Leverkusens moderne Halbraumverteidigung
Wieso Bayers flexibles Pressing ein genialer Favoritenschreck ist und revolutionäre Züge aufweist.
Nachdem Leverkusen bereits den Bayern die erste Niederlage der laufenden Saison zufügen konnte, gelang es ihnen nun, auch dem Tabellenzweiten aus Gelsenkirchen das – abgesehen vom Schalker Spiel gegen den FCB – erste torlose Spiel abzuringen und die starken Königsblauen völlig überzeugend zu schlagen. Oberster Grund für diese starken Leistungen gegen Topteams ist die taktisch bedingte Dominanz im Zentrum. Mit drei Sechsern und den sehr eingerückt spielenden Halbstürmern verteidigt Bayer dort sehr kompakt, anpassungsfähig und konterstark.
Die Grundstellung
Die Basis des Systems ist am ehesten als 4-3-3 zu beschreiben, hat aber wenig mit der klassischen Variante aus Holland zu tun. In diese Variante kann Leverkusen aus der kompakteren Grundstellung aufrücken, wenn die Sturmreihe vorne drauf geht und die äußern Sechser nachrücken. Auch andere Ordnungen sind leicht zu erreichen, da sich die Grundpositionen des Systems zwischen den klassischen Positionen befinden: Die äußeren Sechser pendeln halbbreit zwischen den Positionen einer Doppelsechs, einer Doppelacht und den breiten Halbpositionen einer Rautenformation. Die Außenstürmer hängen beweglich zwischen den Zehnerräumen und dem Flügel und Kießling besetzt vorne eine tiefe Position im Dunstkreis der gegnerischen Sechser – eher wie ein Zehner als ein Stürmer im Pressing. So stehen die Leverkusener im Mittelfeldpressing zwischen den Räumen, die sie unterschiedlich besetzen können.
Besonders interessant sind die Räume hinter Kießling und auf den Außen. Dort steht Leverkusen wenig präsent, weil die nominellen Achter tief stehen und die nominellen Flügelspieler eingerückt sind. Das unterscheidet Bayers Pressing von gängigen Systemen wie 4-4-2 oder 4-3-3 und die Frage ist, wie sie dies kompensieren und wie sie daraus Vorteile ziehen.
Flügelverteidigung durch isolierendes Verschieben
Wie Leverkusen die gegnerischen Außenverteidiger verteidigt, ist wohl der interessanteste Aspekt dieses Pressingansatzes, weil diese „halbfrei“ gelassen werden. Die Flügelspieler stehen nicht vor den Außenverteidigern und laufen sie nicht von vorne oder diagonal an, wie dies bei den meisten Systemen passiert. Sie lassen sie aber auch nicht absolut frei wie bei einem 4-3-1-2 oder einem 4-3-2-1, sondern sie befinden sich irgendwo dazwischen.
Castro und Schürrle orientieren sich zwar an den Außenverteidigern, jedoch nur lose und in großer Entfernung. Wie in der obigen Grafik zu sehen, sind beide etwa auf Höhe ihrer nominellen Gegenspieler, in der Breite aber weit von ihnen entfernt. Daher bekommen sie nach weiten diagonalen Bällen nicht sofort Zugriff auf den Flügel und der Gegner hat kurzzeitig eine Überzahl außen. Gegen diese schiebt Leverkusen dann „von hinten“ nach.
Diese Überzahl besteht daher nur entlang der Seitenlinie, während die nahen Halbräume von zwei Sechsern und dem ausrückenden Halbstürmer besetzt sind. Somit ist der Außenverteidiger vom restlichen Team abgeschnitten und wird dadurch „gezwungen“, sofort den Flügel herunterzuspielen, wenn er die Leverkusener Schwäche nutzen will. Solch ein Angriff ist aber recht vorhersehbar.
Leverkusen verzichtet also auf sofortigen Zugriff auf den Flügel zu Gunsten eines späteren, aber dafür intensiveren Zugriffs. Dabei wird insbesondere der Halbraum, welcher im modernen Fußball so wichtig geworden ist, auf extreme Weise zugestellt, was die gegnerischen Mannschaftsteile voneinander isoliert und die Wechselwirkungen und Kombinationsmöglichkeiten stark einschränkt. Gegen starke Mannschaften, die das Zentrum kontrollieren möchten, ist diese Strategie besonders wirkungsvoll.
Das System von Hyypiä-Lewandowski löst somit eine moderne Zwickmühle auf: Wie verhindern wir Unterzahl im Zentrum, ohne den Flügel zu öffnen? Antwort: Wir positionieren uns in den Halbpositionen und lassen den Flügel nicht schematisch, sondern „zeitlich“ offen und können somit eine noch größere Überzahl in den Verbindungsbereichen herstellen. Anstatt sich zwischen äußeren und zentralen Spielern zu entscheiden, spielt Leverkusen mit äußeren Spielern, die aber nicht wirklich außen positioniert sind – eine wirkungsvolle Lösung des Dilemmas, welches moderne Ballbesitzteams mit gutem Zwischenraumspiel erzeugen.
Zentrumsverteidigung durch Kompaktheit und Antizipation
Damit der Gegner überhaupt nach außen spielt und dieses Isolationsverschieben möglich wird, muss natürlich das Zentrum geschlossen sein, was bei Leverkusen nur bedingt der Fall ist: Kießling steht dort relativ isoliert, die Halbräume um ihn herum sind nicht fest besetzt und die Innenverteidiger haben viel Zeit, das Spiel in die Breite zu eröffnen.
Die offenen Räume in der Formation sind aber kaum nutzbare, tote Räume, weil sie aus den Halbpositionen massiv und eng umstellt sind. Mehrere Spieler haben geringe Abstände in diese Räume und rücken dann antizipativ heraus, wenn ein Gegner dort angespielt wird. Die vielen restlichen Spieler stehen um den Raum herum und erschweren schnelles Weiterspielen, da sie in der engen Situation Bälle leicht abfangen können.
Dadurch dass die Schnittstellen des Systems übereinander verschoben sind – die Viererkette steht über den Schnittstellen des Mittelfelds, die äußeren Sechser stehen über den Schnittstellen der drei Stürmer – sind die Vorwärtsbewegungen des Gegners einfacher zu antizipieren. Die zentralen Spieler haben es relativ leicht, da sie nur eine überschaubare kleine Gasse vor sich im Auge behalten müssen, während der Ballführende (Innenverteidiger) ebenfalls in diesem Blickfeld steht.
Auf diese Weise werden die vermeintlichen Freiräume im Zentrum zur ständigen Bedrohung für den Gegner. Sie sind so klein, dass sie kaum Möglichkeiten eröffnen und bei kleinsten Fehlern zu Ballverlusten führen können. Durch die eingerückten Flügelspieler kann Leverkusen dann außerdem immer sofort durch die Halbräume kontern, was ein Risiko ist, das der Gegner eigentlich nicht eingehen kann.
Anpassungsfähigkeit durch Unwucht
Durch die „Unwuchtverteilung“ der Räume – also der Überbesetzung in bestimmten Zonen (Halbräume, Sechserraum) und der Öffnung anderer (Zehnerräume, Flügel) – erzeugt Leverkusen zudem eine höhere Anpassungsfähigkeit. Verschiedene Spieler können in die offenen Räume weichen und unterschiedliche Konstellationen erzeugen. Das erschwert es auch, ein passendes Offensivkonzept zu finden, um sie im Mittelfeld auszumanövrieren und so Freiräume zu erschließen.
Durch diese Defensivfluidität sind sie besser gewappnet gegen überladendes Spiel und Zwischenraumbewegungen, die bei gleichmäßiger verteilten Systemen Zuordnungsschwierigkeiten erzeugen. Dieses Plus an Flexibilität zeigt sich deshalb vor allem gegen sehr starke Mannschaften, die im Ballbesitz auf taktisch hohem Niveau agieren, wozu sich der FC Schalke diese Saison sicherlich entwickelt hat. Gegen schematisch simpleres Spiel entfaltet sich dieser Vorteil kaum, weshalb Leverkusen mehr Probleme mit lineareren Mannschaften wie Wolfsburg hat.
