
Pep <3
tobit 27. April 2017 um 18:10
Ein Faktor ist definitiv die Überlastung von so manchem Schlüsselspieler. Lewy, Thiago, Vidal, Ribery und Robben haben ja die Rückrunde fast komplett durchgespielt – Lewy ist nach der Schulterverletzung noch nicht wieder fit, muss aber spielen, da Ancelotti es nicht schafft, ein funktionierendes Team mit einem anderen Stürmer aufs Feld zu bringen (ob das dann Robben, Müller oder Vidal ist wäre ja egal – Tore schießen können die prinzipiell alle). Das selbe Spiel bei Hummels und Boateng. Beide sind nicht richtig fit (was man ihnen auch immer wieder ansieht), also gönnt man sich einen Wechsel zwischen den beiden in fast jedem Spiel (was dann natürlich die Wechseloptionen auf anderen Positionen beschränkt – es müssen also noch mehr Stammspieler durchspielen), obwohl man auch mit Alaba (oder theoretisch auch Kimmich) in der IV neben Martinez spielen könnte. Dann müsste aber entweder Bernat (der mir durchaus gefallen hat in seinen paar Einsätzen) oder Kimmich in die Startelf, was ja völlig undenkbar zu sein scheint. Dazu kommt die weitesgehende Nichtberücksichtigung von Coman, obwohl Costa und Ribery meist am unteren Ende ihres Leistungsvermögens agieren.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Bayern etwas zu sehr auf ihre individuelle Klasse verlassen und glauben, in der Nachspielzeit doch noch alles hinbiegen zu können – was jetzt ein paar mal daneben ging, da die Gegner die Zeit gut runtergespielt haben oder die Bayern selbst schon platt waren und am Ende nicht mehr zulegen konnten.
Schorsch 27. April 2017 um 20:12
Möglicherweise auch aufgrund einer Vielzahl individueller Fehler einzelner Spieler, von denen man sonst absolute Konzentration gewohnt war. Und diese Konzentration fehlt auch des öfteren in Abschlusssituationen. Der BVB hatte Bayern in den ersten Minuten überrascht und hatte mindestens eine (ich meine zwei) sehr gute Chancen. Spätestens nach 10 Minuten (eher noch früher) kam da nichts mehr vom BVB, die Bayern hatten sich auf den Gegner eingestellt. Das 0:1 fiel nach einem ‚black out‘-Pass von Martínez, der keineswegs nur durch den Druck eines BVB-Spielers zu erklären ist, den dieser auf ihn ausgeübt hat. Für mich bezeichnend, dass der Ball dann zunächst gegen den Pfosten ging und Lahm hier durchaus noch rettend hätte eingreifen können. Aber er schätzt den Weg des Balles falsch ein im Gegensatz zu Reus, der den weiteren Weg zum Ball hat, und sieht etwas unglücklich dabei aus. Lahms Ballverlust vor dem Siegtor der Borussen lässt sich durchaus mit dem Bedrängen durch zwei BVB-Spieler erklären. Aber wann hat man solche Ballverluste durch Lahm sonst gesehen? Die Strafraumverteidigung der Bayern war sowohl vor dem 2:2, als auch vor dem 2:3 desolat. Solange Hummels im Spiel war, war sie das nicht. Lewandowski und Robben haben glasklare Torchancen und nutzen diese nicht. Benders Rettungstat und Bürkis Glanzparaden in allen Ehren – mit ein wenig mehr Konzentration netzen die Bayern.
Der Großteil der ersten Halbzeit und auch noch in der zweiten Halbzeit hat Bayern den BVB teilweise quasi an die Wand gespielt. Tuchel selbst hat nach dem Spiel gesagt, dass er in dieser Phase die größten Befürchtungen hatte, sein Team würde vollends auseinanderbrechen, aber man habe sehr viel Glück gehabt, bis die taktischen Änderungen dann griffen und der BVB wieder bestimmender wurde. Man kann es natürlich nicht wissen, wie das Spiel bei einem 3:1 weitergegangen wäre. Aber mMn wäre eine Wende des Spiels wohl sehr unwahrscheinlich geworden.
