SV BuLi Kompakt: 12. Spieltag

Der 12. Bundesliga-Spieltag war die Runde der Pressingsysteme. Viele Spiele wurden dadurch entschieden, dass eine ungewöhnliche Defensivstrategie rigoros aufging oder scheiterte.

Hannover 96 – SC Freiburg 1:2

Mirko Slomkas Elf packte einmal mehr die Raute aus, was allerdings oftmals problematisch wurde. Streichs Mannnschaft spielte mit ihrem Angriffspressing hervorragend mit, stellte die Passoptionen für Hannover nach vorne gut zu und sabotierte dadurch deren offensives Umschaltspiel. Ohne die einrückenden Flügelspieler, die als Halbspieler nun generell enger standen, konnte Freiburg sehr kompakt stehen und auch offensiv bespielten sie die offenen Räume der Raute hervorragend. Sie spielten den Ball auf Außen, zwangen die ungeschulten Halbspieler zum Verschieben und kamen über schöne Spielzüge zwischen den Schnittstellen nach vorne. Dadurch bauten sie das Spiel sehr breit auf, mussten aber nicht zwingend über die Flügel attackieren und blieben variabel.

Dabei war die Hilfe der beiden Neuner extrem wichtig. Sie waren beide enorm beweglich, ließen sich fallen und sorgten für Anspielstationen hinter den Halbpositionen der Hannoveraner. Freiburg konnte durch einfache Pässe aufrücken und war im Aufbau- wie Umschaltspiel gut. In der Endphase stellte Slomka dann wieder auf sein 4-1-3-2 um, welches schon öfter gegen Ende von Partien genutzt wurde. Damit waren sie enorm druckvoll, konnten aber nicht mehr ausgleichen.

Borussia Mönchengladbach – VfB Stuttgart 1:2

In einem Spiel, das geprägt war von den Defensivreihen beider Teams, gewannen die Stuttgarter etwas glücklich mit 2:1. In der ersten Halbzeit schafften es die Schwaben, den Gladbachern ein breites Spiel aufzuzwingen. Besonders die Außenverteidiger schalteten sich immer wieder in die Angriffe ein. Die Gladbacher schafften es jedoch, auf den Flügeln durch geschicktes Doppeln Überzahl herzustellen. Die Gladbacher Konterversuche konnte Stuttgart meistens durch ihr starkes Gegenpressing verhindern, ab und an kamen die Gladbacher jedoch durch und konnten im freien gegnerischen Sechserraum zu Abschlüssen kommen. Die Tore fielen folgerichtig durch einen Fernschuss (Gladbach) bzw. nach einer Flanke.

Nach der Pause wurden die Angriffe beider Teams präziser. Die Stuttgarter überluden besonders die linke Flanke mithilfe Gentners und des eingewechselten Okazakis, auch der Führungstreffer fiel hierüber. Favre konnte seiner Mannschaft danach keine Impulse mehr verleihen, trotz einer Mehrzahl an Torschüssen und -gelegenheiten (die hauptsächlich aus Halbzeit eins stammten) verlor sein Team mit 1:2.

Eintracht Frankfurt – FC Augsburg 4:2

Tabellenschlusslicht Augsburg versuchte gegen die spielstarken Frankfurter zu agieren und hielt nie eine abwartendere Stellung. Sie machten früh Druck gegen Eintrachts Innenverteidiger und Sechser, was ebenfalls auf das wie üblich hohe Pressing der Eintracht zutraf. Somit ergab sich ein sehr umkämpftes, aber auch zerfahrenes Spiel mit vielen langen Bällen. Beide Mannschaften blieben in ihrer Passquote unter der 75%-Grenze.

Frankfurt, die 60% der Luftzweikämpfe für sich entscheiden konnten, kamen mit diesem Spiel besser zurecht. In den letzten Wochen wurden sie bereits öfter zum Spiel mit langen Bällen gezwungen und konnten bewährte Mechanismen abrufen. So ging Meier wieder viel nach links heraus, um dort die hohen Bälle zu pflücken und mit Rode und Inui zu verarbeiten. Zudem hatten sie mehr Breite im Spiel und ihre spielstärkeren Sechser konnten besser mit den zweiten Bällen arbeiten, weshalb die Eintracht wesentlich mehr Kreativität entwickelte.

