Unentschieden gegen Gladbach – Bayern verpasst vorerst die Meisterschaft

1:1

Mit einem Sieg gegen Gladbach hätte der FC Bayern München zwischen den beiden Spielen gegen Atletico Madrid in der Championsleague mal eben die Meisterschaft in der Bundesliga gewinnen können. Weil die Bayern aber einen 1:0-Vorsprung nicht über die Zeit brachten und Borussia Dortmund zeitgleich gegen den Vfl Wolfsburg gewann, müssen die Münchner das Feiern vorerst verschieben.

Dabei starteten die Bayern im Vergleich zum Auswärtsspiel in Spanien mit gleich acht Änderungen in der Startelf und einer Anpassung der Grundordnung. Bei Gladbach begann die gleiche erste Elf wie schon im letzten Bundesligaspiel gegen Hoffenheim. Das Spiel in der Kurzzusammenfassung:

  • Mit Rechtsfokus und dem bewussten Einsatz langer Bälle im Münchner Aufbauspiel gegen Gladbachs aggressives Pressing in der ersten halben Stunde kamen die Bayern zu Beginn kaum zu Torchancen.
  • Auch Gladbach gelang es gegen Bayerns hohes Pressing zunächst kaum zu Abschlussmöglichkeiten zu kommen, obwohl die grundsätzliche Herangehensweise mit vielen Vertikalbällen und anschließendem Ablagespiel prinzipiell gut gewählt war.
  • Diverse Umstellungen brachten Bayern im weiteren Spielverlauf besser in die Ballzirkulation, änderten aber nichts an deren mangelnder Durchschlagskraft im letzten Drittel.
  • Gegen Ende des Spiels bewirkte die höhere Präsenz der Gladbacher in vorderster Linie Vorteile im Umschaltspiel, die die Fohlen schließlich zum Ausgleich nutzten.

Grundsätzliche Bewegungsmuster und taktische Ausrichtungen zu Spielbeginn

20160501_Robl_SchemaMannorientierungen

Schematische Darstellung der vielen direkten Zuordnungen am Beispiel des Münchner Spielaufbaus. Rot umrahmt sind die abstrakten Räume dargestellt, in welche die Münchner lange Bälle aus der ersten Aufbaulinie nach vorhergehender lockernder Ballzirkulation spielten.

Prägend für den Charakter der Partie waren die vielen Mannorientierungen der beiden Mannschaften, die sich über das ganze Feld erstreckten. Schematisch agierten die Bayern aus einer 3-4-3-Grundordnung heraus, wohingegen die Gladbacher im 3-4-1-2 als Form des 3-4-3 aufliefen. Durch die jeweilige Gleichzahl in den jeweils gegeneinanderstehenden Mannschaftsteilen gab es für die einzelnen Spieler gegen den Ball klare Zuordnungen.

Die Gladbacher verlegten sich in der Offensive vornehmlich auf schnelle Umschaltaktionen und versuchten die direkten Zuordnungen derart zu bespielen, als dass sie in der Spieleröffnung und im Übergangsspiel zumeist mit tiefen vertikalen Bällen und anschließendem Ablagespiel agierten. Den Münchner Spielern sollte so schlichtweg keine Zeit bleiben, den jeweils Ballführenden, der sich im bayerischen Defensivblock aufhielt, unter Druck zu setzen. Dafür nutzten die Gladbacher in der ersten Aufbaulinie die Breite des Platzes – immer wieder auch unter Einbezug Sommers – vollends aus und versuchten dann anschließend über einfache Weiterleitungen am Flügel mit Ablagen oder direkte Zuspiele in den Münchner Zwischenlinienraum einzudringen. Von dort wollte man dann den Raum hinter der Abwehr der Münchner attackieren und deren hohe letzte Linie ausnutzen.

Die Bayern hingegen verwendeten mit dem bewusst eingesetzten langen Ball ein für ihre Spielweise – zumindest in dieser Häufigkeit und Konsequenz – unübliches Stilmittel. Sie nutzten die tiefe Ballzirkulation in erster Linie als lockendes Element, um die Gladbacher zum Aufrücken zu verleiten. Anschließend spielte man Ballungen einiger weniger Spieler in den hohen Halbräumen vor der Gladbacher Kette mit weiten Flugbällen an und versuchte dort zweite Bälle aufzusammeln. Dazu war es Thomas Müller, der viel in vorderster Linie zwischen beiden Flügeln pendelte, den man immer wieder mit langen Bällen fütterte, die dieser anschließend fixierte und den restlichen Spielern so Zeit verschaffte nach vorne aufzurücken. Insgesamt nutzten die Bayern einen mehr oder weniger starken Rechtsfokus, der vor allem dadurch entstand, dass Mario Götze vom linken Flügel viel zur Mitte einrückte oder den rechten Flügel unterstützte, während Bernat auf der linken Seite in der Endphase der Angriffe im Fall der Fälle für die notwendige Breite im Spiel sorgte. Auf der linken Seite nutzten die Münchner zudem eine Kreiselbewegung, um die Mannorientierungen der Gladbacher im eigenen Spielaufbau aufzubrechen, indem Götze zur Mitte einrückte, Bernat nach vorne schob und Kimmich auf den linken Flügel vor Tasci herauskippte.

