Borussia Mönchengladbach – SC Freiburg 1:0

Am 14. Spieltag der Bundesliga trafen mit Borussia Mönchengladbach und dem SC Freiburg zwei Mannschaften aufeinander, die auf der Taktiktafel Ähnlichkeiten aufzuweisen scheinen, aber im Endeffekt unterschiedliche Ansätze verfolgen.

Stabile Freiburger

Die Partie entwickelte sich von Beginn an in eine Richtung. Die Gastgeber versuchten über viel Ballbesitz und Spieldominanz zum Erfolg zu kommen, während Freiburg in erster Linie auf Stabilität aus war. Zuerst erschien das hohe Pressing noch situativ, so ließen die Gäste beispielsweise Martin Stranzl beim Spielaufbau über die halblinke Seite gewähren und konzentrierten sich auf eine kompakte Abdeckung der Zonen in der eigenen Hälfte. Ansonsten verschoben die Linien kollektiv nach vorn und mehrere Freiburger liefen die spielaufbauenden Gladbacher an. Admir Mehmedi und Mike Hanke orientierten sich dabei in der Regel an Toni Jantschke und Stranzl. Nicolas Höfler deckte entweder den höher stehenden Sechser ab oder schob sogar noch weiter nach vorn.

Gladbachs Offensivspiel

Grundformation

Grundformation

Insgesamt war Christian Streichs Plan in erster Priorität destruktiver Natur. Das hohe Pressing und die mit großem Laufaufwand betriebenen Verschiebungen dienten der Stabilität, aber Umschaltmomente ergaben sich selten. Gladbach reagierte mit sehr bedachten Angriffsvorträgen. Häufiger kippte Christoph Kramer ab. Allerdings gingen die ersten Pässe meist in die Mitte, von da aus entweder postwendend zurück oder auf die nach außen geschobenen Innenverteidiger. Zudem waren die beiden nominellen Außenspieler, Juan Arango und Patrick Herrmann, sehr zentrums- beziehungsweise halbraumorientiert, wodurch sich im Zwischenlinienraum Anspieloptionen ergaben. Allerdings verdichteten die Freiburger auch diese Zonen sehr konsequent.

Es ließen sich in der ersten Halbzeit wenige Ideen ausmachen, wie die Gastgeber Konfusion in der geregelten Freiburger Kompaktheit stiften wollten. Obwohl Gladbach lediglich im mittleren Drittel breiter auffächerte und in höheren Räumen eher mit mehreren Spielern zentraler einrückte, ergaben sich innerhalb des Offensivquartetts wenige Kombinationen. Da der Sechserblock wie so oft eher isoliert agierte, waren sichere Ballzirkulationen ebenfalls die Ausnahme. Auffällig waren wieder die bemühten Versuche Max Kruses für überraschendere Momente zu sorgen oder die Zugriffe der Freiburger Defensive zu stören. Er ließ sich dabei entweder halblinks fallen oder zog im letzten Drittel auf die linke Seite, wurde dabei aber konsequent verfolgt und seine Mitspieler gingen selten auf diese Aktionen auf.

Da die erste Pressinglinie der Breisgauer das Zentrum sehr gut abdeckte und sich wenig Räume für sichere Zuspiele ergaben, wurden die vertikalen Zuspiele der Gladbacher des Öfteren gut auf die Flügel geleitet. Und obwohl Freiburg in der ersten Linie relativ zentral mannorientiert stand, konnte rasch in Richtung ballnaher Flügel verschoben werden. Erfolgreiche Diagonalbälle der Borussen waren selten zu sehen.

Leichte Veränderungen in der zweiten Halbzeit

Während in der ersten Halbzeit die Gladbacher Außenverteidiger sich zumeist konservativ verhielten und selten höher für Breite sorgten, änderte sich dieses Verhalten mit zunehmender Spielzeit und man nutzte in diesem Fall auch die offeneren Zonen. Freiburg leitete das gegnerische Aufbauspiel nicht mehr so konsequent aus dem Zentrum, um dann mit mehreren Spielern zu pressen. Im Endeffekt war es auch der aufgerückte Oscar Wendt, der in der Szene zum 1:0-Siegtreffer in die Schnittstelle vorstieß, nachdem ein Freistoß schnell ausgeführt wurde und die Zuordnung bei den Breisgauern kurz verloren gegangen war.