Augsburg hatte Probleme mit der vertikalen Kompaktheit. Die Viererkette stand tiefer als bei der Eintracht und Baier spielte im frühen Presing sehr hoch, weshalb ihm – anders als beim Mittelfeldpressing gegen Dortmund – die Anbindung an die Sechser fehlte. Werner arbeitete dafür sehr viel, konnte aber durch den offensiven Jung nicht all zu stark die Mitte unterstützen. Dadurch fehlte Augsburg die Präsenz im Mittelfeld und durch die generelle Streckung des Spiels fanden Baier und Koo auch in Ballbesitz keine Anbindung zueinander und zu den Mitspielern. Symptomatisch dafür hatte Koo zum Schluss eine Passquote von unter 50%.

Durch die diesmal hohe Effizienz gelang Augsburg zwei Mal der Anschlusstreffer, aber Frankfurt holte sich letztendlich kaum gefährdet den Heimsieg. Ihre individuelle Klasse war den Augsburgern deutlich überlegen, was durch die höhere Grundkompaktheit noch unterstützt wurde. Der Ansatz des Außenseiters war in diesem Spiel etwas zu forsch, weshalb die gute Leistung des letzten Spieltags nicht bestätigt werden konnte.

Hamburger SV – FSV Mainz 05 1:0

Die Partie zwischen den Hamburgern und den Mainzern war über weite Teile unansehnlich. Schuld daran war die hohe Anzahl an langen Bällen, die beide Teams spielten. Die Mainzer versuchten, mit hohen Bällen auf ihre Stürmer schnell hinter die gegnerische Viererkette zu kommen. Die Hamburger setzten ebenfalls auf lange Bälle der Verteidiger und des zurückfallenden van der Vaarts. Erst nach rund 30 Minuten suchten die Teams mehr spielerische Lösungen. Auf beiden Seiten rückten die Außenverteidiger weit auf, was Räume zum Kontern öffnete.

Nach der Pause versuchte speziell der HSV, über Flanken zum Torerfolg zu kommen. In einigen Situationen schafften sie es sehr gut, die Mainzer Raute im Mittelfeld durch Flügelwechsel auseinanderzuziehen. Der Führungstreffer durch Son war dennoch glücklich (und klar Abseits noch dazu). Danach brachte Tuchel mit Malli einen weiteren Spielgestalter, sein System veränderte sich zu einem 4-2-3-1 mit sehr hoch agierenden Außenstürmern. Gegen die tief stehenden Hamburger fanden sie allerdings keine kreativen Rezepte, diese konnten mit ihren zwei Viererketten die versuchten Schnittstellenpässe antizipieren.

1. FC Nürnberg – FC Bayern München 1:1

Mit viel Kampf, Einsatz und einer guten Taktik konnten die Nürnberger einen Punkt im Süd-Derby zuhause behalten. Obwohl sie nach einem Tor von Mandzukic früh in Rückstand gerieten, hielten sie defensiv gut dagegen und dieser Fleiß wurde mit einem glücklichen Schuss Feulners belohnt.

Wichtig war, dass Nürnberg mit einer hervorragenden taktischen Einstellung ins Spiel ging. Sie hatten eine zonenorientierte Manndeckung, welche das Aufbauspiel der Bayern ineffektiv machte und in die Tiefe schob. Gleichzeitig spiegelten sie die Formation der Münchner, hatten ein 4-1-4-1 und mit Simons zwischen den Linien standen sie stabil. Zwar ließen sie einige Chancen zu, konnten aber auch Neuer ein paar Mal fordern, wodurch das Unentschieden gerechtfertigt war. Bayern erhielt wenig Zugriff und auch nach der Einwechslung Martinez‘ sowie erhöhter Bewegung gab es nur etwas mehr Aktionen im letzten Spielfelddrittel. Hecking spielte nach der roten Karte für Gebhardt mit einem 4-4-1 und brachte das Unentschieden über die Zeit.

Borussia Dortmund – SpVgg Greuther Fürth 3:1

Fürth unternahm in Dortmund einen ähnlichen Versuch wie die Augsburger in der Vorwoche, die dem Meister in einer zonalen Manndeckung einige Probleme bereitet hatte. Anders als Augsburg formierten sie sich aber in einem klaren 4-1-4-1 und die Abwehrspieler verzichteten auf Manndeckung, was der BVB sehr konsequent ausnutzte.

Mit Blaszczykowski und Perisic waren die beiden spielmachenderen der vier hauptverantwortlichen Dortmunder Flügelspieler auf dem Feld, die beide interessante Rollen als „Halbraum-Pendel“ bekleideten. Sie spielten eingerückt zwischen Flügel und Zentrum und bewegten sich unablässig vertikal. In der Tiefe entgingen sie damit der Zuordnung durch die Fürther Außenverteidiger und überluden Zillner und Prib im Mittelfeld. Zudem rochierte Götze horizontal und konnte immer wieder Päärchen herstellen.

