Arsenal schlägt hochverdient Arsenal

1:2

Manchester United hat angeblich den teuersten Kader der Premier-League-Geschichte, aufstellen konnte Trainer Louis van Gaal beim Samstagabend-Topspiel allerdings nur eine Dreierkette bestehend aus Chris Smalling, Tyler Blackett und Paddy McNair. Stabilität und Gefährlichkeit sucht man bei den Red Devils vergeblich. Für einen Sieg gegen Arsène Wegners Arsenal reichte es trotzdem.

Van Gaal griff im Auswärtsspiel bei den Londonern wieder auf eine Dreierabwehrreihe beziehungsweise eine pendelnde Viererkette zurück. Als Wingbacks fungierten auf den Außenbahnen Antonio Valencia und Luke Shaw. Die Zentrale im 3-4-3 bildeten Michael Carrick sowie Marouane Fellaini, während sich die Offensivreihe aus Wayne Rooney, Ángel Di María und Robin van Persie zusammensetzte. Innerhalb der Partie sollten sich diverse Positionsverschiebungen ergeben.

2014-11-22_Arsenal-ManUnited_Grundformation

Grundformation zu Spielbeginn

Die Hausherren überraschten derweil keineswegs mit ihrer Grundformation. Wenger schickte seine Mannschaft in einem 4-3-3 auf den Rasen des Emirates Stadiums. Nacho Monreal muss weiter an der Seite von Per Mertesacker im Abwehrzentrum aushelfen. Auf die Sechserposition kehrte Mikel Arteta zurück, meist flankiert von Aaron Ramsey, während Jack Wilshere tendenziell etwas höher schob, was die ganze Formation auch zu einem 4-2-3-1 machen konnte. Der in Manchester gebürtige Angreifer Danny Welbeck hatte an seiner Seite Alex Oxlade-Chamberlain sowie Alexis Sánchez.

Früher Sturmlauf der Gunners

Die drei letztgenannten sollten zu Beginn die erste intensive Pressingwelle bilden, was sich in der Form darstellte, dass die drei Abwehrakteure von United ständig mannorientiert angelaufen wurden. Welbeck und Sánchez wechselten hin und wieder die Positionen, aber ansonsten war die Aufteilung ganz klar: Oxlade-Chamberlain gegen Blackett, Welbeck gegen Smalling und Sánchez gegen McNair. Vor allem Letzterer sollte über die gesamte Spielzeit hinweg seine Probleme mit dem Chilenen haben. In der Anfangsphase erzwangen die Gunners unterdessen einige Rückpässe zu David de Gea. Der spanische Schlussmann war aufgrund der kurzen Distanz zur Abwehrreihe und dem folglich konsequenten Durchlaufen eines Arsenal-Akteurs meist zu einem langen, unpräzisen Schlag gezwungen.

„In the first 25 minutes, we gave the ball away too easily but, after that, you could see us coming back into it.“ (Van Gaal)

Arsenal verstand es zudem sehr gut, über diagonale Läufe in die Zwischenlinienhalbräume für Druck auf das jeweils äußere Pärchen der Gäste zu sorgen. Vor allem Ramsey wich oft nach rechts. Teilweise wurde die Überladung sogar noch durch Wilshere verstärkt, wodurch man sehr passabel mangelnde Lokalkompaktheit der Red Devils aufdecken und über kleinteilige Kombinationen für diagonal geartete Durchbrüche sorgen konnte. Eine andere Variante ergab sich mit zunehmender Spielzeit. Die beiden Flügelstürmer warteten dabei an der Abseitsgrenze und lösten sich mit Horizontalläufen aus der Deckung. Da Uniteds Halbverteidiger in der Entscheidungsfindung zögerten und nicht wirklich wussten, wann sie an Smalling übergeben oder wann sie direkt den Lauf verfolgen sollten, konnten Arsenals Akteure die Schnittstellen in der Dreierkette für Tiefensprints nutzen.

