FC Augsburg – 1. FC Köln 2:1
Der FC Augsburg gewinnt gegen den 1. FC Köln drei wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt. Solbakkens Mannschaft steht nun auf einem Relegationsplatz.
In Augsburg ging es für Köln bereits um alles: Gegen die formstarken Süddeutschen musste ein Sieg her. Besonders Trainer Solbakken stand zuletzt vermehrt im Kreuzfeuer der Kritik. Er setzte auf seine altbewährte 4-4-2 Formation mit der defensiven Raumdeckung. Augsburgs Coach Luhukay hielt den Kölnern ein defensives 4-1-4-1 entgegen, offensiv agierten die drei zentralen Mittelfeldspieler leicht versetzt – Hosogai als Sechser, Baier als Achter, Koo als Zehner. Im Sturm bot er überraschend Rafael für Mölders auf.
Köln vom Augsburger Pressing unterdrückt
Von Beginn weg dominierten die Hausherren mit dieser Formation die Partie. Die Domstädter, welche wie den Großteil der Saison über auf ihre schnellen Konter setzten, kamen kaum in die gegnerische Hälfte. Grund dafür war das aufwendige und aggressive Gegenpressing, bei dem die Augsburger ihre Gegner nach Ballgewinnen unter Druck setzten. Köln konnte sich selten spielerisch befreien, stattdessen schlugen sie viele lange Bälle, die jedoch nicht ankamen.
Selbst wenn sie sich über Quer- und Rückpässe befreiten, kamen sie gegen die Augsburger Defensivtaktik nicht an. Koo und Baier schoben relativ weit nach vorne und nahmen die Sechser Riether und Lanig auf, Ndjeng und Bellinghausen widmeten sich Clemens und Peszko. Im Mittelfeld konnten die Kölner so nie zur Entfaltung kommen, da sie schon fast manndeckungsartig aus dem Spiel genommen wurden. Aus der Abwehr kamen wenige Impulse, die sich in einer hohen Ungenauigkeit im Passspiel ausdrückte. Gerade einmal 59% der Kölner Pässe kamen in der ersten Halbzeit beim Mitspieler an – ein schwacher Wert, selbst für ihr riskantes Vertikalspiel.
Augsburger Außen stark
Die Augsburger waren nicht nur defensiv gut aufgelegt. Im Spiel nach vorne liefen fast alle ihre Angriffe über die Außenseite. Besonders Bellinghausen tat sich im Zusammenspiel mit Linksverteidiger Ostrzolek hervor. Auf den Flügeln nutzten sie aus, dass Köln diese Saison zu viele Flanken zulässt. Dies hat auch damit zu tun, dass bei der strikten Zonenverteidigung die Sechser nicht ganz nach Außen zum Doppeln gehen. Auch die Außenstürmer gehen nicht ganz mit zurück, so dass die Kölner auf den Flügeln ab und an in Unterzahlsituationen geraten.
Eine wirkungsvolle Strategie, dies auszunutzen, wandte der Aufsteiger an: Oftmals wurde ein Spieler Richtung Torauslinie geschickt, welcher stoppte und den Ball zurücklegte. Dort war nun der Außenverteidiger frei vor dem Kölner Außenstürmer und Sechser – diese hielten ihre Position im Kettenverbund. Dies eröffnete Möglichkeiten einerseits für Flanken, was in dieser Partie aufgrund der fehlenden Präsenz der Augsburger im Sechszehner kein großes Problem war (nur eine Flanke im gesamten Spiel kam an), oder andererseits für Doppelpässe. Letzteres schadete den Kölnern wesentlich mehr, da Bellinghausen und auch Ndjeng von den Flügeln mit solchen Kombinationen oft im Sechszehner freigespielt werden konnten. Die Innenverteidiger antizipierten die Diagonalläufe der Außenstürmer oftmals zu spät. So leitete Bellinghausen auch das 1:0 durch Koo über ein Dribbling von links in Richtung Mitte ein (19.).
