Wie Rayo dem FC Barcelona den Ballbesitz streitig machte

Ein kleines „wie presse ich den FC Barcelona“ – in der Starrolle: Rayo Vallecano.

Am Ende hieß es 54% Ballbesitz für den FC Barcelona – „nur“ 54%. Sie gewannen zwar deutlich mit 0:5 in Madrid beim Stadtteilverein, doch Underdog Rayo Vallecano schlug sich deutlich besser, als es das Ergebnis hätte vermuten lassen. Teilweise hatten die Katalanen sogar weniger vom Ball, als der Gegner – genauer gesagt in fünf Fünf-Minuten-Phasen, eine davon war sogar bei 40%.

Ähnliches, aber nicht Gleiches, gab es seit Beginn der Ära Josep Guardiola und nun seines Nachfolgers Tito Villanova nur in wenigen Ausnahmefällen.

Unter 55% Ballbesitz hatten sie ohnehin seit der Saison 2009/10 nur in drei Spielen gehabt. Gegen Real Madrid am 31. Spieltag 2009/10, als Manuel Pellegrini mit einer engen Raute (bestehend aus Marcelo – Xabi Alonso – Fernando Gago), den beweglichen Cristiano Ronaldo und Gonzalo Higuain als Mittelstürmer sowie einer enorm aggressiven Spielweise (29 Fouls) spielen ließ.

Grundformationen zu Spielbeginn

Zwei weitere Mal lagen sie unter diesen magischen Marke gegen Unai Emerys Valencia, je einmal pro Saison in den vergangenen beiden Jahren. In beiden Spielen hatte Valencia mit dem enorm pressingresistenten Ever Banega, einem defensiv doppelt besetzten Flügel mit Jeremy Mathieu und Jordi Alba, dem körperlich starken Wandspieler Roberto Soldado und dem dribbelstarken Flügelstürmer Pablo Hernandez gespielt; eine herausragende Kombination von passenden Spielern in Pressing und Ballbehauptung.

Weitere Spiele mit wenig Ballbesitz gab es gegen den pressingstarken Athletic Bilbao und im heiß umkämpften Barcelona-Derby gegen Espanyol Barcelona. Gegen diese beiden Mannschaften lagen sie ebenfalls je einmal unter 60% in den vergangenen beiden Saisons.

Lag es in diesem Spiel gegen Rayo Vallecano vielleicht an der Umstellung von Guardiola auf Villanova? Immerhin musste Guardiola in seiner ersten Saison ebenfalls einige Spiele mit Ballbesitzwerten zwischen 55-60% erdulden (u.a. gegen Pellegrinis Villareal). Dazu sei aber gesagt, dass damals das Pressing und die Passmuster noch nicht so ausgereift waren, außerdem wurden diese Spiele in nahezu allen Fällen hoch gewonnen; der Gegner hatte den Ball schlichtweg wegen zahlreicher An- und Abstöße so oft und lange im Fuß, Barcelona schloss damals auch öfter aus weniger qualitativen Situationen ab, was auch an Samuel Eto’o und Thierry Henry lag.

Ein kleines Zahlenspiel: in der Saison 2008/09 hatten sie in 38 Spielen zwölf Mal über 20 Schussversuche und sieben Mal über zehn Schüsse auf das Tor, 2011/12 gab es nur fünf Mal über 20 Schussversuche, aber die gleiche Anzahl von Schüssen auf das Tor wie drei Jahre zuvor.

Lediglich bei der knappen Niederlage auswärts gegen Atlético hätte man von einer taktischen Ursache sprechen können, doch hier war die Spielerbesetzung Barcelonas mit Gudjohnsen und Touré im Mittelfeld sowie Sylvinho in der Verteidigung etwas unpassend, keiner davon sollte in der nächsten Saison noch bei Barcelona spielen, welche daraufhin nur in dem bereits erwähnten Spiel gegen Real und einer Partie gegen Getafe zu zehnt und gegen Spielende zu neunt niedrige Ballbesitzwerte aufwiesen. Aber selbst gegen Atlético hatten sie 2008/09 mehr Ballbesitz, als in dem Spiel gegen Rayo Vallecano.

Diese schafften es sogar vor dem ersten Gegentor mehr Ballbesitz zu haben, als die Katalanen. Etwas, was einzig Valencia seit Messis Installation als tiefer spielmachender Neun gelungen war. Wie schaffte es mit Rayo Vallecano eine Mannschaft, welche weder individuell noch auf der Trainerbank über einen großen Namen verfügt, Barcelona ähnliche Probleme in deren Ballbesitzspiel zu bereiten? Ein genauerer Blick erklärt, wie.

Rayos Spielweise – bei Ecken

Schon von Spielbeginn an zeigte Rayo Vallecano eine aggressive Herangehensweise. Der Abstoß wurde nach hinten gespielt, prompt flog ein langer Ball auf die aufrückenden Flügelstürmer und es gab den ersten Eckstoß für Rayo. Bei diesem Eckstoß zeigte sich Rayos gute taktische Vorbereitung auf das Spiel, denn sie attackierten gezielt die Raumdeckung der Katalanen bei Eckbällen.

der erste Eckball als beispielhafte Spielszene

Barcelona postierte sich mit vier Mann leicht diagonal versetzt vor Valdes, dazu noch drei Manndecker und einen im Rückraum des Strafraumes. Rayo ließ vier Mann mit einem Mann dahinter dynamisch in den Strafraum ziehen und wollte gegen die stehenden Raumdecker vor Valdes kommen. In dieser Situation aber ohne Erfolg.

Rayos Spielweise – bei Abstößen

Beim folgenden Abstoß orientierten sich aber der abstoßferne Flügelstürmer und der Mittelstürmer auf die Innenverteidiger, deckten sie zu und provozierten lange Abstöße von Valdes. Auf den defensiven Flügeln spielten sie prinzipiell mit einem hohen Mannfokus, sie versuchten die gegnerischen Außenstürmer, welche als sofortige Breitengeber im Umschaltspiel nach vorne sowie als Kombinationspartner für Lionel Messi dienen, umgehend zu bedrängen und Drehungen zu verhindern. Außerdem konnten sie diese bei Kopfballduellen zumeist bezwingen.

Als Absicherung für diesen Mannfokus verschob der ballnahe Innenverteidiger dahinter ein, der zweite Innenverteidiger bildete mit dem ballfernen Außenverteidiger eine breitere Dreierkette und gemeinsam sicherten sie die Duelle des Außenverteidigers ab. Kam versehentlich der hinter dem Außenverteidiger stehende und absichernde Innenverteidiger in Verlegenheit und ein Duell gegen den Außenstürmer als Resultat des vorherigen Zweikampfs, ließ sich der Außenverteidiger fallen und übernahm seine Rolle. Die interessantesten Aspekte gab es im Mittelfeldpressing Rayos.

Rayos Spielweise – beim Mittelfeldpressing

Eine wichtige Rolle spielten der Sechser und die beiden Achter vor ihm. Nominell spielte Rayo also in einem 4-1-4-1, aber es bildeten sich immer wieder unterschiedlichste Formationen – beziehungsweise „Re-Formationen“ passend zu den gegnerischen Positionen.

Dadurch entstanden nicht nur relativ normale Verschiebungen in ein 4-4-2 (sowohl durch aufrückende Flügelstürmer wie beim Abstoß als auch einen nach vorne schiebenden Achter, vorzugsweise den gelernten Stürmer Leo), sondern deutlich komplexere Anordnungen. Die Mittelfeldspieler wechselten zwischen einem raumorientierten, positionsorientierten und mannorientierten Raumdeckungen, je nach Gefühl, Lust und Laune.

Die „wirkliche“ Formation war sehr oft ein 4-3-2-1. Allerdings war die Dreierkette des Mittelfelds enorm breit gefächert, weil die Halbspieler neben dem absichernden Sechser aus den Flügelstürmern und nicht den Achtern geschaffen wurden. Zur genaueren Definition benennen wir diese Formation zu einem 4-1lr-2-1 – ausgehend davon, dass bei eine „1“ immer einen mittigen Spieler, eine „2“ zwei Halbspieler, eine „3“ eine breitere Anordnung mit zwei Halbspielern und eine „4“ zwei breite und zwei zentrale Akteure bedeutet. Ein „l“ oder „r“ bedeutet also einen sehr breiten Spieler auf der jeweiligen Seite, was wir im Laufe dieser Analyse anhand der Spielszenen als oft vorkommendes Merkmal ausarbeiten werden.

der Sechser sichert ab, die Flügelstürmer stehen breit und tief, die Achter haben vorher gepresst

Wie oben durch die Zahlenkombination angedeutet gab es bei zentralen Angriffen Barcelonas zwei ballferne Akteure und sonst einen ballfernen „Absicherungsspieler“. Oftmals schob auch nur der ballnahe Außenspieler auf die Außen und der ballferne Akteur rückte ein. Außerdem schoben die beiden nach innen, wenn es keinen aufrückenden Außenverteidiger auf der Außenbahn gab und bildeten eine enorme Überzahl in der Mitte. Auf den Außenverteidigerpositionen wurde mit dem schon ausgeführtem aggressiven Mannfokus auf die Flügelstürmer des Gegners gespielt, ansonsten gab es hier eine enge Viererkette.

