Bayer 04 Leverkusen – FC Augsburg 2:1

Augsburg verliert in Leverkusen mit 1:2. Es war keine schwache Partie des Abstiegskandidaten, doch Leverkusen war etwas abgeklärter und ließ wenig Hochgefährliches zu.

Die Anfangsphase – Augsburgs guter Plan

Wie üblich ist es in Partien gegen Bayer 04 die Frage, wie man deren Spielstil kaltstellt und wie dieser eigentlich genau aussieht. Leverkusen versuchte sich in den letzten Wochen in Richtung eines dominanteren und spielstärkeren Teams zu entwickeln, was allerdings nicht vollends aufging. Dennoch sind sie auch in diesem Aspekt eine starke Mannschaft, doch im Konterspiel eben (im Normalfall) eine Stufe gefährlicher.

Augsburger Pressing - die personifizierte Kompaktheit.

Augsburger Pressing – die personifizierte Kompaktheit.

Augsburg konzentrierte sich in der ersten Halbzeit beziehungsweise bis zum Gegentreffer ihrerseits auf eine in der Defensive tiefe und in der Offensive vertikale Spielweise. Dazu ließen sie sich im Pressing etwas Interessantes einfallen. Sie liefen in einem 4-4-2-Pressing auf, welches enorm kompakt ausgelegt war. Oftmals wirkte es deshalb wie ein 4-2-4-0, denn die Stürmer platzierten sich ebenfalls in der eigenen Hälfte, meist auf Höhe der Mittellinie.

Dabei gab es einzelne interessante Synergien innerhalb der eigenen Mannschaft und Wechselwirkungen mit dem Gegner zu beobachten. Die Außenstürmer positionierten sich oft auf Höhe der Mittelstürmer, anstatt der Sechser. Dadurch zerschnitten sie die Verbindungen der Innenverteidiger Leverkusens auf die Flügel, indem sie die hohen Außenverteidiger in ihren Deckungsschatten stellten.

Mit Yi, Koo und Baier gab es auch drei intelligente Akteure, die sich ihrerseits passend im Pressing bewegten. Yi rückte immer gut nach vorne auf und unterstützt Mölders, während Baier diesen Raum als zweiter Sechser füllte. Koo von der Seite verhinderte Pässe nach links geschickt und Leverkusen konzentrierte sich wie so oft auf rechts, wo mit Werner ein laufstarker Akteur die Seite abdeckte. Selbst Carvajal kam trotz vieler Ballkontakte nicht wirklich in die Partie.

Das Leverkusener Aufbauspiel war deswegen auffallend träge, langwierig und horizontal. Der zurückfallende Reinartz veränderte dabei wenig; er fächerte zwar die beiden Innenverteidiger breiter auf, doch in diesem Fall war dies keine Hilfe. Die tiefen Mittelstürmer Augsburgs attackierten die Innenverteidiger nur, wenn sie einfach Zugriff erhielten – was selten vorkam. Stattdessen standen sie wie erwähnt tief und deckten die beiden Achter ab.

Somit hatte Leverkusen sechs ihrer zehn Feldspieler in einem kompakten Zehnerblock, welche kaum anspielbar waren. Dies ist die Zauberformel für ein träges Spiel, welches nur Dynamik und Intensität versprühte, wenn die beiden Mannschaften sich im Umschaltspiel befanden.

Das 1:0 und seine Folgen

Nach dem Rückstand für Augsburg kippte dieses Bild. Jetzt spielten die Augsburger höher und kamen durchaus zu guten Chancen. Ihr nominelles 4-2-3-1 war mit Baier öfters ein 4-1-4-1 in der Offensive und ermöglichte mehr Ballbesitz, als man darauf aus war.

Grundformationen zu Spielbeginn

Grundformationen zu Spielbeginn

Auch das Pressing war nun aktiver und höher. Augsburgs Stürmer liefen die Innenverteidiger an, welche nach kurzer Anpassungszeit nicht mehr vom Sechser unterstützt worden waren. Sie versuchten diesen, wenn er sich wieder fallen ließ, in den Deckungsschatten zu stellen und danach mit sehr starkem Einrücken den Druck zu erhöhen.

Doch dieses Einrücken hatte auch seine Probleme; beim Gegentor waren diese sichtbar, als ein einfacher Pass reichte, um einen Spieler enorm breit freizuspielen. Mit etwas mehr Glück (oder technischem Können) hätte Kießling die folgende Auflage sofort nutzen können; stattdessen legte er das Tor auf. Ansonsten war Kießling aber der wohl beste Leverkusener Offensivspieler, während Castro und Schürrle nach der Auswechslung Sams nicht ihre üblichen Leistungen abrufen konnten.

Leverkusen in der Offensive

Die lange Zeit relative Harmlosigkeit der Leverkusener in der Offensive rührte auch von daher, dass die Augsburger sie tiefer drückten und sich ein paar Chancen erspielten. Davon waren nur wenige wirklich gefährlich, doch auch die Hochkaräter wurden einmal mehr klar vergeben.

Leverkusen hatte aber selbst einige Probleme im Spiel nach vorne. Diese betrafen hauptsächlich das Umschaltspiel, wo sie nicht ordentlich und strukturiert nachrückten. Dadurch ließen sie weite Räume offen, unterstützten den in der Ballbehauptung einmal mehr hervorragenden Kießling kaum und konnten nur selten ihre begonnene Konter zu Ende bringen.

