Spanien – Frankreich 2:0
Spanien bezwingt Frankreich verdient und solide, aber ohne Glanz mit 2:0. Es gelang den Iberern dabei, die Taktik des Gegners weitgehend zu entschärfen.
Im dritten Viertelfinalspiel trafen die spanischen Titelverteidiger auf Laurent Blancs Franzosen – im Vorfeld galten diese noch als Geheimfavorit, doch nach den eher durchschnittlichen Leistungen in der Gruppenphase wusste man nun vor dieser Partie überhaupt nicht, was man von den Franzosen zu erwarten hatte. Dies gab dem Spiel auch seinen Reiz – die ewig balldominanten Spanier gegen die normalerweise auch mit viel Ballbesitz spielenden Franzosen, deren Ausrichtung ebenso wie deren Leistung für dieses Spiel aber deutlich schwerer vorauszuahnen war als das relativ konstante Auftreten der Spanier.
Bei den Spaniern entschied sich Vicente del Bosque dazu, auf Fernando Torres zu verzichten und stattdessen wieder ohne einen echten Stürmer aufzulaufen, also auf Cesc Fábregas zu vertrauen, der die Rolle der Falschen Neun bekleiden sollte, dabei stark auf die Seiten auswich. Ansonsten schickte del Bosque jene Mannschaft auf das Feld, die auch in allen drei Gruppenspielen angefangen hatte.
Im Gegensatz dazu nahm Laurent Blanc einige und zum Teil auch überraschende Veränderungen vor. Bisher hatte er zwischen einem etwas offensiveren System mit drei beweglichen Kreativkräften sowie einer etwas balancierteren Version mit nur zwei Spielmachern und Malouda als Verbindungsspieler wählen können und diesmal entschied er sich für letztere Variante. Es waren allerdings nicht zwei, sondern mit Ribéry letztlich nur einer dieser Kreativkönner auf dem Platz, denn auf der rechten Seite musste Nasri weichen und wurde durch Debuchy ersetzt, der normalerweise als sehr offensiver Rechtsverteidiger aufläuft. Seine Rolle wurde nun von Reveillere eingenommen, während im defensiven Mittelfeld Cabaye für den bisherigen Stammspieler und absichernden Sechser Diarra ins Spiel kam und in der Innenverteidigung wie erwartet Laurent Koscielny anstelle des gesperrten Mexes auflaufen durfte.
Französische Ausrichtung
Auch wenn es ausgerechnet die Kabinen-Streithähne traf, die auf die Bank verbannt wurden, so werden hinter allen diesen Änderungen auch klare taktische Vorstellungen Blancs gestanden haben, die einige Elemente ihres Spiels von den italienischen und kroatischen Ansätzen gegen die Spanier übernahmen. Besonders auffällig, wenn auch erwartungsgemäß, war, dass sich Debuchy stark an Jordi Alba orientierte und den offensivstarken Linksverteidiger bei dessen Vorstößen verfolgte, so dass defensiv oftmals eine Fünferkette entstand – auch bei den Kroaten war Srna immer wieder in eine solche zurückgefallen, während die Italiener ohnehin mit einem 3-5-2 und damit defensiv einem 5-3-2 gespielt hatten, wobei Frankreich diese Fünferkette nicht optimal einsetzte. Auch wenn Debuchy nicht konstant als fünfter Verteidiger agierte, so ähnelte die französische Struktur der italienischen besonders aufgrund der Rolle Ribérys, welcher sich nur sporadisch in die Mittelfeldreihe einordnete, stattdessen oftmals vorne in einer nach halblinks hängenden Position (ein bisschen wie Cassano) auf Konter wartete und damit im Zentrum wie bei den Italienern einen Dreierblock zurückließ.
Der große Unterschied war aber, wie dieser Dreierblock arbeitete, denn während die Italiener in ihrem Mittelfeld-Trio auf fluides Anpassen an das spanische Tiki-Taka gesetzt hatten, hielten die drei französischen Sechser meistens relativ klar ihre Zuordnungen, wobei Cabaye auf halbrechts der schematisch höchste Spieler war und im Pressing mehrfach auch in ein 4-4-2 aufrückte. Insgesamt konnten die Franzosen auch durch ihre sehr hohe Stellung und die somit ermöglichte hohe Kompaktheit sowie disziplinierte Raumabdeckung ordentlich mithalten, doch sich dem spanischen Spiel und ihrem Rhythmus nicht vollends entgegen stellen. Diese spielten insgesamt ordentlich, verloren aber einige Bälle aufgrund von unüblichen Fehlpässen und Missverständnissen.
Frankreichs direkte Zuordnungen und Busquets als Raumblocker
Konkret sah die Aufteilung im französischen Mittelfeld so aus, dass die drei Spieler primär ihre Positionen hielten, dabei aber dennoch ein Auge auf einen bestimmten Gegenspieler warfen – so zum Beispiel M´Vila auf Xavi. Generell war die erhöhte Position Cabayes gegen den auf halblinks als Aufbauspieler agierenden Xabi Alonso erkennbar, den man so vom Spielen abhalten wollte, wodurch Xavi weiter in die Tiefe gedrängt und damit die spanischen Probleme der Redundanz des „Spielmacher-Paradoxons“ provoziert werden sollte.
Die Spanier stellten sich darauf allerdings recht schnell ein und konterten die französischen Bemühungen mit einem Seitentausch von Xabi Alonso und Busquets, welcher nun auf halblinks agierte oder sich oftmals als Dummy generell sehr weit nach vorne bewegte. Dadurch zog er die Aufmerksamkeit der Franzosen auf sich oder blockte Cabaye ab und schuf damit Raum für Xabi Alonso, aber auch – wenn der Madrilene auf die rechte Seite ging – für Xavi, welche so vor einer Deckung durch Cabaye geschützt wurden. Spanien konnte die taktischen Ideen Frankreichs im Großen und Ganzen entschärfen. Überhaupt sorgte dies für etwas mehr Ausgewogenheit im spanischen Mittelfeld, was auch durch den selten zuvor gesehenen Vorstoß Xabis vor seinem ersten Treffer, begünstigt durch die fehlende Verfolgung aus dem französischen Mittelfeld, unterstrichen wurde.
Das Verhältnis der Seiten
Eingeleitet wurde dieser Treffer über die linke spanische Flanke und über Jordi Alba – also auf einem Wege, den die Franzosen eigentlich ganz besonders hatten verhindern wollen. Dabei war die linke Seite allerdings gar nicht die dominante bei den Spaniern. Vielmehr baute man das Spiel eher über halblinks auf, wechselte dann aber meistens mit Verlagerungen auf die andere Flanke.
