TEs Bundesliga-Check: Anstrengendes Mittelfeldpressing
Diese Woche in TEs Bundesliga-Kolumne: Warum Mittelfeldpressing anstrengender ist, als man denkt. Außerdem im Angebot: Leipzigs Dreierkette im Spiel gegen Werder Bremen.
Spielverlagerung-Autor TE sucht sich nach jedem Bundesliga-Spieltag zwei bis drei Aspekte heraus, die er kurz und knackig analysiert. TEs Bundesliga-Check ist der Analysehappen für Zwischendurch – eine Spielwiese für taktische Beobachtungen, die in den “langen” Spielanalysen keinen Platz finden.
Intensität im Mittelfeldpressing
Bereits vor einigen Wochen hatte ich in einer Kolumne die Laufdaten der Bundesliga verarbeitet. Beim Sammeln der Daten sprang mir wieder ein Thema ins Auge, das ich schon länger behandeln wollte. Und zwar handelt es sich um einen Klassiker der Kommentatoren-Zunft, der immer dann zur Anwendung kommt, wenn ein Team zehn Minuten lang ein hohes Pressing spielt: „Über 90 Minuten werden sie dieses mörderische Tempo nicht durchhalten können!“
Schaut man sich die Laufleistungen im Detail an, erkennt man schnell: Teams mit Angriffspressing laufen gar nicht so viel mehr als andere Teams. Nach meinem subjektiven Eindruck haben sie sogar oft weniger intensive Läufe und Gesamtkilometer auf dem Tacho als andere Teams.
Die intensivste Spielweise in der Bundesliga ist eher eine andere. Wer sich die größten Laufleistungen dieser Saison anschaut, wird schnell eine Gemeinsamkeit finden: Es sind Teams, die ein mittleres bis hohes Mittelfeldpressing gespielt haben. Hier die größten Laufleistungen der Saison laut Bundesliga.de. (Ebenfalls mit mehreren Laufleistungen über 120km, aber nicht unter den Top10: Bayer Leverkusen.)
Es ist, wenn man sich der Sache argumentativ nähert, eigentlich logisch: Wenn ich ein Mittelfeldpressing spiele, bedeutet das meist, dass der Gegner den Ball in der Abwehr zirkulieren lassen kann. Er wird erst angegriffen, sobald er die Kugel ins Mittelfeld spielt. Dementsprechend muss die verteidigende Mannschaft viel verschieben – von einem Flügel zum anderen, immer auf den Aufbau des Gegners reagierend. Je kompakter die Mannschaft verteidigt und je weiter die Viererkette vorschiebt, umso weitere Wege muss sie im Verschieben zurücklegen. Die Räume wollen schließlich geschlossen werden.
So sind die laufstärksten Mannschaften in dieser Saison jene Teams, die ihr Mittelfeldpressing in der gegnerischen Hälfte aufbauen und immer wieder Zugriff durch Verschieben erzeugen: Freiburg, Schalke, Hoffenheim, Ingolstadt, Leipzig (Hinrunde) und Gladbach (Rückrunde).
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass ohnehin kaum noch Teams ein richtig hohes Angriffspressing spielen. Angriffspressing definiere ich als Pressing, dass den Zugriff bereits im gegnerischen Drittel herstellen will. Praktisch kein Bundesliga-Team stört den Gegner über längere Phasen in dessen Drittel. Allenfalls rücken sie mal bis an den gegnerischen Strafraum vor, wenn der Gegner den Ball aus dem Mittelfeld zurückpasst.
Im Trend liegt eher das oben erwähnte „hohe Mittelfeldpressing“. Vor ein paar Jahren suchten die meisten Bundesliga-Teams den Zugriff kurz hinter der Mittellinie. Dabei hielten sie die Abstände zwischen Mittelfeld und Abwehr betont gering, um keinen Zwischenlinienraum entstehen zu lassen. Aktuell schieben viele Teams ihre Mittelfeldreihe etwas weiter vor, um den Zugriff schon vor der Mittellinie zu erlangen. Der etwas größere Raum zwischen den Linien wird flexibel „zugelaufen“ – entweder durch vorrückende Verteidiger oder nach hinten sprintende Mittelfeldspieler. Hierdurch könnten sich auch die hohen Laufwerte ergeben, denn gerade das Mittelfeld muss viele Kilometer zurücklegen bei solch einer Spielweise. Bei Gladbach beispielsweise stellen Kramer, Dahoud und Strobl Woche für Woche neue Topwerte auf bei der Laufleistung.
