Adventskalender-Türchen 4: Fabian Giefer

Die Fortuna hatte einige interessante Einkäufe diesen Sommer, doch einer setzte sich besonders ab.

Axel Bellinghausen, das Arbeitstier auf dem Flügel, Stelios Malezas, dessen gute Ansätze von einer Verletzung unterbrochen wurden, und auch Dani Schahin machten natürlich eine überaus gute Figur, aber der wohl wichtigste Zugang war ein anderer, nämlich Fabian Giefer, der in den ersten fünf Saisonspielen sogar zu Null blieb.

Bei fast zwanzig Neuzugängen müssen natürlich einige sehr gute Spieler (die oben erwähnten, allen voran für mich Bellinghausen) sowie viele Stammspieler (Garbuschewski, Levels, Rafael) dabei sein, doch Giefer ist ein herausragender Griff.

Im Schatten der Gleichaltrigen

Giefer erfuhr bislang kaum mediale Aufmerksamkeit. Bei Bayer Leverkusen stand er noch im Schatten von René Adler – und als dieser sich verletzte, war es Bernd Leno, der ihm einfach das Tor zum Hüten nicht überlassen wollte. Darum wechselte Giefer und erfuhr Wertschätzung vom FC Bayern, als ihn sein ehemaliger Förderer Jupp Heynckes als zweiten Torhüter wollte, doch der Jungspund entschloss sich zum Schritt nach Düsseldorf, wo er bei Aufsteiger Fortuna Stammtorwart werden sollte.

Er lobte die Atmosphäre in Düsseldorf, sprach von einem traumhaften Verein und sorgte für einen überraschend starken Start in die Liga. Das Problem der Düsseldorfer, welche aktuell wieder weiter unten herumdümpeln, ist ganz klar die Offensive und die individuelle Qualität. Einzig Giefer scheint hier das Zeug zu einem Topklub zu haben, obwohl er nach wie vor nicht im Lichte der Medien steht.

Ursache dafür ist wohl, dass Bernd Leno, Marc-André ter Stegen und Ron-Robert Zieler allesamt eine schönere Vita zu haben scheinen. Die ersteren beiden konnten sich als Stammspieler bei größeren Vereinen festsetzen, spielten entweder Champions League oder bewahrten ihre Mannschaft vor dem Abstieg. Zieler spielte einst bei Manchester United und ist nun der Stammtorhüter bei den Dauer-Überperformern von Hannover 96, die einfach nicht in die Niederungen des Tabellenkellers abrutschen wollen.

Giefer hingegen war seit der U17 nicht mehr Stammspieler in einer Jugendmannschaft. Erst Ende November wurde er wieder zur U21 eingeladen, weil sich Kevin Trapp, der medial wegen der großen Konkurrenz trotz herausragender Leistungen ebenfalls unterschätzt wird, verletzt hatte. Bei den Kickernoten, die nicht die Präsenz in den Medien, sondern eine kumulierte Zahl von (subjektiven) Einschätzungen zu Leistungen in einzelnen Partien zeigen, liegen Giefer und Trapp unter den besten vier Torhütern. Auf Platz zwei und drei drängten sich zwischen sie nur René Adler und Diego Benaglio.

Von diesen Noten mag man halten, was man will, doch in diesem Fall spiegeln sie Giefers Wert für seine Mannschaft wieder. Er ist ein Sympathieträger, schwärmt von der Fortuna, hält gerne den einen oder anderen Punkt fest und wirkt überaus bodenständig. Die große Frage ist, wie weit es mit Giefer gehen kann. Sein Anspruch war es, Nummer Eins bei Leverkusen zu werden – ob er sich langfristig mit dem Stammplatz bei der Fortuna zufrieden geben wird?

Giefer und das Problem der Konkurrenz

Die womöglich noch größere Frage dürfte aber sein, wohin er denn gehen könnte und wofür sein Talent ausreicht. Giefer ist ein hervorragender Torwart auf der Linie. Seine Reflexe sind hervorragend und auch im Abfangen von Flanken weiß er zu überzeugen.

In der Statistik nach dem 13. Spieltag lag er auf Platz 3 bei allen Stammtorhütern bei den gehaltenen Chancen. 73,5% lagen knapp hinter Adlers 76,8% und deutlich hinter dem Erstplatzierten Manuel Neuer, der auf beeindruckende 85,7% kam. Bei den verhinderten Großchancen kam Giefer ebenfalls auf den dritthöchsten Wert, nämlich 11; nur Trapp und Ulreich konnten mehr verhindern.

Allerdings hat er ein großes Manko, welches ihn klar von seinen gleichaltrigen Konkurrenten unterscheidet: das Spiel mit dem Ball am Fuß. Seine Abstöße sind ungenau und auch als Anspielstation wird er selten effektiv genutzt. Nur René Adler und Tim Wiesen haben eine marginal schwächere Passquote als er (je 70% zu seinen 71%). Bei den sicheren Pässen ist der Wert noch überaus gut, hier liegt seine Quote jenseits der 90% und knapp über Bundesligaschnitt, auch wenn er pro 90 Minuten weniger Pässe spielt. Doch soll es nach vorne gehen, also bei Abstößen oder längeren Pässen nach vorne, fällt seine Quote drastisch ab: 58% an erfolgreichen Pässe bei einem Ligadurchschnitt von 70% sprechen Bände, Neuer und Trapp liegen sogar bei um die 80%.

Dies bedeutet auch, dass er voraussichtlich immer eine Nebenrolle auf der ganz großen Bühne spielen wird – Torhüter wie Zieler, ter Stegen und Neuer sind nicht umsonst deswegen schnell bei Bundestrainer Jogi Löw in den Fokus gerückt, weil sie außerordentlich komplett sind, eine hochstehende Abwehr stabilisieren und das Aufbauspiel verbessern können.