Diese wurde von den Franzosen deutlich weniger verteidigt, was auch damit zusammenhing, dass Ribéry Arbeloa bei dessen Vorstößen kaum verfolgte, sondern wie gegen die Ukraine auf Ballgewinne und Konter zockte. Von den Franzosen war der Rechtsverteidiger von Real Madrid wohl als Schwachpunkt ausgemacht worden und so nahm man seine weiten und unbehelligten Ausflüge in Kauf, da man entscheidende Aktionen oder besondere Effektivität nicht von ihm erwartete. In der Tat war dies nicht der Fall, so dass die Franzosen diesen Raum etwas freier lassen, sich also mehr auf die anderen Spielfeldbereiche konzentrieren, dort praktische Überzahlen herstellen und sich beim Verschieben etwas schonen sowie Verlagerungen etwas einfacher verteidigen konnten, da sie eben nicht sofort konsequent Richtung Arbeloa gehen mussten.
Doch verloren sie im Laufe der ersten Halbzeit zunehmend die Balance und konnten nicht reagieren, als die Spanier lange Verlagerungen von Xabi Alonso auf Arbeloa einsetzten, um schnell ins letzte Drittel zu kommen. Zudem nutzten die Spanier diese Lücken auf der französischen Außenseite, um dort mit mehreren ihrer Kreativspieler hin zu verschieben und von dort ausgehend die Franzosen zu überladen. Sowohl Fábregas als auch Iniesta bewegten sich oft in Richtung Silva und fanden bei Kombinationen, die nach diesen Verlagerungen begannen, einige Male freie Halbräume vor.
Dagegen waren die Angriffe über die linke spanische Seite eher weniger zu sehen und sorgten wie beim Treffer für Abwechslung. Spanien hatte in diesem Bereich weniger Aktionen als gewohnt, womit man die französische Idee, genau hier besonders abzudecken, recht gut umschiffen und damit in ihrer Wirkung einzuschränken wusste. Dabei kam man weniger über links, war aber effektiver, wie der Treffer zeigte.
Dies hing damit zusammen, dass die Franzosen Iniesta und Jordi Alba zu stark von ihren jeweiligen Gegenspielern verfolgen und fast schon manndecken ließen. Diese Idee scheiterte schon deshalb, weil es praktisch kaum möglich ist, den unendlich beweglichen und schwer greifbaren Iniesta mannzudecken. Weiterhin agierte Iniesta oftmals so zentral, dass Reveillere viel zu weit aus seinem Raum entfernt wurde und man praktisch einen Spieler auf außen verschenkte, sich also selbst isolierte, anstatt Iniesta zu isolieren, da Reveillere sich primär an Alba hätte orientieren können. Weil dieser oftmals höher stand als Iniesta, entstanden dadurch schließlich noch einige ungewöhnliche Positionierungen der französischen „Fünferkette“ und folglich etwas chaotisch, aber doch klar vorhandene Zwischenräume, die Iniesta und Jordi Alba nutzen konnten. Am Ende wurden beide Treffer durch diesen Raum eingeleitet, da die Franzosen sich auf die Lücken und ihre defensiv teilweise vertauschten Positionen nicht abzustimmen wussten.
Frankreichs Offensive
Auch im Angriffsspiel war der verfehlte Kniff des doppelten Rechtsverteidigers daran beteiligt, dass die Franzosen erneut harmlos blieben und nur einen Schuss auf das Tor zu verzeichnen hatten. Durch die nach hinten gedrängte Position Debuchys verschenkte man offensiv einen Spieler und konnte bei schnellen Angriffen nicht genügend Präsenz entwickeln, so dass man zu oft in Unterzahl war. Dies wurde dadurch noch verstärkt, dass Malouda eher tief spielte und somit meist Cabaye das Aufrücken überlassen musste, was diesem im temporeichen Angriff aber weniger lag.
So war der aktive Franck Ribéry der einzige, der vorne im Zusammenspiel mit Benzema für gefährliche Ansätze sorgen konnte. Der Bayern-Star profitierte von seinen geringen defensiven Verpflichtungen, den offensiven gegnerischen Außenverteidigern und den seitlichen Rochaden Benzemas, der sich erneut als Spielpartner zur Verfügung stellte, doch die beiden waren dennoch zu stark auf sich alleine gestellt, um die Spanier nicht nur in einem ersten Schritt zu beschäftigen, sondern auch in echte Gefahr zu bringen.
Veränderungen im zweiten Durchgang
Diese nächste Stufe folgte dann im zweiten Durchgang bei den Franzosen – Debuchy agierte offensiver und fiel nicht ständig in die Kette zurück, im Mittelfeld sah man eine weniger starre Haltung und einen vermehrt offensiv aktiven Malouda, der seine gute Ausnutzung von Räumen und seine Ballsicherheit im Dribbling zeigte, während man insgesamt aggressiver die Spanier attackierte. Darauf reagierten die Iberer mit einigen Unsicherheiten sowie dem Rücktausch von Busquets und Xabi Alonso, die nun wieder ihre ursprünglichen Rollen ausspielten.
Einige Schwächen der Abwehrspieler im Aufbau sowie der verstärkte französische Druck nach vorne machten nicht nur deren Angriffsspiel effektiver, sondern hielten auch die Spanier etwas vom Angreifen ab. In der Phase nach der Pause waren die Franzosen am stärksten: Sie schoben mit mehr Spielern nach, sorgten durch die Außenverteidiger für Breite und durch die Mittelfeldspieler für mehr Support. Man musste diese Voraussetzungen schaffen und konnte dann die spanischen Schwachstellen ausnutzen – einige Fehler im Aufbau sowie in den Halbräumen klaffende Lücken in deren Pressing, was nicht zum ersten Mal auffiel. Doch auch wenn Frankreich mit den Einwechslungen von Menez, Nasri und später gar Giroud sehr offensiv wurde, fehlte weiterhin die Durchschlagskraft – sie litten unter ihren typischen Problemen, wie dem nicht passend synchronisierten Timing von Aktionen und der bisweilen fehlenden Staffelung.
Statt des Ausgleiches gab es noch das 2:0 durch die Spanier, die durch Pedro und Torres für neue Kraft nach vorne sorgten und Frankreich dadurch wieder mit mehr Energie begegnen konnten. So wirkte es am Ende auch zu keiner Zeit, als ob die Franzosen noch einmal ein Tor schießen würden. Vielmehr trudelte das Spiel aus und Spanien nutzte die nun offeneren Lücken bei Frankreich zur Ballsicherung.
Fazit
Spanien spielte offensiv trotz überraschend vieler Missverständnisse und einiger Unsicherheiten der Abwehrkette solide und in der Defensive sehr diszipliniert. Weil Frankreich offensiv harmlos war und die taktischen Ideen gegen die Spanier nicht aufgingen, wurden diese zum verdienten Sieger. Es reichte dem Titelverteidiger, den Gegner müde zu spielen und mit einer Handvoll vertikaler Angriffe das Spiel zu entscheiden. Man musste sich praktisch nur darauf beschränken, die französischen Fehlgriffe auszunutzen und deren taktische Maßnahmen zur Neutralisation der eigenen Stärke wiederum zu kontern, so dass man die eigene Klasse, das typische bekannte Spiel, die funktionierende Maschinerie standardmäßig, wenn auch glanzlos ausspielen konnte. Im Halbfinale könnten die Portugiesen aufgrund ihrer Konterstärke und ihrer sehr soliden 4-3-Stellung in der Defensive ein deutlich härterer Brocken für Spanien werden – vor allem, wenn Portugal im Zentrum auch noch die richtige Anpassungsfähigkeit findet.