Rayos Spielweise – Herausweichen aus der Position

Bei Rayo gab es auch eine gewisse Defensivfluidität zu beobachten, denn immer wieder verließen Spieler ihre Positionen. Der Sechser schob sich aus seiner Position manchmal weiter nach hinten und agierte wirklich als Libero vor der Abwehr, so tief wie einst ein Vorstopper. Teilweise rückte er jedoch auf, „erlöste“ einen der Achter und dieser konnte nach vorne schieben und mit dem Mittelstürmer pressen. Oftmals schoben sogar beide Achter nach vorne und es entstand ein 4-lr-1-3 im Pressing, was enormen Druck auf die gegnerischen Innenverteidiger und Song entfachte.

Angriffspressing mit Mannorientierung auf Messi vom IV

Desweiteren half traf die hohe Ballorientierung nicht nur auf die Mittelfeldspieler zu, sondern auch auf den Mittelstürmer, der sich immer wieder tief positionierte oder gar aktiv rückwärtspresste. Alleine in den ersten zwanzig Minuten gab es drei Situationen, wo sich alle elf Spieler im ersten Spielfelddrittel befanden.

Um diese freie Spielweise abzusichern, gab es neben der engen Viererkette auch situative Manndeckungen in jenen Räumen, wo Barcelona nach Kombinationen hätte Überzahlen schaffen können.

Beispielsweise blieb der Sechser einmal auf der Position des nominellen Rechtsmittelfeldspielers, als Fabregas und Villa links offensiv standen und nicht nach hinten in die 4-1-4-1-Defensive rückten, sondern beide zockten. Auch als Messi sich verstärkt fallen ließ, um den durch den sich auflösenden und vorrückenden Sechser in freien Räumen zu stehen, wurde er von einem Innenverteidiger variabel verfolgt.

ursprünglich ein 4-l1r-2-1, doch Innenverteidigung schiebt sich Richtung Messi nach vorne

Rayos Spielweise – auch offensiv flexibel und fluid

Allerdings waren die Madrilenen auch in eigenem Ballbesitz ungemein interessant. In ihrem Aufbauspiel ließ sich der alleinige Sechser fallen und bildete ein flaches Dreieck mit den sehr breiten Innenverteidigern. Dadurch konnten die Außenverteidiger aufrücken, allerdings standen sie nicht starr auf ihrer Position. Bei Bedarf konnten sie in die Mitte rücken und der Außenstürmer ließ sich fallen, wo er dann deren Position übernahm und die Breite gab.

Dadurch waren die Außenverteidiger frei, konnten angespielt und das Angriffspressing des Gegners überwunden werden. Desweiteren waren die Achter sehr frei, sie konnten sich ebenfalls frei bewegen, aber oft wurde im Aufbauspiel ein 2-3-1-4 praktiziert – die Flügelstürmer und ein Achter neben dem Mittelstürmer sorgten für eine hohe Viererreihe, welche die gegnerischen Akteure okkupierte.

ein beispielhafter Spielzug mit Überladung durch vier Spieler auf dem rechten Flügel

Aus dieser Formation heraus überluden sie mit dem beweglichen Achter und den mitaufrückenden Außenverteidigern die gegnerischen Außen und kamen zu sehr vielen Flanken sowie Schüssen aus der Distanz, die aber wenig Wirkung hatten, weil die gegnerische Abwehr ziemlich sicher und stabil stand. Auch Spielzüge wie ein Pass von Innenverteidiger auf den Sechser, dann auf die Außen und einen schnellen Linienball zum Außenstürmer hatten relativ wenig Erfolg und mündeten in vielen Flanken. Letztlich war es aber ein unnötiger Ballverlust im Aufbauspiel, der für den Rückstand sorgte. Die größte Ursache für die Niederlage.

Was war bewundernswert?

  • Defensivfluidität
  • breite offensive Flügel mit tiefer Orientierung und Absicherung auf den Seiten
  • enorm hohe Bewegung über sehr lange Zeit
  • kein Problem Mitte verwaisen zu lassen – und sie trotzdem nicht Barcelona zu schenken
  • sehr viele situative Dreiecke und Dreierketten
  • betont mitspielender und aufbauender Torwart
  • auch radikaler als Barcelona in puncto Offensiv- und Aufbaufluidität
  • hervorragendes Abseits-Stellen

beispielhafter Defensivablauf aus der ersten Minute

00:54

Valdes will einen Abstoß ausführen, aber Rayo deckt die Innenverteidiger ab, außerdem auch die Mittelfeldspieler und den linken Außenverteidiger. Es folgt ein unüblicher langer Ball.

 

01:06

Daraus resultiert ein Zweikampf zwischen David Villa und seinem Manndecker, Rayo entscheidet diesen für sich, doch kriegt den Ball nicht weg. Der Sechser hilft mit, der vorherige Manndecker auf den Innenverteidiger steht hoch links.

 

01:30

Es entsteht beinahe eine Chance für Barcelona, doch sie spielen sie nicht gut zu Ende, der Ball kommt auf Außen. Rayo presst schnell rückwärts und es entsteht ein 5-4-1. Barcelona muss den Ball nach hinten spielen.

01:33

Rayo presst schnell nach vorne und rückt gut heraus. Aus dem 5-4-1 entsteht ein 4-l1r-3. Der Ball geht auf Busquets.

01:35

Der vorherige linke Mittelfeldspieler rückt heraus und presst; sehr riskant, weil er Montoya auf rechts öffnet.

01:38

Die offensive Mittelfelddreierkette hinter dem aufgerückten linken Mittelfeldspieler verschiebt jedoch gut, der Ball wird zurück zur Innenverteidigung gepasst. Der Sechser klinkt sich ein und schiebt nach vorne.

01:41

Pass nach hinten von Barcelona, Rayo drückt und rückt auf.

01:44

Es folgt ein Rückpass Barcelonas auf Valdes. Rayo presst aggressiv im Angriffspressing und schiebt nach. Der Sechser orientiert sich an Xavi, ein Achter bildet den Eckpunkt der Raute, der linke Mittelfeldspieler presst auf Valdes, der Mittelstürmer und der zweite Achter pressen auf die Innenverteidiger. Wieder folgt ein langer Ball.

01:46

Ähnliche Szene wie eine Minute zuvor: Villa in Manndeckung bei einem Kopfballduell.

beispielhafter Defensivablauf aus der dritten Minute

02:53

Aus dem 4-1-4-1 entsteht ein 4-2-3-1 und der rechte Außenspieler Barcelonas wird gepresst. Sowohl Mittelstürmer als auch die Achter pressen rückwärts, während der Sechser den Raum füllt.

02:59

Es entsteht ein 5-5-0. Rayo rückt heraus und hetzt Barcelona wieder, diese spielen den Ball nach hinten.

03:04

Rayo presst wieder, sie stehen jetzt in einem 5-rl-1-2 da und können bei Balleroberung enorme Gefahr ausüben

andere Statistiken als das 0:5

  • Am Ende hatte Barcelona, je nach Statistikseite, zwischen 52%(!) und 55% Ballbesitz.
  • Bei 73%:81% lag die jeweilige Passgenauigkeit, Rayo spielte siebzig lange Bälle und zwei mehr als die Katalanen
  • Sie spielten 301 Kurzpässe, Barcelona kam „nur“ auf 441 (gegen Celtic hatten sie über 900). insgesamt also 391:522 Pässe
  • Hoch interessant: die durchschnittliche Anzahl an folgenden Kurzpässen lag bei beiden Mannschaften bei vier
  • Rayo hatte mehr als doppelt so viele Flanken wie Barcelona, spielten im gesamten Spiel nur vier Fouls mehr
  • Das Spiel lief mit 28% mehr in Barcelonas Defensivdrittel als in Rayos ab (21%)
  • Barcelona stand defensiv gut, 50% der Schüsse Rayos kamen von außerhalb, acht gingen neben das Tor, vier darüber
  • Rayo griff mit 38% und 39% sehr viel über die beiden Flügel an und auch sehr ausgeglichen
  • Sie gewannen 68% der Luftduelle, stellten den Gegner acht Mal ins Abseits (Barcelona sie nur zwei Mal) und es gab 31:34 Einwürfe
  • Sie hatten sechs abgefangene Pässe und einen Befreiungsschlag weniger als Barcelona
  • Barcelona hatte gleich viele erfolgreiche Tacklings (15), aber zwei erfolglose mehr (7:5)

In diesem Spiel reicht also der Blick auf das Resultat nicht. Wir danken Laola1.tv für das Bildmaterial.