Was fiel sonst auf? Höfler machte eine sehr engagierte Partie und spielte mit seiner Laufintensität (insgesamt 13,1 Kilometer) als vertikaler Sechser Box-to-Box. Auf der einen Seite bot er sich abkippend für den Spielaufbau an, sofern Oliver Baumann nicht weiter nach vorn schob. Andererseits rückte er in einigen Pressingsituationen sogar auf die Höhe von Hanke und Mehmedi auf.

In der letzten halben Stunde – nachdem das Gegentor fiel – ließ Christian Streich offensivere Umstellungen vermissen. Seine Mannschaft war weiterhin auf die Kompaktheit der ersten Spielstunde bedacht. Vladimir Darida wurde für Hanke für die vorderste Linie eingewechselt, obwohl sich der Tscheche gut als Verbindungsspieler im Mittelfeld eignet. Hinzu kam die fehlende Dynamik der beiden vordersten Spieler, die wenig in hintere Räume gingen. Insgesamt fehlte es in der Schlussphase an einer sinnvollen Staffelung, wodurch die Freiburger ohne nennenswerte Durchschlagskraft blieben.

Fazit

Beide Mannschaften traten in ihrer gewohnten 4-4-2-Grundformation auf und doch lösten die Teams diese komplett unterschiedlich auf. Die Freiburger agierten wie immer mit engstehenden Linien und jagten als Rudel häufiger die Ballführenden. Schlussendlich wirkte Freiburgs laufintensives Spiel destruktiv und zerstörte sehr lange gut die zahlreichen Ballbesitzphasen der Gastgeber.

Die Borussia aus Mönchengladbach war ihrerseits erneut auf dieses blockhafte und etwas schematischere Vorgehen bedacht. In der Offensive ergab sich vielmehr ein 4-2-4, wobei in erster Linie die vier vordersten Spieler fluider auftraten. Herrmann und auch Arango zogen sehr stark ins Zentrum. Gerade Herrmann positionierte sich einige Male an der letzten Freiburger Linie, wartete auf Lochzuspiele oder besetzte den Innenverteidigerraum und Kruse oder Raffael schoben nach außen oder hinten.

Es ergaben sich daraus trotz allem wenige Chancen. Schlussendlich wurde die Partie vor allem durch eine reaktionsschnelle Entscheidung in die Richtung Gladbachs bewegt. Die Fohlen konnten damit den siebten Heimsieg im siebten Heimspiel in dieser Saison verbuchen.

Für Freiburg sprechen einerseits eine defensiv disziplinierte Leistung und ein hoher läuferischer Aufwand. Insgesamt bewegte sich die Mannschaft über sechs Kilometer und unternahm 55 intensive Läufe mehr. Streich fordert dieses Vorgehen ein und kaschiert damit natürlich auch, dass seine Mannschaft gegen den Ball fehlende Erfahrenheit durch intensives Rudeljagen wettmacht. Andererseits vermisste man progressivere Anpassungen zum Spielende, wo vom ursprünglichen Plan nicht signifikant abgerückt wurde.

Hans Freier 2. Dezember 2013 um 21:19

Lieber CE,

Bitte verwenden Sie doch in Zukunft etwas weniger das Wort „schlussendlich“. Danke 🙂

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CallmeNetzer 2. Dezember 2013 um 15:48

Streich war nicht auf Sieg aus. Er wollte den Spielfluss der Gladbacher hemmen, was ihm und seinem Team vor allem in der 1. Hz gut gelungen ist. Nach 60 Minuten war es dann aber mit der aufwendigen Laufarbeit vorbei – ein Geistesblitz reichte aus, um mit Tempo und gutem Steckpass Wendt ins Spiel zu bringen.
Freiburg ist in der Offensive zu limitiert und da Gladbach keine Räume angeboten hat, hatte Freiburg zwar nach dem Gegentor mehr Ballbesitz als zuvor, konnte damit aber nichts anfangen.
Schade, dass der Assistent auf der Gladbacher Angriffsseite in der 1. Hz fast das Spiel entschieden hat. Drei (!) Abseits-Fehleinschätzungen sind echt zu viel. Mit einem Tor vor dem Wechsel wäre das Spiel deutlich besser geworden – so wurde es zum zuvor schon prognostizierten Geduldsspiel, das sogar durch eine besser abgeschlossene Aktion von Freis den Spielverlauf auf den Kopf gestellt hätte.