42 Kommentare Alle anzeigen
villas-boas276 27. Juni 2012 um 12:52
Ein Vieira würde Spanien auf jeden Fall gut tun, sowas sieht man viel zu selten von Xavi, Busquets, Iniesta oder Xabi Alonso:
http://www.youtube.com/watch?v=sbCpQzuX5DE&feature=related
crs 25. Juni 2012 um 14:53
Spain’s Double Pivot system
http://allasfcb.blogspot.de/2012/06/spains-double-pivot-system.html
zur ergänzung.
Tank 26. Juni 2012 um 14:45
Danke für den Link!
Stimme Allas aber nicht ganz zu. Offensiv hat er recht, aber dass es so rüberkommt als würde die Doppelsechs keine signifikanten defensiven Vorteile hat, kann ich nicht unterschreiben. Kann gut sein, dass die Vorteile davon einen Spieler mehr zu haben, der den Raum vor der Abwehr zumacht, mehr als ausgeglichen werden, duch die offensiven Nachteile, aber die Räume vor der Viererkette können durch den double-pivot halt besser zugemacht werden. Bei Spanien ist es oft ja sogar ein triple-pivot, da sich Xavi, wie beschrieben, oft zurückfallen lässt. Leider finden sich bei Allas zu den defensiven Situationen ja auch nur Bilder, die Spanien im Ballbesitz zeigen. Guckt man sich mal eine der raren Situationen an, in denen Frankreich angreift, werden die Vorteile mehrerer Sechser denke ich klar.
Insgesamt: Volle Zustimmung zur Gesamtaussage, aber defensiv helfen tut’s schon.
Sacchi 24. Juni 2012 um 20:45
@Ypsilon
Super Beitrag und besonders Variante 1 ist sehr interessant.
So oder so wäre Postiga nicht geeignet,da er zu langsam und auch zweikampfschwach ist um im engen Raum gegen Piqué und Ramos ohne Wirkung wäre.
Dann eher Almeida der zumindest physisch dagegen halten kann.
Varela wäre mein Vorschlag,Quaresma spielt nicht geradlinig genug und es fehlt ihm mitunter an Biss und Effizienz.
asti80 24. Juni 2012 um 20:07
Ich würde es auch begrüßen, wenn del Bosque zu einem klassischen 4-3-3 wechseln würde.
Wie einige sehr gut beschrieben haben, würde ich entweder Busquets oder Alonso aus der Startelf nehmen. Wobei ich eher zu Alonso tendiere, denn er ist kein defensiv denkender Sechser wie Busquets. Davor Xavi als 8er und Iniesta als 10er.
Felix 24. Juni 2012 um 21:45
Xabi kann nicht rausgenommen werden, da damit das Gleichgewicht zwischen Barcelona und Madrid innerhalb des Teams zerstört würde. Taktisch gesehen ist er wirklich am ehesten „über“ im Zentrum, aber del Bosque wird ihn nicht rausnehmen.
Ypsilon 24. Juni 2012 um 17:32
Die Kroaten haben gezeigt, dass man mit einer Verdichtung in der Mitte die Spanier sehr gut von eigener Torgefahr abhalten kann, und gleichzeitig über sehr schnelle Konter über Außen (vor allem hinter dem aufgerückten Alba) für Gefahr sorgen kann.
Portugal ist eigentlich prädestiniert dafür, dieses Spiel zu perfektionieren. Während sie zwar keinen Modric besitzen, der intelligent das Spiel eröffnet, haben sie mit Nani und Ronaldo genau die Spieler, die über außen für Gefahr sorgen können.
Ich setze einfach mal voraus, dass Bento auf den im Kontersystem ohnehin nicht notwendigen Stoßstürmer verzichtet. Dann gäbe es für mich zwei effektive Varianten:
1) Einen zusätzlichen Flügelspieler wie Varela (Quaresma?) als „Sturmspitze“ aufstellen und ihn mit Ronaldo und Nani rotieren lassen. Ein Spieler (der ballnahe Außen) schaltet sich dabei immer übers Zentrum in die Verdichtung ein. Der ballferne geht in Lauerstellung (was voraussetzt, dass Alba anders übernommen wird) und wartet auf Steilpässe, während die „Spitze“ gegen die Innenverteidigung presst und sich situativ entweder gegen Xavi / Busquets / Alonso zurückfallen lässt oder auf den Konter zockt.
2) Ronaldo und Nani allein das Wechselspiel „zentral pressen / auf außen lauern“ spielen lassen und durch Rolando dem Spiel eine neue Wendung geben. Dann könnte Pepe rausrücken (die false nine ist wirkungslos) und man müsste auf die individuelle Stärke von Ronaldo und Nani vertrauen.
So oder so: Der Knackpunkt werden Verdichtung und Konter. Die Frage ist, ob Bento nicht die Taktik der Spanier (kaputtspielen) in kaputtverteidigen umkehrt und einfach darauf setzt, dass die panisch werden, mit Torres und Pedro / Navas der Verdichtung entgehen wollen und anfälliger für Konter werden.
Phantasiere ich zu viel rum (v.a. bei 2) ) oder wären das Marschrouten, die auch ein Taktikexperte nicht sofort verwerfen würde?
marus 24. Juni 2012 um 14:17
also ganz ehrlich wenn ein spieler (malouda?!?) seinen gegenspieler (xabi alonso) in einer situation wie vor dem 1-0 als alba über links richtung grundlinie zieht soo unfassbar unmotiviert und nach der „och mir doch wurscht der wird schon nix machen“ -einstellung laufen lässt stellt sich mir die frage was solch ein spieler im nationaldress seines landes zu suchen hat.versteht mich nicht falsch – jeder macht fehler und von fehlern lebt dieser wundervolle sport aber das was malouda da mit siner körpersprache sagen will übersetze ich mit “ ach wir kommen doch eh nicht weiter warum soll ich dann meinen gegenspieler decken“ . für mich brutal unverständlich wie man so gleichgültig an einem so wichtigen spiel teilnehmen kann! aber gut…genug aufgeregt.
mir machen diese (teils) ziellos spielenden spanier keine angst…ich denke so wie bei dieser EM D spielt und wie S spielt ist die möglichkeit den titel zu holen (was gleichzusetzen sein wird mit spanien zu überstehen) dieses jahr besser als je zuvor ist.