Es ist mir noch immer ein Rätsel, warum das aktive Angriffspressing auf dem ganzen Feld momentan kaum noch in der Bundesliga zu sehen ist. Vielleicht ist diese eine Reaktion auf die spielstärkeren Innenverteidiger, die mittlerweile die Bundesliga bevölkern. Es ist eben schwer, einen technisch wie individuell starken Innenverteidiger vom Ball zu trennen. Auf jeden Fall aber ist das aktuell praktizierte hohe Mittelfeldpressing nicht weniger intensiv als das Angriffspressing, wie die gelaufenen Kilometer zeigen.
Leipzigs Dreierkette gegen Bremen
Diese Intensität merkt man auch dem Spiel der Leipziger an. Ralph Hasenhüttl merkte nach dem 0:3 gegen Bremen an, dass die „Coolness vor dem Tor“ gefehlt habe. „Durch die vielen Spiele merkt man, dass der ein oder andere nicht mehr so frisch ist.“ Das mag erstmal seltsam klingen, bedenkt man, dass Leipzig in dieser Saison keine Doppelbelastung hatte. Andererseits war ihr Spiel in der Hinrunde auch so intensiv wie das Spiel kaum einer anderen Mannschaft. (Unqualifizierte Nebenbemerkung: Ich bin gespannt, wie sich die Form der Borussia aus Mönchengladbach entwickelt. Ihre Laufwerte gehen gerade durch die Decke – und das bei wesentlich mehr Spielen als Leipzig. Aber zurück zu Leipzig.)
Man muss Hasenhüttl zugutehalten, dass er versucht hat, neue Impulse zu setzen. Am Wochenende änderte er überraschend sein System. Erstmals in dieser Saison begann Leipzig mit einer Dreierkette. Die Idee dahinter war, dass Hasenhüttl die Defensive stärken wollte, die zuletzt das Sorgenkind der Leipziger war. Im Grunde genommen hat dies auch funktioniert – die Endverteidigung der Leipziger hat fast alles weggeräumt, was man wegräumen konnte. Bremen hatte bis zur Halbzeitpause praktisch nur eine Halbchance, die Junuzovic etwas unglücklich für Leipzig in den Winkel beförderte. Das 2:0 fiel wiederum nach einem Standard, für den die Fünferkette nichts konnte; das 3:0 fiel, nachdem Leipzig zurück auf das klassische 4-4-2 gestellt hatte. Wenn man Defensive rein als Abwehrarbeit betrachtet, ist der Systemwechsel also – so seltsam das nach einem 0:3 klingen mag – geglückt. Chancen gab es für den Gegner kaum, und die Tore hatten nichts mit der Fünferkette zu tun.
Nun ist Defensive aber mehr als nur Abwehrarbeit. Leipzigs große Stärke in der Hinrunde war, dass ihre Mechanismen im 4-4-2 exzellent griffen. Leipzig konnte den Gegner im Pressing stets dorthin lenken, wo sie ihn haben wollten. Durch ihre vorschiebende Mittelfeldreihe konnten sie den Ball häufig am oder gar hinter dem Mittelkreis erobern. Diese Balleroberungen ermöglichten ein starkes Konterspiel, denn der Weg zum Tor war kurz und die Leipziger Mannschaft bereits beim Ballgewinn weit vorgerückt.