Der Philipp Lahm dieser Saison ist nicht mehr der vergangener Spielzeiten. Er hat mMn selbst bemerkt, dass er (obwohl er nach wie vor auf hohem Niveau spielt) nicht mehr die Spritzigkeit und die Geschicklichkeit besitzt, um in jeder Spielsituation nahezu fehlerlos spielen zu können. Das wird vielleicht seinen Rücktrittsentschluss forciert haben. Ein Lewandowski mag angeschlagen sein und deshalb auch nicht die unbedingte Konzentration vor dem Tor haben. Ähnliches mag für Boateng in der Defensive gelten. Vor kurzem noch waren alle Bayernspieler fit und niemand verletzt, die Mannschaft insgesamt und die einzelnen Spieler wirkten voll konzentriert. Ganz plötzlich ändert sich das und die Bayern haben keine wirklichen Alternativen auf der Bank. Jenseits aller taktischen Diskussionen wird man an diesem Punkt arbeiten müssen.
CHR4 28. April 2017 um 02:24
Danke, Schorsch! Das klingt für mich mehr nach dem, was ich im Radio und durch die Zusammenfassung des Spiels mitbekommen habe. Bei vielen Kommentaren oben hatte ich einen anderen Eindruck.
Schorsch 28. April 2017 um 14:14
Ich glaube, es geht (so wie ich es verstanden habe) unabhängig von Spielverlauf, phasenweiser deutlicher Überlegenheit gegenüber dem Gegner, individuellen Fehlern, Konzentrations- und/oder Fitnessproblemen, Überalterung des Kaders, etc. um eine, nun sagen wir es etwas übertrieben eher eindimensionale taktische Ausrichtung der Bayern, vor allem im Vergleich zu Guardiolazeiten. Und darum, dass Ancelotti nicht bzw. nicht adäquat auf die taktischen Umstellungen Tuchels reagiert hat.
Ich bleibe dabei, Bayern hätte dieses Spiel gewinnen müssen, so deutlich überlegen war man über weite Strecken des Spiels, taktische Ausrichtung hin oder her. Klare Chancen hat man sich genug herausgespielt. Über vieles würde nicht diskutiert werden, wenn die Bayern das 3:1 gemacht und das Spiel gewonnen hätte. Wirklich bedenklich erscheint mir in der Tat, dass man zum einen nicht sofort auf die neue Rolle Dembélés reagiert hat und zum anderen dies auch nicht nach dem Ausgleich geschah. Das war letztlich der Schlüssel für die Niederlage bzw. den Sieg der Borussen.
Ich habe das Spiel (wie häufig) u.a. mit BVB-Anhängern gesehen, die so einiges in ihrem fußballerischen Leben erlebt haben. Diese haben sich sehr über die Nichtnominierung Durms als Unterstützung / Absicherung Dembélés und dann über dessen ‚Verteidigerrolle‘ gewundert. ‚Gefühlt‘ wollten die Dembélé mindestens ein Dutzend mal vom Platz holen. Seine Ballverluste waren mitunter haarsträubend. Tja, und hinterher war er dann der Held… 😉
Koom 28. April 2017 um 15:16
Dembele ist aber auch speziell… Es wird langsam besser, aber immer noch ist es so, dass er, wenn er den Ball in Strafraumnähe hat, der Ball dann auch Richtung Tor gehen muss. Zwingend. Da gibts kein links und rechts, dass ist Gravitation. Diese extreme Vertikalität ist auch noch das Problem von vielen Dortmundern. Das wird nicht nur gewollt sein und ist in jede Richtung brandgefährlich.
Und ja, die Bayern hätten das Ding klar gewinnen müssen. Das sie es nicht taten, ist nicht nur Pech, sondern dann auch etwas Unvermögen. Und sehr viel „railroading“. Das die Mannschaft auch einfach keine taktischen Löcher beim Gegner erkennt, sondern in der Offensive jeden Ball über Robbery laufen lassen müssen, also von außen (beide wollen ja auch nix zentral machen), macht sie dann brutal ausrechenbar. Und den beiden fehlt dann auch mittlerweile ein bisserl was, damit das noch funktioniert.