Diese Eigenschaft des Systems passt dabei besonders zu den Leverkusener Sechsern, die alle einen hohen Arbeitsradius und eine gute taktische Intelligenz besitzen. Ihre mangelnde Kreativität wird dadurch außerdem etwas kompensiert, da Leverkusen durch das flexible Herausrücken bessere Kontersituationen erzeugen kann, wofür obiges 2:0 ein Paradebeispiel war.
Zusammenfassung…
…der Vorteile:
- Enorme Kompaktheit in den Halbräumen
- Massive Überzahl auf dem Flügel nach dem Verschieben
- Abtöten der hohen Freiräume durch extreme Enge im Zentrum
- Leichte Antizipationsmöglichkeiten durch die verschobenen Schnittstellen
- Hohe Anpassungsfähigkeit (besonders im Zentrum)
- Gegner wird zu linearem Spiel gezwungen
- Leichte Kontermöglichkeiten gegen aufgerückte Außenverteidiger über die eingerückten Halbstürmer
- Flexiblere Nachrückmöglichkeiten im Umschaltspiel durch die flach angeordneten Sechser
…der Nachteile:
- Temporäre Öffnung der Flügel gegen vorstoßende Außenverteidiger
- Freilassen der gegnerischen Innenverteidiger
- Anfälligkeit gegen ohnehin lineares Spiel
- Situative Unkompaktheit im ballfernen Halbraum
- Kein Zehner und keine richtigen Außenspieler im Umschaltspiel – Halbraumzwang
Wie man das System knacken kann
Zum Schluss noch ein kleines Gedankenspiel über möglichen Gegenthesen zu Leverkusens neuartigem Defensivblock. Dabei ist die erste Frage die sich stellt, ob man versucht, das flexible Pressing zu dominieren, oder, ob man die Angebote außen nutzt und es linearer durchbricht.
Wirkliche Dominanz der Räume ist gegen diese Strategie wie dargelegt nur sehr schwer möglich, weshalb zweitere Option die naheliegendere und für die meisten Bundesligateams wohl auch praktikablere Möglichkeit ist. Optimalerweise würde man dafür wohl den Zehnerraum verwaisen lassen und die Flügel doppelt besetzen. Ein klassisches 4-4-2 mit vier vertikalen und offensiven Flügelspielern wäre also eine naheliegende Möglichkeit. Dann könnte man über Diagonalverlagerungen auf den aufrückenden Außenverteidiger kurze Überzahl außen erzeugen und schnell zur Grundlinie durchbrechen. Bei den folgenden Hereingaben hätte man mit den zwei Mittelstürmern eine Gleichzahl im Zentrum. Letztendlich war es in etwa diese Strategie, mit der die Bayern letztendlich gegen die Leverkusener durchbrachen, obwohl diese schon auf ein flügelstabileres 4-5-1 umgestellt hatten.
Diese Strategie könnte aber auch darin enden, dass Leverkusens kopfballstarke Verteidigung viele Angriffe klärt. Die drei Sechser würden viele zweite Bälle im Rückraum aufsammeln, Reinartz könnte auch als dritter Innenverteidiger aushelfen. Gegen ein zu lineareres Spiel würde Bayer vielleicht auch aus dem laufenden Spiel in eine breitere 4-4-2 oder 4-5-1-Ordnung wechseln, wodurch das Flügelspiel an Effektivität verlieren würde. Konter über die geöffneten Halbräume wären zudem weiterhin möglich, insofern sich beide Außenverteidiger nach vorne einschalten. Von daher ist die Frage spannend, wie man das Leverkusener System vielleicht noch kontrollierter, dominanter aufstemmen könnte.
Das hier dargestellte 3-4-2-1-System wäre vielleicht eine Lösung gegen die Leverkusener Eigenschaften. Man verzichtet auf die offensiven Flügelspieler, da die Flügel ohnehin über die tieferen Außenverteidiger attackiert werden können. Stattdessen stellt man einen zweiten Zehner und einen dritten Innenverteidiger auf. Die Außenverteidiger können somit erstens höher als Flügelläufer spielen, weil die defensiven Halbräume von der Dreierkette gesichert werden, und außerdem können sie schneller und kreativer vorwärts spielen, da die Zehner die Schnittstellen der Viererkette überladen können, was die Außenverteidiger bindet und Kombinationsmöglichkeiten schafft. Trotz geringerer Besetzung wären die Flügelangriffe also möglicherweise effektiver.
Zudem überlädt man zu sechst das Mittelfeld. Die beiden Zehner binden die äußeren Sechser im Rücken, auch die Halbstürmer werden etwas breitgezogen. So erhalten die Sechser in den Zwischenräumen zumindest etwas mehr Handlungsfreiheit und man kann bei entsprechendem Personal möglicherweise im Zentrum kreativ werden. Als Ausweichvariante kann man verschiedene lange Bälle spielen, da man fünf Spieler hat, die in die Schnittstellen der Viererkette stürmen können – eine interessante Mischung aus zentraler Präsenz und Optionen in die Spitze. Dabei nutzt man eine weitere Charakteristik des Leverkusener Spiels gegen sie: Durch die engen Abstände ihrer Sechser und Abwehrspieler kann ein hoher Zehner leicht in die Spitze und das Mittelfeld Präsenz abstrahlen. Zudem wird Reinartz etwas isoliert.
Die Absicherung in diesem System wäre außerdem recht optimal oder zumindest besser als bei einer Viererkette mit breiten Außenverteidigern. Die Dreierkette verhindert eine Überzahl des konternden Dreiersturms, die beiden Sechser können (wie Ausputzer) je nach Situation dann Überzahl herstellen, gegebenenfalls auch die Dreierkette verlängern. Die hohen Zehner könnten im Umschalten zudem recht gut Zugriff auf die Sechser gewährleisten, sofern man leidenschaftlich mitarbeitende Spieler in diesen Positionen hat.
Man hätte also ein großes Paket der Leverkusener Charakteristika auf seiner Seite. Allerdings reden wir dabei natürlich über ein System, welches in der Bundesliga de facto nicht existiert. Die praktische Frage ist, ob die Spieler und die Bereitschaft vorhanden sind, ein so stark verändertes System in einem Spiel aufzuziehen. Die theoretische Betrachtung ist aber so und so interessant, da auf dieser Basis eine praktische Umsetzung erdacht werden muss.
Für den Erfolg gegen Leverkusen ist natürlich die Phase von Bayers Ballbesitz ebenfalls sehr wichtig, welche man erstmal verteidigt bekommen muss. Ihr Aufbauspiel mit weit aufrückenden Außenverteidigern und dem abkippenden zentralen Sechsern gestaltet sich oft in einer 3-4-2-1-Ordnung, die ironischerweise eben diesem dargestellten System hier stark ähnelt. Allerdings macht sich in dieser Phase doch die mangelnde Kreativität in Leverkusens Kader bemerkbar und somit war der offensive Teil des Systems bisher weit weniger relevant als die defensive Phase (und das offensive Umschaltmoment). Da dies insbesondere auf das Spiel gegen die Schalker zutrifft, fokussiert sich dieser Artikel hier auch auf die Defensive der Leverkusener, welche das bedeutend richtungsweisendere Element der Werkself ist.