Nun sind die Mechanismen innerhalb des 5-2-3-Systems nicht derart ausgefeilt – logisch, schließlich hatte Leipzig das 4-4-2 über Jahre hinweg perfektioniert. Die Stürmer liefen in vorderster Linie an, um den Gegner auf die Flügel zu lotsen. Bremen spielte von den Flügeln aus relativ schnörkellos herunter, was sie auch deshalb konnten, weil Leipzig hier nicht den höchsten Druck ausübte. Nur selten spielte Bremen den Ball ins Mittelfeldzentrum, auch weil Leipzig sie hier kaum hinlenkte.
Die Folge: Leipzig fing den Ball entweder auf dem Flügel ab – nicht die beste Ausgangsposition für einen schnellen Angriff, sind die Angriffsrouten doch stark eingeschränkt. Oder sie fingen ihn in der eigenen Hälfte ab und mussten das Spiel gänzlich neu aufbauen. Wenn man Verteidigung auch als Ausgangspunkt für den eigenen Angriff betrachtet (wie Leipzig dies lange Zeit diese Saison tat), dann bot die Fünferkette mindestens genauso viel Schatten wie Licht. Es war kein Zufall, dass Leipzigs beste Chancen ausgerechnet nach Fehlern im Bremer Spielaufbau entstanden.
Hasenhüttl hat im Grunde zwei Möglichkeiten: Er kann in der anstehenden Länderpause die zwei Wochen nutzen, um die Mechanismen der Fünferkette gegen den Ball zu verbessern. Oder er kehrt zum alten 4-4-2 zurück. Mal schauen, welche Variante er wählt.
13 Kommentare Alle anzeigen
Dr. Acula 20. März 2017 um 22:51
1. toll, dass du wieder so ne geile grafik entworfen hast. ich finde es schade, dass das aber so lieblos gemacht wurde. deine aussage wäre valider gewesen, wenn du die laufleistung in einem spiel, in dem nachweislich mittelfeldpressing gespielt wurde, mit der laufleistung in einem angriffspressing-spiel verglichen hättest. diese „die top werte wurden allein von teams erzielt, die MF-pressing spielen“ ist so schwammig. es gibt durchaus phasen, in denen hoch gepresst wird. es ist ja nicht so, dass teams innerhalb eines spiels immer nur ein pressing spielen. lange rede, kurzer sinn: man hätte aus einer so tollen idee mehr machen können.
2. wäre eine erklärung für das selten praktizierte angriffspressing nicht auch, dass es risikoreicher ist? wenn der gegner dein AP ausspielt, musst du schon verdammt gut nachschieben und nachpressen (oder busquets haben), um riesige löcher zu vermeiden. vor allem in verbindung mit deiner erwähnung von besseren IV ist das ein großes risiko, wenn man es nicht gut macht. bestes beispiel atletico: ich behaupte, die können das ziemlich gut. und trotzdem haben sogar die teilweise beim klugen überspielen des selbigen probleme, die löcher zu stopfen.
grüße
Peda 21. März 2017 um 09:21
1) da bin ich ganz bei dir, die Datenlage ist bei diesem interessanten Thema doch sehr dürftig:
den zehn größten Laufleistungen der Saison werden ohne weitere Erklärung ein passendes Narrativ übergestülpt. The fallacy is strong with this one!
–> ist die Samplegröße überhaupt geeignet, um eine derartige Aussage zu treffen? Wenn der Großteil der Mannschaften Mittelfeldpressing spielt ist es nur logisch, dass man welche bei der Laufleistung vorne findet. Wichtig wäre deshalb auch festzustellen, welche Mannschaften die schwächsten Laufleistungen vorzuweisen haben. Respect the Law of Small Numbers!
–> war in den angeführten Partien auch wirklich ein Mittelfeldpressing für die hohe Laufleistung verantwortlich? Eventuell waren die Partien auch einfach terminlich günstig (keine englische Woche davor/danach) oder die Strategien beider Mannschaften ergaben in Wechselwirkung ein laufintensives Spiel.
–> wie wird festgestellt, dass eine Mannschaft Mittelfeldpressing spielt? Laut Text war die Aussage ja mehr aus dem Bauch heraus. 11tegen11 hat sich dazu bereits einmal eine Metrik überlegt, zu der ich aber leider nur mehr diese Bild finden konnte (Beschreibung unter dem Grafen. Mehr habe ich leider nicht gefunden und Twitter lässt mich nicht so weit scrollen, um die weiteren Bundesligisten zu finden).
