VfL Wolfsburg – Bayer Leverkusen 3:1

The trend is your friend: Leverkusen bestätigt im Spiel gegen Wolfsburg, dass ihnen ein Plan B fehlt, während die Wolfsburger immer besser in Tritt kommen.

Für Leverkusen war es eine harte Woche. Die klare Niederlage gegen Paris St. Germain rüttelte am Selbstverständnis des Vereins, erneut ging man in einem wichtigen Spiel unter. Gegen Wolfsburg gab es die Chance, das eigene Bild zurechtzurücken, indem man den Verfolger mit einem Sieg auf Distanz hielt. Sami Hyypiä setzte wie eh und je auf sein 4-3-3-System, diesmal mit Castro als halblinkem Achter und Hegeler auf Linksaußen. Dieter Hecking hielt dem ein 4-2-3-1-System entgegen.

Wolfsburg fluide Dreierreihe

Die Wolfsburger Dreierreihe befand sich dabei ständig in Bewegung. Interessanterweise war Perisic der am stärksten ins Spiel eingebundene Akteur in der Dreierreihe, nicht etwa de Bruyne. Perisic positionierte sich oft auf der ballnahen Seite, während de Bruyne auf der ballfernen auf Spielverlagerungen oder Diagonalpässe lauerte. Arnold agierte in seiner Paraderolle als balancegebender Spieler, der Lücken auffüllte, die seine Mitspieler hinterließen.

Grundformationen

Grundformationen

Wolfsburgs Spiel fehlte im Angriffsdrittel durch die eher passive Rolle de Bruynes etwas die ordnende Hand, dafür agierten sie recht direkt und suchten den schnellen Weg zum Tor. Am besten war dies zu erkennen beim frühen Führungstor, als Perisic früh in die Schnittstelle startete und direkt aus der Abwehr angespielt wurde (13.).

Nach diesem frühen Tor fehlte den Angriffen der Wolfsburger allerdings etwas Struktur im Angriffsspiel in der gegnerischen Hälfte. Besonders im Konter ließen sie viele gute Möglichkeiten liegen, auch weil Perisic recht ungenau spielte und sich Dost und Arnold kaum in die Kombinationen einbanden. Es schien außerdem so, als sei ihnen nicht daran gelegen, das Spiel über Ballbesitz zu dominieren. Oftmals suchten sie den strategisch wenig sinnvollen Vertikalpass anstatt Leverkusen aus der eigenen Hälfte herauszulocken.

Leverkusen übernimmt das Zepter

Von den Leverkusenern war in den ersten 20 Minuten wenig zu sehen im Spiel nach vorne. Sie kamen nicht an den charakteristischen Mannorientierungen der Wolfsburger vorbei. Diese suchten besonders im Zentrum das direkte Duell. So wurde Reinartz von Gustavo oder de Bruyne verfolgt, wenn er in die eigene Hälfte zurückfiel. Wolfsburgs Sechser verfolgten die Gegenspieler sehr weit und standen im Spiel gegen den Ball dadurch sehr hoch, allerdings konnte Leverkusen die entstehenden Löcher im Zentrum nicht ausnutzen. Kießling wurde von einem Innenverteidiger verfolgt, Sam hingegen zeigte bei seinen Einrückbewegungen ein schlechtes Timing und war kaum ins Spiel eingebunden.

Erst nach und nach konnten die Leverkusener ihren durchaus vorhandenen Ballbesitz auch vor das gegnerische Tor tragen. Durch das Zentrum kamen sie zwar immer noch nicht durch, dafür intensivierten sie nun ihre Bemühungen, über die Flügel anzugreifen. Dadurch dass die Wolfsburger Außenstürmer recht hoch und die Viererkette eher tief stand, öffneten sich Lücken zwischen den Reihen auf den Außenseiten, die Wolfsburg kaum schließen konnte. Auf links stieß Hegeler in diese Lücken, während auf rechts Hilbert offensiv viel mitarbeitete. Mithilfe der Achter und dem agilen Kießling kreierte Leverkusen Überzahlsituationen auf den Flügeln. Gerade wenn die Wolfsburger Sechser vorgerückt agierten, funktionierte dieses Muster. Von den Seiten aus schlug Leverkusen Flanken oder spielte Pässe in den Rückraum, von wo Bender und seine Kollegen zu Fernschüssen ansetzten.

In dieser Phase war Wolfsburgs Verteidigungsstruktur nicht immer optimal. Ab und an wagten sie ein hohes mannorientiertes Pressing, rückten danach aber nicht konsequent genug zurück, wenn Leverkusen die erste Reihe überspielte. Auch die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen waren recht groß. Beim Ausgleichstreffer spielte Leverkusen die eigenen Vorteile clever aus, als sie sich über die Außen und die Halbräume zum Tor durchkombinierten (45.).