Köln wusste dem Augsburger Offensivspiel nichts entgegenzusetzen – außer Fouls. Insgesamt 35 Freistöße schenkten sie den Augsburgern, die aus diesen jedoch zu wenig Kapital schlugen. Nach vorne lief beim FC hingegen überhaupt nichts. Den ersten Ballkontakt im gegnerischen Sechszehner gab es erst in der 40. Minute. Den ersten Torschuss gab es zwei Minuten später – durch einen Elfmeter. Podolski verwandelte (42.). Beinahe wäre es mit diesem höchst ungerechten Ergebnis in die Pause gegangen, hätte Sereno nicht im direkten Gegenzug ebenfalls einen Elfmeter verschuldet. Rafael verwandelte, wenn auch nicht ganz so souverän (45.).
Beide Teams verändert in Hälfte zwei
In der Halbzeitpause gab Solbakken seinen Spielern neue Anweisungen. Er wechselte Brecko (für Peszko) ein und stellte damit auf eine defensive Dreierkette um. Die Außenverteidiger Eichner und Brecko rückten nun weit vor, Clemens pendelte fortan zwischen Sturm und Mittelfeld. Auch der FCA kehrte verändert aus der Kabine zurück: Sie standen nun wesentlich tiefer, vermieden Ausflüge ins hohe Angriffspressing der ersten Halbzeiten und suchten stattdessen schnelle Gegenstöße.
Kurz zusammengefasst: Die Änderungen der Augsburger fruchteten, die der Kölner nicht. Zwar konnten letztere ihren Ballbesitz in der eigenen Hälfte hochschrauben, kamen aber zu selten nach vorne. Die Idee, mit hohen Außenverteidigern zu spielen, ging gegen Augsburgs stark nach hinten mitarbeitenden Ndjeng und Bellinghausen nicht auf. Zudem kam keine einzige der Flanken beim Mitspieler an.
Zudem stimmte zu keiner Zeit die Anbindung zwischen Abwehr und Angriff. Clemens kam zwischen der 45. und der 80. Minute nur fünfmal an den Ball – er stand in seiner hohen Rolle fast immer im Deckungsschatten des engmaschigen Augsburger Mittelfeldes. Novakovic war kurz nach der Pause einige Male zu sehen, hatte aber in der letzten halben Stunde nur noch zwei Ballkontakte – umgerechnet einen alle 15 Minuten. Podolski war noch am Aktivsten, ließ sich aber auch oft tief fallen, um Ballkontakte zu bekommen. Die Genialität aus der Hinrunde, die ihm viele Spiele im Alleingang entschieden ließ, fehlt ihm derzeit.
Stattdessen waren es die Augsburger, die sich Chance um Chance erarbeiteten. Ihr Spiel war nun nicht mehr so breit, sie nutzten eher die Spielfeldmitte für ihre schnelle Gegenstöße. Im Abschluss waren sie jedoch harmlos und scheiterten stets am starken Rensing. Solbakken versuchte alles, um wieder ins Spiel zu finden. Selbst als er in der 76. Minute mit Teses Einwechslung (für Geromel) die Dreierkette zugunsten einer Viererkette mit zwei sehr hoch postierten Außenverteidigern aufgab, verbesserte sich das Offensivspiel nicht. Die hohe Zahl an Spielern im letzten Drittel verhinderte nicht, dass Augsburg numerisch im Mittelfeld stets in Überzahl war, die Anbindung war immer noch mangelhaft. Es blieb beim 2:1.
Fazit
Das Ergebnis gibt nicht den Spielverlauf wieder – es hätte viel höher ausfallen müssen. Ein Blick auf die Statistiken sagt alles: 16 zu 3 Torschüsse, davon 12 zu 2 innerhalb des Strafraumes. Zur Halbzeit hatte Augsburg 64% Ballbesitz, zum Spielende 54%, und das auch nur, weil sie in Halbzeit zwei tiefer standen und auf Konter lauerten. Bis zur Pause hatte Köln eine Passgenauigkeit von 59%, am Ende lag sie bei 75%, ebenfalls nur, weil Augsburg die Verteidiger quer spielen ließ. Die Schwaben musste nicht mal sonderlich viel laufen für diesen Triumph: 103km sind einer der schwächeren Werte in dieser Bundesligaspielzeit.