–> wie lässt sich ein „mörderisches Tempo“ aus der Laufleistung ablesen? Die Gesamtzahl der Kilometer finde ich da nicht überzeugend. Wenn ich Rückschlüsse auf das Pressing erhalten will, kann ich mir ohnehin nur die Laufleistung ohne Ball ansehen (außer ein Teil der Argumentation ist, dass auch nach Ballgewinn im Mittelfeldpressing ordentlich lange Wege zurückgelegt werden). Zudem wäre der Anteil an intensiven Läufen und Sprints interessant. Und wenn wir schon dabei sind, könnte man einen Gini-Koeffizienten bilden, um zu sehen, wie sich die Laufleistung auf die Spieler verteilt.
2) Ich glaube das größte Problem beim Angriffspressing ist, dass man eine komplette Spielhälfte abzudecken hat. Dadurch, dass der Gegner in der eigenen Hälfte nicht im Abseits stehen kann, ist es nicht möglich die vertikale Kompaktheit zu wahren, wenn man bis zum Goalie durchschiebt. Der zweite Punkt ist, dass meist erst bei Angriffspressing der Torwart im Spielaufbau wirklich eingebunden wird, man damit also auch noch gegen eine Überzahl anläuft. Ein großer Punkt im Angriffspressing war auch lange Zeit der Überraschungseffekt – und es lässt sich halt kaum mehr wirklich davon überraschen, oder zumindest nicht mehr in der Form wie vor fünf Jahren.
Dings 20. März 2017 um 21:12
Ok. Tobi ich muss meine Kritik zurücknehmen, da ich soeben Bohndesliga gesehen habe. Da hattest du ja doch sehr lobende Worte. Ich lass das nochmal durchgehen :D.
Dings 20. März 2017 um 20:55
Hallo TE.
Eventuell hast du diesen kritischen Facebook Kommentar zu Werder Bremen gelesen.
Ich möchte mit deinem Artikel diese These unterstreichen. Erneut zollst du der Bremer Entwicklung keinerlei Respekt. Und obwohl Red Bull (ja ich weiß) ab dem 1:0 kaum noch gefährlich war und Bremen ein Bombenspiel machte, ist es natürlich nicht möglich dieses zu attestieren, sondern es lag selbstverständlich nur an der schlechten Systemeinstellung.
Sorry, aber langsam wirds lächerlich. Man vergleiche mal die aktuelle Analyse von Cedric Voigt und die von Tobias Escher und dann kann jeder selbst entscheiden, welche Analyse jetzt passender klingt.
Ich bin hiermit raus, bis endlich mal anerkannt wird was Werder für eine gute Entwicklung durchläuft.
Schorsch 20. März 2017 um 17:33
Ich kann mir vorstellen, dass Hasenhüttl wieder zum 4-4-2 zurückkehrt, so wie er es im Spielverlauf auch tat. Zumindest gegnerabhängig könnte er wechseln zwischen 3er- und 4er-Kette. Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass der Ausfall Keitas ein wesentlicher Grund für die Umstellung auf eine 3er-Kette war. Verbunden sicherlich mit dem Versuch, durch eine Systemumstellung mit mehr defensiver Stabilität die leichte Krise der letzten Wochen zu beenden. Es war für mich jedoch deutlich sichtbar (wie von TE benannt), dass gerade im umformierten Mittelfeld der Leipziger die notwendigen Abläufe für die Spieler (noch?) nicht so saßen, wie es erforderlich gewesen wäre. Dies traf insbesondere auf die Koordination des Pressings zu, aber auch den Spielaufbau. Ein Umstand, den sich Werder im Spielverlauf immer mehr zu nutze machte. Bremen kam immer mehr zu gelungenen Umschaltaktionen im Mittelfeld. Besonders nach dem Führungstreffer durch Junuzovic, auch weil Leipzig höher aufrückte. Dafür, dass daraus kein Tor entstand, war mMn in erster Linie Upamecano verantwortlich, der (defensiv) sehr gute Laufwege zeigte.