Einen Vorteil gibt es aber doch: zur Fortuna passt seine Spielweise, charakterlich scheint es ebenfalls eine passende Beziehung sein. Giefer könnte das Aushängeschild der Fortuna werden, ihr Rückhalt und einer jener unbesungenen Helden, die wir im vergangenen Jahr noch in unserem Adventskalender hatten. Das Talent und die Qualität, um weiterhin reihenweise gegnerische Stürmer zur Verzweiflung zu vertreiben, besitzt Fabian Giefer  auf jeden Fall.

Alternativ geht er ins Ausland und gehört beispielsweise in England zu den besten fünf Torhütern der Liga. Geht auch. 

Hermes 12. Dezember 2012 um 11:34

Mein Tipp ist ja, dass er ab nächste Saison bei Königsblau spielt …

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TR 5. Dezember 2012 um 08:50

Reflexe und hohe Bälle sind schon richtig stark bei ihm, aber jeder Pass der weiter als bis zum 16er geht ist ein Risiko. Lange Abschläge gehen auch in aller Regelmäßigkeit ins Seitenaus oder in Bereiche wo garkein Fortune steht. Trotzdem ist Giefer das beste was Düsseldorf passieren konnte. Ist quasi von Null in die Top 10 der Bundesligatorhüter gesprungen.

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juwie 4. Dezember 2012 um 21:56

Noch eine Korrektur: Levels ist kein Neuzugang, sondern kam schon Sommer 2011 (ich meine aber als Leihgabe aus Gladbach).

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juwie 4. Dezember 2012 um 21:49

Giefer ist für die Fortuna tatsächlich eine enorme Verstärkung, denn Ratajczaks Strafraumbeherrschung war ja eher bescheiden.
Habe als „Fern-Fan“ nur vier Spiele im Stadion gesehen, muss aber leider bestätigen, dass ich bei weiten Pässen (bzw. Passversuchen) immer wieder an Oliver Kahn denken musste.

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C 4. Dezember 2012 um 18:54

Habt ihr die Daten von Bundesliga.de?

Und was auffällt ist dass die scheinbar passsicheren Torhüter bei offensiven erfolgreichen Teams zu spielen scheinen, seit ihr euch sicher dass die Daten da wirklich derartig vergleichbar sind?

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RM 4. Dezember 2012 um 19:14

Bei den kurzen Pässen ist er doch sehr sicher. Die Abschläge sind – wenn in Prozent – ja bei jedem gleichen Team gleich, sollte man meinen. Auch die Bayern sind ja nicht bei Kopfballduellen oder ähnlichem besser, wenn Neuer lang abschlägt, oder vergesse ich da etwas?

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Pippo 5. Dezember 2012 um 14:25

Würde schon sagen, dass bei einem offensivdenkenden Team die Wahrscheinlichkeit höher ist einen Abstoss oder langen Ball anzubringen. Je weiter die eigene Mannschaft aufrückt, umso mehr Mitspieler befinden sich in dem Raum in den der lange Ball kommt. Spielt man hingegen defensiv, bleiben doch mehr Spieler hinter dem Ball.
Ist natürlich die Frage wieviel und ob dieser Aspekt Auswirkungen auf die Statistik hat.

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C 7. Dezember 2012 um 10:15

in etwa den Gedanken hatte ich auch

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rostbratwurst 12. Dezember 2012 um 10:57

ich finde nicht, dass man das so sagen kann. selbst wenn die mannschaft tiefer steht, liegt es ja immernoch am torwart, wo er den ball hinschlägt. der tut das ja nicht blind. meist sucht man sich ja einen zielspieler aus und versucht diesen anzuspielen

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ode 4. Dezember 2012 um 17:17

Ich hab damals nicht verstanden, warum Bayer Giefer nach dessen Verletzung und dem kleinen Patzer nicht der Rücken von Giefer stärkte und stattdessen einen so hohen Betrag für einen anderen Keeper zahlte…

Giefers Leistungen in Düsseldorf geben mir Recht und das mit den Abschlägen kann man doch lernen, wenn man erstmal regelmäßge Spielpraxis hat… Mich würde auch interessieren, wie diese Zahlen von euch wirklich in Relation zu den anderen Keepern gesetzt werden können, wenn man die Spielweisen der Teams vergleicht. Giefer wird diese Saison sicherlich nicht hinter einer hohen Abwehr und einem Offensiv aufgestellten Team spielen…

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C 4. Dezember 2012 um 18:56

vll wollte er auch einfach weg

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DB 4. Dezember 2012 um 16:35

<>

Der Abschnitt mit den Passquoten, offenbar war hier Wiese gemeint, aber macht ja nichts, den kennt bald eh keiner mehr.

Interessantes Türchen, vor allem die Torhüterstatistiken fand ich überaus aufschlussreich – welche Quelle(n) habt ihr hierfür benutzt?
bundesliga.de, whoscored.com oder was ganz anderes?

Bin jedenfalls gespannt auf das nächste Türchen!

Eine kleine Idee am Rande: wär es vielleicht überhaupt möglich etwas mehr Quellenangaben zur Verfügung zu stellen? Bspw. durch Links oder eine kurze Liste der genutzten Quellen am Ende des Artikels – zwar vertraue ich euch auch so, aber ab und an ist es doch ganz interessant, vielleicht auch selbst den ein oder anderen Punkt/Spieler/… der hier nicht angeschnitten wurde, mit vergleichbarem Material zu untersuchen.

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