Im Defensivstabilitätsduell setzt sich Schalkes 5-3-2 durch

1:0

Beim Rückrundenauftakt empfängt Schalke zuhause Hannover 96, wo beide Mannschaften defensiv überzeugen, trotz einzelnen Problemen im höheren Pressing.

Schalke ohne Zugriff gegen Hannovers tiefe Ballzirkulation

Einmal mehr starteten die Schalker mit einem 5-3-2 in der Arbeit gegen den Ball, welches von Hannover sehr stabil und souverän bespielt wurde; zumindest im ersten Spielfelddrittel. Die Königsblauen begannen mit Benedikt Höwedes als rechtem Halbverteidiger, Kirchhoff gab den zentralen Innenverteidiger und Neuzugang  Matija Nastasic startete als linker Halbverteidiger. Gegen den Ball spielten sie sehr häufig in einer Linie mit den Flügelverteidigern Atsuto Uchida und Christian Fuchs, wodurch sie oftmals in einem klaren 5-3-2 mit Fünferabwehr standen. Viele Mannschaften mit einer ähnlichen Formation interpretieren diese mit höheren und aggressiver herausrückenden Flügelverteidigern, wodurch Hannover die Außenverteidiger oftmals im Aufbauspiel freihatte.

Grundformationen

Grundformationen

Hiroki Sakai und Miiko Albornoz waren dadurch fast immer anspielbar und im ersten Drittel konnte Hannover den Ball nahezu problemlos von Seite zu Seite zirkulieren lassen. Unterstützt wurden sie natürlich von Manuel Schmiedebach und Maurice Hirsch in der Mitte sowie dem zentralen Dreieck in der Abwehr; Ron-Robert Zieler unterstützte die beiden Innenverteidiger nämlich sehr aktiv und stand einige Male im Spielaufbau sogar bis zu fünfzehn Meter vor der Strafraumkante.

Ein paar Mal fiel auch Lars Stindl als Zehner zurück und besetzte die Räume. Im zweiten und letzten Spielfelddrittel hatte Hannover allerdings Probleme. Wenn die Außenverteidiger höher standen, rückten entweder die Halbspieler der Mittelfeldreihe Max Meyer oder Marco Höger heraus oder die Flügelverteidiger lösten sich ballnah aus der Kette und pressten. Dadurch hatte Schalke dann in der eigenen Hälfte mehr Zugriff und ließ nur wenige Torchancen zu. Dazu war die vertikale Kompaktheit der Schalker ebenfalls ausreichend hoch und die Formation an sich zentrumsorientiert, wodurch Hannover kaum in die zentralen Räume kam.

Besonders die Sechser der Gäste kamen nicht ins Spiel. Schmiedebach und Hirsch bewegten sich eigentlich ganz passabel, doch sobald sie nicht direkt vor den Innenverteidigern standen, wurden sie von Schalkes zwei Stürmern gedeckt. Effektive Aufbauversuche über die Mitte waren deswegen selten, obgleich Schalke wiederum nur selten auf die Innenverteidiger Hannovers pressen konnte.

Im letzten Spielfelddrittel konnte Hannover allerdings auch die zurückfallenden und ausweichenden Bewegungen Joselus oder Briands Läufe in die Spitze oder durch den Zwischenlinienraum kaum einbinden. Einzig Bittencourts flexible Bewegung von links und Stindls sehr gute Positionsfindung im offensiven Zentrum und den Halbräumen wurde ein paar Mal angespielt, ging aber letztlich im Defensivverbund Schalkes unter.

Es ging die ganze Zeit von Außenverteidiger über die Innenverteidiger zum anderen Außenverteidiger, ab und zu eben mit Einbindung von Zieler, der einzelne dynamikerhöhende Pässe direkt auf die Außenverteidiger einbaute, woraufhin einzelne Durchbruchsversuche auf dem Flügel oder durch die Mitte folgten, wenn sich in der Zirkulation Räume ergaben. Diese scheiterten aber meistens an der Kompaktheit Schalkes, die Angriffe konnten deswegen nur unsauber durchgebracht werden.

Den Hausherren erging es gegen Hannovers interessante Defensive aber nicht viel anders.

4-4-1-1, 4-2-3-1 oder 4-2-1-3?