Durch die tiefspielenden Flügelspieler fehlte es Dortmund zwar an Stationen in die Tiefe, weshalb phasenweise etwas die Durchschlagskraft abging, aber dafür hatten sie keine Probleme, das Spiel in den tieferen Zonen zu dominieren. Am Ende hatten sie 70% Ballbesitz und mit gelegentlichen höheren Vorstößen erzeugten sie regelmäßig Gefahr.

Die Fürther zeigten direkt im Anschluss an den ersten Dortmunder Führungstreffer die gelungenste Aktion ihres Spiels, die aber ein Einzelfall bleiben sollte – es gab nur einen weiteren Schuss auf’s Tor. Das lag an der sicheren Ballzirkulation der Borussia, die besonders nach dem Wechsel gar kein Risiko mehr eingingen und Ballverluste daher fast völlig vermieden. Auf diese Ballverluste war Fürth aber aus, die nur über Konter gefährlich werden konnten und bei eigenem Spielaufbau früh zu unplatzierten langen Bällen griffen. Als die Balleroberungen ausblieben, fehlten somit auch jegliche Offensivaktionen und Fürth verlor unspektakulär.

Bayer Leverkusen – FC Schalke 04 2:0

Die Leverkusener machten ihr bestes Saisonspiel und stellten einen Meilenstein für ihr enges und flexibles 4-3-3-Pressing auf, mit welchem sie wieder einmal hervorragend über den Halbräumen standen und den Schalkern somit ihren liebsten Raum blockierten. Den Flügel herunter waren die Königsblauen nicht konsequent genug und im Zentrum waren sie voneinander isoliert. So waren sie über die meiste Zeit des Spiels ungefährlich und fanden keine Mittel gegen das Leverkusener Halbraumpressing.

Nach Ballverlusten konnte Leverkusen dann über ihre Halbstürmer konnten. Besonders Schürrle kam immer wieder über die offene Innenbahn in den Halbraum, aus dem er dann auch die Führung erzielte. Auch Kießling konnte immer wieder 1-gegen-1-Situationen lösen wie beim 2:0 und setzte sich von den Innenverteidigern ab, um dann auf Schürrle durchzustecken. Die Gleich- und manchmal sogar Überzahlen, die Leverkusen sich über ihr Pressing im Umschaltmoment erspielte, waren leicht auszuspielen für die guten Individualisten von Bayer.

Gegen den Leverkusener Spielaufbau mit den gewohnt hochschiebenden Außenverteidigern standen die Schalker dabei sehr stabil und ließen fast nichts zu. Allerdings kamen sie auch selbst zu keinen guten Kontersituationen, da Leverkusens Sechser meist hinter dem Ball blieben. Und so lief es dann auf die Schalker Ballbesitzphasen hinaus, die eben extrem zu Gunsten der Werkself ausschlugen.

Auch im Laufe der Partie kam Schalke zu keinerlei Ansätzen, das gegnerische Konzept zu durchbrechen, sondern es wurde noch schlimmer. Mit weglaufender Zeit wurden sie immer hektischer und versuchten riskante Pässe durchs Zentrum, wodurch Leverkusen zu immer häufigeren Kontersituationen kam. Am Ende hatte Schalke in Unterzahl und wegen eines verschossenen Bayer-Elfmeters sogar Glück, mit nur zwei Gegentoren davongekommen zu sein.

Werder Bremen – Fortuna Düsseldorf 2:1

Die Gäste starteten furios mit einem frühen Treffer und verbarrikadierten danach ihren Strafraum. Sie gingen dabei mit sehr vielen genauen Manndeckungen vor und nahmen mit ihrer tiefen Formation das Leben aus dem Spiel der Bremer. Diese konnten nur selten ihre Stärken ausspielen, weswegen sie nur zu wenig qualitativen Chancen kamen. Insbesondere Aaron Hunt, Marko Arnautovic und Eljero Elia litten unter diesem aggressiven Mannfokus, weil sie auch im Aufbauspiel weit nach hinten verfolgt wurden.