Köln forderte sie in diesem Spiel aber auch kaum. Die Defensive war gerade auf den Flügeln löchrig, war aber keineswegs die größte Schwachstelle. Es war das Spiel nach vorne, dem Ideen und Bewegung ohne Ball fehlten. Da Augsburg Konter im Keim erstickte, blieben nur Geistesblitze von Podolski. Diese kamen jedoch nicht. Die Zukunft von Solbakken wird heute Nacht entschieden – es kann gut sein, dass er bereits gefeuert ist, während Sie diese Zeilen lesen.
5 Kommentare Alle anzeigen
Marvin Nash 1. April 2012 um 14:16
Ist echt traurig mit dem FC. Wie konnte es soweit kommen? Ich halte Solbakken ja eigentlichg für einen kompetenten Trainer, sehe aber einen total unausbalancierten Kader mit einem immensen Leistungsgefälle.
Ich würde mich wirklich unheimlich freuen, wenn Ihr mal den FC unter Solbakken analysieren würdet. Ich finde seine Taktik schon bemerkenswert. Er hält aber auch sehr stur daran fest (ähnlich wie Finke in HH). Warum funktioniert sie nicht? Liegt es am Spielermaterial? Ist die Zeit zu wenig? Ich hatte ja große Erwartungen an den FC in der Rückrunde, weil ich dachte, dass sie das System verinnerlichen bis dahin.
Dann die vielen Ausfälle, was ich dann als Grund gesehen habe. Jetzt sind aber fast alle an Bord und die Leistungen sind die schlechtesten der ganzen Saison. Die Mannschaft wirkt tot und total verunsichert.
Wiegesagt: Wäre toll, wenn Ihr mal aufzeigen würdet, was mit dem FC passiert ist diese Saison. Denn es gab auch tolle Momente, wo ein Rad ins andere griff.
Allerdings hat in der Hinrunde, die bombastische Chancenauswertung etwas über die wenigen Offensivakzente hinweggetäuscht.
Denis 1. April 2012 um 15:31
Ja, ich würde mich auch sehr über einen Artikel „Der FC unter Solbakken“ freuen.
Allerdings muss ich eine kleine Korrektur anbringen: Solbakken hat sein System gegenüber den ersten zehn Spielen verändert. Stand die Viererkette damals noch fast an der Mittellinie, so stand sie hiernach immer tiefer und verteidigt inzwischen fast an der Sechzehner-Naht.
Problematisch ist in meinen Augen, dass er das Doppeln und Trippeln nicht anordnet. weil aber auch Lanig und Riether keine allzu gute raum-Antizipation haben, ergebenn sich für den Gegner trotzdem immer die Räume, hinter die Viererkette zu kommen – meistens übrigens durch Kurzpass-Kombinationen (am Anfang der Saison reichten noch lange Bälle hinter die Viererkette). Dazu hat man das Gefühl, dass die außen (Brecko, Clemens und Peszko/Eichner) keinen Plan haben, wann sie wen übernehmen sollen.
Allerdings muss man auch festhalten, dass das Spiel schon gegen Augsburg im Hinspiel nicht funktioniert hat, auch wenn das 3:0 für den FC eine andere Sprache zu sprechen scheint. Aber Augsburg hatte dermaßen große Chancen, dass der Fc nur wegen derer mangelnden Chancenverwertung zu so einem hohen Erfolg kam.
Na, jedenfalls gibt Horstmann in Kürze eine Stellungnahme raus, danach wissen wir mehr, ob Solbakken noch Trainer bleibt oder Frank schaefer zurückkehrt.
Flatterball 1. April 2012 um 10:41
Ich glaube kurz nach „Beide Teams änderten“ hast du zwei Flüchtigskeitfehler eingestreut. Zuerst ist Brecko falsch geschrieben (ein s zu viel) und dann beschreibst du Sereno als Außenverteidiger, ibwohl Brecko in der Grafik als Außenverteidiger agiert. Sonst mal wieder eine gelungene Analyse
Flatterball 1. April 2012 um 10:45
Und bei deinem Fazit bei der ersten Prozentzahl fehlt irgendeine Angabe. Aber wenn man einen Artikel um 0:28 Uhr verfasst, dann finde ich das schon bemerkenswert und Flüchtigkeitsfehler seien verziehen 🙂
TE 1. April 2012 um 11:18
Danke für die Hinweise, habe es verbessert!