Die Defensivformation Hannovers ist schwierig akkurat zu beschreiben. Das liegt daran, dass sie in unterschiedlichen Phasen in der Pressingarbeit in unterschiedlichen Staffelungen formiert waren. Im tiefen Mittelfeldpressing war es beispielsweise ein 4-4-1-1 als Variante des 4-5-1; das heißt, dass die Flügelstürmer weitestgehend auf einer Linie mit den Sechsern standen, Stindl auf der Zehn etwas höher stand, aber insgesamt ebenfalls das Mittelfeld unterstützte und sich weit zurückfallen ließ, wenn es benötigt wurde.

In noch tieferen Regionen, nahe am eigenen Strafraum zum Beispiel, wurde teilweise sogar ein 5-4-1/5-3-1-1 daraus, weil der ballnahe Flügelstürmer den aufrückenden Flügelverteidiger Schalkes verfolgte und sich kurzzeitig neben die Viererkette eingliederte. Wenn Hannover aber höher presste, was sehr oft vorkam, waren es 4-2-3-1- und 4-2-1-3-Staffelungen.

Die Flügelstürmer schoben dann nach vorne, Stindl aber blieb häufig eng vor dem zentralen Mittelfeld und dadurch veränderte sich die Formation. Wieso wurde das so praktiziert? Durch das Vorschieben von Bittencourt und Briand konnte man die Halbverteidiger Schalkes besser pressen und sofort zustellen. Stindl wiederum orientierte sich häufig an Neustädter, während Schmiedebach und Hirsch sich meistens um Meyer und Höger kümmerten.

Sämtliche Anspielstationen der Schalker wurden dadurch versperrt. Teilweise waren die Flügelverteidiger bei Schalke offen, doch die Außenverteidiger Hannovers rückten meistens schnell genug auf sie heraus und die passable horizontale Kompaktheit bei gutem ballorientierten Verschieben sicherte das relativ gut ab. Allerdings waren einzelne Durchbrüche hinter die Abwehr bei Hannover sofort gefährlich, weil sie durch dieses hohe 4-2-1-3/4-2-3-1 einerseits Räume öffneten und andererseits zentral häufig in Gleichzahl agierten und dies bei Pässen hinter die Abwehr potenziell gefährlich war.

Schalke konnte diese Angriffe aber nur selten durchbringen. Meyer spielte auf der linken Acht etwas offensiver als sein Gegenüber, agierte quasi als verkappter Zehner und linksausweichend. Choupo-Moting spielte nicht wie üblich eher rechts, sondern pendelte zu Beginn immer wieder nach links und übernahm auch gegen den Ball die Position des linken Mittelstürmers (später wechselte er wieder auf die Position des rechten Mittelstürmers). Situativ fiel er sogar zurück, um Anbindung zu geben, die Weiträumigkeit und Einbindung der Bewegungen dieser beiden war allerdings nicht ausreichend strukturiert, um Hannover vor größere Probleme zu stellen.

Schalke benötigte eine sehr lange Zeit für den ersten Schuss, war insgesamt eher unterlegen (trotz sehr hoher defensiver Stabilität) und es war ein Abschluss nach einem Standard, der zur Führung führte. Danach passte die Ausrichtung aber sehr gut zum Spielstand.

Schalke spielt die Führung herunter

Obwohl Hannover keineswegs schwach spielte, eine sehr gute Phase nach der Halbzeit hatte und den Ballbesitz dominierte, konnte Schalke die Führung souverän und verdient über die Zeit bringen. Ihr 5-3-2 war sehr stabil, sie waren insgesamt positionsorientiert, rückten aber intelligent und stabil heraus, wodurch sie wenig Raum aufgaben.

Mit dem 1:0 im Rücken konnten sie sich das auch erlauben, agierten konservativer und fokussierten sich verstärkt auf das Konterspiel. Damit erspielten sie sich auch einige weitere Torchancen. Hannover versuchte zwar gegen Spielende mit einem abkippenden Sechser, aggressiverem Aufrücken der Außenverteidiger und Hiroshi Kiyotake als offensiverem Spieler für Hirsch im zentralen Mittelfeld mehr Druck zu machen, Schalke blieb aber stabil.

Ein Beispiel dafür: Ungefähr zehn Minuten vor Spielende gab es einen Angriff Schalkes, wo der Ball verloren wurde und Hannover konterte – Schalke hatte allerdings nach wie vor sechs bis sieben Spieler hinten (die gesamte Fünferkette und zwei zentrale Spieler davor). Desweiteren kam mit Boateng für Choupo-Moting ein Spieler ins Team, der sich häufiger zurückfallen ließ und Barnetta ersetzte Höger auf der Acht.

In den letzten Minuten war es ein 5-3-1, weil Huntelaar die rote Karte erhielt und Schalke das Spiel zu zehnt beenden musste, was sie erfolgreich taten.