Jay 24. Juni 2012 um 14:26
Stimme Dir zu, was Malouda anbetrifft. Nach der Aktion hätte ihn Blanc direkt vom Feld holen müssen.
Roberto Martinez (der Wigan-Trainer) meinte aber gestern, dass es natürlich nicht nur physisch, sondern auch mental unheimlich anstrengend ist, wenn man die ganze Zeit dem Ball hinterherlaufen muss („chasing shadows“). Trotzdem darf das für die Malouda-Aktion keine Entschuldigung sein.
Sicher haben wir dieses Jahr eine bessere Möglichkeit, Spanien zu schlagen (wenn’s so weit kommt!), aber wir sind immer noch der Aussenseiter. Das Spiel gestern hat mich so ein bisschen ans WM-Halbfinale von uns gegen die Spanier erinnert. Da hatte man auch nie und nimmer das Gefühl, dass wir da irgendwas hätten reissen können.
Stoney 26. Juni 2012 um 21:19
Ja, sollte man wirklich nicht vergessen, dass wir selber ähnlich aussahen gegen die Spanier. Langweilig hin oder her, extrem kontrolliert deren Spiel! Allerdings muss man auch sagen, dass wir da auch einen Trochowski auf rechts für Müller bringen mussten! Ich meine Poldi ist auch schon eine Zumutung, aber ich denke wir hätten schon andere Möglichkeiten jetzt. Lasst Poldi sich verausgaben oder eine Gelbsperre holen gegen Italien. Gegen Spanien (wohl oder Übel) im Finale wird Reus und ein zweiter ballsicherer Flügelflitzer (Müller/Götze?) gebraucht, um Entlastung zu bringen, und überhaupt erst in dem Tempo, und in die Räume hinein kombinieren zu können, wie sie den Spaniern unangenehm werden können. Zwar könnte Poldi als „Linksfüßler“ theoretisch besser Flanken reinbringen (was die Kroaten ja als Waffe gg Spanien gut forgeführt haben) aber ich glaube er käme gar nicht an Arbeloa vorbei und zum flanken!
Lino 24. Juni 2012 um 11:35
Wie kann man einen Pedro nicht von Anfang an bringen? Das ist wirklich der Spieler, der für die momentane Spielweise die mit Abstand höchste Spielintellligenz aufweist. Man hat insbesondere Xavi angesehen, dass er richtig froh war, als nach der Einwechslung von Pedro ein Spieler auf dem Platz stand, der für intelligente vertikale Läufe sorgt. Und wenn man schon mit 6 Spielmachern spielt, dann ist es unerlässlich, dass BEIDE Außenverteidiger für Breite sorgen und aufrücken. Das Zentrum ist ja schließlich ausreichend besetzt, falls wirklich beide hoch aufrücken. Aber das geht mit Arbeloa nicht. So viele unnütze Laufwege hab ich selten gesehen. Der stand bei 10 Läufen nach vorne gefühlte 5 Mal im Abseits. Vielleicht wär es echt nicht schlecht, bei Ballbesitz die Positionen von Arbeloa und Ramos mal zu wechseln, so wie es zufällig gestern mal 2 Minuten passiert ist.
JayM 24. Juni 2012 um 12:41
Das ist auch ein Punkt, den ich nicht verstehe. Mir fehlt einfach der Spielertyp, der mal Diagonalläufe in den Strafraum startet. Bis jetzt macht das nur Fabregas in Ansätzen und ich glaube ein Pedro würde der Offensive viel mehr Möglichkeiten bieten.
Mausberger 26. Juni 2012 um 13:10
Da kommt wieder das fehlen von David Villa ins Spiel. Das ist genau so ein Spielertyp der da reinsprintet und auch den Abschluss sucht. War ja auch nicht umsonst Torschützenkönig bei der letzten EM.
Torres und auch Llorente sind das eben beide nicht, daher fehlt das Zentrum. Guiza war damals auch stark, wenn auch eher ein Brecher.
blub 24. Juni 2012 um 11:00
sehr gute analye, allerdings hatte ich das gefühl, wenn Benzema und Ribery sind einmal kurz blind verstehen würden krachts hinter Casillas. Ribery kam immerwieder über die flanke durch, aber Benzema war nie so postiert das er sie hätte bekommen können.
Frazösische Defensive: Fand ich eigentlich ganz gut, das Ballgeschiebe im letzten Drittel wurde relativ gut unterbunden, die Idee Arbeloa frei zu lassen ist an sich ja ganz ok, leider wurde immer Xabi Alonso stehen gelassen, der dann den Punktgenauen Diagonalball schlagen konnte. Da wurde entweder der falsche Spieler frei gelassen oder die Spanier haben ihn gut freigestellt. ich ahbs noch nicht rausgekriegt was es war.
Spanies Defensive: Sattelfest ist anders. Den Franzosen fehlte die Genauigkeit in den entscheidenden Aktionen um echte gefahr auszustrahlen.
Wettinho 24. Juni 2012 um 10:10
Ich frage mich, ob die Effektivität der Einwechslungen von Navas oder Pedro daher kommt, dass sie immer dann kommen, wenn die gegnerische Abwehr kaputt ist. Oder weil sie das Spiel dann endlich breit machen und Spanien dem Spiel von Barca dann ein Stück näher kommt. Wahrscheinlich ist beides der Fall.
Viele Mannschaften haben sich hauptsächlich damit beschäftigt, wie man die Offensive Spaniens stoppt. Ich habe allerdings noch keinen ernsthaften Versuch gesehen, wie man die Defensive überwindet. Letztes Gegentor in einem KO-Spiel 2006 gegen Frankreich…
Das Spielmacherparadoxon wird spätestens aufgehoben, wenn mal jemand gegen sie in Führung geht, dieser jemand sollte aber wenn möglich spät in Führung gehen.
Felix 24. Juni 2012 um 11:12
Die schwere Aufgabe ist es, die Defensive zu knacken, ohne dabei ins offene Messer zu laufen.
Sollte es zum Finale D-ESP kommen, könnte das Halbfinale ESP-POR schonmal einige Informationen liefern, wie es gehen könnte.
Die Spanische Defensive steht nie wirklich sicher (Barcas tut dies auch nicht), aber da der Gegner im „Optimalfall“ nie den Ball hat, braucht es die auch nicht umbedingt.
Um Spanien zu schlagen muss man deren Mittelfeld und deren Pressing umgehen, heißt schnell umschalten können, um die nicht so sichere Abwehr ins Schwimmen zu bringen. Stehst du tief, kommst du nicht weit bis nach vorne, stehst du hoch, bringen dich die Pässe in die Tiefe in Bedrängnis. Letzere Alternative könnte aber ohne echten Stürmer noch am ehesten auszugleichen sein (Neuer als Keepero etc).
crs 25. Juni 2012 um 14:41
bzgl effektivität der einwechslungen..
mit predro/navas erhält das spiel sofort eine neue dimension. plötzlich hält da einer die breite und attackiert zusätzlich den flügelkorridor zwischen abwehrlinie/grundlinie, während iniesta/silva grundsätzlich vor die viererkette ziehen.
dem gegner wird also eine wesentlich „komplexere“ aufgabe gestellt, zu einem müden zeitpunkt (physisch wie psychisch).
mmn ist diese kombination der schlüssel.
