Kurz ausgeführt: Finale im Türkiye Kupası

In einem mittelmäßigen Pokalfinale konnte sich Galatasaray dank eines Treffers von Wesley Sneijder mit 1:0 durchsetzen. Eskişehirspor war vom Ansatz her bemüht, aber in den konkreten Mitteln beschränkt.

Grundausrichtung

Roberto Mancini muss weiterhin auf Didier Drogba verzichten, konnte dafür Stammtorhüter Fernando Muslera wieder in die Startelf aufnehmen. Galatasaray bestritt die Partie in einer Mischung aus 4-3-3 und 4-2-3-1. Diese leichte Ambivalenz lag vor allem an der Rolle von Selçuk İnan, der zwischen der Rolle als dritter Sechser und aufrückender Zehner pendelte. Sneijder kam mehrheitlich über links, während der eher defensivstarke Sabri Sarıoğlu die rechte Position im Mittelfeld bekleidete und von Semih Kaya abgesichert wurde.

Grundformation

Grundformation

Mancinis Gegenüber, Ertuğrul Sağlam, konnte in seinem Startaufgebot auf Cristóbal Jorquera zurückgreifen, der in der ersten Halbzeit neben beziehungsweise leicht vertikal versetzt hinter Diomansy Kamara agierte. Ein eher klarer ausgerichteter Neuner wie Necati Ateş blieb hingegen vorerst auf der Bank. Sağlam formierte sein Team im 4-4-2/4-4-1-1.

Spielverlauf

Auffällig waren bei Eskişehirspor die Fallbewegungen Kamaras, der häufiger vertikal abkippte, damit natürlich gewisse Überladungen oder sicherere Zirkulationen forcierte, aber die schon spärliche Durchschlagskraft noch weiter minimierte. Es verwunderte in diesem Zusammenhang nicht, dass Sağlam zur Halbzeit Ateş als zentralen Angreifer brachte und Kamara dann auf die rechte Seite ging. Der Zehnerraum wurde nach dem Kabinengang eher dynamischer von den Außenbahnen angesteuert.

Die linke Seite entwickelte bereits in der ersten Halbzeit recht viel Druck. Erkan Zengin konnte mehrmals den Ball unbedrängt annehmen, während Tarık Çamdal aufrückte und ihn in verschiedenster Weise unterstützte. Kaya und Sarıoğlu verteidigten dementsprechend etwas passiv und ließen Zengin des Öfteren die Seite entlang laufen. Aus der tieferen Verteidigungsposition heraus wurde aber auch das Offensivverhalten der linken Seite Eskişehirspors nicht effektiv geleitet. Zengin konnte sogar hin und wieder diagonal in die Mitte ziehen. Halbdistanzschüsse brachten aber keinen Ertrag.

Bei der Mannschaft aus Istanbul war im Offensivspiel von Beginn an eine klare Tendenz zu erkennen. Auf den rechten Flügel wurde mehr überladen, während links vor allem der schnelle Alex Telles die direkten Duelle suchte. Sneijder rückte immer wieder ins Zentrum ein und bediente diesbezüglich das spielmachende Element. Raheem Lawal orientierte sich zunehmend am Niederländer und verfolgte ihn. Selçuk İnan zog seinerseits auf die rechte Außenbahn heraus und versuchte über kürzere Kombinationen mit Sarıoğlu hinter die gegnerische Viererkette zu gelangen.

Augenscheinlich wurden hingegen mehrere Dinge: Zum einen war das Spiel insgesamt ohne Fluss. Viele Mittelfeldduelle, lose Bälle, unklare Zweikämpfe und Weiterleitungen ermöglichten mit zunehmender Spielzeit keine Dominanzentwicklung einer Seite. Selbstverständlich war Galatasaray aufgrund der höheren Qualität an Einzelspielern stets die etwas gefährlichere Mannschaft. Aber den Männern vom Bosporus ging ein intelligenter Spielaufbau ab, häufig schlugen Aurélien Chedjou oder Felipe Melo den Ball nach vorn oder spielten mit einem Vertikalpass direkt in die Spitze. Dort rieb sich allerdings Burak Yılmaz mehr oder weniger alleine auf. Der türkische Nationalspieler wich entweder von seiner Grundposition ab, nahm den Ball tiefer oder auf dem Flügel auf, wodurch das offensive Zentrum komplett verwaiste, oder aber er wurde mit Steilpässen in Sprintduelle geschickt. Hinzu kam, dass Yılmaz des Öfteren abgedrängt wurde, ausrutschte oder gestikulierend auf dem Rasen lag.