Me-2 11. November 2012 um 13:24

Als diese Erweiterung mit „r“ und „l“ kamen, bin ich zwar ausgestiegen, dafür haben mir aber die gezeigten Spielszenen vermittelt, was gemeint war, sehr guter Artikel!
Wie groß ist denn die Möglichkeit (von den Spielertypen und der taktischen Vorgehensweise her), dass der FCB oder BVB ähnlich gegen Barcelona spielen kann?

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crs 10. November 2012 um 14:49

Ich könnte die Spiele gegen Real und Atl.Madrid anbieten. Einfach anmailen.

2 Stichpunkte zu Barca:

Ich halte die Katalanen unter Vilanova für deutlich Pressinganfälliger, da bei eigenem Spielaufbau deutlich weniger Raumnutzung betrieben wird und das Risiko von einfachen Ballverlusten in den ersten Linien bewusst kleiner gehalten wird (Fehler wie gegen Real letzte Saison). Unter Druck wird dadurch schon mal schneller der lange Ball genutzt (oder lange Abstöße), was man in der „Häufigkeit“ (relativ gesehen!) so von Barca nicht kennt. Dadurch rücken u.a. Luftduelle bzw zweite Bälle „vermehrt“ in den Fokus.

Des Weiteren bereitet das Abrücken von der aggressiven Abseitslinie aus den Vorjahren hin zu einer „moderateren“ Verteidigung ziemliche Probleme. Der abgeschwächte Raum- und Zeitdruck aus der hinteren Reihe ist mMn der große Faktor hinsichtlich der viele gegnerischen Torschüsse und Tore.

Insgesamt sehe ich die Mannschaft wesentlich verletztbarer. Dieses Gefühl der Übermannschaft und Unschlagbarkeit, welches sich sonst immer eingestellt hat, schwindet ein Stück. Im weiteren Saisonverlauf werden wir noch einige (spielerische) Überraschungen (mehr) erleben, da bin ich mir sicher.

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Jo 5. November 2012 um 20:40

Ich habe mir gerade eben die ersten, mMn sehr beeindruckenden, 19 Minuten angeschaut. Eine Frage: Was denkt ihr wie der Trainer diese spezielle Taktik mit seinen Spielern einstudiert hat? Ich gehe mal davon aus, dass Rayo nicht in jedes Spiel mit solch einer fluiden und aggressiven Spielweise bestreitet…

Ich würde mich über aufschlussreiche Antworten freuen.

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RM 6. November 2012 um 20:26

ich habe schon paar Ausschnitte von Rayo immer wieder gesehen, wo sie immer sehr gegnerangepasst und interessant verteidigten. Wenn ich es schaffe, mehrere 90 Minutenspiele zu erhalten, gibt es vielleicht eine genauere Analyse.

Soll heißen: ich kann es nicht genau sagen, aber mir scheint, dass sie durchaus öfter in Ansätzen so verteidigen bzw. einen Trainer zu haben scheinen, der komplexe taktische Ideen enorm gut in der Theorie und am Training vermitteln kann. Dazu gibt es natürlich auch passende Trainingsformen.

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Jo 9. November 2012 um 20:56

Würdest Du sagen, dass Rayo auch im Spiel gegen Real Madrid (am 25.09. glaube ich) Ansätze dieser Spielweise gezeigt hat?

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RM 9. November 2012 um 21:26

Müsste ich mir das Spiel ansehen… 🙁

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sb 2. November 2012 um 12:28

sehr interessante diskussion hier. gute argumente sowohl von tank als auch von RM, mein eigenes fazit liegt irgendwo dazwischen (allzu weit sind sie ja auch gar nicht von einander entfernt).

die einbindung von z.t. sekundengenauen screenshots finde ich super hilfreich – endlich kann man auch ohne das spiel noch einmal anzuschauen die konkreten taktischen manöver wunderbar nachvollziehen.

ich pflichte jedoch (zumindest im ansatz, wenn auch nicht überall in der form) den stimmen bei, die diese völlige abkoppplung vom letztendlichen ergebnis im artikel etwas befremdlich fanden. bei aller liebe zur taktischen raffinesse zählt am ende ja doch vor allem das was dabei herauskommt (drogba tröstet schweinsteiger).

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IF Kroos 2. November 2012 um 12:55

Nein xD

Das Ergebnis ist letzlich uninteressant für die Analyse!!

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Tank 1. November 2012 um 18:23

Dieses Spiel scheint überall zu kontroversen Reaktionen zu führen. Auch auf Barca-Fansites ist vom (vorhersehbaren) „Manita! Rayo so richtig fertig gemacht!“ bis „Das schlechteste Barcelona-Spiel seit Jahren!“ alles zu finden.

Ich persönlich positioniere mich an keinem der Extreme dieser Skala, halte es aber eher mit den Leuten, die ein durchaus verdientes 0:5 gesehen haben.

Rayo hat gut gepresst, das stimmt zweifelsohne. Als kleines Rayo Vallecano den großen FC Barcelona so weit von ihrem üblichen Spiel abzubringen, dass diese ihre geringsten Ballbesitzzahlen seit annodazumal haben, ist schon ein kleiner Verdienst und verdient die obige Analyse. Andererseits ist es auch taktisch richtig, dass Barcelona sich deutlich durchgesetzt hat. Denn Rayo war nicht die einzige Mannschaft, die in diesem Spiel eine taktisch hervorragende Leistung gezeigt hat.

Aber ich nehme mir mal den Platz ein wenig weiter auszuholen, um den taktikhistorischen Kontext dieses Spiels deutlich werden zu lassen:

Als Pep Guardiola den FC Barcelona im Herbst 2008 zu neuen Höhen führte und die schon seit Cruyff vorhandenen tiki-taka-Tendenzen massiv ausbaute, war die Fußballwelt erstmal geschockt. Es gab zwar schon immer Teams, die durchschnittlich mehr Ballbesitz hatten und diesen durch Kurzpassstafetten in Tore ummünzen wollten, aber meines Wissens nach gab es noch nie ein Team, dass so krasses tiki-taka gespielt hat. Die Folgen dieses neuen Stils waren verheerend: Barca schoss die Liga-Gegner reihenweise ab. Es schien kein adequates Mittel gegen die Passmaschine zu geben.

Die erste klar identifizierbare Anti-Barca-Taktik, die dagegen entwickelt wurde, war der geparkte Bus. Mourinhos Inter im Camp Nou kann hier als frühes (und historisch zweifelhaftes) Beispiel gelten. In der zweiten Hälfte der Saison 2010/11 wurde der geparkte Bus schließlich zur Standard-Anti-Barca-Taktik und wurde von fast jedem Gegner angewendet. Von Mourinhos Madrid übrigens in einer Sonderform, die Ultra-Defensive mit grenzwert… ach quatsch, grenzüberschreitender Gewalt paarte.

Damit schaffte man es zwar zu verhindern, dass Barca einen 5-0 abfertigte, aber im Gegensatz zur immer noch oft vertretenen Meinung, hatte man hiermit keinesfalls den Heiligen Gral der Barca-Bekämpfung gefunden. Ja, Barca tat sich schwerer, wenn der Gegner 10 Verteidiger aufstellte, aber 1-3 Tore schossen die Katalanen an den meisten Tagen eben trotzdem. Da man selber kaum zu Chancen kam, also definitiv zu viele.

Eine neue Anti-Barca-Taktik musste also her. Zu den ersten Trainern, die eine solche gefunden haben, gehören meiner Ansicht nach Mauricio Pochettino und – wer sonst? – Jose Mourinho. Es handelt sich auch hierbei um eine Taktik, deren primäres Ziel es ist, das Spiel des FC Barcelona zu stören, doch anders als beim geparkten Bus zieht man sich nicht mit Mann und Maus zurück, sondern presst Barca so lange die Seele aus dem Leib, bis man keine Kraft mehr hat (aka ca. 70-75 Minute). In dieser Zeit versucht man nach einem hohen Ballgewinn (oder sonst irgendwie) ein Tor zu machen und akzeptiert, dass man die letzten 15-20 Minuten ein Powerplay überleben muss.

Diese Taktik war letzte Saison für die auch spielerisch deutlich ausgeglicheneren Clasicos und auch für eine Reihe von Barcelonas Punktverlusten Auswärts verantwortlich. Diese Saison hat sie sich fast vollständig etabliert und ist der Grund, warum Barca so oft einem Rückstand hinterherrennt: Der Gegner spielt eben als würde das Spiel nur etwas mehr als eine Stunde dauern und gibt daher zu Beginn alles.

Bisher hat Barcelona diese Saison auf diese Taktik reagiert, in dem man sie, im Glauben an den eigenen Schlussspurt, akzeptiert hat. Natürlich heißt das nicht, dass Barca nicht auch in den letzten Spielen schon gerne früh das Spiel entschieden hätte, doch hatte man oft das Gefühl, dass sie durchaus bereit waren auf ihre Chancen zu warten.