Rasengrün 24. Juni 2012 um 09:19
Portugal hat tatsächlich eine regelrechte Anti-Spanien-Taktik etabliert, zumindest auf dem Papier. Über 90 Minuten wird das aber sehr schwer durchzuhalten sein, ich vermute, dass das nur gelingen kann, wenn man irgendwie in Führung geht. Spanien muss relativ hoch stehen um die Zirkulation mit mehr Druck zu verbinden und wäre dazu dann wohl gezwungen, also auch dazu Räume aufzumachen für deren Nutzung Portugal mit Ronaldo und Nani zwei ideale Spieler hat. Liegen die Spanier erst einmal vorn, dann sehe ich nach wie vor kein Team, dass ihnen dann noch die Butter wieder vom Brot nehmen könnte.
Wie könnte die deutsche Mannschaft Spanien knacken, sollte es zum Finale D-ESP kommen? Ich glaube, dass die italienische Taktik da entscheidende Fingerzeige geliefert hat, allerdings wäre das eine, selbst für Löws Verhältnisse extreme, Umstellung. Aber etwas durchaus Ähnliches lässt sich aus dem 4231 heraus schon entwickeln, nämlich durch extreme Asymmetrie. Ich war mal so frei: http://this11.com/topics/add/abCSReZapA
Tank 24. Juni 2012 um 11:51
Was ich mich bezüglich des Portugal-Spieles frage: Wenn Veloso, Mereiles und Moutinho Xavi, Xabi Alonso und Busquets im Zentrum paroli bieten, dann werden ganz sicher Iniesta und David Silva mit einrücken, um wieder eine spanische Überzahl herzustellen. Um das wieder auszugleichen, müssten Nani und Cristiano Ronaldo ebenfalls ihre Außenpositionen verlassen und sich im heillos überfüllten Zentrum in die Kämpfe um den Ball werfen. Werden sie das tun? Wird ein Cristiano Ronaldo auch bereit sein regelmäßig bis in den Raum vor dem portugiesischen Sechzehner zurückzugehen, um da mitzuhelfen? Und selbst wenn er das tut, zieht ihn das nicht sehr weit von den Bereichen weg, in denen er am gefährlichsten ist?
Ich stimme zu, dass Portugal im Allgemeinen gut aufgestellt ist, um Spanien Probleme zu bereiten. Aber ob dabei nicht ihre wichtigste Waffe, die Flügelspieler, entschärft werden… Kommt wahrscheinlich drauf an, wo das große Mittelfeld-battle stattfindet. Findet es eher in der spanischen Hälfte statt, dann ist die Entfernung zum Tor schließlich nicht soo groß.
Rasengrün 24. Juni 2012 um 12:31
Sehe ich nicht unbedingt so, dass die Außen da zwingend mit einrücken müssen. Es gibt Verdichtung und Überladung und es gibt einen Moment, wo sich die Spanier selbst die Räume nehmen. Von daher wäre es in so einer Situation vielleicht eher angezeigt den Raum zwischen den Reihen zusätzlich extrem zu verengen, also insgesamt nicht zu tief stehen, aber den Abstand zwischen Dreier-Reihe und Abwehr sehr gering zu wählen. Ronaldo und Nani sollten sich da mMn möglichst raushalten und zocken. Ohne ein Risiko einzugehen wird man nichts erreichen und das scheint mir ein akzeptables zu sein. Die Chancen gegen Spanien steigen deutlich, wenn man offensiv in 1vs1-Situationen kommen kann. Das wird aber nicht gelingen, wenn man das komplette eigene Kollektiv völlig auf die Defensivstrategie ausrichtet.
geco87 24. Juni 2012 um 13:15
Ich kann mir vorstellen, dass Portugalcoach Bento auf einen klassischen Stoßstürmer a la Postiga oder Almeida verzichtet und mit Nani und Ronaldo in einem 4-4-2 stürmt. Die vier Mittelfeldspieler würden eng verteidigen, Ronaldo spielt ohnehin schon nicht den klassischen linken Flügelstürmer und ist prinzipiell überall im Sturm zu finden. Er müsste sein Spiel nicht umstellen. Nani müsste etwas einrücken und hängend spielen. Portugal könnte auch auf das italienische 3-5-2/5-3-2-Mischsystem umstellen. Zumindest wäre die Zwei-Sturm-Lösung ohne Postiga/Almeida sinnvoll, um gegen die Spanier im zentralen Mittelfeld nicht in Unterzahl zu geraten.
geco87 24. Juni 2012 um 13:20
Sorry für den gesonderten Beitragen…
Interessant ist auch zu sehen, wie sich die Spanier taktisch auf Ronaldo einstellen. Kommt er über die Außen, müssen Jordi Alba und Arbeloa deutlich zurückhaltender im Spiel nach vorne agieren als bisher bei der EM, denn man darf Ronaldo keinen Platz lassen, den er wunderbar zum Dribbling nutzen würde. Genauso verhält es sich mit Nani.
Schwerer wird es Ronaldo haben, wenn er von Ramos und Piqué im Zentrum übernommen wird, die ihn sehr gut als Mitspieler und Gegenspieler kennen.
Tobias 24. Juni 2012 um 16:05
Deine Zuordnung stimmt wohl auch nicht. Veloso, Meirelles und Moutinho werden sich um hauptsächlich um Xavi kümmern und Ihn gemeinsam mit den AV von Silva und Iniesta isolieren. Wenn Fabregas sich ins Mittelfeld zurückfallen lässt, wird Pepe mit rausrücken. Das ist sein Spiel und er ist ja auch gelernter DM. Falls nun Xabi und Busquets aufrücken, was sie wohl nie beide tun werden (siehe Spielmacherparadoxon), dann kann immer noch entweder Meirelles oder Moutinho rausrücken und attackieren. Ronaldo hat den Vorteil gegen Arbeloa zu spielen, den bisher ja fast alle Mannschaften haben laufen lassen. Nani ist defensiv stark und offensiv stark genug, um Alba zu beschäftigen. Das wird auf jeden Fall ein spannendes Spiel.
vastel 24. Juni 2012 um 16:08
Ich sehe es ähnlich wie Rasengrün, dass vor allem die Flügelspieler gegen die Spanier zocken müssen (egal ob Portugal oder wer auch immer), denn:
1.) Rücken die spanischen AV meistens recht weit auf. Im Spiel gegen Frankreich waren regelmäßig die Außenbahnen, vor allem die linke mit Jordi Alba, bei Ballbesitz Spanien entblößt. Unverständlich warum Benzema dort nicht gelauert hat mit einem etwas mittigerem Ribery, der von Außen Diagonalläufe ins Zentrum bei Kontern hätte starten können.