In der Halbzeitpause nahm Sağlam die bereits angesprochene Änderung im Angriff vor. Der blasse Linksaußen Özgür Çek musste für Ateş das Feld räumen. In den ersten Minuten der zweiten Halbzeit wirkte Eskişehirspor auch klarer in den Offensivbemühungen. Es waren kleinere Durchbrüche zu erkennen. Zuweilen kamen sie hinter die gegnerischen Sechser in gefährliche Zwischenlinienzonen. Die Bespielung des Zehnerraums, alternativ zum ersten Durchgang, machte sich bemerkbar. Das temporär entstehende Drei-Mann-Band von Galatasaray vor der eigenen Abwehr strahlte keine größere Kompaktheit aus. Halbchancen ergaben sich für das Team aus Eskişehir.

Doch die Begegnung verflachte wieder. Das Tempo wurde niedriger, die Kreativität noch geringer. Selbst bei einer Balleroberung in einer höheren Zone seitens Galatasarays wurde im Anschluss postwendend Yılmaz mit einem Vertikalpass oder einem längeren, mittelhohen Zuspiel geschickt. Es wurde nach einer Stunde deutlich, dass der erste Treffer bereits der entscheidende sein könnte. Und Sneijder besorgte dieses Tor. Resultierend aus einer missglückten Klärung im Strafraum wurde das Spielgerät am Sechzehner von Eskişehirspor abgefangen. Per Weiterleitung landete schlussendlich die Kugel bei Sneijder, der einschob.

Im Anschluss agierte Galatasaray zunehmend in einem 4-4-2, wobei der Niederländer an die Seite von Yılmaz beordert wurde. In der Schlussphase kam Hamit Altıntop für Yekta Kurtuluş auf den Platz und verteidigte die rechte Außenbahn, während Sarıoğlu nach links wechselte. Ohne größere Gefahr konnte das Team von Roberto Mancini die Führung über die Zeit bringen. Es war gewiss keine Glanzvorstellung und womöglich sogar ein Spiegelbild der eher durchwachsenen Saison von Galatasaray. Aber die Silberware wandert in den Pokalschrank der Löwen.

Tobias 9. Mai 2014 um 14:35

Wird es eigentlich ein sonderheft von euch zur wm geben. Ich würde mich freuen.

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Nanis S. 8. Mai 2014 um 11:48

Möchte mich auch mal dafür Bedanken, dass ihr Euch die Mühe macht einen Artikel über ein Spiel aus der Türkei zu verfassen, auch wenn die Liga taktisch & fussballerisch nicht auf allerhöchstem Niveau sind. Kann mir vorstellen, dass das Verfolgen des Spiels nicht unbedingt ein Highlight war. 🙂

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Dr. Acula 8. Mai 2014 um 10:20

Bedanke für mich diesen Artikel, als Türke schaue ich des öfteren Süper Lig und den Pokal..
Hab eine Frage, die mir seit länger Zeit auf der Seele liegt: ihr Autoren von SV beweist ja insbesondere in Spieler-Portraits und -Bewertungen, dass ihr sehr genau um die optimale Positionierung wisst, die ein Spieler haben sollte. Da stellt sich mir die Frage, ob ihr beim Kicken eigtl nicht die besten Fusballer sein müsstet, oder zumindest viel wett machen müsstet, da ihr genau wisst, was optimal wäre.

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RM 9. Mai 2014 um 10:52

Geht. Ich kann schon wissen, dass ich in Situation A dort und in Situation B drüben stehen müsste. Wenn ich aber keine Ausdauer habe, um jeweils die Wege zu machen, dort zu stehen, bringt mir das auch nichts. Das macht dann schon viel aus. Helfen tut es aber durchaus; im Strafraum bin ich z.B. recht gut in der Positionsfindung im Anbieten und im Abschluss, auch im Öffnen von Räumen im letzten und zweiten Drittel.

