Alles Roger – Leverkusen dominiert Mainz 05

2:3

Nach dem guten Auftritt im Pokal gegen Bayern München überzeugte Leverkusen auch in der Bundesliga gegen Mainz 05. Die hingegen fanden erst nach einer guten Stunde eine Antwort auf die Fragen, die das Spiel aufwarf, und verloren zu Recht.


Vertikale Ausrichtung im Bewegungsspiel bei Mainz 05

Offensivmuster zu Spielbeginn

Offensivmuster zu Spielbeginn

Martin Schmidt nutzte wie gewöhnlich eine 4-2-3-1-Formation, in der Baumgartlinger und Geis die Doppelsechs bildeten. Beide hielten sich mit aufrückenden Läufen zurück und wurden im Spielaufbau wenig eingebunden. Gleiches galt für Park und Brosinski auf den Außenverteidigerpositionen. Beide orientierten sie sich bereits im Aufbau weiter nach vorne als die beiden Sechser, nahmen nicht oder nur kaum an der Ballzirkulation teil und positionierten sich für den Kampf um zweite Bälle, die Diaz und Bell aus der Innenverteidigung häufig einstreuten.
Entsprechend der Spielidee mit vielen langen Bällen spielten De Blasis und Koo auf den beiden Flügelpositionen zur Mitte eingerückt, dort allerdings auffallend linear und vertikal. Malli auf der Zehn und Okazaki im Sturmzentrum verstärkten diese vertikale Ausrichtung im Bewegungsspiel bei den Mainzern noch, indem sie oftmals gegengleiche Läufe zeigten.

 

Bayers hoher Fokus auf die vorderste Linie

Auch bei Roger Schmidt gab es keine allzu einschneidenden Änderungen, was Spielermaterial, Startformation oder strategische Ausrichtung anging. Auf den beiden Positionen vor der Viererkette agierten Bender und Castro, die gegen das hohe Mainzer 4-4-1-1-Mittelfeldpressing nicht besonders stark in das Aufbauspiel eingebunden waren. Hier suchte die „Werkself“ schnell den Weg auf die Flügel und versuchte über Vertikalpässe Hilberts sowie Wendells schnell ins zweite bzw. dritte Drittel zu gelangen.
Dort gab es mit Kießling einen klaren Zentrumsstürmer und mit Calhanoglu einen etwas hängenden Akteur, der viel in die vorderste Linie rückte. Son und Bellarabi auf den Außenpositionen zeigten bezüglich des Aufrückens ein ähnliches Verhalten und agierten leicht zur Mitte geschoben, sorgten aber auch immer wieder für Breite auf ihrer Seite, wenn diese benötigt wurde. Dabei agierte Son auf dem linken Flügel insgesamt weiter nach außen gezogen und weiter nach vorne geschoben, wodurch er teilweise die Anbindung an die restliche Mannschaft verlor.

Leverkusen dominiert über das eigene Pressing

Obwohl beide Mannschaften im Pressing prinzipiell eine 4-4-2-Formation nutzten und auch offensiv ähnliche Pläne verfolgten, zeigte sich bereits in den Anfangsminuten, wie stark sich kleine Details in den Abläufen auf die gesamte Spieldynamik auswirken können.
So nutzten die Leverkusener Querpässe der Mainzer Innenverteidiger als Signal für Kießling und Calhanoglu, um ins Pressing überzugehen. Vorteilhaft an dieser Variante war zum einen, dass beide die Balllaufzeit und die Zeit, die Diaz bzw. Bell zum Verarbeiten des Balles brauchten, zum Anlaufen nutzen konnten, ohne durch das Herauslaufen aus der Formation einen Kompaktheitsverlust befürchten zu müssen. Zum anderen konnten sie die durch das Anlaufen entstandene Dynamik dazu nutzen, um weit zum Flügel nachzuschieben und das Mainzer Aufbauspiel so konsequent dorthin zu treiben.
Okazaki auf Mainzer Seite hingegen lief Jedvaj und Toprak in der Regel schon an, wenn diese den Ball noch am Fuß hatten, während Malli leicht hängend den Sechserraum sicherte. So entstand eine Dynamik im Pressing, die Bayer vornehmlich auf deren rechte Seite lenkte. Weil Leverkusen allerdings schnell Vertikalbälle in die vorderen beiden Drittel spielte, entwickelte diese Pressingvariante wenig Zugriff.