2.) Stehen Nani und CR7 vorne auf den Außen und spekulieren auf Konter müssen die spanischen AV ebenso entscheiden, ob sie zocken oder lieber absichern. Viele vergessen, dass man mit offensiven Außen und dann noch so gefährlichen wie Nani/CR7 unheimlichen Druck auf die gegnerischen AV aufbaut und diese unter Umständen hinten reindrücken kann, was den Spaniern Anspielstationen im Spielaufbau beraubt und die eigene Mannschaft entlastet. Sichtbar wurde dies auch im Spiel GER – POR, wo Boateng und Lahm sich nur äußerst selten in die Offensive eingeschaltet haben, weil sie die klare Anweisung hatten die Flügel abzusichern.
Insofern würde ich als portugiesischer Trainer mit dem bekannten 4-3-3 auflaufen lassen, allerdings mit einem weit zurückgezogenem Mittelstürmer/OM, also eigentlich eher ein 4-3-1-2.
Rasengrün 24. Juni 2012 um 18:46
@geco87: Irgendwer wird die „Opferläufe“ machen müssen, ob das nun ein richtiger MS sein muss lasse ich mal dahingestellt. Ronaldo und Nani hätten andere Aufgaben, die schon für sich genommen laufintensiv genug werden dürften.
@Tobias: Pepe wird vermutlich eine Schlüsselrolle zufallen, das Timing seines Herausrückens, in Kombination mit Veloso, dürfte essentiell sein um den Raum zwischen den Linien verteidigen zu können.
@Vastel: Besonders schwer wiegt hier, dass die spanischen Startaufstellungen bisher kein anderes Mittel als die AV hatten um Breite herzustellen. Insofern eine wirkliche Zwickmühle in die man sie da bringen könnte. Del Bosque scheint daran ja recht stur festzuhalten, also sollte man versuchen das auszunutzen. Im Idealfall könnte es gelingen die Spanier in ihrer eigenen Zirkulation gefangen zu halten ohne dass dabei Chancen hoher Qualität herauskommen. Die Tendenz zur Enge haben sie schon von sich aus, man sollte alles dafür tun, dass das so bleibt.
Tobias 24. Juni 2012 um 19:44
In dem Kontext ist auch das Verhalten der portugiesischen 3-fach 6 sehr interessant. Sie verschiebt als kompakter Block extrem ballorientiert. Ihnen kommt also das spanische Klein-Klein sehr entgegen. Entscheidend wird sein, wie gut die drei Sechser nach Ballgewinnen in diesem extrem verengten Raum das Gegenpressing umgehen, um gezielt Pässe auf Nani und Ronaldo zu spielen.
geco87 25. Juni 2012 um 10:03
@ Tobias:
Wobei der Begriff „Dreifachsechs“ es wohl nicht ganz trifft. Für mich sind Moutinho und Meireles schon eher Achter, die sich regelmäßig in die Offensive einschalten (Moutinho bereitete so das 1:0 gegen Tschechien vor). Veloso dagegen ist der Abräumer und sichert fast durchgehend dahinter und vor den Innenverteidigern ab. Kann allerdings sein, dass die drei öfter (fast) auf einer Linie und eng agieren als wie bisher im Dreieck. Ebenso ist eine konstante Doppelsechs denkbar, um das Zentrum dicht zu machen. Ich würde Bento aber wie gesagt zu einer eng stehenden Viererkette/Raute im Mittelfeld raten und dafür den Mittelstürmer opfern.
Jose Mourinho 24. Juni 2012 um 05:02
Ich hab mich immer gefragt, wie man Xavi und Iniesta am besten verteidigen, blockieren und wirkungslos machen kann. Lange Zeit hatte ich das Gefühl, dass dies unmöglich ist. Doch dann kam Vicente del Bosque. Nein, nicht der Gegner, sondern der Trainer der beiden schaffte es sie zur fussballerischen Impotenz zu führen. Was nützt mir ein Xavi, wenn es keinen gibt der auf seine genialen Pässe reagiert? Wieso spielen vor Xavi Spieler, die ihn ähneln und nicht Spieler die ihn ergänzen? Den Spaniern fehlt ganz klar der Algorithmus (Vielen Dank an Mehmet Scholl, der diesen Begriff im Zusammenhang mit Fussball benutzte.)
Ja, den Spaniern zuzusehen bereitet mir Kopfschmerzen. Sie versuchen ein Tor zu machen aber ihr eigenes Spiel lässt es nicht zu. Erinnert mich ein bisschen an Hühner, diese versuchen auch manchmal zu fliegen, können es aber nicht, obwohl sie Flügel haben. Die Spanier versuchen allerdings zu fliegen, obwohl sie nicht mal Flügel(spieler) haben. (Meine paradoxe Rhetorik versteht sowieso keiner :D)
Um diese Formation in ein Vier-Zahlen-System darzustellen würde ich es als
4-6-0-0 darstellen. Sechs Spieler die das Spiel aufbauen wollen, andere Mannschaften brauchen dafür 2-3 Spieler, die Spanier brauchen auch nicht mehr, spielen aber mit 6. Dabei kommen mir einige Spieler der Spanier genauso überflüssig vor wie der Halbkreis vor dem Strafraum.
LJ 24. Juni 2012 um 09:00
Eigentlich dokumentieren die Spanier mit einer Aufstellung ohne bzw. mit der erst späten Einwechselung eines Stürmers, dass es ihnen in erster Linie darum geht, den Gegner kaputt zu spielen statt aktiv den Torabschluss zu suchen. Zumindest ist dies in der Mehrzahl ihrer Spiele bei dieser EM der Fall. – Das mag schön finden wer will. Ich finde es häßlich und ansehnlich. Macht dies Schule, wird das Spiel nur zu retten sein, wenn ähnlich wie beim Basketball eine 30-Sekunden-Regel eingeführt wird.
Dominantes Spiel als Selbstzweck ist für mich eine Perversion der Spielidee. Ich hoffe darauf, dass die Portugiesen diese häßlich spielende Mannschaft nach Haus schicken.
Diospeo 24. Juni 2012 um 09:56
Sie sind ja ein lustiges Vögelchen. Das gestrige Spiel war eine beeindruckende Demonstration, wie man eine passiv spielende Mannschaft über volle 90 Minuten souverän dominiert. Ein Leckerbissen für alle, die sich öfter als alle 2 Jahre mit diesem Sport beschäftigen. Kann es sein, dass Sie sich hier verirrt haben?
Ach ja, ich vergaß : Es gibt keine 30-Sekunden-Regel beim Basketball.
