FC Augsburg – Schalke 04 1:1

Der FC Augsburg verdient sich gegen den FC Schalke 04 einen Punkt. An der gegnerorientierten Defensive des Aufsteigers bissen sich die Königsblauen die Zähne aus.

Obwohl in der Liga mittlerweile die meisten Entscheidungen gefallen sind, ging es in dieser Partie noch um einiges: Schalke wollte nach dem Patzer der Gladbacher den dritten Platz absichern, die Augsburger brauchen immer noch möglichst viele Punkte im Kampf gegen den Abstieg. Beide Teams starteten in ihrer gewohnten  4-2-3-1 Formation.

Augsburg mit besserem Beginn

Von Beginn weg zog Augsburg ein äußerst aggressives Pressing auf. In den ersten fünf Minuten setzten sie die Schalker bereits früh unter Druck. Erneut setzte Luhukay auf eine recht gegnerorientierte Defensive, in der jeder Augsburger einen direkten Gegenspieler hatte. In der Anfangsphase setzten sie dieses Pressing tief in der gegnerischen Hälfte durch. Schalke konnte in den ersten Minuten kaum durchatmen, sie wurden dementsprechend hinten reingedrückt. Augsburg präsentierte sich in der Anfangsviertelstunde zweikampfstark, sie gewannen laut Bundesliga.de 60 Prozent der Duelle in dieser Phase.

Nach Ballgewinnen schaltete der Aufsteiger ohne Umschweife von Defensive auf Offensive. Koo, Bellinghausen und Ndjeng machten viel Wirbel, sie brachten mit ihren Läufen die Abwehr durcheinander. Augsburg profitierte zudem davon, dass Obasi und speziell Farfan zunächst kaum nach hinten mitarbeiten. So konnten die Außenverteidiger ungestört den Ball nach vorne spielen, wo Oehrl die Zuspiele behauptete. Im Zusammenspiel mit Koo sorgte er für die erste Chance, Unnerstall parierte in höchster Not. Nur wenige Sekunden später köpfte Langkamp die fällige Ecke zum Führungstreffer ein (6.).

Auch in den folgenden Minuten ließen sie nicht nach. Schalke wirkte in dieser Anfangsphase überrumpelt, ließ jedoch auch eigene Angriffsideen vermissen. Sie taten den Augsburgern den Gefallen, viele Eins-gegen-Eins-Situationen einzugehen – etwas, was dem zweikampforientierten Spiel der Hausherren sehr zugute kommt. Nach dem Gegentor war von einem Aufbäumen nichts zu merken, vielmehr hätte Bellinghausen nach einer frühen Balleroberung das 2:0 erzielen können, verfehlte jedoch (10.).

Augsburgs Dominanz im Mittelfeld

Nach einer fulminanten Anfangsphase zogen sich die Augsburger etwas zurück. Schalke wurde nun der Ballbesitz in der eigenen Hälfte gewährt. Spätestens nun wurden die Vorteile der gegnerorientierten Spielweise deutlich: Im Mittelfeld baute Augsburg eine Eins-gegen-Eins Deckung auf, die Außenstürmer nahmen die Außenverteidiger auf, die zentralen Mittelfeldspieler ihre gegnerischen Pendants. Schalke hatte arge Probleme damit, im Spielaufbau Anspielstationen zu finden. Wenn Matip oder Metzelder das Spiel eröffnen wollten, wurden sie von Oehrl bedrängt, der sie zu einem Pass nach vorne zwingen wollte. Oft funktionierte dies, die enge Manndeckung hinter ihm nahm dann den Zweikampf auf und gewann ihn oft genug. Da Schalke nun jedoch selbst kompakter und tiefer stand und Obasi und Farfan nach ein paar lauten Worten von der Trainerbank besser zurückarbeiteten, kamen die Konter nicht mehr vors Schalker Tor.