Nun aber das Rayo-Spiel. Klasse pressender Gegner. Für Barca furchtbare Statistiken. Und doch ein absolut dominanter Sieg mit schön über das Spiel verteilten Toren. Und das Auswärts!

Kann sein, dass ich hier eine Minderheitenmeinung vertrete, aber ich habe ein potentiell wegweisendes Barcelona-Spiel gesehen. Man hat es geschafft mit einem super pressenden Gegner schon vor der Schlussphase souverän umzugehen. Man hat kaum Gefährliches zugelassen und die sich anbietenden Räume hinter Rayos Pressingwellen taktisch klug genutzt.

Um es auf den Punkt zu bringen: Das war Barcelonas bestes Konterspiel seit ich sie schaue. Und eben nicht nur, weil man die ein oder andere Situation durch individuelle Klasse gut gelöst hat, sondern weil man konsequent die sich auftuenden Räume bespielt hat. Weil man dieses Mal wusste, dass es ab und an okay ist, mal schnell umzuschalten, auch wenn dann am Ende keine 80% Ballbesitz rauskommen. Man schaue sich nochmal die Tore an. Das sind keine individuellen Solotore, keine Leichtsinnigkeiten des Gegners, sondern stringent herausgespielte Tore, die taktisch so gesucht wurden.

Das heißt noch nicht, dass Barca jetzt die reine Kontertruppe wird. Aber angesichts der grade im Trend liegenden Anti-Barca-Taktik, kann das Rayo-Spiel durchaus ein Blick in die nähere Zukunft des FC Barcelona sein.

Wenn Barca es nicht schafft, so oder so ähnlich häufiger zu spielen, dürfte der Liga-Titel dieses Jahr noch eine sehr enge Sache werden.

Wenn Barca es schafft, so oder so ähnlich häufiger zu spielen, dann darf die Suche nach der Anti-Barca-Taktik in die dritte Runde gehen.

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RM 1. November 2012 um 23:25

Treffend, wobei ich ein paar Sachen einwerfen würde, weil es ja nicht nur eine Frage zwischen Pressing und klassischem Defensivspiel ist, sondern auch zwischen unterschiedlichen Raumdeckungen, eventuell einer Manndeckung, etc.

Rayo war deswegen so interessant, weil sie deutlich fluider als alles bisher dagewesene (mMn) spielten, weil sie (wenn man die 52% wählt) Barcelona den bisher meisten Ballbesitz seit 2008 abtrotzten und einige Chancen hatten. Hier gibt es zwei Aspekte, die darüber entscheiden werden, wie dieses Spiel wegweisend sein wird: war Barcelona defensiv so enorm stark (was sie waren und ich war überrascht, sie spielten teilweise ein 4-1-4-1, einen zurückfallenden Song in die Viererkette, uvm) oder war Rayo in der Offensive so individuell schwach?

Persönlich gehe ich von einer Mischung aus: gegen eine bessere Offensive steht man bei einem solchen Pressing nicht ganz so stark, aber dennoch sicher. Außer die Innenverteidiger verlieren plötzlich alle antizipativen Fähigkeiten bei blindgeschlagenen langen Bällen des Gegners.

Bezüglich den Schlussphasen: da muss man ebenfalls abwarten, ob es nicht Titos Wechsel bzw. marginale Umstellungen oder wirklich die Müdigkeit des Gegners waren. Rayo hatte sich mEn doch auch in der zweiten Halbzeit ähnlich bewegt, mussten aber halt noch stärker aufmachen und waren psychologisch ob des Rückstandes etwas geplättet. Ich persönlich würde ja in der Anfangsphase pressen lassen, dann umstellen, wieder pressen und ab Minute 30-35 es ruhiger angehen lassen. Nach der Pause pressen, zurückziehen (ab 60-75) und wieder pressen, alles natürlich ergebnisabhängig veränderbar. Ziel sollte es auch sein, dass man Barcelona laufen lässt und nicht nur selbst wie irre herumwetzt.

Die Tore waren außerdem nur bis zu einem gewissen Grad „taktisch stringent herausgespielt“ – es waren durchaus Fehler, die spielintelligenteren und/oder pressingresistenteren Spielern nicht passieren.

Allerdings war das Bespielen dieser Fehler natürlich ungemein gut gemacht und etwas, wofür Cesc ziemlich praktisch erscheint; seine Vertikalität wurde ihm noch vor einiger Zeit vorgeworfen, aber ich denke, dass er, Thiago und Iniesta dem Spiel von Barcelona in Zukunft eine neue Note verleihen werden. Nicht mehr ganz so viel Ballbesitz also (also +65 statt 75+), aber größere Stärke im Kontern, im schnellen Bespielen von Schnittstellen und dem Herausspielen qualitativer Chancen in Quantität.

Ich denke also, dass Titos Barcelona nicht mehr ganz so „horrible without the ball“ ist, stärker und orientierter im Kontern wird, dafür etwas auf den Ballbesitz verzichtet. Dadurch kann man stärker variieren und sich besser auf das gegnerische Pressing, wie es auch aussieht, anpassen. Ein weiteres Puzzle könnte Song werden, wobei der halt nie ein Busquets sein wird – aber es ja auch nicht sein soll. Vielleicht spielte auch deswegen Song als DM und Busquets als IV, wer weiß das schon so genau.

Im Idealfall schafft er also eine stärkere Orientierung an Cruyffs Barcelona auf einer höheren Ebene; eine Mischung aus Klopps Dortmund, Wengers Arsenal vor ein paar Jahren sowie Guardiolas Barcelona. Im schlechtesten Fall wird Barcelona ein „horrible team without the ball“ bleiben und dafür ab und an eines auf die Mütze kriegen.

Kennst du eigentlich die beiden katalanischen Begriffe „seny“ und „rauxa“? Ersteres ist eine gewisse Rationalität und ein Pragmatismus, welcher dafür sorgt, dass man die richtige Aktion zur richtigen Zeit macht. Rauxa ist der Überschwang, eine Art Euphorie in puncto Kreativität – bei Peps Barcelona war es die Kombination dieser beiden Paradoxe und die Balance, welche sie so stark machte.

Tito will diese auf eine andere Art und Weise erzeugen, bislang haben sie zwar mehr Punkte als letztes Jahr zum gleichen Zeitpunkt, aber weniger Tore und mehr Gegentore (denke ich). War einige Male knapp, aber ging halt andauernd noch gut – kann man negativ wie positiv sehen, wird auch die Zeit zeigen.

P.S.:
Interessant wird auch das Spiel gegen Atlético und wie sie gegen Diego Simeone spielen werden. Der ist ja ein Ballbesitzverweigerer:

„The Argentine also waded into the debate surrounding the importance of possession. „Sometimes I hear people say: ‚the team’s defending by keeping the ball‘. So is possession defensive or offensive, then? I think only one of the champions in Europe last year was the team with the most possession in the league. Barcelona is special, because they can hurt you with the ball, and the same goes for Spain, but Madrid is different. The only game in which we had 70% possession was against Levante, and we drew“, he pointed out.“

Wird interessant. Ach ja, wieso wählst du eigentlich Mourinho und Pochettino, sagst aber nichts zu Emery und Bielsa? Außerdem waren die Spiele gegen Pellegrinis Madrid auch ziemlich „intensiv“.

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AP 2. November 2012 um 09:07

Tank bitte antworten 🙂

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Tank 3. November 2012 um 12:44

Ich fang mal mit deiner letzten Frage an – warum hab ich grade Mourinho und Pochettino als frühe (und gute) Beispiele für Trainer gewählt, die Pressing gegen Barca haben spielen lassen?

Zunächst einmal: Natürlich hat die Wahl auch was mit meiner selektiven Wahrnehmung zu tun. Ich will nicht behaupten, dass andere Trainer nicht vielleicht genau so wichtig waren.

Zu Pochettino: Sein Espanyol Barcelona hat es im Winter 2010/11, also in der Phase, in der der FC Barcelona auf dem Höhepunkt seiner Dominanz war, als erstes Team geschafft, Barca so richtig Probleme zu bereiten. Das schlug sich dann zwar nicht wirklich im Ergebnis nieder, Barca gewann 5-1, doch brach in diesem Spiel so ziemlich das erste Mal die Idee durch, dass man Barca gut stören kann, in dem man sie agressiv presst. Hier die ZonalMarking Review:

http://www.zonalmarking.net/2010/12/19/espanyol-1-5-barcelona-tactics/

Neben diesem frühen Beispiel der Pressing-Taktik, hat Pochettinos Team auch noch eine der herausragenden Pressing-Partien gegen Barca auf den Platz gebracht. Etwas über ein Jahr später schaffte man ein 1-1, weil man Barca auf geniale Weise Zeit und Raum verweigerte. Ob Barca da auch einen schlechten Tag erwischt hatte oder ob die Lorbeeren größtenteils Espanyol gehören, darüber kann man, siehe Kommentare, sicherlich streiten.

https://spielverlagerung.de/2012/01/09/espanyol-barcelona-fc-barcelona-11/

Zu Mourinho: Wie Madrid gegen Barcelona spielt, muss sicherlich nicht automatisch das beste Beispiel dafür sein, wie andere Teams gegen Barca spielen sollten (Madrid hat halt andere Mittel als andere Teams). Andererseits schaut auf die Clasicos die ganze Welt. Die von Madrid eingesetzten Anti-Barca-Taktiken, werden also von vielen gesehen und können insofern Trendsetter (zumindest was die öffentliche Meinung angeht) sein.