Hecking dreht an kleinen Stellschrauben

Nach der Pause zeigten sich bei Wolfsburgs kleinere Änderungen, die das Team stabilisierten. Die Außenstürmer standen bei gegnerischem Ballbesitz nun wesentlich tiefer, teilweise formierte sich eine Sechserkette. Die Außenverteidiger konnten somit einrücken und die Außenstürmer verfolgen. Außerdem agierte die offensive Dreierreihe jetzt positionsbezogener, Perisic bekleidete die Linksaußenposition und de Bruyne war durchgehend Zehner.

Defensiv konnte Wolfsburg damit die Flügel schließen und die Leverkusener Angriffe neutralisieren. Offensiv bekamen sie etwas mehr Struktur in die eigenen Aktionen. Sie versuchten nun ebenfalls, von den Flügeln aus das Zentrum zu erreichen. Die Einwechslung von Olic (51., für Dost) half ihnen, mehr spielerische Akzente zu setzen: Während Dost an den Kombinationen kaum teilnahm, ließ sich Olic oft nach links fallen. Dadurch konnte Perisic einrücken und in einer zentraleren Position seine (Schuss-)Stärke ausspielen. Der Führungstreffer fiel allerdings etwas glücklich nach einem abgefälschten Freistoß (58.).

Kurz nach der Führung kam Caligiuri für die linke Seite. Er sollte diese defensiv schließen und offensiv mit seinen Dribblings in Lücken stoßen. Er holte einen Elfmeter raus, den Rodriguez im Nachschuss versenkte (72.). Hyypiä warf daraufhin alles nach vorne, nur drei Spieler sicherten hinten ab. Mit Brandt (74., für Hilbert) und Donati (78., für Sam) stärkte er die rechte Seite, über die nun viele Leverkusener Angriffe liefen. Hecking sicherte hier kurz vor Schluss mit Schäfer (82., für de Bruyne) ab, der zusammen mit Rodriguez die Angriffe abwehrte. Trotz einiger Leverkusener Chancen, die sie mit hohem Druck erzwangen, konnte Wolfsburg das 3:1 bis zum Schluss halten.

Fazit

Wolfsburg gewinnt ein Spiel, in dem Leverkusen eigentlich die Mehrzahl der Chancen hatte. Schaut man sich jedoch die Verteilung der Chancen im Spielverlauf an, wird deutlich, dass Leverkusen nur in den Schlussphasen der beiden Halbzeiten wirklichen Druck ausüben konnte. Wolfsburg war in der Chancenverteilung insgesamt stabiler.

Besonders in der ersten halben Stunde der zweiten Halbzeit war Leverkusen harmlos – sie kamen mit Heckings Umstellungen nicht klar, eine wirkliche Anpassung ihrer Spielweise gab es erst kurz vor Schluss. Ihnen bereitet es immer noch sichtlich Schwierigkeiten, das Spiel aus der eigenen Hälfte zu gestalten. Abermals hat sich kein Leverkusener als strategischer Ballverteiler aufgedrängt. So gewinnt Wolfsburg das Spiel am Ende durch Effektivität und kluge Anpassungen.

Svansen 23. Februar 2014 um 20:55

Als Wolfsburger mal wieder vielen Dank für die Analyse!

Ich bin echt n Laie, aber mir kam es so vor, als ob der Plan Heckings war, Leverkusen das Spiel machen zu lassen, was insofern interessant ist, als dass es ja sonst oft der VfL ist, der das Spiel macht und dann zuweilen sehr konteranfällig ist. Gestern schien es mir nun genau andersrum zu sein, oder nicht?

Und dann wüsste ich gerne mal, wie hier bei euch Medojevic beurteilt wird, der beim Wolfsburger Anhang oft schlecht wegkommt und als erster Kandidat gilt, wenn es darum geht, wessen Position im Sommer neu besetzt werden soll. Die Wolfsburg Bilanz mit ihm in der Startelf sagt aber was anderes: Bei 18 Einsätzen verlor Wolfsburg nur ein Spiel seit Sommer 2012. Standing besitzt er allerdings offenbar nur beim Trainer (was ja im Normalfall auch reicht)

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HW 23. Februar 2014 um 21:08

Ja, die Strategie erinnert an Deutschland vs. England bei der letzten WM. Da hat Jogi Löw auch gesagt, England wüsste mit dem Ball nicht viel anzufangen und hat ihn denen dann überlassen.

Strategisch natürlich toll. Vor allem das Vertrauen dies erfolgreich umzusetzen.

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