Ajax – PSV Eindhoven 2:0

Der Meister ist zurück – Ajax schwingt sich wieder zur Frühlingsform des letzten Jahres auf und hat sich zusammen mit AZ nun von den anderen Konkurrenten ein wenig abgesetzt.

Grundformationen

Ajax holte mit einer Siegesserie zuletzt den großen Rückstand zur Spitze auf, während auch die PSV nach der jüngsten kleineren Krise und dem Ende von Trainer Fred Rutten wieder in die Spur zurückgefunden  haben – beste Vorzeichen für ein absolutes Topspiel im Titelkampf.

Ajax´ Possessionplay und Dominanz

Von Beginn an übernahmen die Hausherren in dieser Partie das Kommando und zogen das typische Amsterdamer Ballbesitzspiel auf. Dieses Possessionplay im ersten und zweiten Spielfelddrittel gelang auch sehr gut, umspielte das Offensivpressing der Eindhovener aus der Anfangsphase relativ mühelos und war der großen Torchance mehrfach ganz nahe, so dass sich die Gäste weiter zurückzogen. Mit druckvollen Pässen, technischer Klasse und viel Selbstvertrauen ließ Ajax den Ball zirkulieren, kam letztlich auf 64 % Ballbesitz und 695 Pässe.

Es gab viel Bewegung, Engagement, Druck, gutes Passspiel und eine kreativ auftretende Mannschaft bei Ajax zu sehen, doch das Einzige, was verhinderte, dass daraus gegen das defensive 4-4-2 von PSV große Gefahr im letzten Drittel erwachsen konnte, war eine etwas unglückliche Aufteilung der Spieler auf dem Feld.

Ajax´ kleinere Probleme in der Offensive

Gelegentlich ließen sich Sechser Vurnon Anita oder Linksverteidiger Daley Blind zur Dreierkettenbildung mit den gewohnt offensiv und spielmachend ausgerichteten Innenverteidigern Alderwereild und Vertonghen nach hinten fallen, was allerdings dadurch etwas verwirrend war, dass die beiden Außenverteidiger kaum aufrückten – wohl um der Vorsicht willen sowie zwecks Absicherung der Innenverteidiger, falls gerade Vertonghen einen seiner typischen Sololäufe starten sollte.

Weil allerdings auch Eyong Enoh ebenfalls sehr weit außen stand, um Gegenspieler zu binden und Aissati den Weg in den Halbraum zu öffnen, waren die jeweiligen Außenbahnen und Halbräume mit mehreren Spielern auf einer vertikalen Linie überbesetzt (Blind, Enoh, Aissati auf links, van Rhijn, Eriksen, Lukoki auf rechts), während das Zentrum eher unterbesetzt blieb. Dadurch ergaben sich keine optimalen Dreiecke, so dass man im zweiten Drittel immer wieder zurückspielen musste und keinen Raumgewinn erzielte.

Zwar versuchten Eriksen und der als Falscher Neuner zurückfallende de Jong das Zentrum zu bespielen und dort zu kombinieren, doch fehlte ihnen eben weitere Kombinationspartner in der Mitte, weil die Anspieloptionen zu oft nach außen auswichen. Daher konnte de Jong den Ball immer nur nach außen weiterleiten oder Eriksen die Bälle auf die Seiten verteilen, was das Spiel allerdings im letzten Drittel vom Tor wegzog, der PSV Zeit zum Sortieren gab und den Angriff verlangsamte.

So versuchte es Ajax sehr häufig mit langen diagonalen Flugbällen der Innenverteidiger auf Rechtsaußen Lukoki, der immer wieder diagonal hinter die Abwehr PSVs zog und dort seine Schnelligkeit ausspielen sollte. Doch viele solcher Bälle  waren  eher ungenau und wurden von der PSV gut verteidigt, denn sie standen hoch genug, um kompakt zu sein, und tief genug, um nicht zu anfällig für solche Läufe zu sein. Auch bei seinen Dribblings im 1gegen1 mit Pieters – Mertens ließ die Defensivarbeit wieder ein wenig schleifen – konnte sich Lukoki nicht wie erhofft durchsetzen.

Ein eigentlich sehr vorbildlich geführtes Match der Hausherren wurde somit durch zwei kleinere Probleme im letzten Drittel durch die so entstehende weitgehende Harmlosigkeit zu gewissen Teilen „abgewertet“. Im zweiten Durchgang spielte Ajax weiter und drängte auf das Tor – trotz der fehlenden Großchancen wurde man für die Leistung belohnt, als Aissati nach einer Stunde ein absolutes Traumtor gelang. Nur wenig später holte er auch noch einen Elfmeter heraus, den de Jong zum entscheidenden 2:0 verwandelte.

Ajax´ Pressing zerstört die PSV

Allerdings kam die Tatsache, dass Ajax sehr viel Ballbesitz verbuchte, aber kaum Chancen kreierte, auch stark dadurch zustande, dass man ohne Ballbesitz ein enorm aggressives und kraftraubendes Pressing praktizierte und sich dafür in den langen Ballbesitzphasen erholte.

