Leverkusens Rückzug nach der Führung bringt Schalke mehr Raum

0:1

Eines von zwei Spitzenspielen an diesem Spieltag; Schalke gegen Leverkusen ist auch ein Duell um die Qualifikation für die Champions League. Mit einem Sieg hätte Bayer bereits sechs Punkte Vorsprung auf die Schalker und sieben auf die Augsburger.

Leverkusen in einem asymmetrischen 4-3-3/4-4-2

Erstmals in dieser Saison agierten die Leverkusener mit Bellarabi, Son, Brandt und Kießling vorne. Hier war vor Spielbeginn nicht ganz klar, wie die Rollenverteilung und Aufstellung aussehen würde. Theoretisch war es möglich, dass z.B. Brandt oder Son als zweiter Stürmer agiert und der jeweils andere die Position des linken Flügelstürmers eingenommen hätte. Letztlich war aber Brandt der rechte Flügelstürmer, Bellarabi wiederum agierte – zumindest für mich – etwas überraschend als zweiter Stürmer mit Kießling.

Grundformationen

Grundformationen

Interessant war, wie sich die Spieler in dieser Ausrichtung bewegten. Nominell war es das übliche 4-4-2/4-2-4/4-2-2-2 Roger Schmidts, doch immer wieder hatten sie verschobene 4-3-3-Staffelungen gegen den Ball. Wenn Schalke den Ball zirkulieren ließ, dann ließ Leverkusen zuerst die gegnerischen Innenverteidiger offen, formierte sich dahinter aber meistens nicht mit zwei Stürmern, sondern mit drei.

Brandt fiel meistens zurück, während Son höher blieb. Bellarabi bewegte sich etwas nach rechts, wodurch die Formation wie ein 4-3-3 wirkte. Kam der Ball allerdings auf die rechte Seite der Leverkusener und Bellarabi konnte nicht ordentlich Zugriff erzeugen, schob Brandt häufig heraus. Dadurch wechselte die Formation zwischen diesem verschobenen 4-3-3 und dem üblichen 4-4-2. Allerdings hatte Wendell ein paar herausrückende Läufe mehr als Hilbert, eben weil er auf der linken Seite auch mehr Möglichkeiten dazu hatte.

Diese Spielweise gab es aber nicht durchgehend. Nach ungefähr fünfundzwanzig Minuten tauschten beispielsweise Brandt und Son die Seiten, Bellarabi rochierte zuvor auch schon immer wieder zur Seite und übernahm den rechten Flügel, damit Brandt diagonal in Richtung Mitte ziehen konnte. Danach gab es die 4-3-3-Stellungen seltener konstant zu sehen und die Flügelstürmer schienen eher situativ nach vorne zu rücken, wodurch es neben den vereinzelten 4-3-3-Stellungen vermehrt zum üblichen 4-4-2 und zu einigen sehr engen 4-2-4-Formationen.

Diese Ausrichtung war vermutlich eine Maßnahme Schmidts gegen das Aufbauspiel Schalkes mit drei Innenverteidigern und nur einfach besetzten Flügeln. Leverkusens Außenverteidiger konnten sich bei Bedarf ballnah am gegnerischen Flügelverteidiger orientieren, die drei Stürmer vorne würden die Anspielstationen für Schalkes Innenverteidiger zustellen und sie unter Druck setzen. Brandt als Unterstützung half dem Mittelfeld, im 4-2-4 wiederum fokussierte sich Leverkusen eher darauf die Anspielstationen zuzustellen und setzte die Innenverteidiger Schalkes nicht mehr ganz so früh unter Druck. Teilweise wirkte es wie ein 4-2-3-1, in welchem sich sowohl Kießling als auch der zentrale Spieler des offensiven Mittelfelds an Neustädter orientierten.

Dadurch hatten die Schalker in der Offensive Probleme, konstant ins letzte Spielfelddrittel zu kommen und sich Chancen herauszuspielen.

Schalker Angriffs- und Konterprobleme…

Eigentlich war die Ausrichtung nicht schwach. Mit Huntelaar und Sané hatten sie ein 2-versus-2 in der letzten Linie, die drei Innenverteidiger sollten geschickt Pässe auf Meyer und Höger spielen können, dazu wurden Leverkusens Außenverteidiger von Schalkes Flügelverteidigern gebunden. In der Anfangsphase gab es nach schnellen Vorstößen und Flanken ein paar passable Chancen, doch letztlich wurde mit fortschreitender Spieldauer Schalkes offensive Harmlosigkeit auffälliger.