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Ayounes 3. Dezember 2013 um 08:08

Sehe ich genauso. Freiburg hat genauso versucht den Spielfluss zu zerstören, wie wir von Dortmund. nur auf unterschiedlichen Arten mit unterschiedlichem Erfolg.

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Ayounes 2. Dezember 2013 um 12:48

Ich bin überrascht wie stark die Freiburger defensive waren und wie schwach offensive. Die Punkte sind mir aufgefallen:

1. Stranzl wurde nicht angegriffen sondern nur die Passwege abgeschnitten, sodass er mit dem Ball ab und zu nach vorne lief (auch weiter als die Mittellinie)
Da habt ihr auch Recht. ABER: anscheinend wurde Jandschke als Schwachpunkt in der Abwehrkette ausgemacht, da das Passspiel bewusst auf ihn geleitet wurde. Sobald er den Ball bekam wurde er direkt stark angelaufen (vllt weil die ersten Annahmen bei Jandschke nicht konstant gut sind).

2. Der allgemeine Spielaufbau und Ballvortrag wird über die Kombinationsstarke linke Seite gespielt. Deswegen steht Wendt sonst sehr hoch (im Gegensatz zu Jandschke/Korb) um durch kurze Distanz zu Arango und Kruse zu kombinieren oder Arango zu überlaufen. In der Party war Taktisch wohl anders geplant, da diese Asymetrie gespiegelt wurde. Korb stand sehr hoch und Wendt relativ tief. Da Korb/Herrmann offensive nicht effektive zum Strafraum durchkamen, verlagerte das Spiel auf dauer auf die linke Seite zu gewohnten Mustern.

3. Kramer kippte öfter ab als sonst zwischen den Innenverteidigern. Das lag aber eher an einem Wechselsspiel von Xhaka/Kramer um die Mannorientierungen zu umgehen. Desweiteren auch um Xhaka in 2ten Spielfelddrittel in Position zu bringen. Nach drei, vier Kurzpässen meist weit auf einer Spielfeldseite, wurde Xhaka angespielt um einen weiten Seitenwechsel (das sehr Weite aufrücken aller Freiburger, bis Höhe der Pfosten), oder um Schnittstellenpässe zu spielen (was zu unrecht in Abseits endete).
Das folgte oft nach einem Schema, anscheinend um in die Aktion Schnelligkeit hineinzubringen. Xhaka spielte auf die Seite zu Korb, den Ball hielt bis er gepresst wurde und zu Herrmann spielt. Danach kippte er seitlich nach hinten ab (Keiner folgte ihm, da er dort keine Gefahr darstellte oder Dynamik aufbauen konnte, als Anspielstation falls die Mitte „dicht“ war). Herrmann/Raffael ließen den Ball prallen zu Xhaka oder vorher sich vorher in Stellung gebracht hatte.

4. Xhaka war sehr stark (nicht nur weil er immer wieder gesucht wurde) was auch seine Statistiken widerspiegeln : 138 ballkontakte, 105 Pässe und 18 Fehlpässe, 12.01 km gelaufen. Das ist umso beeindruckender wenn man bedenkt, dass der meiste Freiburger 64 Ballkontakte hatte.

5. Die rechte Seite war Schwach und ohne großen Zug zum Tor. Hermann (45 Ballkontakte) und Korb (70 Ballkontakte) kamen nicht gefährlich in den Strafraum (Korb kippte nur nach hinten ab um sich anzubieten und war viel zu zögerlich um zu Flanken). Bezeichnend das Herrmann seine Besten Aktionen auf der linken Seite hatte.

6. Der Schiri war eher Freiburgfan (bin auch Gladbachfan, ist meine Ansicht). Kruse wird immer in Manndeckung genommen und hart attackiert.
Viele Fehlentscheidungen bei Einwürfen, Abstößen und Ecken.

