Adventskalender Türchen 24: Lukas Podolski

Hinter dem letzten Türchen unseres Adventskalenders befindet sich Lukas Podolski und eine kleine Auseinandersetzung mit seinem ersten halben Jahr in London.

Arsenal1213

Arsenals Stammformation. Walcott kam auch häufiger rechts offensiv zum Einsatz, mittlerweile ist Stammtorwart Szczesny wieder fit und steht zwischen den Pfosten.

Podolski hat es unter Arsene Wenger sofort zum Stammspieler geschafft. Der Ex-Kölner spielt in der Regel auf dem linken Flügel in Arsenals 4-2-3-1.

Seine primäre Aufgabe ist es, im zweiten Drittel für Breite zu sorgen und im letzten Drittel seine Abschlussstärke einzubringen – also im Prinzip die gleiche Rolle wie lange Zeit in der Nationalmannschaft.

Podolski als situative Sturmspitze

Arsenals versucht häufig, die rechte Seite zu überladen und dort bis zur Grundlinie durchzubrechen.

Zu Beginn der Saison brachte Wenger mit Ramsey einen zusätzlichen spielmachenden Typ auf der Position des rechten Flügels.

Zusammen mit Zehner Cazorla, dem aufrückenden Rechtsverteidiger – hier vertrat Jenkinson lange den verletzten Sagna – und dem sehr stark nach rechts tendierenden Stürmer Gervinho konzentrierten sich die Londoner auf die rechte Seite und zeigten Kombinationen auf engstem Raum.

Podolski hat bei diesen Angriffen die Aufgabe, die Bewegungen der einzigen Spitze mit geschickten Läufen auszugleichen.

Weicht also Gervinho, oder der mittlerweile häufig im Zentrum spielende Walcott, auf seine Stammposition auf den rechten Flügel, ist Podolski dafür verantwortlich, das Sturmzentrum zu besetzen.

Poldi Schüsse1

Häufig positioniert er sich am langen Pfosten, um Querpässe von der Grundlinie zu verwerten. Wie gewohnt zögert Podolski nicht lange und geht volles Risiko bei seinen Schüssen. In 17 Liga- und 5 Championsleaguespielen erzielte er ordentliche 8 Tore und gab 6 Vorlagen.

Im Mittelfeld Durchlaufstation

In der Premier League weist Podolski eine Passgenauigkeit von über 86% auf. Die hohe Genauigkeit liegt hier vor allem daran, dass er im zweiten Drittel ohne jedes Risiko spielt und nur eine Durchlaufstation ist.

Poldi Durchlaufstation

Hier ist gut zu sehen, dass viele seiner Pässe zurück zum Außenverteidiger gehen. Erst ab dem letzten Drittel werden die Pässe risikoreicher und dementsprechend auch ungenauer – meistens sind dies Doppelpasssituationen, in denen er Santi Cazorla sucht und in die Spitze startet.

Mitunter wirkt Podolski im Passspiel etwas gehemmt, er scheint wohl auf keinen Fall als schlechter Kombinationsspieler auffallen zu wollen und spielt folglich fast ausschließlich sehr simple Bälle – was keine Wertung ist.

Da der Fokus Arsenals eh eher auf der rechten Seite liegt und Podolski von links als „später“ Stürmer agiert – er rückt erst gegen Ende der Angriffe ins Sturmzentrum – reicht es vollkommen, dass er dafür sorgt, dass das Kombinationsspiel nicht ins Stocken gerät.

Von einer Mannschaft aus Spielmachern zu einem eher direkten Team

„In Schönheit sterben“: Kaum eine andere Mannschaft durfte sich diese Floskel in den letzten Jahren häufiger anhören als der FC Arsenal. Mit dem abschlussfreudigen Cazorla, Strafraumstürmer Giroud und eben Podolski setzt man nun auf andere Spielertypen als zuvor.

Wo in der Vergangenheit Fabregas, Nasri, van Persie und andere spielmachende Typen Pass um Pass am und im Strafraum des Gegners spielten, findet man nun dynamische, abschlussorientierte Spielertypen, die Arsenal eine direktere Spielweise bringen.

Personell kommt Arsenal mitunter wie eine Kontermannschaft daher, wenn Podolski, Walcott und Gervinho oder Oxlade-Chamberlain gemeinsam in der Startelf stehen. Die Mannschaft spielt jedoch weiterhin Ballbesitzfußball, was bei dem tollen Mittelfeldtrio Arteta-Wilshere-Cazorla Pflicht ist, und ist somit sehr interessant zu beobachten.

In der Tabelle steht Arsenal dank dreier Siege in Folge nun wieder auf dem vierten Platz, spürt aber den Atem von den punktgleichen Everton, Tottenham und West Bromwich.

Wie werden sich Podolski und sein Team weiterentwickeln?

Dass die Offensive fast komplett neu zusammengestellt ist, macht sich gegen tiefe Gegner oft bemerkbar, man ist verständlicherweise noch nicht eingespielt.

In der Champions League müssen die Gunners gegen den FC Bayern antreten. Dass der deutsche Rekordmeister als klarer Favorit ins Rennen geht, dürfte Wengers Team in die Karten spielen.

Die oben beschriebene Konterstärke in Kombination mit dem pressingresistenten Mittelfeldtrio könnten den Bayern einige Probleme bereiten. Möglicherweise bekommen wir ja zumindest eine light-Version des tollen Achtelfinalhinspiels gegen Barcelona im Februar 2011 zu sehen.

Es wird spannend, wie sich Arsenal nun in den nächsten Monaten entwickelt. Ein Walcott im Sturmzentrum mit ausweichenden Bewegungen auf den rechten Flügel und ein von links einrückender Podolski kann vor dem starken Mittelfelddreieck zu einer echten Waffe werden.