Leverkusen überließ den Schalkern zwar vermehrt den Ball, doch trotz gutem Auffächern der Dreierkete und starken Bewegungen Neustädters und Meyers waren die Schalker nur selten am gegnerischen Strafraum wirklich gefährlich. Besonders in der Phase nach der Leverkusener Anpassung und zum Beginn der zweiten Halbzeit gab es eigentlich keine wirklichen Angriffe mehr für die Königsblauen, dazu gingen ihre Konter im Gegenpressing Bayers unter. Selbst nach erfolgreichen ersten Pässen nach Balleroberungen fehlte es ihnen am passenden an der Ballbehauptung sowie den Verbindungen, um effektiv nachschieben zu können.

… lösen sich in Halbzeit zwei

In der zweiten Halbzeit wurde es allerdings etwas besser. Leverkusen presste nicht mehr ganz so hoch und intensiv, griff mit weniger Spielern an, wodurch sie weniger Präsenz im Gegenpressing hatten. Dazu hatte Schalke die Staffelungen etwas verändert. Der aus „taktischen Gründen“ (laut Schalkes Co-Trainer bei Sky) schon in der ersten Spielhälfte für Sané eingewechselte Boateng ließ sich immer wieder zurückfallen, Huntelaar bewegte sich in der letzten Linie in die offenen Räume. Dauz spielte Meyer etwas offensiver und zockte auch bisweilen, Höger und Neustädter boten sich vermehrt vor den Verteidigern an.

Meyers Aufrücken und verbesserte Einbindung – ermöglicht durch das tiefere Pressing Leverkusens – waren womöglich sogar die wichtigsten Aspekte. Schalkes Supertalent bewegte sich nicht nur sehr gut, sondern hatte auch schlichtweg einige hervorragende Einzelaktionen. Das verstärkte Ausweichen auf die Flügel von den zentralen Spielern, Boatengs Zurückfallen und häufige 1-3 und 2-2-Staffelungen im zentralen Mittelfeld waren ursächlich dafür, wieso Leverkusen im umgestellten Pressing kaum noch effektiv Zugriff auf die letzte Linie erhielt.

Durch die tiefere Ausrichtung und das verstärkte Konterspiel hatte Leverkusen außerdem Probleme beim Offensivspiel. Die enorme Fluidität, die flexiblen Positionswechsel und die vielen schnellen Kombinationen wurden seltener, weil weder Kießling noch Calhanoglu dafür geeignet sind, um diese aus tieferen Positionen bis nach vorne durchzubringen. Son hingegen tat dies vorher ganz gut, dazu bewegte sich Bellarabi aus dem Zentrum passend.

Nach dem Seitenwechsel gab es zwar immer mal wieder gute Leverkusener Angriffe und Konter, doch die enorme Dynamik aus der ersten Halbzeit fehlte bisweilen. Schalke stellte in der Schlussphase abermals etwas um; Farfan kam für Meyer (weiß der di Matteo, wieso) und Goretzka für Neustädter. Danach gab es einige langen Diagonalbälle Nastasics von der linken Halbverteidigerposition auf die rechte Seite, Farfan, Barnetta, Höger und Boateng sich positionierten und versuchten, nach langen Bällen diese zu behaupten und über diese Seite zu attackieren.

Alles in allem veränderte sich jedoch wenig. Schalke dominierte auch in der Schlussphase den Ball, wirkte durch gelegentliches Zocken und suboptimales Umschalten in die Defensive nicht ganz stabil gegen die Leverkusener Konter, doch hatte zumindest eine gute Endverteidigung. Leverkusens Formation blieb weitestgehend passiv und auch die Einwechslung von Bender für Kießling veränderte wenig. Jedoch spielte Bayer durch diese Einwechslung in der Schlussphase in einem 4-3-3 gegen den Ball und wollte damit wohl die Mitte sichern.

Fazit

Leverkusen gewinnt knapp mit einer guten ersten Halbzeit und einer schwächeren zweiten Hälfte. Schalke tat sich schwer im Aufbauspiel und beim Bespielen der gegnerischen Hälfte, auch die Konter funktionierten nicht. Di Matteo schien die Bewegungen etwas anzupassen, ebenso wie Schmidt. Beides schien aber eher den Schalkern in die Karten zu spielen, welche in der zweiten Halbzeit besser mitspielen konnte, für den Ausgleich reichte es aber nicht mehr ganz.

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