Tank 24. Juni 2012 um 11:56
@LJ: Völlig unabhängig von ihrer persönlichen Einstellung zum Spiel der Spanier kann ich ihnen versichern, dass das ballbesitzorientierte Spiel keinesfalls Selbstzweck ist. Man sucht schon beständig nach der Möglichkeit zum Angriff, auch wenn man den Ball 20 mal entlang der Mittellinie hin- und her passt. Führt man und baut der Gegner nicht genug Druck auf, um die Ballzirkulation zu unterbinden, dann überwiegt für die Spanier der Nutzen des fortgesetzten Ballbesitzes nur sehr schnell den Nutzen des risikoreichen Passes in den gegnerischen Strafraum.
severalseasons 24. Juni 2012 um 12:06
@ Diospeo
Die technische Klasse der Spanier bestreitet niemand – auch nicht LJ, wenn ich das richtig verstehe. Eine Meinung, die einem nicht gefällt, aber mit einem ad hominem -Argument anzugreifen (versteht ja sowieso nichts von Fußball), das ist mehr als billig. Spanien ist als Mannschaft extrem eingespielt, pass-sicher etc., keine Frage, hat großartige Fußballer und sehr gute Chancen, den Titel zu verteidigen (aber warten wir besser ab, wie das läuft, da ja noch nicht einmal alle Halbfinalisten feststehen und die Halbfinals auch erst gespielt werden müssen), aber ausgerechnet diese Partie nun als „Leckerbissen“ zu bezeichnen, oder als „beeindruckende Demonstration“ ist vollkommen überzogen. Und“ volle 90 Minuten souverän dominiert“ haben die Spanier auch nicht, aber da gibt es wahrscheinlich verschiedene Wahrnehmungen. Nun muss man sich damit abfinden, das Menschen bestimmte Erwartungen an den Spannungsverlauf, die Dramatik und Dynamik eines Fußballspieles haben, wäre dem nicht so, der Fußball hätte kaum die Bedeutung, die ihm heute zukommt. Würde ich damit rechnen müssen, dass der Fußball sich allgemein in eine solche Richtung entwickelt wie gestern zu „bestaunen“, dann würde ich wahrscheinlich weniger als alle zwei Jahre mal ein Spiel anschauen. Wie einer der Leser des Guardian dazu bemerkte: „As enjoyment goes, it was up there with self-circumcision.“
Jay 24. Juni 2012 um 14:20
„Wie einer der Leser des Guardian dazu bemerkte: ‚As enjoyment goes, it was up there with self-circumcision.'“
Mein favourite comment war dieser hier:
„Spain are technically excellent. But so is my painter and decorator and I wouldn’t watch him for more than five minutes.“
TheSoulcollector 24. Juni 2012 um 09:10
Was da noch zusätzlich auffällt: Wenn Spanien mal wirklich eine Überzahl auf dem Flügel hat (war gestern ja ein paar Mal der Fall auf rechts), dann spielen sie nicht daorthin. Da stehen dann Arbeloa und Farbregas mal auf rechts bzw. halbrechts und haben den kompletten Raum bis zur Grundlinie und zur 16er-Grenze frei, aber sie werden einfach nicht angespielt.
Ihre Spielweise lässt wohl einfach kein Flügelspiel zu. Am Ende kann das natürlich gut für uns sein. Ebenso, dass Alonso jetzt 2 Tore gemacht hat und damit das Spielmacherparadoxon bis zum Ende bestehen bleibt.
Felix 24. Juni 2012 um 11:03
In der Vorschau sind schon einige (unter anderem ich) auf das Spielmacher-Paradoxon, deren Ursache und deren Wirkung eingegangen.
An dieser Stelle vllt die Bitte nach einer Möglichkeit, wo man das zentral diskutieren kann, da wir diese Diskussion schon häufiger geführt haben und Spanien als WM und EM eine genauere Betrachung, vorallem angesichts der Möglichkeit, ihnen im Finale zu begegnen, eine genauere Betrachtung schon interessant macht.
Das große Problem ist, dass Spanien wirklich mit 5-6Spielmachern spielt. Nominell spielen Silva und Iniesta zwar auf den Außen, aber sie ziehen beide gerne ins Zentrum. Würden beide AVs konsequent aufrücken und so die Breite herstellen, könnte man dies vllt umgehen, zumal dann mindestens Busquets oder Xabi Alonso sich in die Abwehrkette fallen lassen könnten.
Dies geschieht aber nicht und deswegen ist das Zentrum zugestellt, auch ohne Gegenspieler.
Vor dem Spiel haben wir ausgerechnet Xabi als „überflüssig“ herausgepickt und obwohl er 2 Tore gemacht hat (der Elfer war wohl ein Geschenk zum 100.Spiel) sehe ich es immernoch so:
Busquets als 6er, davor Xavi und Iniesta als Spielmacher und dann direktere Außen, wie Navas oder Pedro.
Alternativ, wäre Puyol nicht verletzt, könnte man Ramos (wurde in diesem Spiel ja sogar zwischendurch ausprobiert) als RV auflaufen lassen, da er mit seinen Läufen die Linie entlang (WM2010) für Breite und Dynamik sorgen könnte und damit Silva als RA die Option nach Innen ziehen kann.
Es gibt noch weitere Möglichkeiten, Überlegungen, aber dazu fehlt hier die Zeit und mir auch das tiefgehende Verständnis, weswegen eine Zusammenfassung der hier veröffentlichen Ideen von uns Hobby-Trainern und eine proffesionelle Auswertung echt interessant wäre.
Spanien spielt immer noch sehr dominant, aber sie wirken nicht mehr übermächtig. Ihr spielt verdient weiter Respekt, aber keine Angst. Sie sind schlagbar und vorallem behindern sie sich derzeit selbst. Die Ausfälle von Puyol und Villa treffen sie enorm und schwächen ihr Spiel.
Alle möglichen kommenden Gegner werden eine große Herausforderung für sie (Portugal -> konterstark, Italien -> defensivstark, siehe Spiel in der Gruppenphase; England -> Chelsea-Taktiv inklusive Mannschaftsbus; Deutschland -> ähnlicher, aber flexiblerer und dynamischerer Ansatz).
Egal auf wen Spanien trifft, es warten unterschiedliche, aber jeweils schwere Aufgaben auf sie.
grasnarbe 26. Juni 2012 um 11:53
eine ausführliche illustration mit verschiedenen varianten des spanischen spiels gibts in der sv.de em-vorschau.
ich hoffe ja auch, dass sich sv.de zu einem richtigen forum entwickelt, bei dem threads nicht nur zu artikeln, sondern eben auch zu eigenen themen erstellt werden können – das wäre das eldorado für deutschlands taktik-fans.
LJ 24. Juni 2012 um 02:21
Sorry, ich empfand die Defensivleistung der Spanier als ausgesprochen schwach. Eine Truppe mit mehr Passsicherheit hätte denen heute (gestern) gut und gern 2, 3 Stück einschenken können. Um gegen Portugal zu bestehen, werden sie sich sehr deutlich steigern müssen.