Chancenarmut und ihre Gründe

Bereits nach wenigen Minuten erzielten die Bayern den Führungstreffer zum 1:0 nach einer Ecke – im Anschluss blieb die Partie bis zur Halbzeit aber zunächst recht ereignisarm. In der ersten halben Stunde lag dies vor allem daran, dass beide Mannschaften viel in das eigene Pressing investierten und den Gegner so früh unter Druck setzten, zeitgleich aber keine Antworten auf die vorhandenen Probleme in der Offensive fanden.

Bei der Borussia rückte Hazard gegen den Ball in der Regel neben oder etwas vor Hahn und Raffael und lief von dieser Position Bayerns Dreierreihe im Aufbau und auch Neuer an. Durch die relativ flache Staffelung der drei Ang

Aufstellungen zu Spielbeginn.

Aufstellungen zu Spielbeginn.

reifer wollte Gladbach die Breite des Platzes sauber abdecken und Zugriff auf Bernat und Tasi ausüben – offene Schnittstellen zwischen den Dreien bespielten die Bayern aufgrund der klaren Zuordnungen im Zentrum nicht. Rückten die Bayern nach einem erfolgreich verteidigten langen Ball einmal auf, zeigten sie beim Bespielen der Borussia in deren Abwehrdrittel Probleme: Die fünf Mann der Borussia in letzter Linie führten zum einen zu einer guten Kompaktheit über die Breite des Platzes, zum anderen zu einer dreifachen Besetzung des Zentrums. Bayern konnte über die Ballzirkulation kaum Lücken aufreißen und schaffte es nur wenige Male Coman in Position für gegnerschlagende Dribblings zu bekommen.

Die Bayern interpretierten ihr Pressing in der ersten Linie etwas anders als die Borussia und eher an die Abläufe beim FC Ingolstadt angelehnt. Müller agierte deutlich vor Coman und Götze, die Räume an den Flügeln zunächst offen ließen und im Zentrum verblieben, um nach Anspielen auf die beiden Halbverteidiger der Borussia herauszurücken. Diese Spielweise zwang die Borussia oft weit auf die Flügel bis an die Außenlinie, von der sie das Spiel teilweise schlecht wieder an die Mitte anbinden konnten. Ein weiterer Grund, dass die Borussia vorerst nicht zu Torchancen kam, war die Tatsache, dass die Bayern ihr Pressing – vor allem in der zweiten Halbzeit – leicht zerrissen vortrugen. Die erste Linie und einzelne Spieler aus der zweiten Reihe pressten den Gegner auch auf die Gefahr hin überspielt zu werden. Provoziert werden sollten zu frühe Abspiele oder Abspiele in zu enge Räume mit schlechten Sichtfeldern. Konnte sich Gladbach allerdings freispielen, fiel die Kette anschließend zurück an den eigenen Sechzehner, um so Anspiele hinter die Kette zu vermeiden. Gladbach musste diese Situationen dann aufgrund der Schnelligkeit der Angriffe und damit der mangelnden Zeit für die eigenen Spieler nachzurücken in Unterzahl zu Ende spielen. Insgesamt gab es bei den Bayern aber auch immer wieder Phasen, in denen sie tiefer und passiver verteidigten und die Borussia im Aufbau in Ruhe ließen.

Götze als zentraler Stürmer – Verbesserungen in der Ballzirkulation

Nach etwa 35 Minuten wechselte die Besetzung der Offensivreihe bei den Münchner Bayern: Götze rückte in die Mitte, Coman auf links und Müller auf rechts. Guardiola wollte mit dieser Umstellung wohl zum einen in Müller die hohe Anspielstation in letzter Linie erhalten, zum anderen mit Götze einen Anbindungsspieler für die Offensive aus dem Aufbau heraus im Zentrum haben. Der Nationalspieler interpretierte seine Rolle im Sturmzentrum derart, als dass er sich von dort in gewohnter Manier zurückfallen ließ und als eine Art Engenspieler fungierte. Er sollte den Ball im Idealfall zwischen den Linien erhalten und Gladbach zum Zusammenrücken zwingen, damit die Münchner im Anschluss an diese Verschiebebewegungen der Borussia anspielen konnten. Durch diese Rollenverteilung erhöhte sich zum einen der Ballbesitzanteil der Münchner, weil diese nun auf einige der langen und teilweise etwas uneffektiven Zuspiele in die Spitze verzichten konnten, zum anderen der Grad der Rechtslastigkeit, was Coman auf der anderen Seite nach Verlagerungen mehr Platz zum Andribbeln seiner Gegenspieler geben sollte.