Leverkusener Rechtsfokus

Insgesamt entwickelte sich so ein Spiel, das die Leverkusener klar dominierten und in dem es der Mannschaft nach den ersten Minuten auch gelang, durchschlagskräftiger zu werden. Einer der Gründe dafür war die verstärkte Fokussierung auf die eigene rechte Seite.

Sonny, tiefer! Tiefer! – Roger Schmidt in der zehnten Minute

Diese verstärkte Nutzung des rechten Flügels ging vor allem mit der Anpassung von Sons Rolle durch Roger Schmidt einher, der den Südkoreaner dazu anwies, etwas hängender zu spielen und weiter vom Flügel zur Mitte einzurücken, um in der Endphase der Angriffe in die vorderste Linie schieben zu können. Dadurch entstand zum einen eine erhöhte personelle Präsenz im Sturmzentrum. Zum anderen ergab sich für Calhanoglu aber beispielsweise auch die Möglichkeit, ohne negative Konsequenzen bei der Überladung der rechten Seite mitzuhelfen. Als Verlagerungsoption auf der linken Seite diente der aufrückende Wendell.

Anpassungen der Mainzer Aufbaumuster nach dem Gegentreffer

Veränderte Aufbaustaffelung der Mainzer: Geis steht zu Beginn der Situation zwischen Kießling und Calhanoglu, um beide dazu zu zwingen, enger aneinander zu agieren. Geis lässt sich in den entstehenden Raum neben den beiden Stürmern fallen und Malli versucht die Schnittstelle zwischen Bender und Bellarabi für einen Vertikalpass in den Zwischenlinienraum zu besetzen, während Park die Breite gibt. Schnittstelle? Ach ja: Bayer verteidigt ziemlich gut.

Veränderte Aufbaustaffelung der Mainzer: Geis steht zu Beginn der Situation zwischen Kießling und Calhanoglu, um beide dazu zu zwingen, enger aneinander zu agieren. Baumgartlinger lässt sich in den entstehenden Raum neben den beiden Stürmern fallen und Malli versucht die Schnittstelle zwischen Bender und Bellarabi für einen Vertikalpass in den Zwischenlinienraum zu besetzen, während Park die Breite gibt. Schnittstelle? Ach ja: Bayer verteidigt ziemlich gut.

Nach 25 Minuten reagierte Martin Schmidt auf die Probleme seiner Mannschaft im Aufbau und nahm hier mehrere Anpassungen vor: Zum einen veränderte er die Staffelung und Aufgabenverteilung der beiden Sechser. Während Geis sich um die Bindung von Kießling und Calhanoglu kümmern sollte, sollte Baumgartlinger aus seiner neuen Grundposition im linken Halbraum versuchen, mit Vertikalbällen in den Zwischenlinienraum einzudringen. Hier sollte er vor allem Malli als Zielspieler finden, der vom jetzt offensiveren Außenverteidiger Park sowie Koo, der mit De Blasis zuvor die Seiten gewechselt hatte, unterstützt wurde.
Bis zur Halbzeit ergab sich so eine Phase, in der die Mainzer zumindest im Aufbauspiel verbessert auftraten, es allerdings nicht schafften, selbst zu Chancen zu kommen. Bayer konzentrierte sich während dieses Abschnittes nach der intensiven Anfangsphase verstärkt um eine erhöhte Kompaktheit im Zentrum, ohne besonders aggressiv aufzurücken.

 

Bellarabis Auswechslung zur Pause ändert Bayers Aufbauspiel

Zur Pause wechselte Roger Schmidt und brachte Simon Rolfes für Karim Bellarabi. Während sich Rolfes auf der linken Sechserposition einordnete, wechselte Castro auf den rechten Flügel. Dabei agierte Castro nicht im Stile eines klassischen Flügelspielers, sondern driftete stark zur Mitte. Von hier aus beteiligte er sich teilweise sogar aktiv am Aufbauspiel, fungierte aber zumeist als Raumblocker oder unterstütze Angriffe in der Endphase. Dem im Aufbauspiel zunächst tief agierendem Hilbert, ermöglichte er es durch seine Positionierung zudem, theoretisch immer wieder einfache Bälle hinter die gegnerische Abwehr zu spielen, was dieser allerdings nicht immer nutzte.

 

Wenige Augenblicke vor dem 0:2 durch Stefan Kießling: Castro steht eingerückt und zieht Park aus der Kette heraus. Hilbert spielt einen langen Ball in die Tiefe und Kießling kann quer hinter Diaz einlaufen.

Wenige Augenblicke vor dem 0:2 durch Stefan Kießling: Castro steht eingerückt und zieht Park aus der Kette heraus. Hilbert spielt einen langen Ball in die Tiefe und Kießling kann quer hinter Diaz einlaufen.