Fazit

Hannover spielte gut, doch die kompakte und stabile Formation Schalkes zerstörte letztlich ihre vielversprechenden Aufbaubewegungen spätestens im zweiten und letzten Spielfelddrittel. Das 5-3-2 funktionierte defensiv sehr gut und war offensiv ausreichend präsent, um dieses Spiel zu gewinnen. Bei Hannover war die Defensive allerdings ebenfalls löblich und es war insgesamt zwar ein unspektakuläres Spiel, allerdings keineswegs auf niedrigem Niveau.

Kny 1. Februar 2015 um 15:31

Es ist bezeichnend, dass einem zum Spiel von Schalke bereits seit Monaten (wenn nicht Jahren) kein größeres Lob über die Lippen kommt, als eben: „stabil“. Es ist zwar erfolgreich, weil Schalke dadurch nicht viel zulässt und vorne irgendwie immer einen reinmurmelt. Der ganz große Wurf wird so allerdings nie gelingen. Für eine längere Siegesserie oder einen richtig guten Lauf ganz unabhängig vom Killerinstinkt eines Stürmers gilt dann doch das Credo von Jürgen Klopp: wer sich mehr Chancen erspielt, hat die Wahrscheinlichkeit auf seiner Seite, auch mehr Tore zu schießen. Oder: das Glück des Tüchtigen. Vielleicht bringt ja die Rückkehr von Leon Goretzka mittel- bis langfristig Besserung. Solange Neustädter auf dem Platz steht und jeden gewonnenen Ball nach hinten spielt und damit jede Schalker Konterchance zunichte macht, folgt aus der Schalker Stabilität mit all den wertlosen Ballgewinnen mit anschließendem weitem Schlag des Torwarts Ballbesitz für den Gegner. Dabei kann man nicht mehr tun, als die Daumen zu drücken, dass Schalke sein Duseltor irgendwie über die Zeit mogelt. Irgendwie habe ich satt, dafür stundenlang durch Deutschland zu fahren. Aber nächstes Mal bin ich natürlich wieder dabei.

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ES 1. Februar 2015 um 21:45

Finde ich in der Pauschalität etwas ungerecht. Und der Zeitpunkt, ausgerechnet jetzt Jürgen Klopp in Hinblick auf Ratschläge, wie man es besser machen soll, heranzuziehen, ungeschickt gewählt. Ich finde das Spiel der Schalker insgesamt, wie auch im Podcast von Spielverlagerung referiert, deutlich angenehmer als noch unter Keller. Insofern kann ich die beobachtete Kontinuität nicht nachvollziehen.

Das Tor fiel schon in einer Phase, als der Druck der Schalker deutlich zunahm. Insofern war das nicht nur ein Produkt defensiver Stabilität. Die Konter waren nicht sauber zu Ende gespielt, lag wohl kaum an Neustädter. Im übrigen glaube ich, dass wenn Hannover nicht den Höger aus dem Spiel gefoult hätte, noch das 2:0 gefallen wäre.

Ja, das mag noch nicht der ganz große Wurf sein. Aber im Vergleich zu den Anlaufphasen, die Klopp und Hecking jeweils gebraucht haben (2 Jahre), bevor richtig guter Fußball kam, ist RDM schwer im Soll.

Nicht zu vergessen, dass Nastasic deutlich Findungsschwierigkeiten hatte. Auch ein Grund (neben der Quasi-Manndeckung von Neustädter), weshalb sich die Schalker mit dem Spielaufbau noch etwas schwer taten. Vergessen wir mal das Bayern-Spiel, ist für mich irrelevant. Mal schauen, wie es gegen Gladbach weitgeht.

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mk 31. Januar 2015 um 20:33

War eigentlich gar kein sooo gutes Beispiel für die Entwicklung von 96 im Ballbesitz, zumindest in der ersten Halbzeit nicht unbedingt. Aber schöne Analyse… Schalke fand ich ein bisschen enttäuschend. Hätte da mehr Entwicklung über die Winterpause erwartet, andererseits ist es natürlich auch schwer, wenn Neustädter durch Stindl rausgenommen wird und man ohnehin viele Verletzte hat. Die IV-überspielenden Pässe werden irgendwie so langsam zu Zielers Markenzeichen, das macht er schon seit einiger Zeit. Dachte erst, das wäre um bewusst Marcelo zu überspielen, aber mittlerweile macht er es auch links. Gefällt mir ganz gut.

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96er 31. Januar 2015 um 17:59

Danke für die schnelle Analyse!

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