Andererseits hat Werder (nach einer eher wackeligen Anfangsphase, die allerdings auch zu keine allzugroßen Dominanz Leipzigs führte) es auch geschickt angestellt. Ob gewollt oder ungewollt – die personelle Konstellation des Zentrums war nach meiner Einschätzung spielentscheident. Junuzovic, Delaney (für mich überragend) und Grillitsch bildeten ein spielerisches Bollwerk, das den Leipzigern das Pressingspiel nach meinem Dafürhalten entscheidend erschwerte. Sei es durch die sichere, fast fehlerfreie tiefe Ballzirkulation oder auch durch adäquat eingesetzte lange Bälle (auch durch Wiedwald), welche die Pressinglinien Leipzigs übespielten und RB immer wieder zwangen, von vorne zu beginnen (Piza und Bartels waren da allerdings nicht die geeignetsten Verwerter… 😉 . Fast bin ich geneigt zu sagen, dass das mäßig ausgeprägte Pressing (freundlich gesprochen) für Werder in diesem Spiel (und vielleicht nicht nur in diesem?) so etwas wie ein Vorteil war. Hinzu kamen eine über längere Zeit fehlerfreie Endverteidigung und ein wiederum gut agierender Wiedwald. Die Fehler im Spielaufbau, die zu Gegentoren hätten führen können, wurden dabei von Leipzig nicht konsequent genutzt. Anfangs hatte ich den Eindruck, dass RB Delaney quasi isolieren wollte, um ihn im Spielaufbau zu behindern. Das sah mitunter fast so aus, als habe man eine Art Spinnennetz aus diversen Spielern um ihn gewoben. Klappte anfangs auch gut, nur löste sich Delaney verstärkt aus solchen Situationen, wobei ihm auch eine kluge Raumaufteilung seiner Mitspieler Grillitisch und Junuzovic halfen.
Noch etwas zum Tor Junos: Ein wunderschöner Scuss Tor mit dem Außenrist, der sich noch zum Tor hindreht. Unhaltbar. Der Keeper sieht den Ball zu spät und kann auch nicht mehr so schnell nach unten tauchen. Man merkt, dass bei Juno wieder Vertragsverhandlungen anstehen… 😉
Noch zu Gladbach: Man hat schon in den letzten 2, 3 Spielen gemerkt, dass die Mannschaft auf den Felgen läuft. Mehr Laufkilometer steckt man nicht so einfach weg bei englischen Wochen. Vielleicht bringt die Länderspielpause ja ein wenig Regenerationszeit.
Gurkentruppe 20. März 2017 um 22:56
M.E. gab es die 3er Kette nicht nur aus taktischen Gründen, sondern auch damit Upamecano sich einfacher an die Bundesliga gewöhnen kann, nachdem sein erster Startelfeinsatz in einer Viererkette gegen Hamburg ordentlich daneben ging und er schon in der 31. Minute ausgewechselt wurde. Man hat diesmal gesehen, was für ein riesiges Potential der Junge hat und wie gut er tatsächlich sein kann. Es würde mich nicht wundern, wenn er bald einen Stammplatz hat. Compper hat recht ungläubig und unzufrieden geschaut als er und nicht Upamecano in der 2. Hälfte ausgewechselt wurde.
Ich hatte das Gefühl, dass das Pressing bei RBL nicht so koherent war, wie in der Hinrunde. Es wurde oft von einzelnen Spielern in wenig aussichtsreichen Situationen attackiert und bei eigentlich guten Situationen haben oft nicht alle gut mitgemacht. Ich weiss nicht, welche Rolle Poulsen hier spielt.
tobit 23. März 2017 um 16:01
Poulsen ist im Pressing schon enorm wichtig. Er nutzt seine brutale (hier ist das tatsächlich das angebrachte Adjektiv) Physis mittlerweile unfassbar gut um Zugriff herzustellen. Er ist trotz seiner Größe und Massigkeit sehr explosiv und insgesamt sehr lauffreudig (2 Dinge, die ihn fundamental von Selke unterscheiden). Gleichzeitig kann er die Grundlagen (Triggermomente, welcher Bogenlauf, etc.) der RedBull/RasenBall-Schule mittlerweile im Schlaf abrufen (was man von den Neuzugängen dieser Saison noch nicht so stark erwarten kann) und auf dieser Basis sehr effektiv pressen.