Fazit
Nachdem das Leverkusener System zu Saisonstart noch improvisiert und unbalanciert wirkte, haben Sascha Lewandowski und Sami Hyypiä ihre klugen Ideen in den vergangenen Monaten zunehmend wirkungsvoll in die Praxis überführt. Mittlerweile hat die Werkself eine hervorragende defensive Balance gefunden und spielt wohl eins der modernsten Defensivsysteme im Weltfußball. Da viele Bundesliga-Mannschaften noch relativ unmodern nach vorne spielen, wird der ganz durchschlagende Erfolg wohl ausbleiben, aber gegen die Topteams der Liga ist Bayer außergewöhnlich gut gerüstet. (Bei der klaren Niederlage in Dortmund spielte man übrigens im 4-4-1-1-System, da man zu diesem frühen Zeitpunkt dem engen 4-3-3 wohl noch nicht vertraute.)
Das souveräne 2:0 gegen die Schalker, die keineswegs wesentlich schlechter spielten als in ihren bisherigen guten Saisonspielen, war dabei ein Meilenstein der Leverkusener Entwicklung. Symbolisch steht dieser Erfolg auch als Plädoyer für taktische Innovation, Progressivität und der notwendigen Zeit, die man einem Trainerteam geben muss, um neue Ideen erfolgreich zu entwickeln.
PS: Denkbar wäre in diesem Zusammenhang auch, dass es einen generellen Trend zur Dreierkette mit Flügelläufern gibt, falls mehr Mannschaften auf ein sehr massives Defensivzentrum setzen – genau der Effekt also, der in den vergangenen Jahren in Italien aufgetreten ist. Auch defensiv kann das gegen zentral überladende Mannschaften sinnvoll sein, was der BVB gegen Schalke schon (zumindest defensiv semi-erfolgreich) anzudeuten versuchte und Mainz in München auch für eine kurze Phase. Momentan sieht es noch überhaupt nicht danach aus, aber die Anzahl der Teams, die überladende Effekte im Zentrum nutzen, steigt beständig (Bayern, Dortmund, Schalke und Leverkusen, in Ansätzen außerdem Hamburg, Hoffenheim, Mainz und Frankfurt). Es wäre durchaus logisch, dass dieser Trend anhält und dann weitere Blüten schlägt.
57 Kommentare Alle anzeigen
Jef 21. November 2012 um 22:47
„Unwucht“ vielleicht? http://de.wikipedia.org/wiki/Unwucht
MR 22. November 2012 um 00:44
Oh Gott, das heißt UNWUCHT???? Sorry, ich kann wohl kein Deutsch. Ist im Artikel geändert. Peinlich, peinlich… 🙁
FearRabbit 23. November 2012 um 07:29
Passiert… Ich habe jedenfalls auch verstanden, was du mit „Umwucht“ meinst.
Generell finde ich, du hast einen sehr guten Sprachstil, und du hältst dich an Rechtschreibregeln (worauf ich immer stark achte), so dass sich deine Artikel sehr flüssig lesen lassen. Ich habe immer großen Spaß daran!
Bob 21. November 2012 um 19:52
kannst du mal erklären was „Umwucht“ sein soll? Und warum dieses Kunstwort?
MR 21. November 2012 um 20:26
Steht doch im Artikel erklärt: Ungleichmäßige Verteilung. Ich find das ist ein sehr griffiges und logisches Wort dafür. Andere Vorschläge?
BVB3000 20. November 2012 um 19:25
Hier wird ja mal wieder fleissig diskutiert:)
Michal Cox hat ja inzwischen auch was zu dem Lev/Schalke Spiel geschrieben, bisschen andere winkelung als auf Spielverlagerung, aber auch ok. Kleine Anreicherung von Europa’s Randzone: Ole Gunnar Solskjær (erinnert sich noch jemand?), jetzt Trainer bei Molde FK (vorher Amateurtrainer bei United) spielt ein ähnlich unkonventionelles 4-3-3. Bereits Meister, waren sie Sonntag bei Fredrikstad FFK in der ersten norweg. Liga zu Gast. Der Meister gewann verdient 2:0 und das Spielsystem war im Stadion gut zu beobachten. Durch die Verdichtung der Mitte ging in diesem Bereich für den FFK überhaupt nichts. Die Aussen wurden von Molde auch leicht offen gelassen, kam der Ball hier mal wurde sehr gut & schnell verschoben, sodass entsprechend Leverkusen sehr gute Überzahl hergestellt wurde.
Sehr schön war die Fluidität der Formationen zu beobachten, extrem symmetrich & positionstreu 433 & 451 defensiv, offensiv 433 & leicht 41212, oder die 3 offensiven invers als 4141. Das System sollte wohl eher mit sehr guten, laufstarken Aussenspielern im 4411 oder auch 4231 Dortmund Style schon zu knacken sein als durch die Mitte, aber leicht ist es bestimmt nicht. Hat mir insgesamt sehr gut gefallen!
Solskjær hat ja nen sehr guten Draht zu Sir Alex und wird von englischen Medien auch immer wieder als ein möglicher Nachfolger ins Spiel gebracht. Evtl. lässt Fergie ja seine Zöglinge moderne Spielweisen ausprobieren und guckt sich den Besten aus, er kommt ja selber eher aus der der Peripherie, warum also nicht?
Kleiner Artikel noch zu Solskjer und seinem 433:
dailymail.co.uk/sport/football/article-2234013/Ole-Gunnar-Solskjaer-secrets-success-Molde-manager.html
Also, haut hier nicht so auf den lieben Rene ein, evtl ist er da taktisch ja dochwas auf der Spur…
MR 20. November 2012 um 20:04
Ich bin nicht der liebe Rene, das ist der RM. 🙁 Der übrigens ein Porträt zu Molde plant!
BVB3000 20. November 2012 um 20:47
HiHi! Stimmt, diesmal war es der Martin 🙂 Der Rene schreibt aber zur Zeit auch soviel auf Eurer Seite, hatte Dich nicht mehr ganz auf dem Radar. RM und MR, da ging wohl was durcheinander.
Auf das Molde Portrait warte ich mit Spannung. Hab sie hier ein paar mal auch im TV gesehen, für unsere Liga schon beeindruckend, auch wenn sie ein bisschen mit Geld vollgepumpt sind.
RM 20. November 2012 um 20:59
Hey, siehst du viele Spiele von Molde? Bist du Norweger? Könntest mir ja gerne beim Artikel helfen. 🙂
BVB3000 21. November 2012 um 19:24
Ja, Spielverlagerung wird auch hier in Norwegen gelesen:) Hab sie zweimal hier im TV gesehen, allerdings nur so nebenbei, einmal letzten Sonntag live. Kann Dich denke ich da schon ein bisschen supporten. Das Rückspiel in der Euroleague in Stuttgart steht ja Anfang Dezember auch noch an, ich denke da kann man sich dann abschliessend ein ganz gutes Bild von Molde machen. Mittelfeld ist auf alle Fälle das Filetstück und Magnus Eikrem ist ein richtig guter, so n Busquets für Arme:) Könnte auch bei Euch in der Bundeslige eine gute Rolle spielen, so bei Mannschaften ab Platz 5 abwärts. Leider konnte er sich bei United nicht durchsetzen, aber er ist erst 23, da kann also noch was kommen.
Und wie gesagt, glaub ja immer noch, dass Ole Gunnar regelmässig Sir Alex rapportiert, wie viele andere auch und nach der United Taktik der Zukunft geforscht wird. Alle glauben Mou wirds, ich setz ’nen Euro auf Spalletti:)
Nachdem Ihr ja jetzt schon auf englisch postet, wie wär s denn den Molde-Post dann auch auf norwegisch auf Eurer Seite zu veröffentlichen, ich übersetz ihn auch für Euch. Glaub da gibt s mal richtig Rabalder im Forum:)
Noch was, hattet Ihr nicht mal einen im Autorenteam der in Stavanger rumturnte? Glaub mich da an irgendwas letztes Jahr zu erinnern?