Schorsch 28. April 2017 um 19:49
Ja, „speziell“ ist er schon, der Dembélé… Und individual- wie mannschaftstaktisch durchaus mit Optimierungsbedarf 😉 Wenn er dann noch mit seinen Dribblings hängenbleibt, will man ihn verfluchen bis in die Steinzeit. Aber: Gelingt ihm das Dribbling, dann brennt beim Gegner der Baum, auch wenn er oft nur eine Richtung kennt. Ja, er wird besser. Aber egal, das ist ein Fußballer nach meinem Geschmack! Und irgendwie finde ich sein mitunter archaisch-chaotische Spiel gerade so attraktiv… 🙂
tobit 28. April 2017 um 22:31
Erstmal brennt beim Gegner DAS Baum. Soviel Spaß muss sein.
Ich finde Dembélés Entwicklung absolut beeindruckend. Er hat in 9 Monaten mehr im taktischen Verhalten und Entscheidungsfindung zugelegt als ich (und wohl auch Tuchel, wenn man ihm so zuhört) für möglich gehalten habe. Wenn ich mir Dembélé am Saisonbeginn anschaue und mit dem aktuellen Stand vergleiche – Wahnsinn, ich habe noch nie einen Spieler gesehen, der sich so schnell vom „Kind im Manne“ zu einem veritablen Profi-Fussballer entwickelt hat (viele werden erst mit Mitte zwanzig zu echten Profis, andere kommen schon als solche in die Fussballwelt). Natürlich hat er immer noch taktische Schwächen – nur hat er mir bewiesen, dass er trotz seines überquellenden Talents bereit (und fähig) ist, zu lernen (was ein Januzaj nicht war und deshalb scheitern musste), daher bin ich bereit darauf zu warten.
@Schorsch: manchmal erinnert er mich an den jungen Müller. Brutal effektiv, aber auch brutale Schwächen (Müller in der Technik, Dembélé in der Taktik).
„Dembélé ist wie eine Schachtel Pralinen (oder doch Bertie Bott’s Bohnen in sämtlichen Geschmacksrichtungen?) – man weiß nie was man bekommt.“ – ich glabe, das fasst das Gesamterlebnis Dembélé (und auch Dortmund) sehr gut zusammmen. Manchmal ist es ein Sahnetrüffel und manchmal eben eine Bohne, die nach Ohrenschmalz schmeckt.
Schorsch 28. April 2017 um 23:43
@tobit: Sahnetrüffel – bon. Bertie Bott’s Bohnen sind nicht so mein Geschmack. Aber eine Bohne, die nach Ohrenschmalz schmeckt? Ääähhhh… Kann ich jetzt nicht so wirklich nachvollziehen und will ich auch gar nicht ausprobieren… 😉
Der Vergleich Dembélé – Müller gefällt mir. Wobei ich glaube, dass sich Dembélé stetig weiter in taktischer Hinsicht verbessern wird. Sich bezüglich der Technik weiterzuentwickeln ist da schon schwieriger. Vielleicht hat der gute Thomas zu sehr versucht, beim Torabschluss den Ball sauber zu treffen. Jetzt trifft er kaum noch die Bude. Früher hat er die meisten Bälle unsauber getroffen – und die Tore gemacht. Zuviel Training kann auch schaden! 😉
Koom 29. April 2017 um 09:21
Für Trainer, gerade so einen Kontrollfreak wie Tuchel, ist Dembele aber ganz sicher so Fluch und Segen. Könnte mir vorstellen, dass er in einem Guardiolaschen JdP in einer Freirolle ala Ribery oder Messi am besten rauskommen könnte – also wenn weite Teile der Struktur darauf ausgelegt sind, sehr frühes Gegenpressing betreiben zu können und viel Raum in der Offensive damit zu besetzen. Aber dafür sind momentan zu viele von Tuchels Spieler mit für sowas einer etwas zu fahrigen Spielweise unterwegs.