Werner presst zwar auch gut und ist noch einen Tick dynamischer, macht das aber noch nicht so lange (insgesamt etwa 1 Jahr, wenn man Kramnys Stuttgarter Zeit mitzählt). Forsberg ist z.B. bis heute kein herausragender Pressingspieler (auch wenn er deutlich besser ist als die meisten). Wenn dir dann der Topspieler in dem Bereich fehlt und du das System veränderst, wird das natürlich einen Einfluss (normalerweise keinen guten) auf diese Situationen haben.
Schorsch 23. März 2017 um 17:23
Upamecano hat mir persönlich defensiv bei RB am besten gefallen. Beeindruckend, was der so alles abgelaufen hat. Im Spielaufbau ging bei ihm allerdings so einiges daneben. Das wird sich sicherlich bei weiterer Eingewöhnung ändern. Sein Potential war jedenfalls klar erkennbar.
Was Poulsen anbelangt, so hat @tobit mMn die wesentlichen Punkte benannt.
Was Du hinsichtlich des Pressings von RB beschreibst ist das, was ich unter mangelnder Koordination des Pressings gefasst habe. So oft schaue ich RB nicht, aber im Vergleich zur Hinrunde ist auch nach meiner Beobachtung beim Pressing eine ‚Unwucht‘ zu verzeichnen. Das scheint mir nicht (nur) mit fehlenden Spielern (Keita) oder mit Formschwächen oder mit Ermüdungserscheinungen zu erklären zu sein. Man sollte dabei aber auch nicht den jeweiligen Gegner vergessen. Es wird wohl kein Trainerteam geben, welches das RB-Pressing nicht in diversen Videoanalysen vor dem Rückspiel detailliert analysiert und sich entsprechende Gedanken gemacht hat, mit welchen Mitteln diesem Pressing beizukommen ist.
tobit 20. März 2017 um 17:12
Die 3/5er-Kette war ein klares Zeichen, dass Hasenhüttl defensiv wieder stabiler werden möchte. Hauptsächlich sehe ich dieses Experiment aber als „Zeichen“ für Burke und insbesondere Selke, die die „logischen“ Poulsen-Vertreter wären: ihnen traut man diese Stabilität (aus gutem Grund) aktuell nicht zu. Burke lernt dieses Jahr überhaupt erst (überspitzt gesagt) was Defensivarbeit im Allgemeinen und was sie bei Leipzig im besonderen bedeutet. Selke scheint das auch nach fast zwei Jahren im Team noch nicht begriffen zu haben. Da Burke in der Offensive eher ein Werner-Vertreter (zumindest kein Schlachtross wie Poulsen) ist und Selke offensiv genauso unbeteiligt wirkt wie defensiv, bringt man dann doch lieber Upamecano, der zumindest die Spielidee von „kleinauf“ verinnerlicht hat. Ob man auch nach der Länderspielpause mit Upamecano, Orban und Compper spielt, wenn Poulsen wieder fit ist, bleibt abzuwarten.