Kleine Veränderungen nach der Halbzeit – Rotationswut nach einer Stunde

Zu Beginn der zweiten Halbzeit gab es von beiden Trainern wenige bis keine Anpassungen. Sowohl bei den Gladbachern als auch bei den Bayern änderte sich lediglich die Rollenverteilung der beiden Sechser. Rode und Dahoud agierten nun höher als ihre beiden Pendants Kimmich und Xhaka, sodass jeweils einer von beiden den eigenen Angriff unterstützen konnte, wohingegen der andere vornehmlich Aufgaben im Spielaufbau wahrnahm und bei defensiven Umschaltmomenten zur Absicherung des Zentrums nahe an der eigenen Kette verblieb.

Durch die höhere Rolle Traores im Vergleich zur ersten Halbzeit – und später dann die von Herrmann, der für den Guyaner ins Spiel kam – erhöhte sich die Präsenz der Borussia in der vordersten Linie um einen weiteren Spieler. Insgesamt führte das in Verbindung mit der Zerrissenheit im bayerischen Pressing, welche die Borussia durch lange Bälle nun bewusst zu bespielen wusste, zu Vorteilen für die Gladbacher in Puncto Durchschlagskraft. In der Folge nutzte die Borussia in dieser Phase vermehrt die rechte Seite für ihren Angriffsvortrag. Durch den Wechsel von Raffael auf die rechte Seite und die Einwechslung von Stindl für Hazard in der 56. Minute hatte die Borussia dort nun deutlich spielstärkeres Spielermaterial als noch zuvor, das diese nutzte, um nun auch vermehrt kombinative Wege ins Zentrum zu suchen. Vor allem einige starke Aktionen Dahouds, der sich im Aufbau mehrmals mit Ball am Fuß aufdrehen konnte und sich gegen seinen direkten Gegenspieler durchsetzte, öffneten den Gladbachern leichte Wege nach vorne. Hahn auf der Position des linken Stürmers diente als Balancespieler, der viel zum linken Flügel driftete, um dort für Verlagerungen anspielbar zu sein oder diagonal in den Strafraum einlaufen zu können – wie beim Treffer zum 1:1 in der 72. Minute.

Bei den Bayern kam nach 56 Minuten Thiago für Götze in die Partie, nach gut 70 Minuten ersetzte Alaba Boateng und ging auf die Position des linken Halbverteidigers, während Tasci in die Mitte rückte. Bereits durch die Einwechslung von Thiago hatte sich die Grundformation der Bayern hin zu einem 5-1-2-2 verändert. Dabei bekleidete Kimmich die Position des alleinigen Sechsers, während Thiago auf die linke, Sebastian Rode auf die rechte Acht wechselte. Breite erzeugten die Bayern bei ihren Angriffen durch ausweichende Bewegungen des jeweils ballnahen Stürmers bis an die Seitenlinie heraus, während der zweite der beiden das Sturmzentrum besetzte.

Mit der Einwechslung von Costa kehrte dann bei den Bayern aber wieder alles zum Alten zurück: In der 4-1-4-1-Grundordnung besetzten Coman und Costa die Flügel, Müller das Sturmzentrum. Alaba wechselte in die Innenverteidigung neben Benatia, Bernat und Rafinha gaben die Außenverteidiger. Kimmich spielte als tiefster Sechser und Rode sowie Thiago auf den beiden Achterpositionen. An der grundsätzlichen Dynamik änderte sich wenig, am Ergebnis nichts mehr.

Fazit

Letztlich zeigte sich die Borussia den Bayern ebenbürtig. Die hohe Präsenz der Gäste in letzter Linie sowie die vielen klaren Zuordnungen bereiteten den Bayern Probleme. Dass Guardiola vom gängigen 4-1-4-1-Schema der Vorwochen abwich, zeigt den Respekt des Spaniers vor der Mannschaft Schuberts: Zu Gunsten der Kontrolle im defensiven Umschaltmoment, nämlich durch den Einsatz langer Bälle und damit der Vermeidung von Ballverlusten im Auf- und Übergangsspiel, opferte er die Durchschlagskraft der Mannschaft im letzten Drittel.

Bernhard 2. Mai 2016 um 10:27

Sehr angenehm zu lesende Analyse. Vielen Dank dafür.

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Michael Meier 2. Mai 2016 um 19:26

Yep, eine sehr klare und dem Spiel angemessene Analyse. Auch von mir Dank dafür. Bin gespannt ob Gladbach, nach den Wirren in dieser Saison und den teilweise fürchterlichen Vorstellungen auf fremden Plätzen, es jetzt noch schafft Platz 4 zu verteidigen. Das wäre großartig!

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Gio 2. Mai 2016 um 05:36

Traoré kommt aus Guinea, nicht Guayana; -)

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Dr. Acula 1. Mai 2016 um 21:38

vielleicht lebt pep ja in der vergangenheit und wollte das 3-4-3 eig gegen atletico schon spielen lassen…. verstehe einer diesen spanier….. und die AFD redet man integrationsunwilligen ausländern. pep ist so deutsch; der ist nicht nur integriert, der ist assimiliert!

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Dr. Acula 1. Mai 2016 um 21:39

von*

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