In der letzten Partie bei uns (unterstes Amateurniveau, circa Kreisklasse A von der Stärke her) hatten wir das Vergnügen gegen eine Viererkette zu spielen. Wir stellten auf ein 3-4-3/3-4-2-1 um, wo ich als Mittelstürmer einerseits die Tiefe gab für einen sehr weit einrückenden RA, der dann extrem viel Platz im Zehnerraum hatte. Außerdem tauschten wir paar Mal die Positionen, ich überlud auch öfters die Flügel oder machte Horizontalsprints, um für Diagonalbälle Löcher zu reißen. Funktionierte ganz gut, 8:0-Auswärtssieg. So einfach ist es aber natürlich nicht immer, die Woche davor gab es nur ein 1:1 ebenfalls gegen eine Viererkette.

Alles in allem ist es aber natürlich hilfreich, wobei in den „Manndeckungsligen“ der individuelle Einfluss eher qualitativer als taktischer Natur ist. Aber auch auf niedrigem Niveau gegen intelligentere Gegner (mit Übergeben oder eben Viererkette) ist die Einflussnahme durch den Körper beschränkt, ich hatte schon einige Verletzungen in meiner Karriere (Hüftbruch, Kreuzband, Sprunggelenk, Knorpelschaden, Menisken, Patella) und die nächste OP steht bevor.

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CH 9. Mai 2014 um 14:05

meine Erfahrung:
Die Mitspieler müssen auch mitmachen. Nützt nix, wenn man z.B. den 10er-Raum durch Ausweichen öffnet und den dann keiner nutzt. Da rennt man oft wieder mühsam zurück, um die Balance/Verbindungen wieder herzustellen.

Oder was auch gern vorkommt: ständiges Ausbalancieren der idotischen Laufwege/ Staffelungen/ Positionierungen der Mitspieler. Man kommt selbst nicht an den Ball, ist gefühlt 20km unterwegs, und danach heißt’s „Wir wa’n richtig jud, nur Du hast irgendwie nix beigetragen“ …
😉

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LM 9. Mai 2014 um 20:28

Ich spiel zwar nur beim Hochschulsport, aber das Niveau ist eigentlich ganz gut. Bin auch selbst kein Wahnsinsfußballer, reiß nur viel über‘s Stellungsspiel raus. Ich hab das Gefühl, seit ich hier auf der Seite unterwegs bin, hab ich da auch nochmal ein ganz anderes Gefühl für. Allein schon weil ich im Spiel viel mehr drüber nachdenke.
Was mich häufig viel mehr frustet ist, dass sich im Spielaufbau meistens keine Sau anbietet, wir haben glaub ich maximal 2 Sechser, die sich im Aufbau mal für das ein oder andere Dreieck anbieten. Ich bin dann als IV meist gezwungen unschön zu bolzen…dafür sind meine langen Bälle un gefühlte 300% besser geworden 😉

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LM 9. Mai 2014 um 20:30

Also 2 Sechser in zwei Kursen, also spielt man wenn man Glück hat ab und zu mal mit einem von beiden 😉

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MR 9. Mai 2014 um 14:56

„optimal“ ist ja so eine Sache, gibt’s das bei Positionierungen? Man kann das ja unterschiedlich handhaben und jede Position hat Vor- und Nachteile.

Generell sind wir aber schon alle (positions)taktisch sehr gute Fußballer; zumindest würd ich das nachdrücklich von RM, TR, TW und mir behaupten. TE macht auch nix falsch, aber ist ziemlich langweilig unterwegs. ^^ Mit den andern hab ich noch nicht gekickt.

Und CH hat natürlich Recht. Das rafft kein Mensch, vor allem was Balancierung und Absicherung angeht. Ich find’s generell immer wieder schockierend bis frustrierend, dass die meisten Fußballer so überhaupt keinen Blick für Absicherung von Angriffen haben.

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blub 9. Mai 2014 um 16:41

Ganz geil auch: Die sehen das du dich aus der viererkette raus bewegst und gehen aus Reflex alle in manndeckung über und du siehst aus wie der Depp.