Momentan fehlt es Arsenal noch an Konstanz und Durchschlagskraft (wohl wegen mangelnder Eingespieltheit) gegen tief stehende Gegner), um eine echte Topmannschaft zu sein. Haben sich die Spieler, gerade in der Offensive, jedoch erstmal richtig gefunden, kann dort eine taktisch hochinteressante Truppe zusammenwachsen, die sowohl ein ballbesitz- als auch konterorientiertes System spielen kann.

 

Solange wir darauf warten, wünscht Spielverlagerung allen Lesern ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest! Öffnet ein bisschen Raum in der Kaminkette, damit der falsche Schornsteinfeger in die Tiefe stoßen und im familiären Zentrum ein paar überraschende Anspiele verteilen kann! Ho ho ho!

Rasengrün 25. Dezember 2012 um 03:58

Hehe, darauf hatte ich gehofft. Podolskis sicheres Scheitern in England war ja fast Konsens unter den Foren-Experten, ich war mir hingegen einigermaßen sicher, dass Wenger schon einen genauen Plan haben wird für den er ihn holt. Danke, dass man sich die Diskussion jetzt schenken und einfach auf diesen Artikel verweisen kann. Es gibt eben nicht allzu viele Spieler, die von links kommend mit links so eine hohe Abschlussgefahr aufweisen. Ist das nun im Zeitalter der inverted wingers ein Anachronismus oder die Quadratur des Kreises? Auch wenn Arsenal dafür nun wirklich nicht unbedingt bekannt ist, aber vielleicht färbt ja ein traditionelles englisches Spielelement noch auf unseren Poldi ab und er lernt auch noch zu flanken. Mit Giroud hat Arsenal da keinen so schlechten Verwerter und das könnte eine Lösung für die eher magere Ausbeute gegen defensive Teams sein, mindestens aber würde es Arsenals Spiel variantenreicher machen – und endgültig Schluss mit dem „in Schönheit sterben“. Find ich wirklich nicht unspannend, es muss ja nicht immer die taktische Innovation sein, im richtigen Kontext kann auch ein scheinbar antiquiertes Mittel gerade richtig sein.

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Chris 24. Dezember 2012 um 15:46

Meine erste Reaktion: WTF? Podolski als Weihnachtsgeschenk? Aber seine Rolle als Hybridspieler – irgendwo zwischen Sturmspitze und Flügelstürmer macht Arsenal variabler und unberechenbarer. Gute Wahl, guter Artikel!

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Tank 24. Dezember 2012 um 14:57

Eine Frechheit! Türchen 24 hätte unbedingt … sein müssen! Nee, im Ernst, gute Wahl. Podolski ist vielleicht nicht der Spieler von allen Sommertransfers, der am meisten glänzt, aber interessant ist er allemal. Ich hab Stein und Bein darauf gewettet, dass Podolski bei Arsenal durchfällt. Zu wenig passen seine Qualitäten zum Kurzpassspiel der Gunners. Dass dem nicht so ist, hat sicherlich auch mit der von Euch beschriebenen Wandlung im Spiel Arsenals zu tun. Wenn Podolski relativ direkt gen Tor gehen kann, ist er immer noch am stärksten.

Ich habe ihn nur dieses Wochenende mal über 90 Minuten gesehen. Da war er eher schwach, wie der Rest der Mannschaft auch. Der Gegner stand tief und Arsenal fiel nicht viel ein. Was aber bemerkenswert war, war dass Podolski zumindest annehmbar gut mit nach hinten gearbeitet hat.

Mich würde noch sehr interessieren, was ihr zur Arsenal-Kurzanalyse von Gary Neville sagt. Er bemängelte ja, dass Arsenals Mittelfeld zu ballorientiert arbeiten würde und weniger die für Arsenal typischen Laufwege in die Spitze geht. Da ging es ihm nicht direkt um Podolski, aber vielleicht kann er ja eine Antwort auf das Problem, sofern es ein Problem ist, sein.

Frohe Weihnachten euch allen!

p.s.: Jordi Alba gehört hier hin! Das ergibt sich doch von selbst! Ihr Blinden!

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Wolfsmond 24. Dezember 2012 um 14:06

Geil, mit Poldi hätten wohl die Wenigsten gerechnet 🙂
Und frohe Weihnachten euch

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GoalImpact 24. Dezember 2012 um 12:56

Viel Dank für den Artikel. Eine gute Wahl! Euch auch schöne Feiertage…

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MarcL 24. Dezember 2012 um 12:51

Der Poldi 🙂
Ein sehr gelungenes Weihnachtsgeschenk muss ich sagen.

Das Arsenal in ansetzen wie die Deutsche Nationalmannschaft Spiel finde ich irgendwie lustig. Ein nach rechts ausweichender Stürmer (Klose), ein nach rechts ausweichender Spielmacher (Özil). Dazu ein diagonaler Box to Box Spieler auf der halb linken Position (Khedira) und ein horizontal absichernder Spieler dahinter (Schweinsteiger).

Genau das selbe System bei Arsenal, nur mit anderen Spielertypen. Ich denke das kommt ihm zu gute das er praktisch die selbe Aufgabe hat die er seit 2010 in der Nationalmannschaft hatte.

Danke für das Geschenk und ein frohes Fest 🙂

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theboss 24. Dezember 2012 um 12:39

Super Wahl!

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Bernhard 24. Dezember 2012 um 12:30

Toller Artikel,obwohl ich S. Cazorla als den besseren Transfer einstufe!

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