Auch defensiv waren sie nicht durchgehend sattelfest. Zu oft ließen sie Schüsse zu, auch wenn die meisten ungefährlich oder unpräzise waren, deckten Räume nicht konsequent ab oder konnten ihre Überzahlen nicht ordentlich ausspielen.

Der größte Vorteil war die Kompaktheit in der Mitte, die diesen Schaden zumindest eingrenzen konnte und wohl der spielentscheidende formative Vorteil war. Dennoch wirkte es wie eine Frage der Zeit, bis die Augsburger Angriffe einmal effektiv zu Ende geführt würden – und beim 2:1 war es passenderweise auch ein Eins-gegen-Eins auf der Seite, welches zu einer Flanke und daraus dem Tor führte.

Symbolisch für diese Partie standen auch die unterschiedlichen Wechselausrichtungen; während Markus Weinzierl mit Hahn und Thorsten Oehrl letztlich auf eine Art 4-1-3-2 umstellte und die Dominanz suchte, brachte Sascha Lewandowski mit Jens Hegeler und Simon Rolfes (bereits in der 37. für Sidney Sam wegen einer Verletzung) immer frischen, aber eher defensiven Wind in die Partie.

Fazit

Es war eine mittelmäßige Partie einer individuell und in der Spielanlage wohl insgesamt unterlegenen, aber spielerisch durchaus dominanteren Mannschaft gegen den Tabellendritten, der mit einem Sieg aus dieser Partie ging.

MyFuba 20. Februar 2013 um 13:40

Genau das war das größte Problem! Während Lissabon noch Hegeler wahsinnig viel Freiheiten und quasi ungedeckt ließen (der konnte aber zu wenig damit anfangen), hat Augsburg keinerlei Pässe zu den Achtern zugelassen. Dadurch kam das Leverkusener Spiel ins Stocken.

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ode 18. Februar 2013 um 17:01

Man muss es euch schon danken, dass ihr Spielanalysen zu Bayer 04 macht, obwohl die Aufmerksamkeit, die diese Analysen auf sich, ziehen scheinbar verschwindend gering zu anderen Vereinen sind.

Obwohl… Vielleicht liegt’s auch an Augsburg! 🙂

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Mike 17. Februar 2013 um 14:20

Ich glaube persönlich nicht, dass es bei einer Mannschaft wie Leverkusen groß etwas ausmacht, vor allem da man fünf neue Spieler zum Vergleich gegen Benfica auf dem Platz hatte.

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HorstGünther 17. Februar 2013 um 12:57

Danke für die Analyse. Ich habe das Spiel gestern nicht sehen können. Aus dem Grund noch hier eine Frage: Hattet ihr den Eindruck dass die kurze Regenerationszeit für Leverkusen nach der Europa League eine Rolle gespielt hat? Hätte Augsburg aus dieser Situation mit einer anderen Anlage eventuell mehr machen können?

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AltesZirkuspferd 17. Februar 2013 um 15:03

Die Leverkusener gingen schon ziemlich auf dem Zahnfleisch, gerade in der zweiten Hälfte. Nur deshalb kamen die Augsburger noch einmal auf und kamen zum Anschlusstreffer.
Wäre das Spiel 5 Minuten länger gegangen, hätte es vielleicht noch einmal kippen können, so stemmte Bayer sich erfolgreich gegen die letzte Augsburger Hoffnungswelle. Bezeichnend, dass Lars Bender erschöpft ausgewechselt werden musste und Stefan Kießling am Ende fast kollabiert wäre und keine Krafte mehr hatte, mit den Fans zu feiern. Beides Szenen, die man sonst so nicht zu sehen bekommt.

Allerdings denke ich nicht, dass Augsburg mit einer anderen Ausrichtung mehr hätte holen können. Wäre man offensiver aufgetreten, hätte man früh einige Gegentore kassiert. Das dichte Kleinmachen des Feldes war schon genial, man hat den Leverkusener Spielaufbau, speziell über Reinartz, extrem aus dem Spiel genommen. Ein „kaputt laufen“ oder „laufen lassen“ der Leverkusener wäre Harakiri gleich gekommen. Dafür war man doch noch zu fit und vor allem kombinationsstark. Sobald die Augsburger mal nicht konsequent die Räume zustellten waren die Leverkusener mit schnellem Kurzpassspiel gefährlich und kamen zu Chancen.

Ohne die EL-Belastung wären die Augsburger chancenlos und mit einer klaren Niederlage aus dem Spiel gegangen – auch so hat es gerade noch für einen souveränen Leverkusener Sieg gereicht. Für die Umstände fand ich das Spiel gar nicht so mittelmäßig. Taktisch sogar interessant.

Diese Augsburger werden – sollten sie an ihrer intelligenten Spielweise festhalten – werden noch einige Gegner vor echte Probleme stellen. Nicht zu vergleichen mit der Elf der Hinrunde!

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ode 16. Februar 2013 um 18:25

Danke für den mal wieder gelungenen Text!

Ich hab besonders nach der Pause extrem starke Bayerkusener gesehen, deren Ballstaffeten sehr gelungen waren. Scheinbar ist Leverkusen wirklich auf dem Weg zur Dominanzmannschaft.

Leider hat Bayer dann die wirklich starken Augsburger aufkommen lassen. Aber ist ja nochmal gut gegangen.

Augsburg hat mir sehr, sehr gut gefallen und wäre es nicht gegen Leverkusen gewesen hätte ich ihnen einen Punkt gegönnt. Aber in der Mitte des Spiels waren sie wirklich nicht gewachsen und im Abschluss auch zu schwach.

Sehe aber Land für die Augsburger!

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