ES 20. März 2017 um 16:16
interessante Analyse zum hohen Mittelfeld Pressing. Zur Frage, warum nicht mehr Vereine Angriffspressing spielen: Die spielstarken Innenverteidiger spielen natürlich eine Rolle, aber auch die immer pressingresistenteren und spielstarken Torhüter. Da muss schon sehr genau zugestellt werden. Im Zweifelsfalle kann auch immer der Joker weiter Schlag nach vorne gezogen werden. Dann muss man sich wieder sicher sein, dass man die Luftduelle gewinnt oder die zweiten Bälle. Dann muss man selbst im Passspiel wieder so gut sein, dass man sich im Ballbesitz wieder von der Intensität erholen kann. Insgesamt also ein anspruchsvolles Paket, mit am Ende dünnem Sicherungsseil. Dass ein Post-Guardiola-Bayern so etwas in der Komplettheit mal eben auspacken kann, haben sie im Pokal gegen Schalke gezeigt. Von Vorteil kann es sein, wenn man das System in drei unteren Ligen mit himmelweiteren Budget-Vorteil, sowie bei kooperierenden ausländischen Clubs über Jahre einbimsen kann. So was soll es ja geben. Besonders interessant sind daher die Fälle Frankfurt und Hamburg, die nicht mit ähnlich strukturell großen Vorteilen wie Bayern und Leipzig ausgestattet sind, wo also die Gefahr wegen unsauberer Ausführung oder schlicht fehlender spielerischer Spitzenqualität, auch in der Breite, besonders hoch ist. Mal sehen, wo da die Reise hingeht.
AMX 20. März 2017 um 15:28
Schon witzig, dass Hasenhüttl „erstmals mit Dreierkette spielen ließ“, wie es eingangs heißt, und dann später immer von der Fünferkette der Leipziger die Rede ist. Sprachlich eindeutig ein Baustein der Verwirrung…, wenngleich die Taktikexperten natüüüürlich wissen, was gemeint ist
studdi 20. März 2017 um 14:32
Interessante These das mit dem Mittelfeldpressing. ich hätte zwei Fragen hierzu:
1. Welche Mannschaften spielen den ein Angriffspressing (evtl auch europaweit gesehen)?
2. Liegt das nicht auch in erster Linie daran, dass Mannschaften die ein Angriffpressing spielen meistens auch ihre Spielweise eher auf Ballbesitzspiel anlegen? Somit würden sie eben weniger laufen, da sie längere Ballbesitzphasen haben. War es nicht so das Stuttgart letztes Jahr unter Zorniger oft gegen ende des Spiels Probleme bekommen hatte? Die hatte doch glaube ich ein Angriffpressing gespielt ohne unbedingt auf eigenen Ballbesitz zu spielen?
BS 20. März 2017 um 17:06
@2.: Guter Punkt! Dem könnte man ja noch hinzufügen, dass, wie in einem anderen Artikel – den ich gerade nicht finde – auch schon angesprochen wurde, die Bewertung von Laufleistung doch ziemlich mehrdeutig sein kann. Intensives Angrifsspressing, kombiniert mit viel Ballbesitz und gutem Gegenpressing führt zwar dazu, dass man mehr Sprints und intensive Läufe auf dem Statistik-Konto hat, aber nicht unbedingt zu mehr Kilometern.
Umgekehrt bedeuten mehr Kilometer nicht notgedrungen mehr Sprints und intensive Läufe.
Außerdem ist das ziemlich positionsabhängig. So haben die Leute bei Gladbachs zentralen Mittelfeld, viel zu Laufen, da sie viel verschieben und herausrücken müssen. Die Stürmer dagegen, sammeln ihre Kilometer eher mit längeren Sprints nach Umschaltsituationen (Man muss ja schließlich rasch ins letzte Drittel kommen.
Bei Leipzig in der Hinrunde wars ja eher so, dass sie mit ihrem extrem hohen Pressing schon in der ersten Reihe enorm viele kurze und intensive Läufe/Sprints hinlegen mussten, um die ständig anlaufen zu können.
Wenn die Taktik aufging, mussten die defensiven Mittelfeldleute nicht ganz so viel laufen (Wahrscheinlich hatten die am Ende ähnlich viele Kilometer aber weniger Sprints auf dem Konto).
Das sieht man finde ich auch ganz gut, wie die Teams wechseln. RB in der Hinrunde hat meist in der 2. HZ die komplette Angriffsreihe ausgewechselt.
Hecking scheint bei Gladbach eher die Mittelfeldspieler zu wechseln.
Es scheint einfach taktikabhängig unterschiedliche Laufmuster (inBezug auf Intensität und Strecke) für verschiedene Positionen zu geben, oder verenne ich mich da in was ? : )