In dieser Phase wurde erneut augenscheinlich, wie schwer sich die Favoriten mit dem gegnerorientieren Ansatz der Augsburger tun. Bereits Gladbach, die Bayern und auch Meister Dortmund taten sich bei ihren Auftritten in der SGL-Arena schwer. Augsburg schafft es, mit den vielen Zweikämpfen und der ständigen Bewachung gegnerischer Schlüsselakteure spielerisch überlegene Mannschaften auf das „eigene Niveau runterzuziehen“.  Kombinationsfußball ist schwer gegen die zweikampfstarke Augsburger Elf. Schalke verhedderte sich ebenso wie zahlreiche Teams zuvor im engmaschigen Mittelfeld ihrer Gegner.

Schalker Probleme und eine mögliche Lösung

Bei den Knappen fehlte über die gesamte erste Halbzeit hinweg die Anbindung zwischen Abwehr und Angriff. Die Mittelfeldspieler waren vollkommen aus dem Spiel genommen. Erschwerend hinzukam, dass Schalke die linke Seite kaum nutzte – kein Wunder, waren hier mit Obasi und Höwedes zwei eher nach innen tendierende Spieler aufgestellt. Die Schalker Angriffsstrategie über die rechte Seite wurde für Augsburg ausrechenbar, Farfan konnte sich kaum in Szene setzen. Schalke verpasste es, über Spielverlagerungen das Zentrum der Augsburger zu umspielen.

Spielerisch ging nichts bei den Königsblauen. Es war daher kein Zufall, dass der Ausgleichstreffer nach einem langen Ball fiel – für Schalke die einzige Möglichkeit, das engmaschige Mittelfeld zu umschiffen. Langkamp tat Huntelaar den Gefallen, einen hohen Ball von Matip zu unterschätzen. Der niederländische Top-Torjäger lässt sich eine solche Möglichkeit nicht entgehen – der unverdiente Ausgleich (38.).

Dass es durchaus andere Wege gibt, eine gegnerorientierte Defensive zu knacken, zeigte Matip Mitte der ersten Halbzeit auf: Als er mit einem Dribbling an seinem direkten Bewacher vorbei ging, hatte er das gesamte Mittelfeld vor sich. Er konnte bis 20 Meter vor dem gegnerischen Tor marschieren, sein Pass kam jedoch nicht an. Solche Vorstöße eines Innenverteidigers gepaart mit Läufen der Mittelfeldspieler zur Öffnung des Zentrums ist eine gute Methode gegen Augsburg: In solchen Situationen sind die manndeckenden Mittelfeldspieler zu weit vom Innenverteidiger entfernt, der den entstehenden Raum ausnutzen kann. Schalke wendete solche vertikalen Läufe jedoch zu selten an. Ein weiterer Grund, warum Augsburg mit der eigenen Taktik so viel Erfolg hatte.

Zweite Halbzeit

Nach der Pause änderte sich das Spiel kaum. Bereits Ende der ersten Halbzeit deutete sich an, dass Raul und Holtby sich durch tiefes Fallen der Augsburger Deckung entziehen wollten. Holtby ging nun im Spielaufbau zwischen die Innenverteidiger, Raul oft auf die Rechtsverteidigerposition. Schalke konnte so zwar mehr Spielfluss in der eigenen Hälfte erreichen, das Grundproblem der fehlenden Anspielstationen im Mittelfeld blieb jedoch. Da Außenverteidiger Uchida etwas weiter aufrückte, blieb sogar etwas mehr Raum für Augsburger Konter. Über die eigene linke Flanke konnten sie zwei große Chancen vorbereiten, allerdings verpassten Oehrl (61.) und Ndjeng  (65.)das Tor.