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CH 9. Mai 2014 um 17:17

Stimmt, das raffen nur die wenigsten Fußballer. Am allerschlimmsten war einer unserer Jugendtrainer (F1) : Positionierung ? Staffelung ? Raumaufteilung ? „Das lernen die aus dem Spiel heraus !“

Da muss man dann schon sehr geduldig und behutsam Einfluss nehmen …

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blub 9. Mai 2014 um 20:43

In dem Alter sind andere sachen aber tatsächlich wichtiger. Ballbehandlung(annahme, passen, schießen…), koordinations, bewegungsschulung. Grundlegende Gruppentaktiken. Nur auf das höhren was der Trainer sagt.
Beim durchschnittskicker in dem Alter bin ich klar für implizites lernen(so der trainer das kann) Es gibt ne millionen (Gruppen)übungsformen für dsa alter die muss man sich nur zusammenstellen. Der trainer sollte nur wissen was er da tut.

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vanGaalsNase 9. Mai 2014 um 23:48

Eigentlich gehört diese Diskussion in einen ganz anderen Thread… 😉

In E- und F-Jugend sollte der Fokus tatsächlich auf Übungen gelegt werden, die dem impliziten Lernen zugrunde liegen. Da die Kinder Spaß an dem Sport haben sollen, bieten sich Spielformen an. Wenn man das notwendige Fachwissen hat, kann man mit entsprechenden Handgriffen Umstände schaffen, die die Spieler in die gewünschten strategischen und taktischen Bahnen lenken, ohne dass man sie instruiert.

Im Alter von 6-9 Jahren sollte man den Kindern nicht mit Instruktionen die Chance nehmen, das Spiel selbst zu „erfahren“. Außerdem erlebe ich viel zu häufig, dass diese Instruktionen völlig falsch sind und den Kindern somit auch die völlig falschen Ideen vermitteln.

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TW 10. Mai 2014 um 00:09

Eigentlich gehört diese Diskussion in einen ganz anderen Thread… 😉
Genau, z. B. hier hin.

mk 9. Mai 2014 um 17:31

Ich glaube das wird das einzig gute an dem möglicherweise kommenden Forum. „Frustrierende Erfahrungen aus den Niederungen des Amateurfußballs“.
Bei mir wars vor ein paar Monaten. Da lautete die Ansprache vor dem Spiel: „Taktik haben wir heute nicht.“ Und dann haben wir tatsächlich das gute alte 3-5-2 mit Libero und zwei Manndeckern gespielt… Es war ein Triumph! Für die Gegner…

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TW 9. Mai 2014 um 17:47

Ja, darauf freue ich mich auch. Das 3-5-2 muss nicht unbedingt schlecht sein. Wir spielen seit Jahren eine Variante davon (3-4-1-2) und haben schon so manch eine Mannschaft mit Viererkette aber ohne die entsprechenden Mechnismen damit ausgekontert. Erst diese Woche haben wir (momentan 7.) den Tabellenführer 3:0 geschlagen :D.

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MR 9. Mai 2014 um 18:02

Weil ihr auf meinen Hinweis hin auf 3-4-2-1 umgestellt habt, kehr das mal hier nicht untern Tisch!

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Lenn 9. Mai 2014 um 18:09

Wo wohnt ihr denn alle, wenn man fragen darf?
RM irgendwo in Österreich, irgendwer meinte ich in Hamburg, aber sonst?

MR 9. Mai 2014 um 19:00

Zwei Mal Hamburg, zwei Mal Ruhrpott und die Metropolen Detmold und Göttingen sind selbstverständlich auch noch vertreten, was die aktuell aktive Autorenschaft betrifft.

mk 9. Mai 2014 um 18:33

Ja, stimmt schon. Aussagen über die Eignung verschiedener Formationen per se sind ja nicht unbedingt sinnvoll. Aber wir haben es ganz kurios spielen sollen, quasi ein 3-2-3-1. Und dann kommt taktikpsychologidch glaub ich noch dazu, dass die beiden Außen sich denken, dass sie keine Defensivarbeit verrichten müssen weil sie ja so weit vorne auf der Tafel aufgeschrieben sind. Kreisliga halt…
Wir haben aber auch den Nachteil, dass bei uns kein Taktikgenie Anmerkungen gibt, sondern nur der Vater eines Mitspielers, der „Holz ihn einfach um!“ von der Seite reinruft 😉

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mk 9. Mai 2014 um 18:42

Tatsächlich spielen wir oft zu zehnt. Aber da wir dann doch mal mehr zur Verfügung hatten, haben wir damals natürlich 3-2-3-2 gespielt ;). Aber es ging wie gesagt in die Hose, obwohl es ja gar nicht so schlecht klingt.

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