Schaut man auf Mourinhos Madrid und Pressing gegen Barcelona, dann fallen zwei Spiele besonders auf. Das Copa del Rey Rückspiel aus der letzten Saison und das Supercopa Rückspiel aus dieser Saison. In beiden Spielen hat Real gegen Barca gepresst und in beiden Spielen, mMn, Bedeutendes erreicht. Letzte Saison schaffte man es im Copa del Rey Rückspiel das aus Reals Sicht katastrophale Rückspiel fast noch zu drehen und diese Saison war man zum ersten Mal seit der prä-Pep-Zeit eindeutig die bessere Mannschaft in einem Clasico.

Mourinho war vielleicht kein wirklich früher* Vertreter der Pressing gegen Barca Taktik, aber seine Mannschaften haben es bisher zu den größten Erfolgen mit dieser Taktik gebracht. Andere Teams haben zwar auch ordentliche Ergebnisse mit Pressing gegen Barcelona eingefahren, aber war es meistens dann doch so, dass Barca auch einige Hochkaräter liegen lies, man selbst die einzigen 1-2 Chancen verwandelt hat, o Ä. Madrid brauchte kein Glück gegen Barca.

* Es sei denn, man kann das 3-1 von Inter als ein Beispiel für Pressing gegen Barca anführen. Habe das Spiel nie gesehen und kann es daher nicht bewerten. Meinungen dazu, würden mich interessieren.

Zu Bielsa und Emery: Stimmt schon, dass deren Mannschaften auch ab und an die Pressing-Taktik gegen Barcelona verwendet haben. Halte deren Erfolge aber für überbewertet. Das 2-2 von Bilbao gegen Barca kann man einfach nicht seriöserweise als Beispiel gelten lassen, da es unter irregulären äußeren Bedingungen stattfand. Und die knappen Ergebnisse, die Emerys Valencia gegen Barca Ende letzter Saison geschafft hat, waren mehr das Produkt einer furchtbaren Chancenauswertung seitens des FC Barcelona, als logische Folge eines herausragenden Pressings. Kur gesagt: Bielsas und Emerys Mannschaften haben weder besonders früh (soweit ich mich erinnere), noch besonders gut gegen Barcelona gepresst.

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Tank 3. November 2012 um 13:30

Deinen anderen Ausführungen kann ich im Großen und Ganzen eigentlich nur zustimmen. Zu deiner Aussage, dass die Art und Weise wie Rayo gegen Barca gepresst hat, neu und innovativ war, traue ich mich gar nichts zu sagen. Bei sowas habt ihr Spielverlagerungs-Typen einfach viel mehr Ahnung als ich. Bin ja eher für die großen Zusammenhänge. 😉

Hochinteressant ist dein Punkt über die defensive Stabilität. Unter Pep Guardiola war der FC Barcelona (besonders in den ersten drei Spielzeiten) ja auch bereits eine defensiv sehr stabile Mannschaft, schließlich kassierte man nur wenige Tore insgesamt und, auch wichtig, nur ganz selten mehr als 1 pro Spiel.

Nur hieß der beste Abwehrspieler Ballbesitz und hatte die Rückennummer 70-85. Folglich war es auch eine der wichtigsten Aufgaben der tatsächlich auf dem Platz stehenden Abwehrspieler dem Team zu möglichst viel Ballbesitz zu verhelfen. Der Ball durfte also nicht durch unpräzise lange Bälle etc. hergegeben werden und auf Ballverluste im Spielaufbau stand die Todesstrafe.

Was verändert sich nun, wenn Barcelona in Zukunft häufiger etwas weniger Ballbesitz haben sollte und der Gegner früh presst?

Die Passsicherheit der Verteidiger ist natürlich immer noch von zentraler Bedeutung. Gegen einen Gegner, der versucht die Verbindungen zwischen Abwehr und Mittelfeld zu kappen, vielleicht sogar mehr denn je. Der lange Ball, bisher verpönt, könnte aber eine Renaissance im Spielaufbau des FC Barcelona erleben. Wenn ein Innenverteidiger in der Lage wäre, einen schnellen 25 Meter Flachpass durch die Lücken des gegnerischen Pressings zu spielen, dann könnten Messi und Co. die hochstehende Abwehr des Gegners nach Belieben zerpflücken. Der hohe Ball über die gegnerische Pressingwelle bleibt zwar angesichts der Körpergröße der Barca-Angreifer mit Vorsicht zu betrachten, ist aber nicht mehr so sinnlos wie bisher. Sieht wohl auch Vilanova so. Warum sonst wurde gegen Rayo immer wieder David Villa mit hohen Bällen gesucht? Das passierte zu häufig, um Zufall zu sein.

Die ganz hohe Schule des gezielten langen Balles trotz gegnerischem Pressings könnte so aussehen: Mascherano spielt unter Druck einen 35 Meter Flachpass auf den auf dem linken Flügel durchstartenden Tello, der von halblinks auf den Torhüter zu rennt, nur um den Ball dann auf den auf dem anderen Flügel durchgestarteten Pedro abzulegen, der ihn ins leere Tor schiebt.

(Für „Mascherano“ setzte man, um meine Traumvorstellung zu treffen, „Hummels“ ein.)

Okay, also erste Veränderung für die Barca-Defensive bei pressendem Gegner: Lange, gezielte Bälle sind okay.

Eine zweite Veränderung könnte das klassische Verteidigen ohne Ball betreffen. Gegen einen tiefstehenden Gegner wurden die Barca-Innenverteidiger oft nur 2-3 Mal im Spiel gefordert, meistens durch Konter. Das könnte sich ändern. Ein Gegner mit mehr Ballbesitz wird häufiger und auch anders die Barca-Abwehr fordern.

Anstatt 2-3 Konter über den halben Platz allein verteidigen zu müssen, werden Pique, Mascherano und Co. es nun mit häufiger auftretenden „konventionelleren“ Angriffen des Gegners zu tun haben. Sie werden hierbei jedoch stärker auf die Unterstützung der Außenverteidiger und des Mittelfeldes bauen können. Kur gesagt: Barca wird mehr und auf orthodoxere Weise verteidigen müssen.

Das muss nicht wirklich ein Problem sein, wenn man es schafft hinten sicher zu stehen und die sich bietenden Räume weiter vorne effektiv zu bespielen. Barca hat sicherlich das Personal, um vorne die (Konter-)Tore zu machen, aber die große Frage lautet: Haben sie auch die richtigen Defensivleute?

(Siehe Traumvorstellung oben.)

Bisher hat man bei der Wahl der Defensivkräfte vor allem darauf geachtet, dass sie ordentlich mitspielen können und im Zweifelsfall allein einen Konter verteidigen können. In Zukunft könnte man verstärkt auf konventionellere Verteidigertugenden setzen müssen.

Antworten

Tank 3. November 2012 um 13:39

Das Begriffspaar seny und rauxa kannte ich nicht. Kann selber kein Katalanisch. (Meine Freundin lernt es aber grade. (Auf eigenen Wunsch.)) Ich würde mich aber zur These hinreißen lassen, dass Guardiolas Barcelona fast nur seny ist, kaum rauxa.

Zum Abschluss noch ein Gedanke, der bisher noch nicht aufkam: Wir gehen hier alle davon aus, dass Vilanova eine Anpassung des FC Barcelona an die Pressing-Taktik ihrer Gegner im Sinn hat. Man will die Schwächen dieser Taktik ausnutzen und akzeptiert dabei, dass die eigene Taktik, die man bisher gefahren ist, durch das Pressing des Gegners relativ effektiv gestört werden kann.

Es gibt da aber noch eine andere Möglichkeit: Eventuell könnte Vilanova sagen: „Wir machen alles so wie bisher, nur besser! Wir werden weiterhin nicht das vertikale Spiel suchen, sondern unseren Stiefel spielen. Wenn der Gegner immer besser presst, dann müssen wir eben immer besser passen. Für jeden Kilometer, den der Gegner mehr hinter uns herhetzt, erhöhen wir unsere Passgenauigkeit um 1%. Kein Gegner kann so gut pressen, wie wir passen können, wenn wir uns noch weiter verbessern.“

Wäre interessant zu sehen…

Antworten

RM 3. November 2012 um 13:50

Ich weiß ja, wieso du die beiden gewählt hast – ich verstand nicht, wieso du nicht die beiden anderen dazu gesagt hast. Bei Bilbao hatte ich schon den Verdacht, dass du auf den abartigen Regen hinaus willst – verständlich.