Nach der Pause erhöhte Bremen die Vertikalität und Bewegung, sie schoben ihre Außenverteidiger weiter nach vorne und verbesserten ihr Gegenpressing. Sie erzielten einen Ausgleich und konnten sogar zu zehnt in Führung gehen, was letztlich den Spielkontext veränderte. Düsseldorf musste höher spielen, konnte sich nicht auf den ineffizienten Unterzahlkontern ausruhen und die Manndeckungen waren im Pressing weniger effektiv. So wurde in der Endphase die mangelnde Kreativität der Fortuna offengelegt und Bremen brachte den Vorsprung über die Zeit.

1899 Hoffenheim – VfL Wolfsburg 1:3

Hoffenheim begann das Spiel überraschenderweise nicht im gewohnten 4-4-2-System, sondern wechselte auf ein 4-3-3 mit Rudy und Salihovic als Doppelacht vor Williams, welcher Diego in Manndeckung nahm. Die Manndeckung ging aber nicht auf, da Diego sehr weit auf die außen auswich und somit in einigen Szenen stark den Hoffenheimer Sechserraum entblöste, in den Josue und Polak dann vereinzelt völlig frei hineinstoßen konnten. So strahlte Wolfsburg in der Anfangsphase etwas mehr Gefahr aus und ging in Führung. Williams Manndeckung wurde dann im Laufe der Halbzeit aufgelöst und gegen Ende der Halbzeit fiel Rudy auch wieder neben Williams in die Doppelsechs zurück, was Hoffenheim mehr Stabilität verschaffte.

Nach vorne war die TSG indes durchaus präsent, da sie gegen das passive, tiefe Wolfsburger Pressing die ganze Spielzeit ein klares Übergewicht an Ballbesitz verbuchen konnten, welcher vom zurückfallenden Rudy über den Platz verteilt wurde, während Salihovic durch die Offensive driftete und versuchte, die Verbindung nach vorne herzustellen. In Hälfte eins fanden sie dabei aber selten Räume zwischen den Wolfsburger Viererketten, was auch an Williams lag, der sich mit ausweichenden Bewegungen weitgehend aus dem Spielaufbau herauszog. So hatte Wolfsburg im Mittelfeld effektiv Überzahl, weil auch Olic und Hasebe stark die zentralen Räume unterstützten.

In Hälfte zwei kam dann Hoffenheims Flügeltalent Grifo für Williams und besetzte die linke Seite, während Volland auf seine Stammposition hinter/neben Joselu ging und Salihovic mit Rudy die Doppelsechs bildete. Mit nun zwei kreativen Spielern im Zentrum wurde Hoffenheim deutlich unberechenbar und zügiger im Aufbauspiel, wodurch sie deutlich öfter in Strafraumnähe präsent werden konnten. Einige hochkarätige Ausgleichschancen ließen sie aber liegen und so entstand eine offene Endphase, in der sie mit weit aufrückenden Außenverteidigern viel riskierten.

Wolfsburg kam deshalb nun vermehrt zu Konterchancen, die ebenfalls ungenutzt blieben, bis Naldo einen Freistoß in die Maschen hämmerte. Derdiyok machte noch den Ehrentreffer, welcher einen zumindest annähernd leistungsgerechten Endstand festmachte. Hoffenheim hatte in diesem Spiel insgesamt ähnlich viele Chancen wie die Wolfsburger, die das Spiel aber über die starke Chancenverwertung in der Anfangsphase scheinbar souverän gewannen. Das Schussverhältnis sprach mit 25:8 sogar glasklar für die Gastgeber, auch wenn Wolfsburg die hochwertigeren Abschlusspositionen hatte.

Bastian Wittmann 23. November 2012 um 17:28

„Hecking spielte nach der roten Karte für Gebhardt mit einem 4-4-1-1 und brachte das Unentschieden über die Zeit.“
——–
Nach der roten Karte blieben noch 9 Feldspieler übrig.Also wenn nicht der Schäfer in der 4er Kette gespielt hat nach dem Platzverweis, habt ihr euch vertan 😉

Edit: Da war ich wohl etwas zu spät dran. Ändert aber nichts daran, dass der Artikel mal wieder Weltklasse ist

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Senduris 23. November 2012 um 16:52

„Hecking spielte nach der roten Karte für Gebhardt mit einem 4-4-1-1 und brachte das Unentschieden über die Zeit.“
Wie kann er mit 9 Feldspielern ein 4-4-1-1 System spielen ?

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RM 23. November 2012 um 17:13

4-4-1 natürlich. Beim Überflogen wohl gedacht „hui, da fehlt doch einer“ und nicht auf den Kontext geachtet.

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