Mainzer Formationswechsel auf 4-3-3 und Leverkusens Pressinganpassungen

Im Anschluss an den zweiten Treffer der Leverkusener durch Kießling stellte Martin Schmidt die Grundformation der Mainzer auf eine 4-3-3-Anordnung um und brachte Soto für De Blasis. In der Folge agierte Geis auf der alleinigen Sechserposition, während Soto die rechte und Baumgartlinger die linke Achterposition besetzte. Malli rückte auf den linken Flügel, Koo besetzte das Position des zentralen Angreifers und Okazaki rückte von der rechten Seite viel ins Sturmzentrum, um dort für numerische Gleichzahl zu sorgen.
Über die erhöhte Präsenz im Zentrum versuchten die Mainzer im Anschluss an kurze Zirkulationsphasen einen der beiden Außenverteidiger freizuspielen. Diese sollten die Bälle dann entweder selbst nach vorne schleppen oder über vertikales Passspiel schnell ins letzte Drittel vordringen. Insgesamt kam Mainz über diese Strategie auch noch zu einigen kleineren Chancen nach Flügeldurchbrüchen und anschließenden Flanken, schaffte es darüber aber nicht, zu hochwertigen Torabschlüssen zu kommen.

Fazit

In einem über lange Phasen einseitigen Bundesligaspiel dominierte Bayer Leverkusen Mainz 05 die ersten 60 Minuten. Durch Martin Schmidts Umstellung auf eine 4-3-3-Formation nach dem zweiten Gegentreffer konnten die Rheinhessen zumindest die letzte halbe Stunde der Partie ausgeglichener gestalten.

klaus edelweiss 19. April 2015 um 05:56

Man muss enorm den Hut vor R.Schmidt ziehen, gerade nachdem er hier (zurecht) teils recht harsch kritisiert wurde.
Er hat es geschafft eine herausragemde Balance in das zu Saisonbeginn so scheinbar blind wirkende Pressing seiner Mannschaft zu bringen.
LEV ist für mich derzeit die formstärkste Mannschaft der BuLi. Grossen Respekt an RS.

Zu beobachten meine ich aber, dass LEV mittlerweile darauf lauert, dass viele unter – tableautisierte Mannschaften aus Angst vor Leverkusens Pressing kaum noch in konstruktive Aufbausituationen trauen, sondern schon im vornhinein fast nur auf lange Bälle bauen – darauf ist LEV mittlerweile aber auch hervorragend eingestellt.

Würde gern eine Meinung dazu hören uns bin sehr gespannt auf die nächste Saison mit LEV & RS

(ps: hätte nicht gedacht, dass ich froh sein würde, dass mein BvB gegen die Bayern und nicht gegen B04 im DFB Pokal spielen muss)

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klaus edelweiss 19. April 2015 um 05:57

`sich kaum noch

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BG 15. April 2015 um 20:22

Super Analyse RT, freut mich, dass das sv-Team weiter wächst! 🙂 Das Spiel war imo in erster Linie geprägt durch den Respekt der Mannschaften vor dem jeweils starken gegnerischen Umschaltspiel, sodass es letztlich eigentlich wenig verwunderlich war, dass beide Mannschaften kaum konstruktive Aufbauspielversuche starteten, sondern, dass es wie RT anschaulich beschrieben hat, vornehmlich eine Schlacht um zweite Bälle ging. Eigentlich schade, weil Mainz mit Geis über einen äußerst interessanten „Deeplying Playmaker“ verfügt mit guten antizipatorischen Gespür und dank seiner guten Technik über eine zumindest sehr ordentliche Pressingressistenz. Ähnlich wie bei Park, den ich vielleicht im Vergleich zum im Passspiel ziemlich unsauberen Baumgartlinger eigentlich lieber auf der „Sechs“ gesehen hätte, fand ich, dass die Mainzer da ziemlich viel spielerisches Potential verschenkt haben und sich da auf eine imo schwer zu gewinnende „Intensitätsschlacht“ mit Bayer eingelassen haben!
Ohnehin bin ich wie RM ein großer Fan von Park und würde mir, wenn er schon als LV aufläuft, wünschen, dass er, ähnlich wie Rafinha, im Spielaufbau stärker in die Halbräume einrückt, De Blasis, der ja ohnehin gerne die gegnerischen Halbräume andribbelt, könnte dafür ja Robben-like etwas breiter stehen. Sozusagen eine linke Mainzer Seite auf den Spuren von Peps Bayern! 😀

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