Und nochwas, seh permanent Youri Mulder im Flieger von und nach D. Entweder er hat hier ne blonde Schnalle oder er betreibt aktives Scouting, naja vielleicht auch beides…
Alex 20. November 2012 um 19:08
Mein größter Wunsch wäre es, dass Norbert Meier vielleicht hier mal reinschaut und über den Umweg auf das aufmerksam wird, was Leverkusen da versucht. Meiner Ansicht nach hat Düsseldorf da das perfekte Personal für auf der Bank, sofern Kruse das verteidigen nicht vergisst (und bei seinen Kurzeinsätzen letzte Saison sah das eigentlich sehr ordentlich aus).
Ich stell mir das dann so vor:
Rafael/Schahin
Bellinghausen/Ilsö – Kruse
Lambertz – Bodzek – Fink
Zudem erübrigt sich das Problem der Leverkusener gegen konternde, vertikale Mannschaften für Düsseldorf ohnehin, schließlich wird hier wohl beinah jede Ligamannschaft versuchen die Kontrolle zu übernehmen.
So Gedankenspiele sind immer äußerst spekulativ, aber was haltet ihr davon so die aktuell ja eindeutig bestehenden Lücken auszufüllen?
juwie 20. November 2012 um 22:49
Klingt wie ein Plan, mit dem unsere Fortuna zumindest die Null (und damit vielleicht auch die Klasse) halten könnte.
Mario 20. November 2012 um 18:29
Sehr guter Artikel, der ein Lob verdient! 🙂
Allerdings ist ein kleiner Fehler drin, das 2:0 durch Kießling wurde nicht von Reinartz eingeleitet. In dem Moment in dem Draxler steil geht wollte Fuchs den Ball auf Draxler zurück legen. Da dieser aber schon gestartet ist gabs ein Missverständnis und Castro ist sofort aktiv zum Ball gegangen. Der Rest ist bekannt.
MR 20. November 2012 um 18:58
Ah ja, stimmt. Danke, hab ich korrigiert.
MyNameIsMud 20. November 2012 um 16:20
Interessante Analyse.. dabei empfinde ich nach wie vor den Kader ein wenig fehl geplant bzw. ziemlich dünn besetzt. Das Trainerteam hat aber aus dem Personal wirklich einiges heraus geholt, obwohl die Konter nach wie vor nicht die Stärke von Leverkusen sind. Dies hat man auch schon unter Dutt gesehen.
Um noch mal kurz zum Spiel vom Samstag zu kommen. Mal abgesehen davon, dass man taktisch erst spät reagierte, sehe ich bei S04 mit Jones, Neustädter und in der IV, wenn Höwedes RV spielt, zu wenig Möglichkeiten für einen kreativen Spielaufbau. Beide DM sind von der Art her 6er, die zwar auch mal einen guten Pass spielen können, aber wenig gegen solche Defensivformationen ausrichten können.
Aktuell sehe ich bei S04 auch eine gewisse negative Tendenz in der Liga. Das Spiel in Hoffenheim war kein unverdienter Ausgang, gegen Bremen hatte man sehr viel Glück und gegen Leverkusen war es, im Gegensatz zu der Meinung aus dem Fazit, aus meiner Sicht ein erschreckend schwaches Spiel. Die Leistung war die schwächste in dieser Saison.
Dabei stand für mich symbolisch der Zweikampfwert von Neustädter. Der Junge hatte, wenn ich es richtig im Kopf habe, nur einen Zweikampf gewonnen.
Das Spiel steht natürlich nicht für seine Form, aber trotzdem bin ich etwas verwundert über den aktuellen Hype, der gerade auch hier um Neustädter die Runde macht. Die Vergleiche mit Busquets finde ich unangebracht. Neustädter mag zwar eine ähnliche Veranlagung haben, aber das Leistungslevel und die Konstanz von Busquets sind eine ganz andere Liga. Man tut damit Neustädter auch keinen Gefallen. Aber ich komme mal wieder vom Thema ab ;).
Es wird interessant werden, wie in Zukunft andere (größere) Vereine gegen Leverkusen spielen.
Pep 21. November 2012 um 10:40
„Der Junge hatte, wenn ich es richtig im Kopf habe, nur einen Zweikampf gewonnen“ Ja wenn er Pech hat und es sind direkt 3 mit Sicherheit nicht schwächere 6er an ihm dran ist es auch schwierig. Reinartz und Rolfes hatten gegen Barcelona auch sehr schlechte Zweikampfwerte und da hat keiner davon gesprochen das das Ergebnis ausschließlich einer schlechten Leverkusener Leistung zugrunde liegt da die Leistungsdaten ja sonst stärker sind.
MyNameIsMud 21. November 2012 um 12:08
Tut hier auch keiner. Es steht ja nicht umsonst das Wort „symbolisch“ dabei!
Wiktor-Maslow 20. November 2012 um 14:07
Was unterscheidet denn das Mittelfeld-Pressing Leverkusens von dem, das Dortmund gegen Manchester City spielte oder der fluiden Dreifachsechs von Atletico Madrid, so dass man von „revolutionären Zügen“ sprechen kann?
MR 20. November 2012 um 14:24
Dortmund spielte ein klares 4-5-1 in der defensiven Phase, das hatte mit diesem Mischsystem hier wenig zu tun. Atletico kenne ich zu schlecht, aber ich denke die werden auch deutlich näher an einem klassischen 4-3-3 sein, wenn ich mir die Besetzung anschaue.
Wiktor-Maslow 20. November 2012 um 14:34
Dortmunds offensive Außen sind auch bei gegnerischem Ballbesitz öfter mal eingerückt, um zu pressen oder den Passweg auf die Außen zuzustellen (Vor Reus‘ Tor beispielsweise). Zudem deuten auch die average-positions von Reus und Götze eine engere Position an, wobei dort natürlich nicht zwischen defensiver und offensiver Phase differenziert wird.
MR 20. November 2012 um 15:00
Die avg. positions (wenn sie von whoscored sind) verarbeiten sogar nur die Aktionen am Ball, haben damit also gar nichts zu tun.
Eingerückt sind die Dortmunder Flügel, ja, aber das war in Situationen, in denen sie ihren Außenverteidiger nach hinten übergeben konnten. Die Grundstellung war wesentlich breiter – wie gesagt, klares 4-5-1. Die Leverkusener rücken ja auch weniger aktiv von außen ein, sondern stehen einfach grundlegend zentraler. Dadurch sind halt vor allem die angesprochenen Zwischenräume um dem Stürmer herum wesentlich kleiner, dafür die Flügel offener. (Dortmund hatte die ja extrem gut zu.)
Aber klar, mit der Dreifachsechs hatte das Ähnlichkeiten, lässt sich nicht vermeiden. Dennoch seh ich Leverkusens System noch einen ganzen Schritt extremer in diese Richtung.
Wiktor-Maslow 20. November 2012 um 15:13
OK, danke für die Antwort.
Gemeint waren übrigens die sehr ausführlichen Daten, die die UEFA zu jedem CL-Spiel ins Netz stellt.
Bernhard 20. November 2012 um 12:48
Ist es möglich,generell gesehen, dass die Leverkusener Spieler mitten im Spiel von einem 4-3-3 auf ein 3-4-2-1 umzusteigen? Ich meine jetzt nicht nur für ein paar Minuten,oder in kurzen Ballbesitzphasen,sondern über einen Zeitraum von einer halben Stunde oder mehr?
MR 20. November 2012 um 12:57
Wieso nicht? Es ist halt aufwändiger und wohl nicht so perfekt hinzubekommen, gleich zwei Systeme für ein Spiel vorzubereiten, aber möglich ist es sicher. Man muss es ja einfach nur machen.
blub 20. November 2012 um 14:53
Das ist positionell nicht so schwierig.
ein sechser kippt ab, vorzugsweise Reinartz und die AVs rücken auf.