In der letzten Viertelstunde zogen sich die Hausherren noch weiter zurück, fast bis an den eigenen Sechszehner. Obwohl Luhukay mit Kapplani einen weiteren Stürmer einwechselte, blieb das System nahezu unangetastet – Oehrl ließ sich etwas tiefer fallen, ein 4-1-4-1/4-2-3-1 Mischsystem entstand. Augsburg wurde mit der Zeit eher defensiver denn offensiver. Ob ihre Kräfte am Ende waren oder sie einen Lucky Punch vermeiden wollten, bleibt unklar. Durch das tiefe Stehen wurden Konter aufgrund der höheren Distanz zwischen Ballgewinn und gegnerischem Tor noch schwerer, sie kamen zu keinen Chancen mehr. Schalke schien allerdings auch mit dem Unentschieden zufrieden und ging kein großes Risiko mehr ein. Es blieb beim 1:1.

Fazit

Kein Sieger, kein Verlierer: Beide Teams haben einen wichtigen Punkt in ihrem jeweiligen Positionskampf gewonnen. Augsburg dürfte den Nichtabstieg bei vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz sehr nahe sein, Schalke muss mit zwei Punkten Vorsprung vor Gladbach noch ein wenig stärker zittern. Jedoch verpassten die Knappen es, gegen Augsburgs mannorientierte Verteidigung offensive Lösungsansätze zu präsentierten.

Luhukays Team mausert sich damit erneut zum Favoritenschreck – kaum ein Außenseiter stellt die großen Teams diese Saison so sehr vor Probleme wie die bayrischen Schwaben. Dabei hätten sie einen Sieg sogar verdient gehabt, jedoch verpassten sie es, ihr Chancen- in ein Toreplus umzuwandeln. So müssen sie noch ein oder zwei Spieltage länger um den Ligaverbleib zittern.

herb 25. April 2012 um 02:19

Das sehe ich nicht so wie fcblgar Das ist auch kein Zufall, sondern eine Frage der Qualität. Das beste Beispiel ist das Spiel gegen Schalke, wieder mal der Ausgleich aus dem Nichts, wie vorher auch gegen Stuttgart. Man hat oft einfach nicht die Qualität um nachzulegen und gleichzeitig nicht die Qualität in der Defensive fehlerfrei zu bleiben. Ich weiß nicht welche Spiele du gesehen hast, aber gegen Stuttgart ging man in Führung und mit der ersten Standard macht Stuttgart das Tor. Gegen Schalke geht man in Führung und mit dem erste Chance nach einem Stellungsfehler fällt das 1:1. Gegen Köln geht man in Führung und ohne Not schenkt man Köln einen Elfer und sie gleichen aus. Gegen Lautern geht Augsburg in Führung und spielt weiterhin nach vorne und und zieht sich nicht wie angedeutet zurück, sondern drängt auf das 2:0 und vergibt Hochkaräter. Lautern bekommt einen Freistoß und mit der ersten Torchance steht 1:1. Augsburg hat nicht die Qualität viele Tore zu machen und braucht gerade daheim zu viele Chancen, was wieder eine Frage der Qualität ist. Auswärts ist man meistens dem Druck nicht gewachsen, siehe in Wolfsburg. Das Spiel hätte man verlieren müssen und war von Anfang an die schlechtere Mannschaft. Durch eine kuriose Situation geht Augsburg in Führung und Wolfsburg hat daheim so viel Druck gemacht, dass man eigentlich nicht nur den Ausgleich, sondern auch das zweite und dritte Tor nachlegen müssen. Das machen Sie nicht und am Ende hat Augsburg Glück mit einer Standardsituation. Auch da hat Augsburg sein Spiel niemals verändert. Man war durchgehend die schlechtere Mannschaft und hat auch da den Ausgleich nicht bekommen, weil man nach der Führung etwas geändert. Die Analyse ist falsch und viel zu billig, wenn man die einzelne Spiele betrachtet. Gerade die Ausgleichstore die man daheim kassiert hat, zeigen sehr deutlich, dass es eben nicht an Umstellungen nach einer Führung liegt, sondern quasi fast immer individuelle Fehler und die Effektivität des Gegners als Ursache zu suchen sind. In der Hinsicht hat Augsburg noch viel lernen, aber im Laufe der Saison hat man schon einiges dazu gelernt und macht das Beste aus seinen Mitteln, auch wenn es nicht immer modern ist.