Aber Emery? Da teile ich deine Meinung nicht. In den zwei erwähnten Espanyol-Spielen hatte Barcelona jeweils um die 60%. In den vier Espanyol-Partien 2010/11 und 2011/12 hatten sie nur einmal (beim 5:1-Erfolg) knapp unter 60% Ballbesitz (59%, 68%, 63%, 64%).

Gegen Valencia hatten sie in diesen beiden Jahren in vier Partien 54%, 62%, 56% und 66%. Und das verregnete Spiel war ja das 2:2 – aber da hatte Barcelona eh 66% Ballbesitz, im Rückspiel, dem 2:0-Sieg, lagen sie bei 58%. Bevor Bielsa kam, hatten sie aber gegen Athletic jeweils 75+.

Auch im Hinspiel des Halbfinales der Copa del Rey gegen Valencia kamen sie auf unter 60%, wo mir auch die Spiele gegen Betis ein Jahr davor, also 2010/11 einfallen, die waren sehr intensiv, aber selbst die kamen auf unter 40%.

Sevilla müsste aber sogar die ersten (Supercoppa und Copa 2010) gewesen sein, die mitspielten, meine ich in Erinnerung zu haben. Oder irre ich da?

Statistisch gesehen die schwächsten Ballbesitzwerte (Spiele unter 62%) seit 2010:

14. August 10, 2010 – Supercoppa – Sevilla (a) – 56% – 1:3
16. Oktober 10, 2010/11 – La Liga – Valencia (h) – 54% – 2:1
18. Dezember 10, 2010/11 – La Liga – Espanyol (a) – 59% – 5:1
19. Jänner 11, 2010/11 – Copa – Betis (a) – 60% – 1:3
16. Februar, 11, 2010/11 – CL – Arsenal (a) – 60% – 1:2
2. März 11, 2010/11 – La Liga – Valencia (a) – 62% – 1:0
12. April 11, 2010/11 – CL – Shakhtar (a) – 62% – 1:0
21. Mai 11, 2010/11 – La Liga – Malaga (a) – 61% – 3:1
14. August 11, 2011 – Supercoppa – Real Madrid (a) – 52% – 2:2
17. August 11, 2011 – Supercoppa – Real Madrid (h) – 52% – 3:2
13. September 11, 2011/12 – CL – Milan (a) – 60% – 3:2
21. September 11, 2011/12 – La Liga – Valencia (a) – 56% – 2:2
11. Dezember 11, 2011/12 – La Liga – Real Madrid (h) – 61% – 3:1
25. Jänner 12, 2011/12 – Copa – Real Madrid (h) – 59% – 2:2
1. Februar 12, 2011/12 – Copa – Valencia (a) – 59% – 1:1
17. März 12, 2011/12 – La Liga – Sevilla (a) – 61% – 2:0
24. März 12, 2011/12 – La Liga – Mallorca (a) – 61% – 2:0
28. März 12, 2011/12 – CL – Milan (a) – 62% – 0:0
31. März 12, 2011/12 – La Liga – Athletic (h) – 58% – 2:0
3. April 12, 2011/12 – CL – Milan (h) – 60% – 3:1
12. Mai 11, 2011/12 – La Liga – Betis (a) 61% – 2:2
29. August 12, 2012 – Supercoppa – Real Madrid (a) – 54% – 1:2
27. Oktober 12, 2012/13 – La Liga – Rayo Vallecano (a) – 55% – 5:0

zwischen Peps Antritt 2008 und dem Supercoppa 2010 gab es übrigens mindestens 29 solcher Spiele. Seitdem eben diese 23.

(Rayo übrigens am fünften Platz von 23 – wählt man nur die erste Hälfte, sind sie mit Real aus den Supercoppas Erster)

1x Espanyol, 1x Mallorca, 1x Malaga, 1x Rayo, 1x Shakkhtar, 1x Athletic, 1x Arsenal, 2x Betis, 2x Sevilla, 3x Milan, 4x Valencia, 5x Real.

Nach Trainern:
5x Mourinho, 4x Emery, 3x Allegri, 2x Pepe Mel, 1x Michel, 1x Antonio Alvarez, 1x Mauricio Pocchettino, 1x Caparros, 1x Wenger, 1x Bielsa, 1x Lucescu, 1x Pellegrini.

Chronologisch: Alvarez war der Erste, Emery der Zweite, Pocchettino der Dritte, Pepe Mel der Vierte, Wenger der Fünfte. Wobei das nix heißt, weil es sicher welche gab, die es schon 2009 osw taten.

Interessant ist die Erfolgsstatistik für die pressenden Teams: vier Siege, sechs Unentschieden, dreizehn Niederlagen. Ergibt für den FC Barcelona 45 Punkte aus 23 Spielen. Ein Punktschnitt knapp unter 2,0. Aber wenn wir die 11 La-Liga-Spiele nehmen, dann sind es neun Siege, ein Unentschieden und eine Niederlage. Wozu soll man jetzt einem Team raten? To press, or not to press, that is the question.

Antworten

Tank 3. November 2012 um 23:59

Wahnsinnig fundierte Antwort. Da zeigt sich mal der Vorteil von statistischer Auswertung über mein selektives Gedächtnis.

Wir suchen doch grade eigentlich zwei Dinge oder? Einmal frühe Beispiele für Mannschaften, die Barca mit Pressing beigekommen sind und dann noch Mannschaften, die sehr gut in der Lage waren, Barca durch Pressing von ihrem üblichen Spiel abzubringen.

Welche Mannschaft als erste diese Strategie gewählt hat, weiß ich nicht. Sevilla zu Beginn der 10/11 Saison könnte ein guter Tipp von dir sein. Das früheste Beispiel, dass mir vage im Kopf herumschwirrte war halt das Espanyol 5-1. Wenn ich mich nicht ganz täusche, hab ich das Supercopa Hinspiel gegen Sevilla auch damals gar nicht gesehen.

Ich hatte ja fragend in den Raum gestellt, ob man Mourinhos Inter im Hinspiel 09/10 als „Proto-Presser“ bezeichnen kann. Ich weiß nur, dass sie sich in dem Spiel eben nicht hinten rein gestellt haben, aber ob man das berechtigterweise in diese Pressing-Tradition stellen kann, weiß ich auch nicht.

Eh muss man natürlich festhalten, dass wir über ein nicht ganz eindeutig abgrenzbares Phänomen sprechen. Man kann zwar sauber zwischen Mannschaften, die gegen Barca den Bus parken und solchen die pressen unterscheiden, aber es gibt ja auch einiges dazwischen und da wird es gerne mal schwammig.

Die relativ geringen Ballbesitzzahlen von Barca in der 08/09 und 09/10 Saison lassen sich zum Beispiel u.A. dadurch erklären, dass viele Gegner Barca nicht annähernd so gut vorbereitet begegnet sind. Da hat nicht jeder Gegner eine klar benennbare Anti-Barca-Strategie verfolgt, um ja nicht abgeschossen zu werden. Stattdessen ließ man den Katalanen aus heutiger Sicht suizidal viel Platz zum Kombinieren, wofür die sich natürlich bedankt haben.

Wie führen schlechter vorbereitete Gegner aber zu geringeren Ballbesitzzahlen bei Barca? Nun ja, Barca musste eben weniger hin und her passen, um zu Chancen zu kommen. Barca war deutlich direkter und hatte folglich nicht diese astronomisch hohen Ballbesitzzahlen. Außerdem hat sich die Passsicherheit bei Barcelona auch bis in die 10/11 Saison noch immer weiter erhöht. Das tiki-taka war einfach noch nicht so ausgereift.

Geringere Ballbesitzzahlen vor der 10/11 Saison sind also keineswegs ein Indiz für stärker pressende Gegner.

Und auch allgemein die Frage: Genügen geringe Ballbesitzanteile Barcelonas, um auf einen pressenden Gegner zu schließen? Dass es ein Indiz dafür ist, ist klar. Aber ist es ein Beweis?

Bzgl. Emery: Ja, du hast schon Recht. Es ist auffällig, dass sein Valencia Barca relativ wenig Ballbesitz überlassen hat. Vielleicht hindert mein (fester) Eindruck, dass Valencia in den drei Spielen gegen Barcelona diesen Frühling nicht annähernd so gut waren, wie sie geschrieben wurden, mich an der korrekten Wertschätzung der Effektivität des Pressings des Teams von Unai Emery.