Das sollte sogar in einer Halbzeitpause machbar sein so umzustellen, zumindest wenn Kadlec wieder dabei ist. Von den Spielerrollen sit das recht nah am normalzustand
klaus schulze 20. November 2012 um 12:34
jetzt lasst mal die kirche im dorf: bayer gewinnt mit guter einstellung und cleverer taktik sowie mauertaktik am ende + ordentlich glück gegen den fcb. dann an einem sehr guten tag gegen schwache schalker. und an einem schwächeren tag gibt’s ein 1:3 gegen wolfsburg. sicher ist die entwicklung der mannschaft insgesamt positiv zu bewerten, aber die begründung „zu viele buli-teams spielen noch unmodern, deswegen funktioniert die taktik nicht immer“ erledigt sich doch bitte von selbst, oder? die 4er-kette hätte sich wohl kaum etabliert, wenn sie sich nicht als generell taktisch überlegen (auch gegen schwächere teams) erwiesen hätte.
„Da viele Bundesliga-Mannschaften noch relativ unmodern nach vorne spielen, wird der ganz durchschlagende Erfolg wohl ausbleiben, aber gegen die Topteams der Liga ist Bayer außergewöhnlich gut gerüstet.“
vielleicht hat bayer auch eher ein motivationsproblem? (gegen die topteams gibt jeder alles, gegen vermeintliche leichtere gegner fehlt der letzte biss – siehe spiele gegen mainz oder stuttgart.)
und mag sein dass die spielidee sehr modern ist. vielleicht ist sie aber gar kein ausdruck einer vermuteten genialität auf der trainerbank sondern schlichtweg dem aktuellen leverkusener kader geschuldet? mit bender – reinartz – rolfes hat man nun schon seit einiger zeit genau das richtige personal für eine 3fach-6 (auch schon vergangene saison). dazu castro – kießling – schürrle – dieses system kommt den jeweiligen spielertypen sehr entgegen: castro flexibel, aber weder klassischer außenläufer noch zentrumsspieler, kießling mannschaftsdienliche sturmspitze mit killer-instinkt, schürrle als schneller konterspieler. dies zu erkennen und ein passendes system dazu zu entwickeln ist natürlich ganz klar eine leistung des trainerteams, gar keine frage. nur braucht man nicht gleich die neuerfindung des rades dahinter vermuten.
MR 20. November 2012 um 12:56
Ich sehe letzteres nicht so viel anders. Ich hab sogar ganz bewusst darauf verzichtet, hier besonders viel Betonung auf das Trainerteam zu legen, sondern hab das der Interpretation überlassen. Der Grundgedanke wird sicher auch aus den Spielern entstanden sein. Gibt aber Gründe, die dagegen sprechen, dass das die ganze Story ist:
– Es gibt auch andere Mannschaften, die Spielermaterial für kreative Ideen haben, sie aber nicht umsetzen. Dieses System hier ist sicherlich keines, wie jedes andere auch.
– Bayer hält in unterschiedlichen Besetzungen daran fest, hauptsächlich spielte ja Castro als dritter Sechser, der sicherlich auch andere Stärken hat. Und Halbstürmer ist der auch nicht.
– Schürrle zum Beispiel ist doch auch ein hervorragender Flügelspieler, wieso also keine breitere Stellung?
– Zudem findet Renato Augusto (wohl der BESTE Einzelspieler des Teams!) keinen Platz in diesem System.
Dieses System funktioniert – wie oben dargelegt – in vielen Bereichen nach einer ganz ungewöhnlichen Logik. Die Stärken des 4-3-3 und des 4-3-2-1 miteinander zu verknüpfen ist (erklärtermaßen) die Grundidee dahinter und ja, das ist ein Stück weit Neuerfindung des Rades. Weil das, soweit ich weiß, noch keiner so gemacht hat und weil es eben einige Probleme des modernen Fußballs gut löst. Ob diese ganzen resultierenden Effekte bis zum Schluss durchdacht und geplant waren, sei dahingestellt. Ist auch egal, diese Effekte treten auf, fertig. Wir sind ein Taktikblog, keine Trainerbewertungsstelle.
Motivationsfragen kann man immer stellen, aber nicht belegen. Logisch erklärbar ist aber, dass dieses System taktische Vorteile gegen Zwischenraumspiel und Zentrumsüberladung hat (hier als „modernes Spiel“ bezeichnet) und Nachteile gegenüber Flügelspiel und Flanken besitzt (hier als „unmodern“ bezeichnet, von mir aus auch klassisch).
Dass Leverkusen dann relativ gesehen gegen solche „modernen“ Teams besser aussieht als gegen „unmoderne“ ist logische Konsequenz daraus und erledigt sich keineswegs von selbst. Aus dieser Konsequenz abzuleiten, dass bei Leverkusen ein Motivationsproblem herrscht, halte ich für wesentlich gewagter als meine Thesen. Die sind nämlich im Gegensatz zu Psychologie-Ratespielchen nicht unbelegt in den luftleeren Raum platziert.
Solche Effekte, dass bestimmte Mannschaftstypen taktisch bedingt „bevorzugt“ werden, sind absolut logisch und treten ganz oft auf. Andersherum geht’s zum Beispiel Manchester City: Spielen undiszipliniert, zu Weilen unkompakt, aber mit starken Einzelaktionen. So können sie taktisch unmoderne Teams (Großteil der englischen Liga) über ihre „Gewalt“ gut zerbrechen, haben aber Probleme wenn ein moderner, taktisch überlegener Gegner (Ajax, BVB, Real, Arsenal, Swansea) richtig mitspielt und sie dominieren kann.
André 20. November 2012 um 23:25
Wieso glaubst du, dass Augusto keinen Platz in dem System finden könnte?
Bisher war er ja fast durchgehend verletzt oder in der Eingewöhnungsphase. Ich kann ihn mir hier sehr gut als RA vorstellen. Er würde ja ohnehin von der weit eingerückten Position profitieren, auch Dutt hatte ihm ja eine ähnliche zugewiesen. Castro würde dafür, wie in den meisten Spielen, wieder ins ZM rücken.
Er hat ja grundsätzlich eine sehr ähnliche Spielanlage wie Castro, ist allerdings im 1 gegen 1 stärker und auch schneller im Antritt und der Endgeschwindigkeit. Für mich ist er im aktuellen Kader nach wie vor die Optimalbesetzung für den rechten Angreifer, definitiv vor Castro, Sam und Bellarabi.
Weshalb bist du der Meinung, dass er keinen Platz in diesem System finden würde?
MR 22. November 2012 um 05:38
Unter Dutt hat Augusto doch – soweit ich es gesehen habe – eine Mischung aus Zehner und Achter zwischen zwei Flügelspielern gespielt und konnte sich darin extrem frei bewegen. Ich seh seine Stärken halt doch sehr in den zentralen Positionen mit Spielern um sich herum. Ersteres ist in der Halbstürmerposition gegeben, ja, aber zweiteres nicht. Er ist dann innerhalb des Systems außen platziert und ich denke, das grenzt ihn in seinen Fähigkeiten doch sehr ein. Zudem denk ich, dass ihm dieses System defensiv nicht liegt. Er kann sich auch defensiv intelligent im Raum bewegen, aber ich schätze ihn als etwas undiszipliniert und lauffaul ein, wenn es um lange Wege geht, die gegen Flügelangriffe in diesem System eben notwendig sind.
Wird wohl sogar so sein, dass er in Topform die beste Variante für den RA ist, zumindest gegen defensive Gegner, aber das System ist doch sehr deutlich nicht auf ihn ausgerichtet. (Das war ja das Thema.)