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fcblgar 24. April 2012 um 19:08

In meinen Augen ist die größte schwäche von Augsburg das spielen in Führung. Da trifft Luhukay regelmäßig die falschen Entscheidungen. Nahezu immer wenn die Augsburger das 1:0 geschossen haben, haben sie sich in dieser Saison danach allmählich zurückgezogen. Ich hab mir das mal durchgerechnet, dass wenn man alle Augsburger spiele nach dem ersten Tor abgepfiffen hätte die Augsburger ca 20 Punkte mehr hätten, und um die Euro-League spielen würden, hätten sie nicht fast immer noch in der ersten Halbzeit das 1:1 kassiert. Dagegen fällt mir auf die schnelle nur das spiel gegen Wolfsburg ein, in dem sie das 2. Tor nachlegen konnten. Das kann in der häufigkeit doch kein Zufall sein. Was meint ihr denn dazu, macht Luhukay da taktische Fehler?

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Datschge 23. April 2012 um 23:31

Die Entwicklung von Augsburg ist außerordentlich erfreulich. Ich fand ihre gegnerorentierte defensive Leistung schon in der Hinrunde oft sehr ansprechend, nur mit der Kreativität in der Offensive hatte es damals arg gehapert. Mit Koo hat man perfekt die zuvor fehlende Rolle ausgefüllt, und es ist ein Genuss, wie schön dadurch jetzt alle Mannschaftsteile ineinandergreifen.

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B 23. April 2012 um 21:05

Schön wäre mal eine tiefergehende Analyse „Augsburg unter Luhukay“, aber da es nunmal weit beliebtere Teams gibt, kann ich auch verstehen, dass ich auf sowas vergebens hoffen werde.
Man hat in diesem Spiel mal wieder die Grundproblematik des FCA gesehen: Die offensiven Kräfte können zwar die Gegner gut beschäftigen und gut mitspielen, aber absolute Torgefahr geht leider von kaum einen Spieler der Offensive aus. Wieder mal musste ein Standard her.
Nächste Saison wirds interessant wie der FCA die Abgänge von Koo (wieder nach Wolfsburg), Hosogai (zurück zu Bayer) und Bellinghausen (nach Düsseldorf) auffangen wird. Koo ist mit seinen Fernschüssen immer eine Gefahrenquelle, Hosogai ein guter, technisch versierter Abräumer und Bellinghausen knallt sich sowieso jedes Spiel rein als wäre es sein letztes. Versteh bei ihm nicht so ganz wieso man solange mit einem Vertragsangebot gewartet hat. Er war zwar verletzt, aber dass er auf jeden Fall wiederkommen würde und sich wie immer den Arsch aufreißen würde, war eigentlich immer klar. Ein Wechsel wurde im Grunde provoziert.
Der Abgang von Rettig wird auch noch eine große Rolle spielen. So unsympatisch wie ich ihn auch finde, aber er hat wirklich tragende Säulen (besonders natürlich die beiden oben erwähnten Asiaten) zum FCA geholt. Ob das seinen beiden unerfahrenen Nachfolgern gelingen wird, wage ich zu bezweifeln.
Achso ja, und danke natürlich für den Artikel.

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fcblgar 24. April 2012 um 20:25

Ich hab von Paula als Trainer in Aindling schon einige Spiele gesehen, in dieser Position ist er wohl nicht Bundesligareif, hat aber doch immer einen Kader zusammenstellen können, mit dem das kleine Aindling auch mal Große wie Wacker Burghausen schlagen konnte. Als Manager denke ich, dass er Augsburg weiterhelfen könnte. Zudem ist er ja mit Luhukay gut befreundet (der wollte ihn nach Amtsantritt ja angeblich schon in den Verein holen), weshalb hier sicher der Kader gut auf Luhukay zugeschnitten sein wird.

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herb 23. April 2012 um 17:23

Danke für die Analyse.

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