To press, or not to press: Ich halte pressen für die deutlich vielversprechendere Taktik gegen den FC Barcelona. Sich hinten reinzustellen, ist doch eigentlich nicht mehr als eine hochriskante Wette darauf, dass Barca einen schlechten Tag hat. Das kann mal klappen, wenn something’s rotten in the kingdom of Catalunya, aber man übergibt sich praktisch seinem Schicksal.

Wie du schon skizziert hast, denke ich auch, dass eine Pressingtaktik mit eingebauten Pausen am vielversprechendsten ist. Idealerweise sollten die so liegen, dass man auch die letzten Minuten noch pressen kann. Denn ganz am Ende, wo man selber schon völlig fertig ist, noch ein Powerplay durchstehen zu müssen, ist doch eine ziemliche scheiß Vorstellung.

Andererseits, wenn es heutzutage so eine richtig, richtig überragende Defensivmaschine geben würde… wäre schon sehr interessant, Barca in mehreren Spielen gegen sowas anrennen zu sehen. Aber ich denke dafür fehlen dem heutigen Fußball, bei aller taktischen Finesse, schlicht die überragenden Abwehrspieler. Facchetti-Maldini-Baresi-Thuram und davor die Dreifachsechs Davids-Desailly-Matthäus plus Oliver Kahn im Tor gegen das katalanische Passkollektiv, das wär schon was.

In der Abwesenheit einer solchen Defensive: Pressing.

Antworten

RM 6. November 2012 um 20:36

Richtig, darum habe ich auch erst die Saison 2010/11 gewählt – da gab es die Eingespieltheit, Busquets, Messi als falsche Neun und die passenden Gegneranpassungen. Die Jahre davor müsste man schon jedes Spiel kucken, was ja leider nicht geht.

Ab 2010/11 wäre es interessant, wenn man die jeweiligen Aufstellungen von Barcelona analysiert – Spiele ohne Iniesta sind Spieler ohne den entscheidenden Nadelspieler, war ja auch gegen Inter ein Problem, afair.

Und ja, es ist kein Beweis – darum die Aufstellungen analysieren und auch die Belastung in engl. Wochen… und zu Emerys Team schrieb ich ja, dass die eine ideale Spielertypenbesetzung und hohe Pressingresistenz besaßen, darum war das Pressing nicht ganz so auffällig, aber die Ballbesitzwerte so hoch. But just my 2 cents.

Ich bin auch für Pressing – eben dieses spielphasenorientierte, was ich schon schilderte. Geil fände ich es aber, wenn Mourinho Trainer der 99er-Bayern wäre und mi denen in Topform gegen Barcelona spielen könnte. Oder vielleicht noch das ein oder andere Team aus der Historie.

Antworten

Tank 9. November 2012 um 21:18

Wenn ich eine historische Mannschaft wählen dürfte, die gegen Peps Barcelona spielt, dann würde ich Capellos Milan aus der Saison 93/94 wählen. Mal gucken, ob Peps Dream Team gegen die Wand, an der Cruyffs Dream Team spektakulärer Weise zerbrach, ankommen würde. Milan dürfte, anders als im CL-Finale ’94 allerdings mit Baresi und Costacurta spielen und Barcelona dürfte ihre Mannschaft aus dem Spätherbst 2010 aufstellen.

Milan müsste sich allerdings noch an die Bälle, Plätze und Regeln von heute gewöhnen dürfen.

Antworten

Pex 1. November 2012 um 13:52

Lieber RM,
Natürlich möchte ich nicht, dass du die Arbeit dieser Seite wegen mir komplett in frage stellst.
Ich gebe dir recht in einem Punkt. Die Überschrift des Artikels rechtfertigt voll und ganz den Inhalt des Artikels. Ich habe auch angemerkt, dass man meine Kritik nicht allzu ernst nehmen sollte. Trotzdem hast du doch bestimmt mit so einer Kritik gerechnet. Schließlich wurde rayo mit 5:0 zu Hause auseinandergenommen. Und jetzt zu Glauben, das wäre alles nur Glück, halte ich für falsch.
Pressing zu spielen ist immer die risikoreichste Defensive. Deshalb wird auch in Zukunft jede Mannschaft deutlich gegen Barcelona verlieren, die ein Pressung gegen sie spielt. Toll gespielt, hoch verloren…

Antworten

AP 1. November 2012 um 15:46

Langweilig. Nach dem Motto was juckt mich die Taktik und das Spiel an sich wenn ich am Ende doch 5:0 verliere. So würde ich deine Ansätze zusammenfassen.
Ergebnisdenken ist doch das Langweiligste was es gibt lieber Pex.
Darüberhinaus kann man gg Barca nur punkten, wenn man bereit ist, diese Art von Fussbal, wie Rayo es versucht hat, zu spielen. Spielt man die, den-bus-im-16er-parken-taktik, dann gewinnt doch zu 99% Barca….

Ich glaube mich erinnern zu können, dass MR und RM diese Thematik in einem Podcast sehr schön erläutern…

Antworten

Lino 1. November 2012 um 11:26

Als Barca-Fan habe ich mir schon während des Spiels gedacht: Respekt an Vallecano! Was mir gefallen hat, ist die Tatsache, dass sie RICHTIGES Pressing gespielt haben. Insbesondere das Zustellen eigentlich der gesamten 4-Kette sowie der Mittelfeldspieler ist ein probates Mittel, Barca an einem konstruktiven Spielaufbau von hinten heraus zu hindern. Wenn man Barca dann in (kontrolliertem) Ballbesitz ist, wird es schwieriger, aber auch das haben sie gut macht. Der Grund warum sie das Spiel trotzdem hoch verloren haben, ist einfach in der laufintensiven Spielweise Vallecanos und der individuellen Klasse Barcas geschuldet. Einziger Vorwurf den man Vallecano machen muss, ist dass sie manchmal einen Tick zu hoch standen und dass sie das Pressing nicht immer sinnvoll gelenkt haben, sondern bei kontrolliertem Ballbesitz Barcas auch ohne Aussicht auf Erfolg gepresst haben. Das erklärt auch, warum sie nach 65min platt waren.

Antworten

Pex 1. November 2012 um 06:55

Zunächst einmal muss ich erwähnen, dass ich das Spiel nicht gesehen habe, daher weiß ich nicht, wie viel Wertschätzung man meiner Meinung hier geben kann. Vermutlich keine. Wenn ich den Artikel hier aber lese, könnte man meinen, rayo habe 5:0 gewonnen. Ich möchte daher daran erinnern, dass diese Seite Auskunft darüber geben sollte, wie das 5:0 zustande gekommen ist.
Ich vermute folgendes: rayo sprintet sich die Seele aus dem Leib um früh zu pressen. Dadurch entstehen bei Barcelona natürlich zwangsläufig lange Bälle. Lange Bälle sind per se ungenauer. Rayo kommt an einen beträchtlichen Anteil an ballbesirz. Jedoch lässt durch die hohe Anzahl an Sprints die Konzentration und Genauigkeit nach. Da Barcelona eingespielt und technisch das Maß aller Dinge ist, hat es keine Probleme sich klare (wenn auch wenige, aber dafür klare) Torchancen herauszuspielen. 1:1 Situationen gegen Tw nach 30 m Lauf allein aufs Tor.

Antworten

RM 1. November 2012 um 11:35

Barcelona hatte auch in den letzten 10 Minuten (also von der 80. bis zur 90.) nicht über 56% Ballbesitz – also müsste Rayo schon die laufstärkste Mannschaft aller Zeiten sein, wenn sie Barcelona in keinem einzigen Spielabschnitt über 60% Ballbesitz gewähren. Zwischen Minute 45.-70. hatten sie sogar nur 52% Ballbesitz, die Katalanen.

Bis zur 80. Minute hielt Rayo Vallecano die Katalanen also ziemlich gut in Schach, das Torabschlussverhältnis lautete 16:9 – für Rayo Vallecano. Sie sind halt schlicht individuell schlechter, da gibt es dann gewisse dämliche Ballverluste (wie beim 1:0) und man verliert. Aber von Barcelona taktisch 80 Minuten lang nicht total auseinander genommen zu werden, ist aller Ehren wert.

Und es wenn Ziel unserer Seite ist, dass wir Ergebnisse rechtfertigen, dann verabschiede ich mich hiervon. Wäre es eine Spielanalyse, hätte ich natürlich erwähnt, dass Barcelona im klassischen Defensivspiel besser stand und offensiv viel effektiver und effizienter attackierte.

Aber dass wir angeblich primär Auskunft über die Ergebnisentstehung geben sollen, wundert mich doch sehr. Falls dies die Meinung der meisten Leser ist, muss ich mein Bild von dieser Seite sowie meine Arbeit mehr als überdenken. Insbesondere bei inhaltlicher und prinzipieller Kritik von jemandem, der das analysierte Spiel nicht gesehen hat.

Antworten

opaoma 5. November 2012 um 09:09

quatsch, ist ja schön dass ihr hier auf die Kommentare eingeht. Aber glaub mir, es gibt hunderte Leser die genau diese Arbeit die ihr hier macht super finden und nichts dazu schreiben, Meckern ist immer eher ein Anlass für ein Kommentar.
Also, guter Artikel und immer nur weiter so!