Zudem kontrollierten die Londoner zunächst auch immer wieder den Zehnerraum, da Uniteds Abstimmung zwischen der Abwehrzentrale sowie den beiden Sechsern überhaupt nicht passte. Gegen den Ball, wobei sich bei der Flügelverteidigung eine pendelnde Viererkette, bei zentralerer Abwehrspieler aber sogar eine klare Fünferkette ergab, wichen die Verteidiger in der Mitte immer wieder passiv zurück und öffneten so infolge eines nicht gleichmäßigen kollektiven Verschiebens den Raum vor sich, in den dann Welbeck, Wilshere und Co. eindringen konnten. Das Resultat waren einige Abschlüsse aus diesen Zonen heraus. Da zudem der komplette Aufbau in Form von Kurzpässen ein einziges Zitterspiel für Manchester war, gerieten die Gäste enorm unter Druck. Aus dem ersten Drittel heraus suchten sie eigentlich nur die beiden Sechser. Da Arsenal aber sehr frontal anlief und auch hin und wieder gute nachschiebende Läufe auf die gegnerischen Sechser zeigte, wirkte der Spielaufbau von Van Gaals Mannschaft recht ausrechenbar.

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Schüsse von Arsenal in der ersten Halbzeit – Quelle: Squawka

Nach einer Viertelstunde musste Van Gaal zudem eine weitere Schwächung hinnehmen. Shaw konnte die Partie nicht fortsetzen. Für ihn kam positionsgetreu Ashley Young, obwohl sich aus diesem Wechsel nach und nach formative Veränderungen ergaben. Denn der 29-Jährige agierte auf der linken Außenbahn weiträumiger und offensiver als Pendant Valencia. Di María ging dann konstant auf die rechte Seite, während Rooney zumeist ins Zentrum driftete. Somit wurde die Formation 4-2-3-1-iger.

Statistiken nach einer halben Stunde: 55:45% Ballbesitz, 83:68% Passquote, 8:1 Schüsse, 4:0 Schüsse aufs Tor

Unterschiedliche Pressingansätze

Arsenal stand auch vermehrt im 4-2-3-1, während United wiederum in diesen Situationen gegen die tiefere Ballzirkulation in einer Art 3-3-4 stand. Denn zumeist schob Carrick über den linken Halbraum nach vorn und platzierte sich zwischen Di María und Rooney. Diese offensive Viererreihe stand dann vor Arteta und Ramsey. Die Innenverteidiger waren sowieso sehr tief positioniert. Doch dadurch konnte United gleichzeitig die nach vorn stoßenden Außenverteidiger bewachen und außerdem die Passwege für die zurückfallenden Mittelfeldspieler versperren.

Damit wurden die Unterschiede im Pressing deutlich. Während Arsenal unter intensivem Pressing vor allem eine mannorientierte aggressive Zweikampfführung verstand, wollte United hauptsächlich die vertikalen Passkanäle zustellen und so wenig wie möglich auf die eigene Abwehrreihe zukommen lassen, was aber phasenweise nur unzureichend funktionierte. Aber auch der Ansatz der Red Devils beinhaltete einige mannorientierte Elemente. So war Carricks Aufrücken in der Regel mit einem Verfolgen von Ramseys Abkippbewegungen verbunden, wenngleich sich Manchesters Routinier dann in die vorderste Linie seiner Kollegen einreihte.

Zweite Halbzeit: Red Devils eiskalt

Nachdem die Hausherren das Spiel nach rund einer halben Stunde etwas aus der Hand gaben, starteten sie in den zweiten Durchgang, wie sie es schon zu Anfang der Partie taten. Vor allem der junge McNair wurde Opfer des aggressiven, direkten Anlaufens sowie der nachschiebenden Bewegungen. In der eigenen Hälfte hatte er insgesamt acht Fehlpässe. Seine Zuspiele von halbrechts in den Sechserraum waren immer wieder Zitterpartien und landeten mehrmals in der „Pressingfalle“ von Arsenal. Zudem ließ sich der 19-Jährige mehrmals auf seiner Seite überlaufen.