So oder so: Dortmund ist ein spannender Work in Progress. Ich hoffe, dass Führung wie Spieler bei Sinnen bleiben und das ganze zusammenbleibt und sinnvoll ergänzt wird. Toprak und Dahoud sind auf jeden Fall schon mal ne gute Idee. Wenn Leverkusen ne Runderneuerung macht, könnte ich mit Kampl oder Baumgartlinger vorstellen als teils günstigere Alternativen.
Koom 28. April 2017 um 08:05
Auf Twitter schrieb ich dazu: Bayern besser, aber ineffektiv. Dortmund schlechter, aber die Quote stimmt.
Überbelastung könnte sein. Vor allem wegen dem teils doch schon etwas höherem Alter. Schon gegen Real fand ich Lahm, Robben und Ribery, auch Alonso schlechter als früher. Viel weniger Durchsetzungskraft, locker 10% weniger Spritzigkeit/Schnelligkeit… allein diese Szene, wo Robben auf Bürki loskontert, sich aber nicht vom Gegner lösen kann. Das wäre früher so nicht passiert, da hätte Robben locker einen Meter mehr herausgeholt.
Und ein Vorwurf, den sich Ancelotti sehr gefallen muss: Er hat nur eine erste Elf geschaffen. Und die Alternativen verkümmern lassen. Kimmich endete in der Hinrunde, weil er sich taktisch zu unbedarft verhalten hatte. Sanches sowieso. Müller wird nur noch als Cardboard-Standin für Lewandowski gebraucht (fand ich aber auch schon unter Guardiola „kaputt“, trotz Torquote). Coman und Costa finden überhaupt nicht statt.
Die Offensivspielweise war zudem so berechenbar (all hail to robbery), dass der Gegner taktisch lustige Dinge machen konnte, wie zum Beispiel komplett auf ein Mittelfeldzentrum zu verzichten und einfach außen alles doppeln. Da jeder Ball fürs Offensivspiel IMMER auf die Aussen geht, reicht das.
Was wäre bei dem Kader auch eine 4-4-2 mit Raute interessant. Oder irgendwelche 3-5-2 Varianten. Ich kann mir vorstellen, dass das nächste Saison sich mehr ändern wird. Das war jetzt Saison Nummer Sicher von Ancelotti, wo er einfach mit dem Besten immer All-In ging und es zahlte sich auf mehreren Ebenen nicht aus.
AP 28. April 2017 um 23:09
@Koom. Ich mag deine Kommentare, die inhaltlich sehr häufig meine Meinung wiedergeben. Das würde ja aber auch bedeuten, dass ich meine Sichtweise gut finde. hmmm
ok. zum Thema. Vidal und Casimero im Rückspiel runter, Abseits (wenn es dann überhaupt dazu kommt) erkennen, Bender nicht die Fußspitze abschiessen und schon sieht die Welt trotz verletztem Lewy und ohne Müller besser und erfolgreicher aus.
Das nach Pep man taktisch abbaut. Check.
Das nur klitzekleine, minigroße Momente gegen die Bayern liefen, muss nicht die Keule erklären, mit der so Viele jetzt schwingen.
Deine Enttäuschung sitzt wohl tief 🙂
Koom 28. April 2017 um 23:21
Bin ja nicht mal Bayernfan, aber es ist halt ein spannend zu beobachtendes und zu kommentierendes Objekt. 😉
savona 30. April 2017 um 10:01
@ AP:
Dem kann ich zustimmen. Manches sähe im Rückblick ganz anders aus, wenn Kleinigkeiten anders gelaufen wären. Genösse z.B. Heynckes ein solch hohes Ansehen, wenn in den letzten Minuten des CL-AF-Rückspiels gegen Arsenal noch der aus London mitgebrachte 3:1-Vorsprung verspielt worden wäre. Und wie unangefochten glanzvoll wäre die Guardiola-Ära womöglich, wenn Müller gegen AM den Penalty verwandelt hätte. Usw.