Jay 24. Juni 2012 um 01:44
Gute Analyse. Die Spanier ganz ganz abgezockt und effizient, aber eben auch furchtbar langweilig anzusehen.
Frankreich viel zu negativ in ihrer Ausrichtung – Debuchy ins MF zu ziehen war ein grosser Fehler. Frankreich hat ganz klar Ballsicherheit und Organisation im ZM gefehlt.
Und als dann erstens Jordi auf links durchkommt (trotz Doppel-RV!) und der Malouda einfach stehen bleibt und dem Xabi Alonso hinterherschaut, wie er mutterseelenallein in den Strafraum joggt und das Ding reinköpft, war die ganze Defensivtaktik hinfällig.
Ribéry war alleine oftmals überfordert und Benzema hat fast als OM fungiert, was den Spaniern ermöglicht hat, ihn ganz locker mit zwei Mann bei der Ballannahme zu stören, weil ja weiter vorne keiner mehr stand.
Dazu kam die Ungenauigkeit der französischen Pässe. Bälle wurden oft halbhoch gespielt, die schwer anzunehmen waren. Die langen Bälle auf Benzema waren auch oft direkt verschenkt und, wenn nicht, dann haben Benzema die Anspielstationen gefehlt. Die Franzosen haben es kaum fertiggebracht, einmal über zwei, drei Stationen den Ball zu spielen.
Und, auch wenn es enorm schwierig ist, gegen die Spanier zu spielen, haben es die Franzosen von der ersten Minute an Leidenschaft, Hunger und Willen vermissen lassen. Das Spiel hatte zeitweise den Charakter eines Freundschaftsspiels der Franzosen. Die Kroaten haben wenigstens gekämpft.
Bin auch kein Fan der „falschen Neun“. Cesc ist kein Messi, aber solange die Spanier damit durchkommen, dann wird del Bosque von dem System auch nicht abweichen.
Also, die Spanier wurden heute nicht gefordert von den Franzosen, aber sie haben sehr intelligent gespielt. Spanien bleibt das „team to beat“ bei dieser Euro.
BenSchreck 24. Juni 2012 um 12:35
@Jay – Na Hmm:
„Gute Analyse. Die Spanier ganz ganz abgezockt und effizient, aber eben auch furchtbar langweilig anzusehen.“
Ich war überrascht über die Spielweise der Spanier – so „ganz“ anders als bisher: plötzlich werden die offensiven Flügel als Aktionsfelder benutzt, es werden hohe Flanken und Ecken benutzt, obwohl in der Mitte kein Torres spielt, dazu wie bei der Situation vorm Elfmeter schnelle Vertikal-Pässe – Dinge, die bisher nicht so oft zu sehen waren – genau wie der oben beschriebene Positionswechsel von Sergio Ramos auf rechtsaußen.
„Cesc ist kein Messi, aber solange die Spanier damit durchkommen, dann wird del Bosque von dem System auch nicht abweichen.“
Nur daß Cesc Fabregas eben nicht gesetzt ist und nur jedes 2. Spiel zu Beginn aufläuft.
Jay 24. Juni 2012 um 14:17
Na, sooo anders habe ich die Spanier nicht gesehen.
Das Ausweichen über die Flügel war immer noch sehr spärlich – Jordi kam ein Mal sehr gut durch, aber wenn etwa Navas oder Pedro nicht auf dem Platz stehen wird das immer eine Seltenheit sein bei den Spaniern.
Und dass sie die Ecken hoch reinschlagen mit Pique, Ramos und Xabi vorne ist auch verständlich und nicht wirklich was Naues. Die wenigen Flanken in den Strafraum, wenn da die „Kopfballungeheuer“ Silva und Iniesta stehen, fand ich eher albern und war so sicher nicht eine vorgegebene taktische Marschroute.
Dem Positionswechsel von Ramos und Arbeloa würde ich auch nicht zu viel Bedeutung beimessen, sondern war einfach der entsprechenden Spielsituation geschuldet. Das Risiko, bei Ballbesitz Ramos auf rechts zu ziehen ist auch zu gross, weil wohl jeder Spanier beim Gedanken an Arbeloa als zentrale Absicherung Bauchschmerzen bekommt. (Zu Recht.)
Denoch ein Wort zu Arbeloa: Der wird vor jedem Spiel von Spanien oder Madrid als der „Schwachpunkt“ ausgemacht, und hinterher macht er seine Sache dann doch ganz ordentlich.
Denke, Cesc bleibt in der Mannschaft und Torres kommt dann wieder als Joker rein. Glaube nicht, dass Torres im HF wieder beginnt.
Tank 24. Juni 2012 um 01:23
Gute und sachliche Analyse!
Ich frage mich, ob die große Anzahl von Spielmachern in der spanischen Zentrale neben den nicht zu bestreitenden offensiven Nachteilen, auch defensive Vorteile hat. Spielen Xavi, Busquets und Xabi Alonso relativ tief, ist der Raum vor der spanischen Viererkette eben mit drei enorm spielintelligenten Akteuren besetzt, die kontrollierte Aktionen des Gegners in diesem Bereich enorm schwierig machen. Hat man dann mal eine 1:0 Führung herausgespielt, bietet diese Konstellation sehr gute Bedingungen, um sie nicht wieder herzugeben.
Allgemein wird vom tiki-taka als Defensivsystem meist nur gesprochen, wenn es darum geht, wie langweilig das ewige Ballgeschiebe doch sei. Man muss jedoch auch mal sachlich betonen, dass es schlicht und einfach eine verdammt effiziente Art zu Verteidigen ist. Man schaue sich dazu nur mal an, wie wenig Gegentore das ultra-offensive Barcelona so in den letzten Jahren zugelassen hat.
Offensiv sind mir bei Spanien heute, neben den Problemen, die sich aus dem Spielmacher-Paradox ergeben, überraschend viele mikrotaktische Probleme aufgefallen. Also nicht abgestimmte Laufwege, Missverständnisse etc.. Die Krönung war als, relativ gegen Ende, Xavi und Iniesta eine unabgestimmte Aktion hatten, die zu einem französischen Einwurf führte. Sowas passiert den beiden sonst nie. Und mit „nie“ meine ich nicht „sehr sehr selten“, sondern „absolut NIE“. Bin etwas planlos, woher das kommt.
Bin gespannt, ob der Rollentausch Arbeloa-Ramos den Spanien heute mal 2-3 Minuten lang probiert hat, noch häufiger zu beobachten sein wird. Interessante Idee ist es alle mal.
TR 24. Juni 2012 um 09:01
Die vielen Missverständnisse am Ende waren tatsächlich etwas ugly. In besagter Szene drehte sich einer der beiden dann so komisch weg und es gab keine Kommunikation darauf. 😮