Antworten

datschge 1. November 2012 um 16:05

Das spannende ist nicht das Ergebnis, sondern die Taktik. Das Rayos Taktik gegen Barca gestochen hat und letztlich „nur“ der individuell krasse Qualitätunterschied den Ausschlag gegeben hat, hilft zwar Rayo in diesem Spiel nicht mehr, darauf können sie aber gegen schwächere Gegner aufbauen. Und zukünftige Gegner von Barca haben hiermit ein fertiges Taktikschema vorliegen, womit Barca an ihrem üblichen Ballbesitzspiel effizient gehindert werden kann. Darauf wiederum muss sich Barca anpassen, bevor dies gegen sie hoffähig wird.

Antworten

Marc 31. Oktober 2012 um 22:50

Wieso die 5 Tore? Ich denke, man sollte nicht vergessen, dass Barca – wie alle Topmannschaften – einer sehr starke Kontermannschaft ist (wie auch Real, Bayern etc. z.B.)

Antworten

Tank 1. November 2012 um 01:08

Sind sie nicht. Noch nicht.

(Ich schreib morgen mehr dazu.)

Antworten

Marc 1. November 2012 um 13:38

Dann lass mich davon wissen, damit ich meine Unwissenheit ablegen kann 🙂

Antworten

Tank 1. November 2012 um 18:25

Sorry, ich wollte nicht so wirken, als würde ich hier die große Weisheit predigen.

Antworten

gurkentruppe 31. Oktober 2012 um 18:19

Schön und gut, trotzdem 0:5 Warum? Das kommt in der Analyse nicht zur Sprache. Fussball ist und bleibt ergebnisorientiert und das Ergebnis spricht eine sehr klare Sprache.

Antworten

RM 31. Oktober 2012 um 18:44

Erstes Tor war erwähnt: Fehler im Aufbauspiel, Balleroberung von Barcelona und Treffer – ein Konter in gewisser Weise. Zur Halbzeit stand es also 0:1 und Rayo war zumindest ebenbürtig. Dem zollen wir Tribut, kaum wer hatte in naher Vergangenheit Barcelona in Ballbesitz vor solche Probleme gestellt.

Der zweite Treffer fiel kurz nach der Halbzeit, ebenfalls nach der Halbzeit und Messi haut ihn dann nach Seitenwechsel, Ballvortrag und flacher Hereingabe den Ball unter die Latte. Beim dritten Tor fehlerhafte Stellung nach einem Einwurf, Barcelona bricht durch und Tor. Beim vierten Tor steht wieder wer falsch, beim letzten Treffer wieder ein Konter, wo Messi den Torwart natzt.

Antworten

James 1. November 2012 um 09:29

Fussball ist zwar ergebnisorientiert, aber wir dürfen Spiele nicht nach dem Ergebnis beurteilen. Das Ergebnis sagt kaum etwas aus. Man kann gewinnen mit 20% Ballbesitz und einem Fernschuss, obwohl der Gegner zwanzig Mal alleine aufs Tor zu läuft. Die Presse würde versuchen, dies zu erklären, aber man kann so etwas nicht erklären. Man kann lediglich erklären, dass die eine Mannschaft 80% Prozent Ballbesitz hatte und 20 Chancen herausgespielt hat.
Man sollte Fussball eben nicht nach dem Ergebnis beurteilen( was SV zum Glück auch nicht tut), sondern nach dem Spiel. Nach den 90 Minuten, sollte man das Spiel analysieren und nicht nach dem Ergebnis, welches am nächsten Tag in den Zeitungen steht.

Antworten

gurkentruppe 1. November 2012 um 15:01

Danke für die Antworten!

@RM Danke für diese Analyse! Um hier keine Missverständisse aufkommen zu lassen: ich liebe Eure Seite und Analysen. Hier ging es mir aber ähnlich wie Pex (weiter unten). Nach dem Lesen hab ich mich einfach gefragt, warum Barca jetzt gewonnen hat. In meinen Augen ist auch Taktik nur Mittel zum Zweck (Gewinnen) und ein Satz im Fazit zur individuellen Klasse von Barca hätte in meinen Augen nicht geschadet. (Absatz 1 war da schon vergessen 😉

@James Bei Spielen die glücklich mit 1:0 gewonnen werden stimme ich Dir zu. Aber bei einem 5:0 gilt das nicht mehr. Solch ein Ergebnis verändert auch die Umsetzung von Taktiken, indem Spieler mehr oder weniger laufen bzw. wenn man erfolgreich ist muss man ja im Spiel nix ändern.

Antworten

Mehdi 31. Oktober 2012 um 17:55

Naja, die 2 wichtigsten Gründe sind aber:

1. Busquets hat nicht auf der 6 gespielt, Song war im Ballbesitz und Spielaufbau eigl. nutzlos und kaum anspielbar für die kurzen Pässe wie es Busquets IMMER ist.

2. das Feld von Rayo ist ziemlich eng, d.h Barca kann das Spiel nicht wie gewohnt in die Breite ziehen. Deswegen kein Risiko mit den Abstößen, immer weit auf die Außenbahn..

Dazu kommt noch, dass Adriano auch nicht ein gelernter IV mit der nötigen Spieleröffnung ist.

Klar, Rayo hatte gute Ideen, aber das lag eigl. mehr an Barcas fehlenden Personal. Mit Busquets auf der 6 gibts mehr Passstaffetten und Ballbesitzzeiten in der Mitte.
Mit Pique gibts ne bessere, ruhige Spieleröffnung.
Mit Alves gibts nen Spieler, den man rechts ohne Angst anspielen kann, weil er sich individuell gut aus 1gg1 Sitautionen befreien kann und auch viele kurze Pässe spielt.

Hat halt alles gefehlt und dann kommt sowas halt mal raus. 😉

Antworten

MR 31. Oktober 2012 um 18:06

Dadurch spielt doch nicht der Gegner anders…

Antworten

Mehdi 31. Oktober 2012 um 19:05

Doch?
Wenn die Gegner wissen, hey, die sind hinten nicht sicher, dann gehen die doch auch drauf.
Wenn die Gegner wissen, dass Barca hinten sehr sicher rausspielt und so schnell vors gegnerische Tor kommt, dann gehen sie vorne auch nicht drauf.
Weiß gar nicht wieso der Gegner sich nicht nach den Gegenspielern richten sollte.

Ich hab mich auch die ganze Zeit gefragt wieso Song und Busquets nicht tauschen, weil man klar Busquets vermisst hat im Zentrum, IMO.

Und hab auch nicht geschrieben, dass Song Fehlpässe gespielt hat. Busquets spielt das einfach sicherer, schneller und klüger, weil er das System halt kennt.
Song hat oft zu lang gebraucht um den Ball zu verarbeiten und war oft nicht als Anspielstation zu finden, wenn die Mitspieler sie brauchten.
Valdes hat 55x den Ball erhalten, schreibst du. Wie oft spielen die Außenverteidiger normalerweise den Ball in Bedrägnis zu Busquets? Oder die IV+Valdes?
Von Song hab ich das nicht einmal gesehen.
Dafür spielt er ja zu selten bis jetzt.

Also liegt natürlich nicht nur am fehlenden Personal, das ist ja Quatsch. Aber das kommt halt dazu.
Und das mit der Spielfeldbreite sollte man nicht unterschätzen. 😉
Glaub das hat sogar einer der Barca-Spieler nachm Spiel gesagt.

Antworten

RM 31. Oktober 2012 um 18:09

1. Busquets spielte als Innenverteidiger und Song als Sechser. Hätte Tito nicht tauschen können? Wieso tat er es nicht? Meine Theorie ist, dass er eben dieses hohe Pressing erwartete und die Sicherheit im ersten statt zweiten Drittel wollte. Wären die zwei getauscht worden, wäre es womöglich anders ausgegangen – doch wer weiß, wie.

Song spielte außerdem über 90% erfolgreiche Pässe, mehr als Fabregas, Villa, Messi, Pedro, Alba, Montoya, Busquets und Adriano. Nur Xavi hatte mehr. Das Problem war eher, dass Messi nicht so stark ins Spiel eingriff, wie sonst, Valdes 55mal den Ball erhielt und 48% davon zum Gegner spielte.

Natürlich sieht es mit einer individuell besseren / passenderen Mannschaft anders aus, aber ob das die primären Gründe waren? Ob sie gegen dieses Rayo-Team auch über 70% Ballbesitz gehabt hätten?

2. Ja, habe ich mich damit befasst – angeblich ist es 2m enger auf beiden Seiten, als die anderen Fußballfelder. Also 64m statt 68m. 102×65 vs 105×68 (Camp Nou) – den Unterschied will ich nicht als großen taktischen Aspekt ausmachen.

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