7. Hanke war sehr schwach (genauso viele Fehlpässe wie erfolgreiche)

8. Raffael und Kruse versuchten oft räume zu öffnen (zu unkoordiniert, deswegen oft auch schlecht)

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CF 2. Dezember 2013 um 17:22

Zu Korb und Hermann. Ist von Favre so gewollt das Korb nicht so hoch agiert. Hermann hat aber ein paar vom Trainer eingeübte Laufwege, die sehr klar und einfachs sind. Gladbach überläd immer die linke Seite um dann aus dieser überzahl den startenden Hermann zu bespielen. Mann kann also eigentlich immer sagen, dass die rechte Seite von Gladbahc schwach war.

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Michael Maier 2. Dezember 2013 um 20:34

Leider kommt dann von Korb, wenn er wie in der zweiten Halbzeit nach vorne gehen soll und darf, nicht allzuviel brauchbares. Ich hatte mir da mehr erhofft, weil es ursprünglich immer hieß, er sei offensiv stärker als Jantschke. Taktisch finde ich das einseitige Bespielen der linken Seite etwas limitiert. Ich habe schon in anderen Spielen gesehen, dass Korb riesige Räume vor sich hatte, aber taktisch diszipliniert an der Mittellinie stehen blieb. Solche Räume müssen situativ auch mal genutzt werden (dürfen), um die Gegner vor mehr Probleme stellen zu können.

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Ayounes 3. Dezember 2013 um 08:04

Mir ist bewusst, dass Favre das sehr genau vorgibt um die stärken der Spieler am besten einzusetzten und trotzdem immer eine Sicherung im rücken zu haben.
Ich verlange ja auch nicht das Korb ins Dribbling geht und in die Mitte zieht wie Robben, aber die Gegner stellen sich darauf ein. Korb wurde oft genug die Mitte „angeboten“ (Freiburg musste schnell aufrücken um diese Lücke vor dem 16er zu schließen) diese wurde aber nicht ansatzweise angegriffen. Was gibt es besseres, als den Ball mittig vor dem 16er zu haben, während rechts ein schneller Außenspürmer in die freien Lücken stößt, links Arango sich ins Halbfeld fallen lässt, links Wendt mit Zug zum Tor in den 16er sprintet und Raffael versucht durch
Ausweichbewegung Lücken zu öffnen?

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Michael Maier 2. Dezember 2013 um 10:10

Insgesamt aus taktischer Sicht eine gelungene Zusammenfassung des Spiels. Es war unterm Strich die erwartet zähe Angelegenheit – aber es hätte auch anders kommen können, denn Gladbach hatte schon in der ersten Halbzeit 2 gute Möglichkeiten durch Herrmann, und einmal war Arango ziemlich zentral alleine durch, der Abseitspfiff war in dieser Situation unberechtigt. Die „isolierten“ 6er von Gladbach sind ein interessanter Aspekt. Insbesondere Xhaka als Ballverteiler (138 Ballkontakte, 105 Pässe, 18 Fehlpässe) fand selten Lösungen. Zudem fehlt ihm die Dynamik, um auch mal individuell Lücken zu reissen.

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Henk 2. Dezember 2013 um 09:47

Eine tolle, schnelle Analyse des gestrigen Spiels, bei der mich zwei Aussagen allerdings überrascht haben. Mir haben gestern gerade die Diagonalbälle insbesondere von Xhaka sehr gut gefallen, die zwar tatsächlich nicht erfolgreich waren, was aber in 3 Fällen an falsch getroffenen Abseitsentscheidungen lag. Ich will darüber gar nicht lamentieren, sondern nur darauf hinweisen, dass aus meiner Sicht durchaus eine gute und erfolgversprechende Idee auszumachen war. Wenn der Linienrichter die Fahne unten lässte und der frei durchstartende Arango verwandelt, würde man die öffnenden Pässe loben. Eine falsche Abseitsentscheidung sollte mMn die Bewertung nicht völlig verändern. Oder?

P.S., da dies meiner erster Kommentar hier ist: Vielen Dank für die ausführlichen und immer wahnsinnig informativen Analysen auf spielverlagerung.de. Es macht riesig Spaß, sich ganz ohne jeden Emotionsjournalismus und ohne Geschichten von Sylvie und Rafael über das Geschehen auf dem Platz zu informieren. Dies ist eine meiner liebsten Fußballseiten. Respekt für die tolle Arbeit!

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