Ajax – Twente Enschede 1:1
Am Samstagabend trat Ajax Amsterdam gleich zum zweiten Topspiel in Folge an, diesmal war Dauerrivale Twente Enschede zu Gast in der heimischen Arena. Ajax war die bessere Mannschaft, verpasste es aber, den Sieg festzumachen, und kassierte kurz vor Schluss den Ausgleich.
Dass man Superstar Brian Ruiz an Fulham verkauft hat, war kurz vor Transferschluss noch ein heftiger Verlust für Twente. Weil man außerdem mit einer Personalnot – so fielen Berghuis, Bengtsson und Chadli aus – zu kämpfen hatte, legte man gegen diesen starken Gegner das eigene 4-3-3 defensiver als üblich aus und spielte mit einem Rechtsverteidiger auf Rechtsaußen.
Nach dem letztwöchigen Remis bei der PSV Eindhoven war bei Ajax wieder Rechtsaußen Sulejmani dabei, was eine erhebliche Verstärkung bedeutete – nicht nur wegen seiner individuellen Klasse, sondern weil man so keine Kompromisse eingehen und Spieler von ihren angestammten Ideal-Rollen wegschieben musste.
Sofern man dies aus unserer Sicht beurteilen kann, wurde dieses Aufeinandertreffen deutlich weniger medial gehyped als noch die Partie im Supercup vom vergangenen August. Dies hing sicherlich sowohl mit den beiden dramatischen Spielen zum Ende der letzten Saison zusammen, aber auch mit der Tatsache, dass Twente zumindest aktuell nicht mehr die Stärke der letzten Zeit hat.
Dieser Eindruck bestätigte sich auch unmittelbar nach Spielbeginn, als Ajax aufgrund seiner extremen Überzahl im Mittelfeld und natürlich seines typischen Stils die Partie kontrollierte und dominierte. Sigthorsson ließ sich aus dem Sturmzentrum fallen, während van der Wiel weit aufrückte und auch die beiden Innenverteidiger sich extrem spielstark zeigten.
Dass man dieses Aufrücken und Überladen des Mittelfelds zuließ, war eines der größten Probleme Twentes in der ersten Halbzeit. Im Supercup hatte man über weite Strecken deutlich früher attackiert und den Spielaufbau so gestört, doch diesmal zeigte sich aufgrund der Ausgangslage der Respekt gegenüber Ajax in einer tiefen und vorsichtigen Defensivhaltung.
Gegen die meisten Teams ist es absolut ausreichend oder sogar sinnvoll, den Gegner konstanten Druck aufbauen zu lassen, solange man als Block in der Ordnung kompakt bleibt und die Räume verengt. Doch Ajax ist eine Mannschaft, die überhaupt keine Probleme damit hat, wenn die Spielmacher-Aufgabe ihren beiden Innenverteidigern zufällt, da jene in dieser Hinsicht extrem stark sind. Ohne Druck konnten sie zu häufig weit in die gegnerische Hälfte marschieren. Hinzu kommt, dass die Mittelfeldspieler der Godenenzonen oft von den Gegnern in Einzeldeckung – man spricht dann von einer Mittelfeldspiegelung – genommen werden, allerdings dann mit ihren Läufen ohne Ball ihre Gegner aus der Position ziehen und somit – trotzdem sie abgdeckt sind – Platz im Raum der gegnerischen Sechser schaffen – entweder für Sigthorsson oder eben die Vorstöße der Innenverteidiger. So spielte Alderwereild nach nicht einmal zwei Minuten einen wunderbaren Pass hinter die Abwehr und wenn van der Wiel den Ball richtig getroffen hätte, wäre man schon in Führung gegangen.
Dies holte man dann nach 10 Minuten nach, als Sulejmani den – allerdings nach einem Konter nach einer gegnerischen Ecke entstandenen – Treffer auf Vorarbeit von Boerrigter erzielte. Überhaupt war jener Boerrigter sehr auffällig und sorgte direkt oder indirekt immer wieder für Gefahr, weil Co Adriaanses Maßnahme, gegen ihn mit zwei Außenverteidigern zu spielen, nicht aufging. Ajax´ Linksverteidiger Anita rückte nämlich häufig weit ins Zentrum ein und sorgte hier für einen weiteren Spieler, was Rosales in ein Dilemma brachte. Ob er gegen Anita im Zentrum angehen oder lieber außen gegen Boerrigter helfen sollte (wobei Anita mit seiner Polyvalenz dann jenem auch noch zur Hilfe kommen würde), konnte er aufgrund seiner Unerfahrenheit mit dieser Rolle nicht vernünftig lösen.
Twente hielt zwar dagegen, aber bereits nach einer Vierstelstunde standen bei Ajax mehrere vergebene Hochkaräter und ein nicht gegebenes Tor – eine krasse Fehlentscheidung – zu Buche. Mit etwas Glück und dank eines aufgrund der extremen Kontrolle einkehrenden, leichten Schlendrian Ajax´ überstand man die erste Halbzeit ohne weiteren Gegentreffer. Nach vorne war man hier und da gefährlich, was besonders an Luuk de Jong lag, der sich bei den wenigen Angriffen immer geschickt fallen ließ und damit Räume – meisten für Willem Janssen – öffnete, wofür er am Ende mit dem Ausgleich belohnt wurde.
Vorher gab es aber noch eine Halbzeit zu spielen, diese ging interessanterweise durch drei Phasen, die sich auch grob nach Viertelstunden einteilen lassen. Zuerst presste Twente früher, was aber nicht gelang und Ajax so Räume bot, da Adriaanses typisch riskantes Pressing mit der umformierten Mannschaft nicht durchführbar war. Dann verbuchte Twente mehr Ballbesitz, während Ajax konterte. Schließlich setzte sich dies fort, so dass – weil Twente verzweifelt den Ausgleich jagte – das Spiel hin und her wog – mit dem glücklicheren Ende für Twente.
Fazit
Genau dies war das Problem für Ajax: Man spielte lange überzeugend, war die bessere Mannschaft und hatte immer seine Chancen, aber weil man sie nicht nutzte, kamen die Defensivschwächen mehr zum Vorschein und es war sogar letztlich spielentscheidend, dass man keine Mannschaft ist, die gut verteidigen kann. Vor diesem Hintergrund erhält die CL-Partie bei Real Madrid einen erhöhten Interessantheitsgrad.
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