Ganz ganz dreist und hochinteressant wäre es ja Augusto auf der Reinartz-Position zu probieren und ihm offensiv darin eine Freirolle einzuräumen 🙂
André 22. November 2012 um 15:00
Naja, er kam unter Dutt auch oft auf der rechten „Aussen“ Position zum Einsatz, während Bender, Ballack und Rolfes im Mittelfeld aufliefen. zumindest in der ersten Saisonhälfte, bevor Corluka kam und Castro fürs Mittelfeld frei wurde. Sah da natürlich nicht sonderlich gut aus, aber er kam auch gerade (wieder) aus einer Verletzungspause in die Mannschaft und wurde aus dem statischen Mittelfeld nicht besonders gut in Szene gesetzt. Dennoch war die Position des RA unter Dutt ja relativ ähnlich wie die jetzige unter Lewandowski. Er müsste einfach seinen Antritt und die Stärke im 1 gegen 1 wieder entdecken. Defensiv muss er sich natürlich ebenfalls steigern, aber das ist denke ich mittlerweile in jeder modern spielenden Mannschaft eine Pflichtaufgabe. Ich traue ihm das auch zu, in seiner Debütsaison bei Bayer grätschte er nämlich was das Zeug hielt und hing sich richtig rein.
Wie stellst du ihn dir denn auf der Reinartz-Position vor? Der spielt ja leicht vertikal-versetzt hinter den beiden anderen Mittelfeldspielern. Ich könnte ihn mir eher leicht vorgezogen vorstellen, auf den Positionen, die gegen spielerisch unterlegene Gegner von Castro und Bender gespielt werden. Wobei auch dort eigentlich seine wohl rößte Stärke, das 1 gegen 1, etwas untergehen würde.
Sehr interessant wäre es auch, ihn als Stürmer zu sehen. Unter Heynckes hatte er ja bereits ein, zwei mal neben Kießling gespielt und auch die HS unter Dutt war von der aktuellen Kießlingrolle ja gar nicht so weit entfernt, wenn ich das richtig einschätze. Einen spielerisch so starken Mann dort zu sehen hätte sicher auch deutliche Vorteile.
Max 22. November 2012 um 16:20
Augusto ist ein Spieler mit einer extrem hohen Spielintelligenz. Einer, der das Spiel leiten und dirrigieren kann.
Defensiv ist Augusto potenziell auch ein guter Spieler. Er hat von seiner Statur her gute Voraussetzungen für den Zweikampf und kann auch Pässe antizipieren. Er ist im Zweikampf mMn auch nicht so schwach, wie viele denken mögen. Problem ist aber, dass er sich meist nicht so engagiert defensiv. Wenn er wollen würde, könnte er schon recht gut sein.
was ihn für die Rolle natürlich prädestinieren würde, sind seine tollen langen, öffnenden Bälle und eben auch seine Fähigkeiten im 1 gegen 1. Wie manch einer gesehen hat, fängt unser defensives Mittelfeld (Reinartz) sehr häufig Bälle ab. Diese werden dann so schnell wie möglich nach vorne zu Schürrle, Kieß oder Castro gebracht. Hätte man nun einen wie Augusto, könnte man das Ganze auf ein höheres Level heben. Der Brasilianer kann mit seiner Dynamik und Stärke im 1gg1 Räume öffnen, die ja meist frei sind hinter dem Mittelfeld der Gegner oder eben direkt die Halbstürmer mit langen Bällen in Szene setzen. Dass er tolle Pässe spielen kann, sollte wohl jedem bewusst sein.
Das Problem hierbei ist aber eben, dass du für die Reinartz-Position einen laufstarken, spielintelligenten und zweikampfstarken Mann brauchst. Das könnte für Renato problematisch werden.
P.S.: So sehe ich RA10s mögliche Stärken in dem System bzw. auf dieser Position. Kein Anspruch auf (vollständige) Richtigkeit!
P.P.S.: Wer mag sollte sich Augustos Spiel gegen die Bayern in der Rückrunde der letzten Saison anschauen 🙂
André 20. November 2012 um 23:21
Ich denke, du machst es dir hier viel zu einfach.
Wer sich das Spiel gegen Bayern genauer angeguckt hat, hat gesehen, dass der Sieg keinesfalls „glücklich“ gewesen ist. Bayern brachte eine drückende Dominanz aufs Feld, aber es war auch zu keinem Zeitpunkt das Ziel von Bayer, diese Dominanz zu brechen.
Das letztliche Ziel einer jeden Taktik ist doch, ein Chancenübergewicht zu erreichen. Sei es dadurch, selbst viele Chancen herauszuspielen, oder aber dadurch, möglichst viele Chancen des Gegners zu verhindern. In der Regel ist es natürlich eine Kombination aus beidem mit unterschiedlich starker Ausrichtung.
Was sich dazwischen abspielt, ist ergebnistechnisch uninteressant. Leverkusen hatte am Ende gegenüber den derart drückend überlegenen FC Bayern ein klares Großchancenplus vorzuweisen. Das muss man sich vor Augen führen. Obwohl Bayern in Handballmanier um den Leverkusener Strafraum herumspielte, war es letztlich doch Bayer, die die größeren udn vorallem klareren Möglichkeiten besaßen.
Bis auf wenige Ausnahmen ist den Münchnern nichts eingefallen, um den Abwehrriegel zu knacken. Die einzigen Ideen bestanden aus Fernschüssen oder Flankenbällen in den zugestellten 16er. Erst mit Robben kam ein wenig Kreativität ins Spiel. Und der hat dann ja auch den Ausgleich eingeleitet.
Ansonsten lassen sich die bayrischen Offensivbemühungen mit einem Wort ganz gut beschreiben: Brechstange. Und Brechstange heißt eigentlich immer, dass ihnen keine taktischen Mittel eingefallen sind, um die Defensive zu knacken.
Gegen Schalke sah das ganze dann natürlich nochmal anders, ausgereifter aus. Dort wurde das Mittelfeld nicht hergeschenkt, sondern viel stärker umkämpft als in München. Das hat wohl auch mit dem gesteigerten Selbstbewusstsein und Vertrauen in das System zu tun. Und ich denke, dass die ganze Lobhuddelei hier definitiv angebracht ist.
Pep 21. November 2012 um 10:35
„Das letztliche Ziel einer jeden Taktik ist doch, ein Chancenübergewicht zu erreichen.“
Ich würde eher sagen das Ziel einer Taktik ist, das Spiel so zu gestalten, dass man es gewinnen kann. Ein gutes Beispiel ist Chelsea gegen Bayern. Die haben sich anscheinend gedacht das Spiel ist nur mit Glück zu gewinnen. Mit der extremen Mauertaktik wollten die sicherlich kein Chancenübergewicht erreichen. Auch hat Leverkusen in den letzten x Minuten gegen Bayern gemauert, mit dem Ziel das Spiel zu gewinnen und nicht eine Chancenübergewicht zu erreichen.
Hier aktuelle Beispiele das Torchancen (hier schüsse) auch nix mit dem Endergebnis zu tun haben müssen:
hoffenheim – wolfsburg 1:3 aber Torschüsse 25:8
hoffenheim – schalke 3:2 aber Torschüsse 6:23
Rotador 21. November 2012 um 20:39
Nana, ist schon klar. Am Ende entscheiden Tore und dafür brauche ich Chancen. Je weniger, desto besser müssen sie sein. Jetzt muss man unterscheiden: Spiele ich auf Unentschieden? Dann kann ich mich eher aufs Verhindern konzentrieren. Liege ich gar in Führung? Dann sind mir Großchancen egal.
Was mich an der Chelsea-Taktik fasziniert hat, war wie gut sie aufging. Gegen Barca ein Tor mehr gemacht als nötig und gegen Bayern hat’s immerhin ins Elfmeterschießen gelangt. Deshalb: Das Chancenverhältnis sagt wirklich viel aus, aber am Ende zählt eben doch das Ergebnis.