Arsenal im Spielaufbau um die 70. Minute

Arsenal im Spielaufbau um die 70. Minute

Doch zwischen der 55.und 58. Minute sollte sich das Blatt zunächst zugunsten der Gäste wenden. Erst musste Santi Cazorla den verletzten Wilshere ersetzen. Gleich im Anschluss traf United nach einer Flanke von Young. Bei der Abwehr der Hereingabe prallten Wojciech Szczęsny und Kieran Gibbs zusammen. Den anschließenden Valencia-Schuss fälschte Gibbs zudem noch ins eigene Tor ab. Somit hatte Van Gaals Mannschaft noch keinen Abschluss auf das Tor gebracht, führte aber plötzlich mit 1:0. Zu allem Überfluss musste Szczęsny auch noch ausgewechselt werden. Da auch David Ospina aktuell fehlt, bekam Emiliano Martínez seine Chance.

„Defensively, we were a bit naive.“ (Wenger)

Manchester nutzte den Treffer, um in eine klare 3-1-Blockadestaffelung gegen Arsenals Aufbau überzugehen. Van Persie agierte nun auf der rechten Seite. Rooney war der vorderste Läufer. Auf längere Zirkulationen reagierten die Gäste mit einem tiefen Mittelfeldpressing im 5-4-1, wobei der Halbverteidiger im ballnahen Halbraum häufiger leicht nach vorn schob. Alternativ besetzte Blackett auch mehrfach die zweite Sechserposition neben Fellaini, weil Carrick halblinks aufrückte. Da Welbeck sich zudem sowieso verstärkt zwischen Smalling und McNair orientierte, war Blackett recht frei und ungebunden in diesen Bewegungen.

Arsenal stellte sich derweil im Aufbau nicht unbedingt clever an. Ramsey und Arteta standen nah vor der Innenverteidigung und zirkulierten breit im Sechserraum. Cazorla wich etwas nach links aus, lief aber des Öfteren in die Deckungsschatten der Red Devils. Wenger brachte mit Giroud seine letzte Waffe. Ramsey musste weichen, Welbeck ging auf die rechte Seite. Ein klares 4-1-4-1 war zum Schluss zu erkennen. Das Anrennen der Gunners versandete jedoch in aller Regel. Ein Abspielfehler von Sánchez leitete sogar den zweiten Treffer der Gäste ein. Fellaini spielte den Ball auf die rechte Seite zum freien Di María, welcher wiederum Rooney auf die Reise schickte. Fletcher ersetzte danach noch Young, wodurch Carrick in den letzten Minuten der Partie als Zentralverteidiger agierte und Blackett dafür Youngs Position übernahm. Der Anschlusstreffer für Arsenal durch einen Giroud-Gewaltschuss in der fünften Minute der Nachspielzeit kam zu spät.

Statistiken zum Schluss: 61:39% Ballbesitz, 84:72% Passquote, 23:12 Schüsse, 9:2 Schüsse aufs Tor

Fazit

Die Luft wird für Wenger immer dünner. Durch die Niederlage gegen Manchester United steht man lediglich auf dem achten Platz in der Premier League. Noch viel schlimmer ist der Punkteabstand zum Stadtrivalen Chelsea nach zwölf Spieltagen, der bereits 15 Zähler beträgt. Über weite Strecken dominierten die Gunners diese Partie, mit ihren nicht unbedingt ausgefeilten, aber intensiven Pressingansatz setzten sie der Abwehr von United zu. Es schien so, als ob Wenger die Ausrichtung von Van Gaal gut antizipierte. Doch am Ende bleiben das Resultat und die Erkenntnis, dass man einige Chancen in der Druckphase nicht nutzte und gegen eine wackelige Abwehr nicht noch mehr Durchschlagskraft entwickelte. Der hohe läuferische Aufwand zahlte sich so nicht aus.

Auf der anderen Seite die Red Devils: Sie zeigten eigentlich eine schwache Vorstellung, waren einmal mehr äußerst instabil in der Abwehr und vor allem in der ersten Halbzeit auch keineswegs kompakt. Die Angriffe verfolgten zudem immer wieder das gleiche Muster. Entweder man spielte den Ball zu Di María auf den Flügel, der sich dann mit isolierten Dribblings durchsetzen sollte, oder Rooney erhielt irgendwo in der gegnerischen Hälfte das Spielgerät, wo er aber nur wenige, meist nur zwei potenzielle Anspieloptionen hatte. Dass Van Persie in der ersten Halbzeit lediglich zwei erfolgreiche Pässe verzeichnen konnte, sagt genug über die Einbindung von Van Gaals Landsmann. Man versuchte nur ganz selten die häufige Anfälligkeit der Räume um den Sechser Arsenals auszutesten, wobei die Gunners insgesamt etwas stabiler wirkten. Schlussendlich nutzte der neue Tabellenvierte einen Fehler in der gegnerischen Abwehr, wobei sich hierbei Arsenal den Ball quasi selbst ins Tor schoss.