Das Pressing war so erfolgreich, dass die PSV praktisch überhaupt nicht daran denken konnte, konstruktiv nach vorne zu spielen. Einige Statistiken zur ersten Halbzeit, die dies eindrucksvoll belegen: Die PSV hatte 0 Torschussversuche, Keeper Tyton hatte eine Passgenauigkeit von 0 % und Mertens, der im Übrigen hervorragend vom jungen van Rhijn kalt gestellt wurde, und Matavz, dem in der Nachbesprechung des niederländischen Fernsehens fehlende Bewegung nachgewiesen wurde, spielten zusammen genau 3 Pässe.

Es war aber nicht nur pures Laufen und aggressives Attackieren, es steckte auch ein cleverer Plan dahinter, der ein solches Pressing ermöglichte. Zum einen ist hier die Rolle von Eyong Enoh zu erwähnen, der als halblinker Mittelfeldspieler zwischen den auf halbrechts rochierenden Wijnaldum und Labyad agierte und dabei die beiden hochtalentierten und spielstarken Youngster voneinander isolieren sollte, wobei ihm Blind mit gutem robusten Zweikampfverhalten unterstützte.

Absoluter Star im Defensiv-Kollektiv war allerdings Vurnon Anita, der eine überragende Partie ablieferte. Ajax-Trainer Frank de Boer nutzte die Übersicht, Spielintelligenz und Dynamik seines Sechsers perfekt, um ihm gewisse defensive Freiheiten zu geben. So schwirrte Anita wie eine Biene im defensiven Mittelfeld umher und räumte immer dort ab, wo er es für richtig und nötig erachtete. Dabei traf er fast immer die richtigen Entscheidungen und schloss das Zentrum gegen den etwas ungelenk wirkenden Strootman und den aus seinem Wesen heraus eher als Stürmer agierenden Toivonen fast im Alleingang.

Die Offensive Ajax´ konnte mit viel numerischer Kraft und hoher Intensität vorne pressen und riskante Bälle der PSV-Spieler provozieren, die meistens Anita gewinnen sollte, was hervorragend klappte und auch zu einigen Ballgewinnen führte. Am Ende laugte Ajax seinen Gegner mit gnadenlosem Pressing aus.

Fazit

Ein verdienter Sieg für die Godenzonen, die sich voll auf die Liga konzentrieren können und in dieser Form trotz eines durch Verletzungen stark ausgedünnten Kaders vielleicht gar der Topfavorit auf den erneuten Meistertitel sind. Im letzten Jahr sorgte nämlich ein furioser Schlussspurt und erst ein 3:1 am letzten Spieltag gegen Konkurrent Twente für die Entscheidung.

the special one 26. März 2012 um 19:57

Anita ist aber auch nicht so auffällig wie es der „Newcommer“ der Saison Strootman ist.
Holland spielt gerne mit einem defensiven und einem offensiven Part auf der doppel 6, zum offensiven gehört Anita nunmal nicht so wirklich und Strootman hat schon oft seine spielgestalenden Fähigkeiten aufblitzen lassen.

Vertonghen steht leider bei den Spurs und den Gunners ganz oben auf der Einkaufsliste, mit diesem Spielstil passt er auch nahezu perfekt auf die Insel.
Moisander und Viergever sind ja halbwegs ähnliche Typen, an denen Ajax auch angeblich interessiert ist.

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Nachoman 26. März 2012 um 20:09

Dass die beiden Londoner Clubs schon die Angel ausgeworfen haben, habe ich (leider) auch schon gelesen. Falls es im Sommer dann doch die Gunners werden sollten, sehe ich bei aller Sympathie schwarz für Mertesacker und seine Chancen auf einen Stammplatz. Vertonghen und Vermaelen wiedervereint wäre schon ein ordentliches Brett.

@ TR:
Du hast angedeutet, dass Mertens Schächen in Phasen des Amsterdamer-Ballbesitzes offenbart hat. Ich habe ihn länger nicht spielen sehen und konnte seine Entwicklung beim PSV lediglich anhand der Scorerpunkte verfolgen. Siehst Du dieses Verhalten als konstante Schwäche in seinem Spiel?

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Nachoman 26. März 2012 um 19:37

Bin ohnehin verwundert darüber, dass Strootman in der Nationalmannschaft gegenüber einem Spieler wie Anita mit all seinen technischen und taktischen Möglichkeiten offensichtlich die Nase vorn hat.

Bei Vertonghen kann man sich einfach nur wünschen, dass sich einer der Top-Vereine aus der Bundesliga erfolgreich um ihn bemüht, damit wir ihn wöchentlich im TV sehen können.
Habe selten einen IV gesehen, der mich mit seiner Art, diese Position zu interpretieren, so fasziniert hat wie er.

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Sebastian 26. März 2012 um 14:49

Danke! Habe gehofft, dass Ihr das Spiel gesehen habt und eine Analyse schreibt!

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