Pep 22. November 2012 um 11:28
War ja gestern bei Ajax gegen Dortmund auch so
Ajax Schüsse 13:6 Ballbesitz sogar 70% Tore 1:4
klaus schulze 22. November 2012 um 23:25
dann schau doch mal bei whoscored wo das chancenplus lag:
http://www.whoscored.com/Matches/621199/Live
ode 20. November 2012 um 11:19
Hallo,
vielen Dank für den tollen Artikel. Als Bayer-Fan liest man so was natürlich gerne. Ich bin etwas erstaunt, dass die Mannschaft das neue System schon recht gut verinnerlicht hat, wo sie sich ja letztes Jahr so gegen Neuerungen gesträubt hat… Vielleicht liegt es daran, dass das System die Defensive so stabilisiert und dadurch Sicherheit entsteht. Letztes Jahr war das Pressing viel offensiver und da dort die Umstellungen nicht so schnell gegriffen haben, sind die Fehler immer wieder passiert und dann auf die IVs zugekommen. Die dann einfach überfordert waren. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch, dass die IVs in Leverkusen letztes Jahr totalen Lack bekommen haben deshalb. Wo eigentlich klar war, dass das alles gar nicht ihre Schuld war…
Was ich nicht ganz verstanden habe ist, was mit „linearem Spiel“ gemeint ist. Von Formschwankungen und der hohen Belastung durch englische Wochen abgesehen habe ich mich schon gefragt, wieso Leverkusen gegen einen bisher so schwachen VfL Wolfsburg hoch und klar verlieren konnte.
Und bitte aufhören zu erklären, wie man Bayer schlagen kann… Sonst steig ich euch aufs Dach!!! 😉
LG…ode.
MR 20. November 2012 um 11:25
Lineares Spiel: Vertikaler, schneller in die Spitze, flügellastiger, nicht auf Dominanz ausgelegt, normalerweise weniger kollektiv, positionstreuer. Merkmale sind eher Flanken und Dribblings, weniger Kombinations- und Aufbauspiel.
ode 20. November 2012 um 14:10
Danke!
Pep 20. November 2012 um 15:31
„Ich bin etwas erstaunt, dass die Mannschaft das neue System schon recht gut verinnerlicht hat, wo sie sich ja letztes Jahr so gegen Neuerungen gesträubt hat“
Ich denke Dutt hatte seine Vorstellung und die Spieler hatten eine andere Vorstellung. Die jetzigen Trainer haben sich aus der unschönen Situation heraus mehr Gedanken gemacht was für alle das beste ist. Was wollen die Chefs, Spieler, Fans? Wie bekommt die Mannschaft Sicherheit, Ruhe, welche Leute haben wir, was ist am schlausten, was können/wollen die Jungs umsetzen? Dutt hat sich da vielleicht (!) eher an seiner optimalen Fußballwelt orientiert und versucht die Spieler da reinzukloppen. Unter Dutt sollte anders gespielt werden, für einige vielleicht zu kompliziert, unruhig? Dennoch sieht man jetzt auch Positionswechsel, Konter, aber alles aus einer Sicherheit heraus. Unter Dutt gab es nur Unsicherheit, Frust ja und dann die Komfortzone die den Spielern erlaubt nur das zu tun auf das sie Lust haben… von daher kann man dem Verein nur Wünschen, dass es lange so weitergeht, egal wieviele Punkte in den nächsten Spielen kommen.
Padh1j0 20. November 2012 um 10:46
Grossartiger Artikel, MR!
Für mich als Barca-Fan würde die Auseinandersetzung Barca-Leverkusen einen grossen Reiz haben, nur Leverkusen spielt diese Saison keine CL. Barca kommt nun einmal gerne durch’s Zentrum, aber auch dein aufgeführtes 3-4-2-1 findet man bei Barca mehr oder weniger. Vor allem vor Alba und D. Alves würde eine grosse Aufgabe stehen. (verzeiht mir, wenn ich hier gleich wieder mit Barca anfange, aber genau solche toll durchdachten Defensivsysteme ist der Anspruch von Barca, zu knacken; „den Bus vor dem Tor parken“ kann ja quasi jede Mannschaft ^^)
Fluff 20. November 2012 um 10:41
„Schalker, die keineswegs wesentlich schlechter spielten als in ihren bisherigen guten Saisonspielen“
Da muss ich widersprechen. Ohne Leverkusens hervorragende Leistung schmälern zu wollen, Schalke präsentierte sich in mieserabler Tagesform. Die Quote erfolgreicher Zweikämpfe lag lange bei 30% und stieg später auf immer noch unterirdische 42.6%. Ein weiteres Indiz waren viele völlig verunglückte Anspiele ohne Bedrängnis.
Pep 20. November 2012 um 10:59
Die geringe Zweikampfquote der Schalker kann genauso ein Indiz für die Zweikampfstärke der Leverkusener sein. Wieviel Anteil da eine mieserable Tagesform hat, kann man nicht sagen. Vielleicht hatte Leverkusen auch eine miese Tagesform und es wären noch mehr gewonnene Zweikämpfe und Tore drin gewesen.
Fluff 20. November 2012 um 11:09
Wir reden von einer Mannschaft, die in jedem ihrer Spiele über 50% lag, nur einmal bei 48,9%. Das ist schon eine signifikante Abweichung, insbesondere da man sich erst spät über die 40%-Marke rettete. Und natürlich ist es nicht objektiv auszudiskutieren, aber ich bin entgegen MRs und deiner Bewertung der Meinung, dass der Leistungsabfall über ein „mehr hat der Gegner nicht zugelassen“ hinausgeht und auch der Tagesform geschuldet war.
Pep 20. November 2012 um 15:20
@Fluff So wie du das beschreibst müssen ja erst die Leistungswerte der Spieler in einigen Partien abfallen bis eine Niederlage dann wirklich der schwächeren Leistung geduldet wird. Es besteht doch garkein Zusammenhang zwischen dem Schalker Spiel gegen Leverkusen und den erfolgreichen Spielen zuvor. Es besteht ja noch nichteinmal ein Zusammenhang zwischen statistischen Werten und dem Ergebnis (vergl. Bayern – Chelsea).
Leverkusen hatte unter Dutt immer mehr Ballbesitz, gegen Barcelona waren es dann aber extrem wenig. Soll man nun also nur weil Leverkusen in den Siegen zuviel gegen Freiburg und Mainz (?!?) 60% Ballbesitz hatte und gegen Barcelona 30% die Niederlage an einer schlechten Tagesverfassung abhänig machen? Nein, primär war doch der Gegner ein anderes Kaliber. Und an diesem Spieltag war das eingespielte Leverkusener System für Schalke nunmal ein zu großes Kaliber.
MR 20. November 2012 um 11:09
Zweikampfstatistiken sind eh der größte Schwachsinn, solange sie nicht näher aufgedrieselt werden (um welche Zweikämpfe geht es? defensiv, offensiv, freie Bälle?). In dem Fall lässt sie sich leicht taktisch entschlüsseln: Leverkusen konterte viel in Überzahl oder Gleichzahl, Kießling und Schürrle hatten etliche 1-gegen-1-Situationen, in denen sie simpel in den Raum vorbeigehen konnten (wie vor beiden Toren). Das ist kaum zu verhindern und hat nichts mit Tagesform zu tun. Zudem verlor Schalke einige Bälle bei Zweikämpfen im Zentrum, wo klar ist, dass man in dieser Enge schlecht vorbeikommt.
Unbedrängte Fehlpässe sind mir nicht gehäuft aufgefallen, müsste man statistisch untersuchen. Ein generell unterlegenes Spiel und ein Rückstand verzerren da die subjektive Wahrnehmung oft ganz extrem. Ich hab mal das Wolfsburg-Spiel als Referenz rausgesucht, was wohl eins der besten Schalker Saisonspiele war: Da hatten sie 1% weniger Erfolgsquote bei den Pässen, trotz 3% mehr Ballbesitz. Nicht signifikant anders also, sondern sogar ein bisschen schlechter. (Kein Beweis, aber ein Indiz.)
