VfB Stuttgart – Eintracht Frankfurt 2:1

Neben der Niederlage Bayerns verlor auch Überraschungsteam Frankfurt in Stuttgart. In einem interessanten Spiel passten sich die Schwaben an, doch Frankfurt enttäuschte nicht und hätte sich beinahe zu einem Punkt gekämpft.

Wechselwirkungen der jeweiligen Formationen

Die Gäste begannen in ihrem 4-2-3-1-System, mit welchem sie bislang so erfolgreich waren. Vor Torhüter Kevin Trapp bildeten Bamba Anderson und Carlos Zambrano die Innenverteidigung. Sie spielten wie üblich sehr breit im Aufbauspiel und schoben damit Bastian Ozcipka auf links und Sebastian Jung auf rechts weit nach vorne. Diese hatten ihre gewohnt offensiven Rollen, mit der sie den Gegner nach hinten drängen wollten.

Grundformationen zu Spielbeginn

Davor spielte Sebastian Rode als abkippender Sechser, welcher hauptverantwortlich für den Spielrhythmus und das Spiel nach vorne war. Mit ihm gemeinsam agierte Martin Lanig auf der Doppelsechs, die beiden sollten nicht nur das Aufbauspiel, sondern auch die Ballzirkulation ankurbeln. Dabei wurden sie von Alex Meier unterstützt, welcher als hängender Stürmer begann, aber oft defensiv oder als Passstation im zweiten Spielfelddrittel aushalf. Im weiteren Spielverlauf positionierte er sich etwas höher und zockte auch vermehrt im Defensivspiel. Er diente in der Phase vor dem Ausgleich und auch gegen Schluss als Brecher und Raumschaffer für Olivier Occean, der sich deutlich beweglicher zeigte und viel auf die Flügel auswich.

Der VfB Stuttgart begann in einem Mischsystem aus 4-3-3 und 4-1-4-1. Die Positionierung im Raum glich eher einem 4-1-4-1 und die Grenzen zu einem 4-3-3 wurden durch die Achter und ihre offensive Positionsinterpretation weiter verwässert. Sowohl Christian Gentner als auch Raphael Holzhauser gingen immer wieder in die Spitze oder unterstützten sogar sehr breit, für sie sicherte William Kvist als alleiniger Sechser ab.

Martin Harnik und Ibrahima Traore bespielten die Flügel und hatten beide eine gewisse offensive Freiheit, dank welcher sie rochierten oder in die Mitte zogen. Harniks Freiheit war jedoch etwas vertikalerer Natur, er schob öfters in die Spitze, während Traore entlang der Breite spielgestalterisch wirken sollte. Davor hatten sie mit Vedad Ibisevic einen sehr starken Akteur, welcher als Anspielstation fungieren konnte, sich bei den Wechselspielchen seiner Neben- bzw. Hintermänner gut bewegte und auch defensiv ein paar Mal gut aushalf.

Durch die Spielweisen von Harnik, Traore und den beiden Achtern hatten die Außenverteidiger bei Stuttgart eine relativ komplexe Rolle im Offensivspiel. Gotoku Sakai und Cristian Molinaro sollten immer nach vorne schieben, wenn der Vordermann es benötigte, aber unbedingt hinten bleiben, wenn er selbst die Breite gab oder die Achter vorrückten. Defensiv hatten sie jedoch einen einfacheren Part, da Traore und Harnik über weite Strecken passabel nach hinten arbeiteten und mit dem 4-1-4-1 intelligent spielten.

4-1-4-1 und 4-3-3 im Pressing

Ein weiterer wichtiger Punkt war das interessante Pressing der Stuttgarter, mit denen sie der Eintracht besonders zu Spielbeginn das Leben schwer machten. Sie positionierten sich grundlegend in einem 4-1-4-1, doch agierten dabei sehr kompakt und aggressiv. Aus dem 4-1-4-1 befreiten sich immer einer oder zwei ballnahe Akteure und bedrängten den gegnerischen Ballführenden. Gelegentlich formierten sie sich auch in einem engen 4-3-3 und pressten in längeren Phasen, während das Herausschieben aus dem 4-1-4-1 überfallartig praktiziert wurde.

Interessant war auch, dass die Mittelfeldviererkette relativ eng agierte und die Abwehrkette dahinter breiter. Normalerweise wird das anders gespielt, doch in diesem Fall funktionierte das ziemlich gut. Ursache war, dass Sakai und Molinaro sich eng an den gegnerischen Flügelstürmern agierten und die Stuttgarter Außenspieler entweder aus ihrer engen Position Pässe in die Spitze verhinderten oder die gegnerischen Außenverteidiger (falls über die Seiten aufgebaut wurde) unter Druck setzen konnten. Die Innenverteidiger bei Stuttgart verschoben intelligent mit und Kvist sicherte die freien Räume sowie die Bewegungen von Meier ab. Damit hatte Stuttgart den ballnächsten Innenverteidiger zumeist als lose Absicherung frei.

Ein enorm hohes Tempo in der Anfangsphase verhinderte letztlich, dass die Frankfurter ordentlich ins Spiel kamen. Die Stuttgarter hatten mehr vom Ball und Raum, was etwas überraschend, aber in Angesicht des starken Pressings nur logisch war. Nach dem frühen Treffer durch den aufgerückten Gentner behielten die Schwaben diese hohe Schlagzahl bei, doch Frankfurt kam im Laufe des Spiels besser in die Partie.

Frankfurt wurde besser

Nach einiger Zeit fingen sich die Frankfurter, was an veränderten Bewegungen der eigenen Mittelfeldspieler war, welche sich tiefer und intelligenter aufteilten, um stabiler in Ballbesitz zu werden. Ein weiterer Grund war das konstante, wenn auch nur leichte Nachlassen der Stuttgarter Pressingintensität, welche in der zweiten Halbzeit nur phasenweise gespielt wurde.