Partizan 24. November 2014 um 22:03

Danke für die Analyse, hatte gehofft ihr schreibt was zum “ Top Spiel “ des Wochenendes aus der PL.

Im großen und ganzem mal wieder eine typisches Arsenal Spiel / bzw. Niederlage.
Das halbherzige Pressing scheint eines der Markenzeichen der letzten Jahre der Gunners zu werden, genauso wie die Chancenverwertung.
Halte wirklich viel von Wenger, aber lamgsam sollte er sich schon fragen, warum man in den letzten drei Jahren, kein Spiel mehr gegen City/Chelsea/United in der Liga gewonnen hat.
Die Zusammenstellung des Kader lässt auch die ein oder andere Frage aufkommen, dazu scheint Wenger mit Spielern wie Podolski/Rosicky/Campbell/Carzola nicht mehr zu planen.

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spielverderber 24. November 2014 um 11:42

Wenn man sich aktuell Arsenal anschaut bleibt einem nur noch die Hoffnung auf ein Dennis Bergkamp Türchen im jährlichen Adventskalender.

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Isco 23. November 2014 um 12:00

Haha, Chapeau für diesen Titel, trifft den Nagel auf den Kopf 🙂
Eines verstehe ich nur nicht: „Di María wechselte dann auf die rechte Seite, während Rooney zumeist ins Zentrum driftete.“
Ist damit einfach gemeint, dass er sich klarer auf dem Flügel positioniert hat, weil sich Rooney hängend hinter RVP platziert hat? Hier klingt es so, als wäre er vorher im Zentrum/links gewesen, was ja laut „Grundformation“ nicht der Fall war.

Zu United: Ich weiß das geht jetzt in Richtung der ungeliebten Neville’schen Anschauung, aber ist die IV der Red Devils nicht einfach wirklich ZU schwach besetzt? Rojo ist jetzt als Halbverteidiger nicht so schlecht, aber der Rest ist weder bei der Spielöffnung noch im Defensiv- und Zweikampfverhalten irgendwie herausragend. Hat LVG hier einfach bei der Kaderzusammenstellung einen Fehler gemacht? Wieso hat man sich nicht zumindest um Garay bemüht, der wenigstens in den „klassischen“ IV Fähigkeiten mehr als solide ist?

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CE 23. November 2014 um 12:09

Ja, vielleicht leicht missverständlich. ADM ging dann konstant auf die rechte Seite und war nicht mehr zentral oder sogar auf dem anderen Flügel zu finden. Die Grafiken können insbesondere bei einigen Positionsanpassungen und -wechseln leider sowieso nur einen Bruchteil einfangen.

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Peda 24. November 2014 um 12:49

Wenn wir schon Flöhe suchen: letzte Grafik, Shaw war in der 70. Minute schon lange nicht mehr auf dem Platz.

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Wolf 24. November 2014 um 13:01

Noch ein Floh, über den ich doch kichern musste: „…, um in eine klare 3-1-Blockadestaffelung gegen Arsenals Aufbau überzugehen.“ Hat ManU da wirklich 6 Spieler vom Platz genommen? Gewagt.

Sorry.

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CE 24. November 2014 um 13:03

Was soll die Frage? Damit ist natürlich der erste Block gemeint. Es geht um die Blockade des Aufbaus. Was sonst?

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Wolf 24. November 2014 um 15:41

OK, wenn das so gemeint ist, entschuldige ich mich natürlich. Habe ich aber wirklich nicht so gelesen, denn sonst werden Formationen ja eigentlich meistens komplett „ausgeschrieben“, jedenfalls in diesem Artikel. Aber wie gesagt, sorry!

CE 24. November 2014 um 15:49

Ist doch kein Problem. 😉

CE 24. November 2014 um 13:26

Besten Dank für den Hinweis mit Shaw und Young.

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