Fluff 20. November 2012 um 11:28
Dann zäumen wir das Pferd vom anderen Ende auf: wie kommst du zu der Annahme, dass „Schalke, keineswegs wesentlich schlechter […] als in ihren bisherigen guten Saisonspielen spielte“? Wie gesagt, die Beurteilung der Tagesform ist objektiv nicht möglich, daher eine gewagte These bei einem Spiel, in dem nichts gelang.
MR 20. November 2012 um 11:40
Weil ich die gleichen Mechanismen, ähnliche Bewegungen, ähnliches Grundtempo, ähnliche Ballsicherheit gesehen hab. Das ganze Spiel war so wie in der bisherigen Saison, nur der Gegner war halt anders, so meine Beobachtung und mein Eindruck.
Was vielleicht für mich spricht: Ich hatte das Spiel 2:0 für Leverkusen getippt und auch auf einen Leverkusener Sieg gewettet, mit der Argumentation (habe Zeugen! 😉 ), dass Schalke mit massiv verstellten Halbräumen genau diese Schwierigkeiten bekommt. Kann natürlich Glück gewesen sein (bzw. war es das natürlich teilweise, siehe verschossener Elfer), aber – siehe obenstehendes 2000 Wörter Plädoyer – die Effekte sind eben belegbar. Von daher muss man über Tagesform mMn nicht spekulieren, denn ein nachvollziehbar sehr großer Teil des Unterschiedes machte die Taktik aus.
(Ich habe übrigens bewusst „keineswegs wesentlich schlechter“ geschrieben, denn dass Schalke ein bisschen schwächer drauf war, ist gut möglich. Es war aber eben nicht so, dass Leverkusen auf eine völlig unter Form spielende Schalker Mannschaft getroffen ist, bei der irgendwie alles fehlte, was sie bisher ausgemacht hat.)
Generell kann man, denk ich, relativ trennscharf unterscheiden, ob eine Mannschaft keine guten Situationen hatte, oder sie Situationen hatte und diese schwach verwertet hat. Ersteres ist hauptsächlich taktisch bedingt, zweiteres hauptsächlich formabhängig (oder psychologisch bedingt). Und in diesem Spiel fehlten Schalke die Grundsituationen, um was zu machen. Ich meine, wie hätten sie denn in guter Form Präsenz ins Zentrum bringen sollen? Die Unterzahl wäre die gleiche gewesen.
Fluff 20. November 2012 um 21:28
„unbedrängte Fehlpässe sind mir nicht aufgefallen“
Da kann ich als Autoritätenargument auf Michal Cox verweisen, für den Schalkes wahnwitzige Fehlpässe ebenfalls sehr auffällig war (horrendous misplaced passes).
MR 20. November 2012 um 21:43
Aber unbedrängt? 🙂
Felix 20. November 2012 um 23:32
Um in die Diskussion eine Sache ein zu werfen: Schalke hat mit Höwedes als RV gespielt, der gelernter IV ist und nicht die typischen Eigenschaften eines AVs hat. Dadurch fehle auf der rechten Seite schon ein wenig die Dynamik, die sonst im Zusammenspiel von Farfan und Uchida entsteht.
Für mich war Leverkusen optisch nicht wirklich besser, da sie ausschließlich gekontert haben. Aber mit deiner Analyse hast du mir gezeigt, warum dieser Umstand genauso geplant, provoziert und umgesetzt wurde. Schalke hat nicht ins Spiel gefunden, keine Mittel gefunden und das lag sicher an dem komplett dichten Zentrum, wodurch viele Bälle verloren wurden.
Die Gelb/Rote Karte für Papa passt da auch irgendwie ins Bild: Ein für sein physisch betontes Spiel bekannter IV fliegt vom Platz, nachdem er sich bei Kontern häufig nur durch riskante Aktionen oder Fouls retten konnte.
blub 20. November 2012 um 10:23
Man darf bei den für dieses System so zentralen 3 Sechsern nicht vergessen wer da steht: Bender, Reinartz und Rolfes sind 3 physisch extrem starke Spieler, die chancen hier durchzukommen sind nochmal deutlich geringer. Leverkusen muss garnicht über die numerische überlegenheit in dei Ballgewinne kommen. Die reine zweikampfstärke macht hier deutlich was aus.
Das macht einen Gutteil von Leverkusens stärke aus.
Pep 20. November 2012 um 10:55
Genau aus diesem Grund wurde so ein System ja auch ausgewählt. Weil es Stärken sind die hier noch stärker zum Tragen kommen und so noch besser genutzt werden können.
@Seitenschreiber
„Auf diese Weise rückt Bayer in eine verschobene 4-4-1-1-Ordnung und erzeugt viel Druck auf dem Ball“
müsste es nicht heissen „auf den Ball“?
„Mittlerweile hat die Werkself eine hervorragende defensive Balance gefunden und spielt wohl eins der modernsten Defensivsysteme im Weltfußball“
Sehe ich auch so und finde es super, dass das System hier analysiert wurde. Viel zu oft liest man von einem altmodischen und komischen Tannenbaumsystem. So sieht Jogi das wahrscheinlich auch.
christopher 20. November 2012 um 10:13
Hat Dortmund nicht genau diese „Schwächen“ auf dem Flügel von Leverkusen beim 3:0 ausgenutzt? Vor allem Schmelzer hat da einen Sturmlauf inklusive Flanken nach dem nächsten vollzogen, sodass Bayer gerade auf ihrer rechten Abwehrseite in große Nöte geriet. Zudem konnten Spieler wie Götze, Kuba oder Reus die Halbräume gut und schnell ausnutzen.
Oder war das vor allem der noch unausgereifteren Ausführung des Systems geschuldet?
MR 20. November 2012 um 10:16
Gegen Dortmund hat Leverkusen 4-4-1-1/4-4-2 gespielt.
Sie wollten damit wahrscheinlich genau diese Schwachstelle schließen, aber wurden dann eben im Zentrum überladen und von dort aus dann trotzdem außen geknackt.
Danke für die Nachfrage, hab das mal noch im Artikel erwähnt.
BenHasna 20. November 2012 um 10:58
Hervorragender Text!
Gegen den Ball war Leverkusens schwächste Halbzeit diese Saison – abgesehen vom Dortmund-Spiel in veränderter Formation – vielleicht die erste Halbzeit in Augsburg. Da standen Castro und Schürrle oft zu hoch und zu zentral und Augsburg kam einige Male ganz gut nach vorne mit sehr schnell vorgetragenen Angriffen über die Seiten. Wurde aber sofort korrigiert und war seither immer in Ordnung – sicher auch ein Qualitätsmerkmal. Ohnehin scheinen die Coaches die Schwächen sehr schnell erkennen und verbessern zu können. Im ersten Saisonspiel in Frankfurt beispielsweise spielten Schürrle und Bellarabi vorne sehr zentral, um Schwegler und Rode nicht zu viel Zeit/Platz zu lassen – Bender und Rolfes dafür sehr breit gegen Frankfurts aufrückende Aussenverteidiger. Das wurde aber seither nie mehr so gespielt. Funktionierte eben auch nicht so richtig und gibts wohl nie mehr zu sehen.
christopher 20. November 2012 um 11:35
Wäre trotz dessen, Dortmunds Ansatz Fußball zu spielen gut geeignet Leverkusen in größere Bedrängnis zu bringen? Da sie ja versuchen, schnell und kollektiv den Gegner unter Druck zu setzen und so auch schnell zum Abschluss zu kommen, wenn denn die Räume da sind. Diese hätten sie über außen und mit Spielern wie Piszczek und Schmelzer auch Mittel, die Räume zu beackern. Zudem können technisch gute und intelligent und schnell spielende Spieler wie Reus, Götze, Kuba immer unterstützen und Zentrum sowie außen überlagern.