Desweiteren schob Meier stärker in die Spitze und verhinderte, dass die Stuttgarter Flügel ohne Gefahr unterstützen sowie dass die Innenverteidiger mit Absicherung bei einer hohen Mannorientierung auf die Außen agieren konnten.

Mit der Einwechslung von Stefano Celozzi gab es auch mehr Dynamik in der Mitte. Celozzi spielte als Rechtsverteidiger, wodurch Jung in die Mitte rückte. Ziel war es, dass es dynamischere Vorstöße nach vorne gab sowie das Pressing im zentralen Teil des Mittelfelds gegen die beweglichen Gentner und Holzhauser verbessert wurde. Alles in allem hatte Frankfurt danach wieder mehr vom Ball und war ebenbürtig, dennoch hatten sich die Stuttgarter diesen Sieg wohl etwas mehr verdient.

Spieltempovariation und Rochaden

Wichtig war es nämlich, dass die Stuttgart sich besser an den Gegner angepasst hatten. Sie bespielten die Lücken im gegnerischen Offensivspiel sehr schnell und konterten, wodurch sie den Gegner zu Rückwärtspressing zwangen. Doch diese Konter brachen sie oftmals zwecks eigenem Ballbesitz ab, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit gering war. Dadurch vermieden sie schwache Abschlüsse und exorbitanten Ballbesitz für die Frankfurter.

Stattdessen bewegten sie sich in diesen Phasen viel in der Offensive und vermieden es tunlichst, dem rückwärtspressenden Gegner eine einfache Spielsituation zur Positionseinnahme zu gewähren. Besonders Gentner (mit 12.5km laufstärkster Akteur) und Holzhauser zeigten sich enorm laufintensiv in die Spitze und unterstützten dort Ibisevic. Zu Anfang spielte auch Harnik kurzzeitig auf links und Traore auf rechts, wodurch sie invers agierten. Die Außenverteidiger sollten die Flügel überladen und es war letztlich eine Spielverlagerung Harniks, welche als Vorarbeit zum Assist Traores durch Dribbling und Flanke auf Gentner diente. Dieser stand auf dem langen Pfosten und konnte von dort aus verwandeln.

Fazit

Ein taktisch gutes Spiel mit vielen interessanten Kleinigkeiten, welche insbesondere spielphilosophischer Natur waren – wie man es bei den Frankfurtern in dieser Saison öfters sehen wird. Sie passen sich an den Gegner zwar an, aber nur im Rahmen ihrer grundlegenden Spielphilosophie, was gewisse Mängel aufwerfen kann. Diese hat Bruno Labbadia angegriffen und damit gegen Armin Vehs Team gewinnen können. Frankfurt hatte letztlich einmal mehr die Überlegenheit in puncto Ballbesitz, doch von den Torchancen waren sie gleichauf.

Pseu 30. Oktober 2012 um 09:29

Ich muss auch sagen, dass mir der VfB in den letzten Spielen deutlich besser gefällt.
Zu Beginn der Saison war das teilweise ja grausam, als man zu viel mit langen Bällen gearbeitet hat. Durch das neue System läuft vieles besser.

Ich hätte nicht gedacht, dass Labbadia so eine Umstellung hinbekommt, da bisher das alte System sehr eingefahren war und relativ selten geändert wurde.
Im Moment passen Spieler und System einfach sehr gut zusammen. Wenn jetzt noch die letzten ihre individuelle Formkrise überwinden (Sakai, Molinaro, Harnik darf mal wieder treffen…) dann sieht das schon sehr gut aus. Zudem muss sich das Lazaret dringend lichten.

Antworten

Gentnerfan 30. Oktober 2012 um 07:54

Scheinbar hat Labbadia die Defizite seines Systems relativ schnell in den Griff bekommen, trotz Mehrbelastung, Länderspielpause etc.
Gut gefällt mir, dass nicht mehr alle blind in die Spitze einlaufen, wie es tlw. in den Spielen vor Nürnberg der Fall war. Stattdessen hab ich das Gefühl, dass die Raumaufteilung durch Traorés flexible Rolle und die beiden intelligenten und laufstarken 8er wieder besser passt und man sowohl mehr Zugriff im Gegenpressing als auch mehr Verbindungen im Passspiel bekommt.
Mal schauen, wie es dann im Pokal aussieht. Da wird der Gegner wohl kaum so mitspielen wollen, wie FFM und Hamburg.

Antworten

Yango 30. Oktober 2012 um 01:06

Vielleicht hab ich es uberlesen, aber man hat dem spiel auch angenerkt das unser sechser und spieleröffner schwegler fehlt. Ohne ihn war es teilweise sehr unstrukturiert, da rode und lanig nicht diese passicherheit und auge haben fur eine gute spieleroffnung.

Antworten

Erwinle 29. Oktober 2012 um 23:35

Kleine Anmerkung:

Nicht nur das 1:0, sondern auch das 2:0 (Harnik von links mit der Vorlage) entstand aus den getauschten Positionen von Harnik und Traore. Seitdem sie 4-3-3- spielen, ist das ein regelmäßiges Mittel, das ich sehr spannend finde.

Es freut mich, dass in letzter Zeit der VfB mehr Beachtung bei Euch zu finden scheint – weiter so! 😉

Antworten

RM 29. Oktober 2012 um 23:46

Natürlich! :-), aber das 1:0 fand ich irgendwie beispielhaft, weil die beiden trotz der Breite in Kontakt standen und das Tor letztlich auch durch Gentners Aufrücken wegen Harniks und Traores Rollen fiel.

Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*